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Ein prima Werbespot und Leise-ist-schön-Lollis

Regensburg zu später Stunde. In den Hauptrollen: Zwei Menschen, „die jeder cool findet“ und „das schützenswerteste Wesen überhaupt“, ein Baby. Es ist ein 47 Sekunden langer Spot von Regisseur Peter Schröder, mit der die städtische Kampagne „Leise ist sch …“ in die nächste Eskalationsstufe geht. Bei einer Pressekonferenz im Szene-Lokal „Heimat“ wirbt Sozialbürgermeister Joachim Wolbergs um Unterstützung für das Projekt, mit dem „gegenseitiges Verständnis geweckt“ und ein „Bewusstseinswandel“ in der Regensburger Altstadt angestoßen werden soll.
Sozialbürgermeister Joachim Wolbergs, umrahmt von Pressesprecherin Elisabeth Knott und Regisseur Peter Schröder.
Plakate, Streichholzschachteln und Postkarten wurden auf den Tischchen drapiert, an denen die Medienvertreter sitzen. In Regensburger Kneipen und Discotheken sollen diese Accessoires das Ruhebedürfnis der Altstadtbewohner den Feiernden näher bringen. Der Werbespot – er ist der erste in einer Reihe von Filmchen, die in den Altstadtkinos und im Internet präsentiert werden. Sinn der Übung: „Es wird darüber geredet, dass es in der Altstadt nachts zu laut ist“, so Wolbergs, der den Spot „prima“ findet. Regisseur Schröder hat Wert darauf gelegt, dass es „keinen Bösen“ in seinem Werk gibt – nur „nette Menschen“. Und so ist es dann auch. In einer Bar wird bei heimeliger Beleuchtung feste gefeiert, Cocktails in den verschiedensten Farben fließen in Gläser, die durstig machen, Musik, die zum Tanzen animiert, wummert aus den Boxen. Dass man den Bass leicht nach draußen auf die verwaisten Straßen hört, wirkt auf das friedlich schlummernde Baby in einer familienfreundlichen Altstadt-Wohnung geradezu einschläfernd. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Noch. Denn schon droht Gefahr: Ein junger Mann, „cool und sympathisch“, Nichtraucher verlässt das Lokal, betritt die menschenleere (!) Goliath-Straße, dreht sich unvermittelt um und schreit mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen ein sympathisches „Hey“ in die Gasse. Schnitt aufs Baby. Es wird unruhig, droht aufzuwachen, die Augen bewegen sich, der Schnuller gleitet beinahe aus dem Mund. Die Rettung naht in Gestalt einer gleichfalls coolen und sympathischen jungen blonden Frau mit Silberblick. Sie fällt Sympathieträger 1 um den Hals, lächelt verträumt und wispert ein „Leise ist Sch…“ in die Kamera, ehe sie ihm – so ist zu vermuten – einen nicht all zu lauten Kuss auf den Mund drückt. Friedlich schlummert das Baby weiter und als der „Leise ist sch…“-Slogan schließlich auf dem Bildschirm erscheint, kann man kaum glauben, dass so etwas in Regensburg stattgefunden haben soll. Gastro-Urgestein Karin Griesbeck nennt Regensburg die „Hauptstadt für Jungesell(inn)en-Abschieds-Tourismus“. Mit Schubkarren und diversen Alkoholika bewaffnet ziehen jedes Wochenende Gruppen und Grüppchen von jungen Leuten durch die Gassen, „bei denen man sich wundert, dass die Leute so jung schon heiraten“, so Griesbeck. Aber nicht darüber, dass sie den Abschied vom Junggesell(inn)en-Dasein in gebührender Lautstärke feiern. „Wer von außerhalb als Tourist kommt, nimmt das Lärmproblem nicht wahr. Es interessiert ihn auch gar nicht.“ In einer Lockerung der Sperrzeitregelung sieht Karin Griesbeck eine Möglichkeit, um das Lärmproblem zu entschärfen. „Dann sind nicht hunderte und tausende Leute zur gleichen Zeit auf der Straße.“
Schuf den “Leise ist sch…”-Slogan: Ludwig Faust.
Das mag sein, erwidert Wolbergs. „Aber die Ansage der Polizei war deutlich: Bei längeren Öffnungszeiten gibt es erheblich mehr Delikte.“ Für Wolbergs ist die „Leise ist sch…“-Kampagne einer von vielen Bausteinen, mit denen man dem Lärmproblem in der Altstadt Herr zu werden versucht. Am Hauptbahnhof gebe es etwa einen Streetworker. Er sei auch mit jungen Leuten, die er bei seinen Rundgängen durch die Altstadt treffe, im Gespräch. Außerdem sei der Ordnungsdienst unterwegs. Der Wahrnehmung, dass die städtische Hilfspolizei nächtens kaum präsent ist, widerspricht der Sozialbürgermeister. „Das mag manchen so vorkommen, aber es stimmt einfach nicht. Die machen das ordentlich.“ Statt Repression und drakonischer Strafen setze man aber ohnehin auf besagten Bewusstseinswandel. „Das geht nicht von heute auf morgen.“ Insgesamt 40.000 Euro Gesamtbudget stehen für die „Leise ist sch…“-Kampagne zur Verfügung. Deren Schöpfer, PR-Mann Ludwig Faust, präsentiert am Rande der Pressekonferenz einen weiteren Coup: In allen McDonald’s-Filialen in Regensburg soll es künftig „Leise-ist schön-Lollis“ geben. Der Anfang für den Bewusstseinswandel scheint gemacht.
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Kommentare (24)

  • Ironie

    |

    Schön, dass sich “Leise ist schön” so gut reimt. Ob die Kampagne wirklich was bringt, wenn man sich eine andere Reimform bei “Leise ist sch…” doch so viel besser merken kann?

  • StuhloderSessel

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    Yeah… Und das alles scheinbar sponsored by red bull. Jetzt noch ein Schlückchen Vodka dazu und sogar Wolle schaffts mal glaubwürdig zu grinsen.
    Ich liebe diese Sch…, pardon, Stadt! :-)

  • Joachim Datko

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    “Lollis” machen dick und zerstören die Zähne!

    Zitat: “In allen McDonald’s-Filialen in Regensburg soll es künftig „Leise-ist schön-Lollis“ geben.”

  • Gesunder Menschenverstand

    |

    Schade, dass sich von den Würdenträgern dieser Stadt mal wieder keiner traut, eine offensichtlich schwachsinnige Idee einfach in den Abort zu leeren. Nein, stattdessen werden die Profilneurosen weiter gepflegt. Wer verantwortlich und ideenlos ist, aber lange genug behauptet, die Kampagne Leise ist Sche…. ist gut, glaubt das irgendwann auch.

  • Saupreiß

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    Der Slogan ist ja sensationell bescheuert.
    Wer bringt das Geld für diese Kampagne auf? Wir das aus dem städtischen Haushalt bezahlt?
    Wer ist diese ältere Dame da links auf dem Foto? Wollis Mutter?

  • SPD-Mitglied

    |

    Man muß ja nun wirklich nicht in allen Sachfragen mit Wolbergs einer Meinung sein – ich bin’s auch nicht,
    aber ich finde es saumäßig, daß sich hier Leute – selbstverständlich meist unter Pseudonym – auskotzen
    und alles, was Wolbergs macht, von vorneherein scheiße finden. Mich treibt da wirklich die Frage um,
    warum diese ewig Unzufriedenen nicht mal den Mut haben, Herrn Wolbergs direkt mit ihren Anliegen zu
    konfrontieren. Haben sie wohl Angst, er könnte doch die besserern Argumente haben oder fnden sie es
    als “sinnvolle Freizeitbeschäftigung” einfach über all diejenigen, die einem nicht passen, Dreckkübel
    auszuschütten.

  • Bert

    |

    @spd-mitglied

    heul doch! wenn die sozis mal beim austeilen so zart besaitet wären wie beim einstecken …

  • Seppl

    |

    Ich finde diese Kampagne auch nicht unbedingt sehr intelligent, aber eines müssen doch auch die ewigen Meckerer hier zugeben: es wird darüber geredet – und das ist schon mal ein Anfang.
    Aufruf an den Hr. Aigner und die ewigen Besserwisser hier:
    Machen Sie doch bessere Vorschläge zur Lösung des Problems.
    Reden Sie doch mal mit Leuten die hier in der Stadt für immer wohnen und leben müssen, Herr Aigner, und berichten Sie darüber. Nicht immer einseitig die Sichtweise des Partyvolks vertreten, das nach Abschluss des Studiums Regensburg verläßt.

  • Bert

    |

    @seppl

    sichtweise des party-volks? ich denke, dass dieses party-volk mit der leise-schei… ganz gut leben kann.

  • Bert

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    Nachtrag: Den Bewohnern bringt diese Kampagne eben gerade überhaupt nichts.

  • grace

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    Den vom 24/7-Verkehrslärm geplagten Leuten im Stadtnorden empfahl
    ER et al. , sie sollten sich im Wohnungsinneren aufhalten und die Fenster schliessen.
    dann passts scho!!!
    machts das doch auch, und immer schön positiv denken,
    dann wirds scho!!!.
    und/oder: ihr erklärt euch solidarisch mit den Partygängern und saufts auch.
    ist gut für die Wirtschaft!!!!
    Der Unsinn, den die Politiker vuvuzelen, kommt euch dann gar nimmer so schlimm vor.

  • nicht-spd-nicht-partei- mitglied

    |

    @ SPD-Mitglied

    Mein Klarname oben – wie offenbar Ihrer – oder sind sie der Herr Wolbergs, weil Sie immer so weinen, wenn unter Pseudonym(!) was gegen den gesagt wird?

    Prima findet der das Filmchen?

    Na ja, immerhin kann man dieser Stadt nicht vorwerfen, dass Eliten, gar geistige oder auch nur nichtinfantile hier das Sagen hätten.

    Diese Mischung aus 50er Jahre Pseudo Idylle kombiniert mit erhobenem sozialpädagogisiertem Zeigefinger (Grenzen setzen!) – Puhhh!

    Wo ist die Stille Treppe, oder wird man zukünftig doch gleich erschossen bei Verstößen?

    Ein Lob dem Welterbemarketing, das solche Touris in Massen anzieht, die auch noch selber ihr Zeug dabei haben, und nicht mal Geld dalassen – NUR Lärm.

    Ja jung, dynamisch aktiv halt…………….viel Lärm für nichts, sozusagen.

  • Arbeiterstimme

    |

    Kommentar von der Redaktion gelöscht.

  • CSU-Mitglied

    |

    Man muß sich wundern, für welchen SCH… in Regensburg von den gewählten Volksvertretern Geld ausgegeben wird.
    Da sind für notwendige Bildungseinrichtungen , z.B. BOS, keine Mittel vorhanden und Maßnahmen werden ständig verschoben, aber für den SCH…. sind 40.000 EUR vorhanden.

  • auch CSU-Mitglied

    |

    @ CSU-Mitglied

    die Kampagne ist zumindest intelligenter, als das ewig alte Argument zu bringen, dafür sei Geld da. Wollen Sie von 40.000 euro eine neue BOS bauen? Übrigens: Der Bau der FOS/BOS ist im Investitionsplan vorgesehen. Dafür ist also (auch) Geld da! Als CSU-Mitglied sitzen Sie doch an der Quelle und müssten es daher besser wissen.

  • CSU-Mitglied

    |

    An auch CSU-Mitglied:

    Am 27. Januar 2010 teilte H. OB Schaidinger den Schülern, Eltern und Lehrern bei einer gemeinsamen Gesprächsrunde im Alten Rathaus folgendes mit:
    – Bis die FOS/BOS Regensburg unter einem Dach untergebracht sein wird, vergehen wenigstens
    noch 15 Jahre
    – Der erste Bauabschnitt soll – wie von der CSU/SPD Koalition beschlossen – 2013 in Angriff genommen
    werden.
    – Sollte das klappen – Voraussetzung dafür ist die im Haushaltsentwurf prognostizierte Aufwärtsentwicklung
    bei den Gewerbesteuereinnahmen, die kaum eintretten dürfte, – dürfen die Schüler, die derzeit am
    Ziegelweg untergebracht sind, umziehen.
    – Das Gebäude an der Landshuter Straße müsse hingegen noch länger – besagte 15 Jahre – genutzt werden.

    Die Schüler der FOS/BOS sind für die CSU/SPD Koalition als Schüler zweiter Klasse!
    Viele unnütze Ausgaben unter 100.000 EUR, wie diese SCH…Aktion, oder der völlig überflüssige Ordnugnsdienst, der im Regensburger Stadtbild unsichtbar ist, ergeben auch Millionenbeträge.

  • Mats V.

    |

    40.000 € gut investiert, muss ich sagen. einfach top! gerade jetzt, zur wm, werden sich die leute sicher besonders zusammenreißen.
    und durch die lollis in den mcdonald’s restaurants werden sicher auch die jungesell(inn)en-abschieds-touristen auf das problem aufmerksam gemacht und zwei bis drei gänge runterschalten.

  • domiNO

    |

    Wer denkt schon beim Anblick eines Kleinkinds an himmlische Ruhe?
    Nach meinem subjektiven Empfinden ist dieser Spot(t) tatsächlich eine Steigerung zum bisherigen Slogan, wobei ich auch die Variante unterstelle, in der er sich reimt, schließlich sind wir doch im Land der Dichter und Denker oder so.

  • Immanuel K. Anti

    |

    Es traut sich ernsthaft niemand, “Leise ist Scheiße” zu schreiben???
    Ist doch einfach!
    Und jetzt nochmal ohne Anführungszeichen: Leise ist Scheiße.

    Das tut nicht weh!

    Der dumme Slogan tut weh, nicht die Tatsache, dass er mit einem Alltagswort rumspielt.

    Früher, vor Sanierung und damit einhergehender gentrification hat man in der Altstadt einfach mal den Inhalt eines Nachttopfs auf den Kopf gekriegt, wenn man unbedingt rumgrölen mußte. DAS hat sich rumgesprochen und man ging etwas stiller heim.
    Heutzutage – wie ich gehört habe – gibt es wegen einem Eimer Wasser eine Anzeige wegen Körperverletzung. Kostenlos vom Anwaltspapi.

  • grace

    |

    40000 Euronen, das ist doch ein Pappenstiel.
    Wenigstens wurde kein Gutachten und nochn Gutachten für ne Million beauftragt.
    Wie das eben so gemacht wird, wenn man nicht mehr weiter weiss oder gar keine politische Gestaltungskraft und Handlungsfähigkeit mehr aufbringt.
    Die haben ja genug Geld (unseres), ums zum Fenster rauszuschmeissen.
    DAS ist sch..

  • gifthaferl

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    Aha.

    Und wer hat geschrieben, das wäre die Aktion eines einzelnen Referenten?
    Und noch lustiger: ” …der sich damit medienträchtig inszenieren will”

    Wie halt, aber schlechte PR gibt es ja angeblich nicht.

    Ach, und der Etat der Pressestelle stammt nicht aus Steuermitteln?

  • Seppl

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    Na, sag ichs doch, alles nur gewürfeltes Dampfgeplauder !
    Hauptsache man hat wieder was um auf die böse Stadt Regensburg und ihre Verwaltung drauf zu hauen.
    Aber ernsthafte Vorschläge wie man das Problem lösen könnte – Fehlanzeige !

  • Dr. Klaus Miehling

    |

    Der Slogan ist wirklich kontraproduktiv. Was mich auch irritiert, ist die Aussage “Dass man den Bass leicht nach draußen auf die verwaisten Straßen hört, wirkt auf das friedlich schlummernde Baby in einer familienfreundlichen Altstadt-Wohnung geradezu einschläfernd. Hier ist die Welt noch in Ordnung.”
    Denn diese permanenten Bässe sind i.a. ein weit größeres Problem als gelegentliches Rufen (das man natürlich nachts auch unterlassen sollte).
    Wir in Freiburg jedenfalls wären froh, wenn unsere Stadt mit einer solchen Kampagne etwas Bewusstsein schaffen würde.

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drin