Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino

Archiv für 4. November 2011

Die wirtschaftliche Existenz der Geschäftsleute. Arbeitsplätze, Touristen und Gewerbesteuer. Das Wohl und Wehe der Regensburger (Alt)Stadt. Das alles hängt von ihr ab. Das alles ist untrennbar mit ihrem Bau verbunden. Nein – die Rede ist jetzt mal nicht von der Ersatztrasse, auch wenn es genau solche Argumente sind, die für deren Wichtigkeit ins Feld geführt werden. Es geht um eine Stadthalle für Regensburg. Was konnte man nicht alles aus den berufenen Mündern der Exponenten von CSU und SPD hören und in der Mittelbayerischen Zeitung lesen, als dieses Projekt – 1999, 2004 und 2006 – zum Bürgerentscheid anstand und sich die MZ zum Verlautbarungsorgan der herrschenden, allerdings – was zu beweisen war – nicht der Mehrheitsmeinung aufschwang. Und wie wenig hört man nun zu dem Thema, wo der Lieblingsstandort Donaumarkt beerdigt und stattdessen der Ernst-Reuter-Platz zum Ort der Wahl erkoren wurde. Im städtischen Haushalt findet sich dafür kein Geld. In den Reden von Hans Schaidinger, Joachim Wolbergs und Co ist ein Kultur- und Kongresszentrum entweder kein Thema mehr oder in der Prioritätenliste vom gefühlten ersten auf den letzten Platz gerutscht. Und irgendwie scheint auch die IHK kein Interesse mehr an diesem einst für die Regensburger Wirtschaft so überlebensnotwendigem Projekt zu haben.

Allwissende Machthaber und Populisten

Anders ist es kaum zu erklären, dass in der vom IHK-Präsidenten Peter Esser herausgegebenen Mittelbayerischen Zeitung kein Sterbenswörtchen darüber verloren wird, dass es seit geraumer Zeit einen Entwurf für ein Kultur- und Kongresszentrum am Ernst-Reuter-Platz gibt. Bereits vor Monaten wurden die Regensburger Medien von der Bauhaus-Uni Trier und mittelbar auch vom ewigen Ernst-Reuter-Platz-Verfechter, Stadtrat Günther Riepl, mit Informationen zur Diplom-Arbeit des Regensburgers David Hammer versorgt. Hammers Arbeit ist der erste ernstzunehmende Entwurf für einen Nicht-Donaumarkt-Standort überhaupt. Was folgte war weitgehendes Schweigen. Zumindest im Kreis der ehemaligen Stadthallen-Verfechter – heute große Koalition genannt – und bei deren Verlautbarungsorgan.
Stadthalle am Ernst-Reuter-Platz. Ein interessanter Entwurf stößt bei den Entscheidern auf Schweigen.Andere Projekte sind plötzlich überlebensnotwendig für Regensburg.
Neue Projekte sind es, die man gemeinsam verfolgt: Eine Ersatztrasse, ein Haus der Musik, ein „Museum für bayerische Geschichte“ oder ein Fußballstadion. Auch das sind alles wichtige Dinge, die Regensburg angeblich unbedingt braucht, auch wenn keiner so wirklich erklären kann, warum. Daneben verscherbelt man stadteigene Grundstücke – Donaumarkt, Unterer Wöhrd, Alter Schlachthof – an Privatinvestoren und lässt sich auch dafür loben. Zurück zum Kultur- und Kongresszentrum. Um nicht falsch verstanden zu werden: Über dessen Sinn und Unsinn kann man trefflich streiten. Überlebensnotwendig für Regensburg – so viel ist mittlerweile klar – ist dieses Projekt nicht. Aber: Wer vorher genau das Gegenteil behauptet hat, und das über Jahre hinweg, sollte schon mal erklären, weshalb man nun in Schweigen und Untätigkeit bei diesem einst so hochwichtigem Thema verfällt. Vielleicht könnte man einfach mal zugeben: „Ja, da haben wir schon ein bisschen übertrieben“, um nicht zu sagen: gelogen. Dass es nun just die Junge Union ist, die dieses Thema aufgreift – sie hat David Hammer für den kommenden Dienstag eingeladen, um seinen Entwurf vorzustellen – mag man ihr in der Rathaus-Koalition wieder einmal als Beweis dafür auslegen, dass von deren Seite immer gegen die allwissenden Machthaber gearbeitet wird. Bekanntermaßen ist die JU verfeindet mit der Stadtrats-CSU – deshalb kann alles, was von deren Seite kommt, nur populistisch sein. Logisch.

Über das Wohl aller müssen nicht alle alles wissen

Tatsächlich ist es aber ehrlicher, über ein Thema zu diskutieren, bevor Beschlüsse im Stadtrat gefasst sind. Bevor Gelder für Planungen und Grundstückskäufe ausgegeben werden. Und bevor im stillen Koalitionskämmerlein ausgearbeitete Entscheidungen präsentiert werden, die angeblich zum Wohle aller gefällt werden, über deren Hintergründe aber nicht alle alles zu wissen brauchen. So hat es – die seinerzeit alleinregierende CSU (mit Unterstützung der SPD) – bei der Stadthalle am Donaumarkt mehrfach versucht und dabei so viel Geld verbrannt, dass selbst die nun laufenden Verkäufe das kaum aufwiegen werden. So wurde – dann schon großkoalitionär – beim Haus der Musik verfahren. Öffentliche Diskussion – gleich null. Umfassende Information an den Stadtrat – Fehlanzeige. Genaue Kosten in der Zukunft – wer weiß das schon. So läuft es bei der Entscheidung für den Neubau eines Fußballstadions, von dem niemand weiß, wie viel Geld es eigentlich kosten wird. So wurde ein „Ordnungsservice“ eingeführt, der im Jahr über eine halbe Million Euro kostet, dessen Sinnhaftigkeit und vermeintlicher Erfolg aber bislang durch nichts zu belegen ist. Und so hat man es auch bei der Ersatztrasse probiert – mit bestellten Gutachten und dem Verschweigen anderslautender Meinungen gegenüber der UNESCO.

Wichtig ist, was die Wichtigen glauben…

Vorgeblich dient alles dem Wohl der Stadt und so lange sich die Entscheider – die selbstverständlich alles besser wissen, als jeder andere – sich auf der Siegerstraße wähnen, wird das alles als alternativlos verkauft. Als etwas, für das man Geld – dessen Nichtvorhandensein an anderer Stelle stets betont wird – einfach ausgegeben muss. Schließlich geht es um Geschäftsleute, Gewerbesteuer und um das Wohl und Wehe von Regensburg. Und wer’s glaubt, wird zumindest selig… P.S.: Seinen Stadthallen-Entwurf für den Ernst-Reuter-Platz stellt David Hammer am Dienstag, 8. November, 20 Uhr, im Kolpinghaus vor.

„Unüberlegt, konservativ, investorenhörig“ – Architektur-Professor kritisiert Donaumarkt-Pläne

Der Donaumarkt beschäftigt nicht nur Bürgerinitiativen, er ist auch Thema an der Hochschule Regensburg. Für ein Städtebau-Seminar bei Architekturprofessor Johann-Peter Scheck sollen die Studierenden Entwürfe für eine Bebauung auf dem städtischen Filetstück erarbeiten. Hoffnungen, dass dies bei der Stadtspitze auf besondere Resonanz stoßen wird, hegt Scheck allerdings kaum. Die Planungen in Regensburg seien meist „extrem konservativ und investorenhörig“, sagt er. „Unsere Vorschläge will man da einfach nicht haben“, so seine Erfahrungen in der Vergangenheit.

drin