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James Bond: Skyfall

Ein bisschen Regensburger

„Skyfall“ startet in den deutschen Kinos besser als jeder Bond-Film zuvor. Verständlich, versteht es doch kaum ein Franchise ähnlich gut, den Zuschauern deren gewollte Portion popkulturellen Kitsch zu servieren.

Sexistisch und chauvinistisch oder einfach nur Unterhaltung? James und eins seiner „Girls“. (c) Sony Pictures

Dunkelheit. Schemenhaft ist ein Gang zu erkennen. Dann ein kraftvoller Einsatz des Orchesters, und eine Silhouette erscheint unscharf in einiger Entfernung. Ein Mann von sportlicher Statur nähert sich der Leinwand, schließlich trifft ihn ein Lichtstrahl von der Seite direkt auf Höhe der Augenpartie: Good afternoon, Mr Bond, Doppelnull vom Dienst.

Der unfassbare Geschmack des sicheren Erfolges

„Skyfall“, der neueste und mittlerweile bereits 23. Teil der kommerziell unschlagbar erfolgreichen James-Bond-Reihe, verzückt derzeit Kritiker und Zuschauer gleichermaßen. Auf der IMDB, der wichtigsten virtuellen Filmdatenbank, erfreut sich der Spionagethriller der bislang besten Bewertung eines Bondfilms überhaupt. Doch was ist das Geheimrezept, das dem Franchise einen solch unfassbaren Geschmack von sicherem Erfolg verleiht? Bislang konnte immerhin kein einziger Bond-Film als wirklicher Flop in kommerzieller wie cineastischer Hinsicht bezeichnet werden.

Die ideologische Sprache der Popkultur

Kaum ein anderer Stoff beherrscht dabei die ideologische Sprache der Popkultur so kompromisslos. „Beherrschen“ ist hier doppeldeutig zu verstehen: Einerseits beweisen die Macher einen sicheren Umgang damit, andererseits hat die Reihe über die Zeit genug Bedeutung gewonnen, um selbst in hohem Maße stil- und vor allem klischeebildend zu wirken. Kurz: Bond bedient sich nicht der Popkultur, sondern ist ein wesentlicher Teil davon.

Wackeln mit Bizeps und Segelohren

So reproduziert auch „Skyfall“ die immergleichen Motive der Realität, die keine ist; seit dem kalten Krieg, in dessen Kontext die Verfilmungen von Ian Flemings Grabbeltischromanen einst entstanden und aus dem sie einen wesentlichen Teil ihres Erfolges schöpften, hat sich an ihrem Wesen kaum etwas verändert. Hier ist der schrullige Bösewicht in Gestalt eines blondierten Javier Bardem, da die als „Bond-Girls“ in die Alltagssprache eingegangenen Abziehbilder eines sexistisch-chauvinistischen Weltbildes, das nach Männerschweiß und Rasierwasser riecht; dazwischen steht ein von Patriotismus und Narzissmus (eine explosive Mischung!) getriebener Daniel Craig, dessen schauspielerische Leistung sich bis zum Finale des Films darauf beschränkt, mit Bizeps und Segelohren zu wackeln.

Zyankali, ein alter Landsitz und irgendwas mit Ratten

Natürlich darf der Aston Martin und der Wodka Martini an der Bar nicht fehlen, und wenn in „Skyfall“ endlich auch wieder Quartiermeister „Q“ auftritt (diesmal in Gestalt eines nerdigen Computerfritzen), schlagen die Herzen aller Fans des Selbstreferenziellen endgültig höher. Ach ja; irgendwo zwischen Explosionen und Dekolletés gibt es im neuesten Bond auch noch so etwas wie einen Plot. Zyankali, ein alter Landsitz und irgendwas mit Ratten bleibt in Erinnerung. Aber wen interessiert das schon?

Pfauentanz auf Red Bull

Letzten Endes ist die sympathisch-sorglose Nummernrevue, durch die der Protagonist tanzt wie ein Pfau auf Red Bull, nicht weniger als eine große Stoffbahn des uns alle umhüllenden ideologischen Vorhangs. Was landläufig als „Popkultur“ verstanden wird, ist die Durchdringung aller Lebensbereiche durch eine Scheinrealität, die an Schnüren geführt wird wie ein gewaltiges Marionettentheater. Anders ausgedrückt: Das, was uns als Wirklichkeit umgibt, ist zu einem großen Teil ein von den Mainstream-Medien mit viel Geld geschaffenes Tollhaus, in dem sich noch mehr Geld verdienen lässt. James Bond trinkt Heineken und surft auf einem Sony-Laptop. Wir können das auch!

Warum nicht auch Null-Null-Semesterticket?

Könnte James Bond dann nicht auch ein bisschen Regensburger sein, im Dienste seiner Majestät, des Oberbürgermeisters? Eins ist sicher; das aktuelle Gerangel um das Semesterticket hätte sicher längst ein Ende.

Ehrliche Floskel

Solange die Bond-Filme den Pfad, den sie über die Jahrzehnte geebnet haben, nicht verlassen, dürfte ihnen der kommerzielle Erfolg garantiert sein. Denn wenn wir ehrlich sind, wollen wir belogen und betrogen werden, wollen abschalten und uns flüchten in das bunte Treiben auf der Leinwand, das umso echter erscheint, wenn wir ein großes Stück unserer Realität in ihm wiedererkennen. Und umgekehrt: Je mehr filmische Wirklichkeit wir in unser eigenes Leben rückprojizieren können, desto besser. „Ich will nur, dass mich ein Film unterhält“ ist eine gängige Floskel, mit der eine ideologiekritische Betrachtung von Filmen wie „Skyfall“ oft abgetan wird. Man kann gegen diese Floskel kaum etwas einwenden – sie ist ehrlich. Leider.
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Kommentare (11)

  • ulf kirsten

    |

    Toller Artikel. Ich würde mir auch wünschen, dass Bond mal in einem Gender Studies Grundkurs zu sehen ist oder beim Kaffeetrinken mit seiner Schwippschwägerin.

  • Ruben

    |

    Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod.
    “Könnte James Bond dann nicht auch ein bisschen Regensburger sein, im Dienste seiner Majestät, dem Oberbürgermeister?”
    Geschwafel, Bla-bla-bla. Ich will auch, dass mich ein journalistischer Text fordert und mit neue Aspekte (Perspektiven) aufzeigt. Herr Liese kann das nicht!

  • Ruben

    |

    Eh, eh, das geht nicht!
    Nachträgliche Änderungen am Artikel sollten bitteschön kennlich gemacht werden!
    Das macht das Geschreibsel jetzt noch suspekter!

  • Stefan Aigner

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    Inhaltliche Korrekturen machen wir kenntlich, sprachliche nicht. Danke für den Hinweis.

  • Oje...

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    Also mir und dem überwiegenden Teil des Auditoriums im Garbo hat der neue James Bond hervorragend gemundet! Bester Hauptdarsteller seit Sean Connery sowieso, dazu selbstironisch und natürlich jede Menge atemberaubender Action-Sequenzen. Klar, wenn man Tiefgeistigkeit und langweilige politische Korrektheiten erwartet, sollte man Distanz wahren – aber warum weiß man das als Kinokritiker nicht, sondern schwadroniert verbittert über Selbstverständlich- und Belanglosigkeiten, als seien sie der Kritikerweisheit letzter Schluss?

  • Oje...

    |

    PS: Wer nicht merkt oder merken will, dass die werten “Girls” in Skyfall, egal ob “M” oder die oben gezeigte Dame, keineswegs “sexistisch” oder “chauvinistisch” missbraucht werden, sondern ganz im Gegenteil in witziger Weise dem Protagonisten sogar des öfteren über sind, dem ist nicht mehr zu helfen. Aber immer schön brav in die Klischeekiste, nicht war?

  • Captain Chaos

    |

    Ich hatte das Vergnügen diesen Film ebenfalls ansehen zu dürfen.

    Meines Erachtens werden die James Bond Filme wieder etwas realistischer. Keine Laserkanonen, keine Gimmicks. Nur ein kleiner Sender von Q. Das mit der Waffe hatten wir ja schon einmal mit Timothy Dalton.

    Dieser Bond ist eine Homage an die alten Bond Filme. Aber auch ein Abschied. So darf der alte Aston Martin noch einmal zeigen, was in ihm steckt, bevor er zu Schrott geschossen wird. Da wird auch ein bisschen was von Bonds Vergangenheit gezeigt – er ist Schotte. Aber auch ein Ausblick auf die neue Richtung. Es gibt nicht mehr das Gute und das Böse. Es gibt nur noch Schattierungen.

    Der Gegner war für mich eine sehr angenehme Überraschung. Keine Weltherrschaft, nein Rache. Gut geplant und gut ausgeführt. Ein großer Teil spielt in London, England. Es werden überforderte Politiker gezeigt, wie sie jeder kennt. Ohne Ahnung und viel Luftblasengerede. Aber von der Materie keine Ahnung. Auch ein Geheimdienstchef ist ein Spielball und nicht letzte Instanz.

    Ja, der Film war anregend, zauberhaft. Mehr davon.

    Captain Chaos.

  • steffi

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    bester bond seit langem. Ehrlich.

  • Keyser Söze

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    Schade um den Speicherplatz für diesen Artikel. Das ist nur billige Polemik. Was hat denn der Autor von dem Film erwartet, was diese Enttäuschung erklärt? Wohl nur einen Grund, um sich über Bond-Filme auszulassen.
    Tolle Überschrift übrigens auch!

  • Sylvia

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    Der Film war super. Ich hatte einen tollen Kinoabend, habe mich gut unterhalten. Und genau das erwarte ich von so einem Film.

  • Thomas Jahn

    |

    ohwei! Es gibt eben Filme die unterhalten und Filme, die zu einer intellektuellen Auseinandersetzung mit irgendeinem Thema anregen. Ein Bond-Film war aber für letzteres noch nie gemacht, hat ähnliches noch nie versprochen und muss es auch nicht. Sicher nehmen wir hier vieles hin – von abgedroschenen Klisches bis hin zum geradezu plumpen Productplacement, das mich aber gerade weil es so plump und offensichtlich gemacht ist eher weniger stört wie manch unterschwelligere Versuche.. Das Ergebnis ist eben ein Bond-Film – und wär’s anders wärs auch kein Bond Film. Was ist daran bitte schlimm?
    Der geneigte Betrachter hat ja immer noch die Wahl, sich distanziert mit dem eigenen Wunsch nach solcherlei Kinospektakeln auseinander zu setzen – das ist dann vielleicht mehr an der Realität, wie mach andere gewollte zeitkritische Kinoproduktion.. Man sollte den Kinogänger auch nicht unterschätzen ;)

Kommentare sind deaktiviert

drin