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Archiv für 27. April 2011

„Rassisten werden hier nicht bedient.“ An rund 100 Kneipen und Gaststätten prangt dieser Aufkleber, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Trotzdem müssen Rassisten, Alt- und Neonazis nicht fürchten, in Regensburg auf dem Trockenen sitzen zu müssen.

In Kumpfmühl, in der beschaulichen Gaststätte XXX, kann sich der parteigewordene Rassismus in Form der verfassungsfeindlichen NPD noch völlig ungestört beim Bier verlustieren. Unserer Redaktion liegt das Protokoll einer Sitzung des Oberpfalz-Vorstands vom November vor.

UPDATE: Der Inhaber der Gaststätte hat sich mittlerweile von  der Veranstaltung distanziert. „Ich hatte keine Ahnung, dass es sich dabei um eine Vorstandssitzung der NPD handelt. Hätte ich das gewusst, hätte ich diesen Leuten den Zutritt zu meinem Lokal verweigert.“ Den Namen der Gaststätte haben wir mittlerweile aus dem Artikel entfernt.

Piusbruder Wiener als kultureller Redner?

Damals zeigten sich die Kameraden – ausweislich des Protokolls – sichtlich getroffen darüber, dass der Wörther Neonazi Willi Wiener der Partei den Rücken gekehrt, Kreis- und Bezirksvorsitz niedergelegt und sein Heil bei der Pius-Bruderschaft in Zaitzkofen gesucht hatte. Der NPD-Geschäftsführer Karsten Panzer wird mit der Suche nach einer Nachfolgerin in Regensburg beauftragt, für die man seinerzeit eine Auszubildende zur Einzelhandelskauffrau aus Regensburg ins Auge gefasst hatte.

Was aus dem Protokoll aber auch hervor geht: Eine prinzipielle Feindschaft zu seinen früheren Kameraden legt Wiener nicht an den Tag. Im Protokoll zeigt man sich durchaus zuversichtlich, Wiener für den einen oder anderen „kulturellen Redebeitrag“ gewinnen zu können.

NPD-Hochburg Amberg

Am mitgliederstärksten in der Oberpfalz ist, ausweislich des Berichts von Geschäftsführer Panzer, übrigens der Kreisverband Amberg. Rund ein Drittel der 117 NPD-Mitglieder oberpfalzweit kommt von dort.

Amberg?

Diese Information mag den Amberger Oberbürgermeister Wolfgang Dandorfer (CSU) und den dortigen Polizeichef erstaunen. Beide bestreiten hartnäckig, dass es in ihrer Stadt eine Neonazi-Szene geben soll. „Eine organisierte Szene gibt es nicht. Dabei bleibe ich“, erzählte Dandorfer zuletzt dem BR.

Doch tatsächlich sitzen einige Angehörige dieser nicht vorhandenen Szene am 19. November am Tisch.

Die nicht vorhandene Szene…

März 2008: Eigentlich nicht vorhandene Amberger Neonazis bei einer Demonstration in Passau.

Benjamin Boss und Daniel W. vom „Nationalen Widerstand Amberg“ sind gekommen. Boss war einer der führenden Köpfe eines Aufmarschs in Sulzbach-Rosenberg, bei dem mehrere Neonazis randalierend und prügelnd durch die Stadt zogen. Bei der Vorstandssitzung in Regensburg beraten sich Boss und W. am 19. November mit den Kameraden der NPD darüber, wie man Wahlkampfhilfe für die Parteifreunde in Sachsen-Anhalt leisten kann. Kapazitäten scheinen in Amberg also durchaus vorhanden zu sein.

Am Tisch sitzt auch der Amberger NPD-Vorsitzende Heidrich Klenhart. Der berichtet stolz von einer „Schulung“ mit Parteifreund Benedikt Frings in Amberg. Frings ist ein Meister der eben noch straffreien Relativierung des Holocaust und war Teilnehmer der Holocaust-Konferenz 2006 im Iran. Einen Besuch des verurteilten Rechtsterroristen Peter Naumann, der schließlich am 28. November ebenfalls in Amberg stattfindet (mehr dazu hier), kann Klenhart bei der Vorstandssitzung in Regensburg schon mal ankündigen.

Doch abgesehen davon: In Regensburg findet immerhin eine Debatte darüber statt, ob Rassisten und Neonazis in Kneipen bedient werden sollen. In Amberg vermeiden die Offiziellen dagegen jede Debatte; die offenkundige Existenz von Neonazis wird einfach bestritten.

Darüber, wie die Staatsanwaltschaft Amberg gegen Jugendliche und junge Erwachsene vorgeht, die einen Neonazi-Aufmarsch in Sulzbach-Rosenberg blockiert haben, berichten wir demnächst.

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