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Internationaler Frauentag

„Es gibt noch viel zu kämpfen“

Am 8. März ist Internationaler Frauentag. Schon zwei Tage vorher feierten 30 Organisationen am Freitagabend im Andreasstadel.

Hielt einen Vortrag zur Geschichte des Frauenwiderstands: Irene Salberg, Vorsitzende von ver.di Regensburg. Fotos: ld.

Hielt einen Vortrag zur Geschichte des Frauenwiderstands: Irene Salberg, Vorsitzende von ver.di Regensburg. Fotos: ld.

Irene Salberg freut sich sichtlich. „Saugut“ findet sie es, dass in diesem Jahr erstmals 30 Organisationen gemeinsam den Internationalen Frauentag in Regensburg feiern. Der ist zwar eigentlich erst am Sonntag, wie Salberg in ihrer Rede auch wiederholt betont, die Saalveranstaltung hat man aber schon auf den Freitagabend gelegt.

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Erschienen sind nicht nur Vertreter der Organisationen, die als Veranstalter fungieren – die Gewerkschaft ver.di, die Gleichstellungsstelle der Stadt Regensburg, profamilia sowie die politischen Parteien im Stadtrat bzw. deren Frauengruppen sind exemplarisch zu nennen. Insgesamt haben sich laut Veranstalterangaben 170 Gäste im Andreasstadel eingefunden – darunter auch die Regensburger SPD-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Margit Wild und die zweite Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer.

22 Prozent Frauen in der Stadtspitze

Die bezeichnet den Internationalen Frauentag in ihrem Grußwort als „Tag, an dem man Bilanz zieht“, wie weit es mit der Gleichstellung der Frauen und Männer sei. Für die Stadt Regensburg könne man sagen, man sei „in der Verwaltung auf einem guten Weg nach vorn.“ Zumindest, wenn man die Stadtspitze mit den Bürgermeistern und den Referenten betrachtet, sieht die Quote aber nicht ganz so gut aus. „Da kommen wir momentan auf 22 Prozent“, räumt Maltz-Schwarzfischer ein.

Bei der Gleichstellung sei Regensburg "auf einem guten Weg nach vorn": Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer.

Bei der Gleichstellung sei Regensburg “auf einem guten Weg nach vorn”: Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer.

Insgesamt sieht sie den Diskurs über die Gleichstellung in Deutschland „auf einem hohen Niveau“. Das sei aber nur deshalb so, weil Frauen dafür gekämpft hätten. „Unser Anliegen wird oft ins Lächerliche gezogen“, beklagt Maltz-Schwarzfischer. „Das geht los bei Doppelnamen – davon kann ich ein Lied singen – und geht weiter bei Stammtischparolen zur Frauenquote.“ Insgesamt findet die SPD-Bürgermeisterin: „Es gibt noch viel zu kämpfen.“

 „Frauen hatten im Widerstand gegen die Nazis einen festen Platz“

Diesem Credo schließt sich auch Irene Salberg, ver.di-Vorsitzende in Regensburg, in ihrem Vortrag „Frauen im Widerstand – Aus den Wurzeln wachsen“ an. Ausgehend von einer Definition des politischen Widerstands an sich stellt sie in einer sehenswerten Präsentation verschiedene Protagonistinnen der Frauenbewegung vor.

Von den Anfängen in Amerika, wo 1909 20.000 Näherinnen in New York auf die Straße gingen und nach langen Auseinandersetzungen schließlich Lohnerhöhungen erstritten, schlägt sie den Bogen über die deutsche Sozialistin Clara Zetkin, die 1910 den Internationalen Frauentag initiierte, die Textilarbeiterinnen in St. Petersburg, die 1917 die russische Februarrevolution ins Rollen brachten, und die KPD-Gründerin Rosa Luxemburg bis hin zum „schwärzesten Kapitel in der deutschen Geschichte“.

„Frauen hatten im Widerstand gegen die Nazis einen festen Platz“, berichtet Salberg. Exemplarisch hebt sie Sophie Scholl von der Widerstandsgruppe Weiße Rose hervor, aber auch Toni Pfülf, die an die Sozialdemokraten für einen Widerstand gegen die Machtergreifung appelierte. Agnes Primocic nennt Salberg als Vertreterin der Widerstandsbewegung gegen den Austrofaschismus, Laura Mirka Polizzi als „Rückgrat der italienischen Resistenza“.

IS hat Angst vor Frauen

Über Tamara Bunke, die „Frau an Che Guevaras Seite“, die im bolivianischen Guerilla-Kampf 1967 ums Leben kam, findet Salberg in ihrem Vortrag den Weg in die Gegenwart. Malala Yousafzai, die pakistanische Kinderrechtsaktivistin, die 2014 den Friedensnobelpreis erhielt, nennt sie ebenso als Beispiele für modernen weiblichen Widerstand wie die kurdischen Widerstandskämpferinnen in Kobane, die im Kampf gegen den Islamischen Staat die Oberhand behalten haben.

Salberg spricht in diesem Zusammenhang von der „schrecklichen Angst der IS-Männer, von einer Frau getötet zu werden.“ Der Grund: Ihrer Überzeugung entsprechend würde ihnen der Eintritt ins Paradies verwehrt bleiben, wenn sie „durch Frauenhand sterben“.

Die "DGB-Songgruppe" begleitete den Abend musikalisch.

Die “DGB-Songgruppe” begleitete den Abend musikalisch.

Erst Arbeiterlieder, dann Sekt und Selters

Im Kampf auf Leben und Tod der Kämpferinnen in Kobane sieht Salberg durchaus Parallelen zum politischen Kampf zur Gleichstellung der Frau. „Wir dürfen nicht weglaufen, wir müssen kämpfen, um zu gewinnen, für unsere politische Sache“, sagt die Gewerkschafterin, bezugnehmend auf ein Zitat einer Kurdin.

Den offiziellen Teil des Abends schließt dann die „DGB-Songgruppe“ mit Arbeiterkampf- und Widerstandsliedern wie „Bella Ciao“, „Brot und Rosen“ oder „Union Maid“ von Woody Guthrie. Danach gibt es „Sekt und Selters“ im Restaurant.

Am Sonntag geht es auf die Straße

Auf die Straße geht es zum Internationalen Frauentag übrigens auch: Am Sonntag – dem eigentlichen Termin – aufgerufen haben Einzelpersonen und der ASta der Uni Regensburg. Treffpunkt ist um 14 Uhr am Schwammerl.

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Kommentare (8)

  • Angelika Oetken

    |

    Es gibt leider immer noch viele Frauen, die Angst vor Verantwortung haben. Auch weil sie sich davor fürchten, sich gegenüber Männern direkt zu behaupten.

    „Magd“ bzw. „Gefäß“ des Mannes zu sein, aber im Gegenzug von ihm versorgt zu werden,hat auch entlastende Funktionen.

    In unserer Gesellschaft muss keine Frau sich unterdrücken lassen. Es reicht, wenn sie ihre Rolle, Position und Biografie aufarbeitet und klar Prioritäten setzt. Frauen, die „alles“ haben und sein wollen, meinen irgendwelchen irrealen Idealen nacheifern zu müssen, werden allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit daran scheitern.

    Ich würde den Mädchen von heute am liebsten zurufen: „Pfeift darauf, was andere von euch denken oder über euch sagen. Ergreift einen Beruf, mit dem ihr genug Geld verdient, um euch und eure Kinder ernähren zu können, wenn es sein muss bzw .ihr es so wollt. Verschwendet keine Zeit damit, nach dem „Richtigen“ zu suchen. Der findet sich schon, sobald ihr wirklich unabhängig seid. Und wenn nicht: ihr verpasst nicht viel. Wenn ihr erstmal in die Falle getappt seid, dann ist es viel schwerer wieder raus zu kommen.“

    Mädchen – und Jungen – haben so viele falsche und so wenig gute Rollenvorbilder. Ist eben alles im Fluss.

    VG

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

  • Angelika Oetken

    |

    “Salberg spricht in diesem Zusammenhang von der „schrecklichen Angst der IS-Männer, von einer Frau getötet zu werden.“ Der Grund: Ihrer Überzeugung entsprechend würde ihnen der Eintritt ins Paradies verwehrt bleiben, wenn sie „durch Frauenhand sterben“.

    Zur Genese terroristischer Einstellungen und Verhaltensweisen bei Männern:
    http://www.ankerland.org/main/files/upload_live/pressespiegel/20141201_spiegel.pdf

    VG
    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

    P.S. nicht nur Väter und/oder andere Männer missbrauchen und misshandeln Jungen. Nicht selten gehen die Traumatisierungen von Müttern aus. In patriarchalen Kulturen, die für Mütter und ihre Söhne bestimmte Rollen vorschreiben, gibt es für Jungen wohl kaum etwas Schlimmeres, als eine übergriffige Mutter. Die wiederum meist selbst ein Opfer von Misshandlung ist. Entwicklungen, die sich über Generationen hinziehen. Viel Leid verursachen, aber eben auch ein Teil unserer Kultur sind

  • Irene Keidel-Aparcev

    |

    @Angelika Oetken Der vorletzte Satz Ihres Kommentars ist sozusagen der “Schlüsselsatz.” und stellt damit Ihren 2. Satz des 3. Absatzes in Frage.

    “Es reicht, wenn sie ihre Rolle, Position und Biografie aufarbeitet und klar Prioritäten setzt.”

    Aber das ist ja gerade das Schwierige, woran die jungen Menschen scheitern, weil die Vorbilder fehlen, wie Sie schreiben und den Kindern nicht das Selbstbewusstsein vermittelt wurde, “Selbstanalyse” zu betreiben und somit sein ” eigenes Ich ” zu finden.

    Darum “pfeifen sie auch nicht darauf”, was andere von ihnen denken, sondern sie versuchen mit allen ihnen zu verfügenden Mitteln so zu sein, wie Tausende andere auch.
    Das trifft bei Mädchen öfter zu als bei Jungen.

    Da hat auch die Frauenbewegung nicht all zuviel verändern können. Die hat es bis heut ja nicht einmal geschafft, eine gleiche Bezahlung von Mann und Frau durchzusetzen.

    Dafür hat jetzt die Familienministerin eine Quote durchgesetzt, für dieFrauen in den höheren Etagen – welchen auch immer. Das ist doch krank.

    Es wird wirklich Zeit, sich um jungen Menschen zu kümmern, die ganz normale Berufe wählen und später auch davon leben können und eine vernünftige Rente bekommen.

    Dass eine gute Ausbildung Sicherheit gewährt, ist heute nicht mehr gewährleistet.
    Trotzdem sollte jede Frau versuchen, eine so gute Ausbildung wie möglich zu machen und dies nicht mit dem Blick auf den späteren Verdienst, sondern was ihr gefällt.
    Das muss nicht unbedingt ein Studium sein, denn auch die landen nicht selten in “Ersatzberufen.”
    Und wenn Arbeit Mangelware wird, wer wird entlassen – die Frauen.

    Auf eine Ehe würde ich heute überhaupt nicht mehr setzen. Der Richtige kann sich sehr schnell als der Falsche erweisen. Die meisten Ehen gehen auseinander – oder werden künstlich am Leben erhalten . Bei Trennung verbleiben die Kinder wie eh und je bei der Mutter

    Ihr letzter Satz dann” Es ist alles im Fluss” ja – aber nach welcher Richtung?

    Meine Meinung dazu ist: Es wird alles in einer Katastrophe enden.

  • Irene Keidel-Aparcev

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    @ Angelika Oetken Meine Antwort geht an Ihren 1. Kommentar.

  • Angelika Oetken

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    @Irene Keidel-Aparcev,

    viele meiner Generation, der Baby-Boomer hatten keine guten role-models ;-)

    Trotzdem, oder gerade deshalb ? haben wir uns behauptet.

    Möglicherweise war es gerade die Notwendigkeit, in der Jugend gegen unmenschliche und entwürdigende Bedingungen und Forderungen ankämpfen zu müssen, die uns geholfen bzw. gezwungen hat, entsprechende Fähigkeiten zu entwickeln.

    Meine beiden Großmütter, Jahrgang 1903 und 1904 und meine Adoptivoma, ebenfalls Anfang des 20. Jahrhunderts geboren, dem bäuerlichen Milieu verhaftet, gezwungen, sich der Familie bzw. ihren Männern unterzuordnen und die typische Frauenrolle einzunehmen, würden aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, wenn sie mich heute auch nur mal einen Tag begleiten könnten. Ob sie neidisch oder stolz auf mich wären, kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall hatte und habe ich heute Möglichkeiten, von denen sie nicht einmal zu träumen gewagt haben.
    Und das haben Generationen von Frauen – und auch viele Männer – erkämpft.

    Aber auch Männern sind Freiheiten erwachsen: auch ihnen wurden Rollenmuster aufgepropft unter denen viele sicherlich gelitten haben. Noch heute ist die Lebenserwartung von Männern gegenüber Frauen verkürzt. Männer bzw. Jungen bekommen in bestimmten Bereichen weder Unterstützung noch Hilfe. Sie bleiben sich selbst überlassen.

    Ansonsten sehe ich es sehr positiv: junge Menschen, Frauen wie Männer haben heute so viele Möglichkeiten.

    Auf jeden Fortschritt folgt ein Roll-Back. Aus dem ständigen Hin und Her erwachsen Veränderungen.

    Vielleicht erleben wir es noch, dass Menschen nicht mehr nach ihrem Geschlecht, sondern nach ihrer Persönlichkeit und ihren Fähigkeiten beurteilt und eingesetzt werden.

    Dann brauchen wir vielleicht andere Quoten. Aber keine mehr für weibliche Führungskräfte.

  • Irene Keidel-Aparcev

    |

    @ Angelika Oetken Ganz so alt bin ich noch nicht – 103/1904. Ich bin 1937 geboren und der Widerspruch gegen den Konformismus wurde mir früh in die Wiege gelegt und zwar durch meinen Vater.
    Ich hatte das große Glück, fast immer mit meinen Begabungen, die sehr vielfältig waren, meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
    Ich habe also keine Erfahrungen mit entwürdigenden Bedingungen und Forderungen und wurde schon damals nach meiner Persönlichkeit und meinen Fähigkeiten beurteilt und eingesetzt. Vielleicht habe ich einfach viel Glück gehabt. Ich weiss es nicht.
    Einmal habe ich als Beleuchter in einem Theater gearbeitet – ein absolut männliches Arbeitsgebiet.
    Schon während der Studienzeit bekam ich in den Semesterferien immer sehr gut bezahlte Jobs und das auch noch für eine Arbeit, die mir gefiel womit ich oft mein nächstes Semester finanzieren konnte.

    Heute sind die Bedingungen wirklich hart und Anpassung ist angesagt.
    Wenn man Elektronik studiert, weiss man nicht, ob man nach dem Studium von 5 – 6 Jahre einen Job bekommt. vielleicht ist da ein anderes Metier gefragt.

    Dann 200 Bewerbungen für einen Job ist nicht alltäglich und die Firmen halten es nicht einmal für notwendig. die Unterlagen, die sehr teuer sind , zurückzuschicken.
    Zu meiner Zeit genügte ein Telefonanruf und ich wurde mit Kusshand genommen. Die Zeit bestimmte ich. Wo gibt es das heute?
    Wenn ich das heute Jugendlichen erzähle, glauben die, die Alte spinnt.
    Probearbeitsstellen, unbezahlte Praktika …. Wichtig allein ist, die Wirtschaft profitiert.
    Und unsere Kinder erziehen wir nicht zu glücklichen Menschen, sondern zu Menschen, die zu funktionieren haben, mit immer größeren materiellen Ansprüchen.
    Wir, glaube ich , waren auch bescheidener. Die meisten meiner Studienfreunde hatten ein möbliertes Zimmer oder ein winziges Appartement. Aber wir fühlen uns wie Könige.

    Vielleicht ist in einem gewissen Sinne Rückschritt und nicht Fortschritt angesagt.

  • myne Fru de Ilsebill

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    -„Unser Anliegen wird oft ins Lächerliche gezogen“, beklagt Maltz-Schwarzfischer. „Das geht los bei Doppelnamen – davon kann ich ein Lied singen …“-
    Na und es gibt auch Bindstrichmänner: Schäfer-Gümbel.
    http://www.welt.de/wissenschaft/article1593833/Mueller-Luedenscheid-stirbt-aus.html
    -Salberg spricht in diesem Zusammenhang von der „schrecklichen Angst der IS-Männer, von einer Frau getötet zu werden.“ Der Grund: Ihrer Überzeugung entsprechend würde ihnen der Eintritt ins Paradies verwehrt bleiben, wenn sie „durch Frauenhand sterben“.-
    Ist wohl jemand vor lauter „kämpfen“ der Gaul durchgegangen? Durch solche Äußerungen wird das berechtigte Anliegen der Gleichstellung das Niveau entzogen und hilft auch nicht den gequälten Frauen in diesen Ländern.

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