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Archiv für 31. August 2010

Schlecht eingeschenkt: Ein Regensburger Gastronom blieb zwei Drittel seiner Gewerbesteuer schuldig.
Das Thema war eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die Stadt Regensburg verzichtet auf 252.000 Euro Gewerbesteuer von einem renommierten Hotel- und Gastronomiebetrieb. Am 19. August wurde das Thema den Stadträten in der Sitzung des Ferienausschusses präsentiert. Demnach waren seit 1995 1996 rund 360.000 Euro an Gewerbesteuerschulden aufgelaufen. Im Rahmen eines Vergleichs vor dem Finanzgericht Nürnberg akzeptierte die Stadt eine Teilzahlung von 108.000 Euro. Auf den Rest der Forderungen wird verzichtet. Binnen weniger Tage gelangte das Thema in die Medien und wird seitdem heiß diskutiert. Dass es sich dabei um ein alteingesessenes Hotel direkt am Dom handelt, pfeifen die Spatzen mittlerweile ebenso von den Dächern wie die gute Vernetzung der Gastronomenfamilie mit dem Who is Who in Regensburg. Der Verzicht auf den Rest der Schulden – Versäumnisse der Stadt, Mauschelei gar? Am Dienstag hat sich die Stadt in einer umfangreichen Pressemitteilung dagegen gewehrt, als „Sündenbock“ hingestellt zu werden (hier im Wortlaut). Auch wenn man „mit Aussagen und Klarstellungen zum konkreten Fall aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen nicht an die Öffentlichkeit gehen“ könne, deuten die allgemeinen Ausführungen zum Umgang mit Steuerschuldnern darauf hin, dass die Stadt schlicht am findigen Vorgehen eines cleveren Unternehmers gescheitert ist. Von Gewerbesteuer-Nachforderungen aufgrund von Betriebsprüfungen ist die Rede, von Widersprüchen gegen Steuerbescheide und jahrelangen Gerichtsverfahren. Kritiker sollten sich fragen, „ob nicht gerade die langjährigen Bemühungen von Staat und Stadt, die Schulden einzutreiben, der Grund für die jahrelange Dauer des Verfahrens sein“ könnten, heißt es unter anderem in der Mitteilung. „Wenn ein Unternehmer geschickt agiert und einen guten Steuerberater hat, dann macht er sich zum einen nicht strafbar und zum anderen kann die Stadt dann nichts machen“, bringt ein Stadtrat die Situation auf den Punkt. Er findet den Verlust zwar ärgerlich, will der Stadtverwaltung dafür aber keine Schuld geben. Tatsächlich ist die Unternehmensgeschichte des Hotels immer wieder von Umfirmierungen gekennzeichnet. Zunächst gab es eine GmbH, die auf den Namen des Hoteliers lautete. Diese wurde 1999 in eine neue GmbH mit neuem Namen überführt, welche wiederum 2003 in Insolvenz ging. Drei Monate später wurde eine neue GmbH zum Betrieb von Hotel und Restaurant gegründet, bei der der Gastronom noch ein Jahr als Geschäftsführer agierte, um schließlich aus der Gesellschaft auszuscheiden. Die Geschäftsführung übernahm seine Ehefrau, an die der Gastronom auch sein Vermögen überschrieb. Die Folge dieses Vorgehens: Ihre Schulden kann die Stadt offenbar nur bei dem Hotelier persönlich eintreiben. Der ist aber, laut Aussagen in der nichtöffentlichen Sitzung, abgesehen von einem Beraterhonorar der GmbH, das auch noch unterhalb der Pfändungsgrenze liegen soll, offiziell mittellos. Und so ging die Stadt vor dem Finanzgericht auf den Vergleich ein, der ihr immerhin noch ein knappes Drittel der ursprünglich geforderten 360.000 Euro in die Kasse spült. „Da kann der Rest der Familie oder des Unternehmens vor Geld nur so strotzen: Von denen können wir nichts fordern“, ärgert sich ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Leidtragender dieses – legalen – Geschäftsgebahrens ist übrigens nicht allein die Stadt Regensburg; insgesamt soll der Gastronom laut einem Bericht der Mittelbayerischen Zeitung seit 1996 über zwei Millionen Euro an Schulden angehäuft haben.

Wellers Ansichten

In Anlehnung an die „Brücke von Arles“ nach van Gogh und im Abklatsch der Aufstellung antiquierter Brückenskulpturen (Würzburg, Prag) könnte sich die Spitze der Stadtverwaltung zur Durchsetzung ihrer Brückenwünsche in der Welterbestadt eine Täuschung der Oberen Denkmalschutzbehörde oder gar der UNESCO vorstellen.

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