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Archiv für 7. Juli 2010

„Sie agitieren eben in der Tradition, die Sie von drüben haben. Sie sind eine Meisterin der Demagogie.“ „Ihre Kanzlerin war FDJ-Sekretärin für Agitation. Ich komme aus Straubing und bin nicht einmal Mitglied der Partei. Kehren Sie erst einmal vor Ihrer eigenen Tür.“ „Sie brauchen sich gar nicht von Ihrer ideologischen Einstellung zu distanzieren.“ Nein. Wir befinden uns nicht bei einer Diskussion im Bundestag, wo DDR, SED und die Rolle der Linken diskutiert werden. Es der Schulausschuss des Regensburger Stadtrats, in dem Bürgermeister Gerhard Weber (Foto) und Stadträtin Irmgard Freihoffer solche hochwichtigen Fragen erörtern. Daneben geht es um die FOS/BOS, genauer gesagt, die aktuelle Platznot. Wie berichtet, hat die Schule ein akutes Raumproblem. Weit über 1.000 Schülerinnen und Schüler haben sich fürs kommende Schuljahr neu angemeldet. Zu viele – angesichts der momentanen Raumsituation. Mindestens zwei neue Klassen wären notwendig, so die Schulleitung. Doch die Stadt Regensburg lehnt es bislang ab, zusätzliche Räume zur Verfügung zu stellen. Schulleiter Karl Heinz Kirchberger hat sich darüber mehrfach bitter beklagt, sprach unter anderem von „Legebatterien“. So stellten also die Stadträte Richard Spieß und Irmgard Freihoffer den Antrag, der Schule weiter das Gebäude am Ziegelweg sowie ein seit längerem angebotenes Ausweichgebäude an der Landshuter Straße 17 zur Verfügung zu stellen. Bislang gibt es von Seiten der Stadt nur eine Entweder-oder-Option, nebst geforderter vertraglicher Verpflichtung der Schulleitung, keine zusätzlichen Klassen zu schaffen. In Freihoffers Augen eine Aufforderung zum Rechtsbruch. „Es herrscht freie Schulwahl. Die Schule darf niemanden abweisen.“ Die Tatsache, dass der Stadtrat über die Gespräche mit der Schule inklusive der vorgeschlagenen Vereinbarung nie informiert wurde, bezeichnet sie als „höchst unanständige Geheimmission“. Die Vereinbarung – neues Gebäude gegen Zusicherung keine neuen Klassen zu gründen – nennt Freihoffer „Geschacher wie auf einem orientalischen Basar“. Als sie Weber schließlich noch vorhält, dass offenbar zwei Herzen in seiner Brust schlagen – FOS/BOS auf der einen, Fußballstadion auf der anderen Seite – flippt der Sport- und Schulbürgermeister aus und bricht die ideologische Debatte vom Zaun. Er ist halt sauer! Doch zurück zur Schulsituation. „Es ist nicht Aufgabe der Stadt Regensburg, die Schulprobleme der Oberpfalz und von Niederbayern zu lösen“, sagt Weber. 14 Prozent der Neuanmeldungen an FOS und BOS stammten nicht aus Stadt und Landkreis Regensburg. Der Ministerialbeauftragte habe die Aufgabe, diese Schüler auf andere Standorte zu verteilen. „Schwandorf, Kelheim, Cham und Straubing müssen ihre Probleme selber lösen“, so der Bürgermeister weiter. Er vertritt – ebenso wie die Mehrheit im Ausschuss – die Meinung, dass es nicht Pflicht der Regensburger FOS/BOS sei, auswärtige Schüler aufzunehmen. Das Gebäude an der Landshuter Straße sei zudem für den Notfall gedacht. „Wenn es am Ziegelweg einen Unfall gibt, muss ich das Gebäude von heute auf morgen außer Betrieb nehmen.“ Dafür brauche er das angebotene Ersatzgebäude als Ausweichoption. „Zusätzlich geht nicht.“ Nach längerem Geplänkel und dem einen oder anderen weiteren ideologischen Anwurf legt Weber schließlich einen Alternativantrag auf den Tisch, in dem aufgelistet wird, was die Stadt in der Vergangenheit schon für die FOS/BOS getan habe. Der Ministerialbeauftragte wird zudem aufgefordert, aus der Ferne stammende Schüler andernorts unterzubringen. Sollte auch das keine Abhilfe bei der Raumnot schaffen wird die Verwaltung mit dem Suchen nach einer Lösung beauftragt. Webers Antrag wird mehrheitlich – mit den Stimmen von CSU, SPD, FDP und Grünen – beschlossen. Wer letztlich an der FOS/BOS bleiben kann – aktuell gibt es Weber zufolge 1.020 Neuanmeldungen – entscheidet sich damit bis zu zehn Tage nach Schulbeginn. Das Versprechen, 2012 mit dem Neubau eines ersten Abschnitts der FOS/BOS zu beginnen, bekräftigen SPD und CSU am Mittwoch zum wiederholten Male. Etwas spaßig wirken dabei die Ausführungen von Axel Reutter (CSU), der bekennt: „Ich weiß, wo ich überall mitgestimmt habe.“ Reutter sitzt seit 14 Jahren im Stadtrat, bis zur letzten Wahl mit absoluter Mehrheit seiner Partei und einer weitaus besseren als der aktuellen Haushaltssituation. Damit gehört er zu jenen, die maßgeblich die Verantwortung dafür tragen, dass es zwar Um- und Anbauten, Umzüge und schließlich Container für die FOS/BOS gegeben hat – aber kein, schon seit 40 Jahren gefordertes Gebäude, in dem die komplette Schule vernünftig untergebracht werden kann. Das war der Regensburger CSU bis vor kurzem schlicht egal. Und Absicht hin, Absicht her: Ob die Kassenlage im Jahr 2012 ausreicht, bleibt abzuwarten. Ganz abgesehen davon, dass es dann schon bald wieder in den Wahlkampf geht.

Bauplatz der Begehrlichkeiten

Es fiel nur wenigen auf: Beim Ostengassenfest der Sozialen Initiativen hatte die Künstlerin Carolina Samson einen Häuserkuchen gebacken – die Ostnerwacht gab’s zum Vernaschen. Ein Sinnbild für die Geschichte des Altstadtviertels, das in der Vergangenheit zahlreichen Begehrlichkeiten ausgesetzt war, in Zuge derer weite Teile der Ostnerwacht „vernascht“ – sprich: abgerissen – wurden.

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