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Archiv für 15. September 2010

Schließlich wurde doch noch ein Gelände gefunden: Nach dem Verbot durch die Regierung wurde ein städtisches Grundstück für das seit längerem geplante Flüchtlings- und Nachbarschaftsfest in Regensburg gefunden. Auf der Grünfläche entlang der Deggendorfer Straße (Hohes Kreuz) wird nun am kommenden Samstag gemeinsam gefeiert – ein Beitrag zur bundesweiten interkulturellen Woche. Unter anderem die Sozialen Initiativen, die BI Asyl und Bewohner der Flüchtlingsunterkunft haben das Fest organisiert. Ab 15 Uhr haben Asylbewerber und Nachbarn Gelegenheit, sich beim gemeinsamen Essen, Musik und verschiedenen Aktionen besser kennenzulernen. Es gibt aber auch jede Menge Informationen zur bayerischen Asylpolitik, als deren oberste Leitlinie Gotthold Streitberger (BI Asyl) „Ausgrenzung, Diskriminierung und Entrechtung“ ausmacht. Diese klaren Worte sind es, die der Regierung der Oberpfalz – zuständig für Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber in Regensburg – sauer aufstoßen. Entsprechend wurde das Fest auf der regierungseigenen Fläche vor der Flüchtlingsunterkunft Anfang August kurzerhand untersagt, um eventuell unliebsame politische Aussagen zu unterbinden. Konkret geht es um die bayernweite Lagerland-Kampagne, die sich insbesondere gegen die zwangsweise Unterbringung von Asylbewerbern in „Flüchtlingslagern“, beschränkte Reisefreiheit („Residenzpflicht“) und die Versorgung mit Essenspaketen statt Bargeld wendet. Eine solche Veranstaltung „liegt eindeutig nicht im Interesse des Freistaats Bayern“, hatte die zuständige Oberregierungsrätin der BI Asyl ins Stammbuch geschrieben. Asylbewerber seien darüber hinaus „nicht Ziel der Integration“, brachte sie eine Leitlinie (nicht nur) bayerischer Flüchtlingspolitik auf den Punkt. Trotz dieser bekannten Haltung war das Verbot ein Novum: Ähnliche Feste konnten in der Vergangenheit problemlos auch auf Regierungsgelände veranstaltet werden. „Wir sehen durch das Verbot das Markenzeichen unserer Demokratie, die Meinungsfreiheit, in Frage gestellt“, kritisiert denn auch Streitberger, der ansonsten aber nicht nachtaroken will. Für das Fest am Samstag wurden auch Vertreter der Regierung eingeladen – Erscheinen ungewiss. Von den im Regensburger Stadtrat vertretenen Parteien unterstützen Linke und ödp das Fest, ebenso Margit Wild von der SPD. Sozialbürgermeister Joachim Wolbergs hatte ursprünglich die Schirmherrschaft übernommen, sagte dann aber aus terminlichen Gründen ab. Am Rande: Eindrücklichster Beleg dafür, dass die Kritik der Flüchtlingsorganisationen ihre Berechtigung hat, ist schon allein das (bundesweit gültige) Asylbewerberleistungsgesetz. Die dort gewährten Leistungen, inklusive Wohnung, liegen seit 1993 unverändert bei maximal 225 Euro monatlich – weit unterhalb der Hartz IV-Sätze. Bayern ist dabei Vorreiter der Maxime „Sachleistungen statt Bargeld“. Asylbewerbern wird zudem nur eingeschränkter Zugang zu medizinischer Versorgung gewährt. Aktuell muss sich das Bundesverfassungsgericht mit der Rechtmäßigkeit des Asylbewerberleistungsgesetzes befassen.
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