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Diskussion

“Fakten-Check Freihandel”

Diskussion über CETA und TTIP im Evangelischen Bildungswerk. Ein Gastbeitrag von Dr. Harald Klimenta von attac Deutschland.

Im Gespräch: Petra Filbeck (BüfA), Harald Klimenta (Attac) und Karl Bär (Umweltinstitut München). Foto: Walter Nowotny

Im Gespräch: Petra Filbeck (BüfA), Harald Klimenta (Attac) und Karl Bär (Umweltinstitut München). Foto: Walter Nowotny

Am Dienstag kamen – durchaus überraschend – über 80 Gäste ins Evangelische Bildungswerk, um sich über den Stand der europäischer Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP) zu informieren. Letztes Jahr waren noch hunderttausende dagegen auf die Straße gegangen, in letzter Zeit schien es da etwas ruhiger geworden zu sein. Aber das kann sich schnell wieder ändern. Als Gast war Karl Bär, Agrarökonom und Handelsexperte vom Umweltinstitut München e.V., geladen, der seine fachliche Kompetenz durch seine Formulierungskunst unterstrich, wenn er noch die sprödesten Aspekte mit unterhaltsamen Beispielen versah.

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TTIP-Verhandlungen könnten bald wieder anlaufen

Zunächst wurde verdeutlicht, dass Donald Trump im Wahlkampf zwar Handelsabkommen zwischen mehreren Staaten ablehnt und verhindern möchte, doch über TTIP äußerte er sich nicht wahrnehmbar. Deshalb könnten die Verhandlungen in Bälde fortgeführt werden, denn vor allem auch die EU-Kommission will das Abkommen. Solange aber der Widerstand aus ziemlich vielen EU-Staaten nicht nachlässt, wird sich die EU-Kommission gerade in den Bereichen Verbraucherschutz und Landwirtschaft (Stichworte etwa: Gentechnik, Hormonmast, Desinfektionsmethoden) nicht bewegen können. Das wäre allerdings Voraussetzung, damit Trump das Abkommen als Gewinn für die USA vermarkten könnte.

Wesentlich brisanter ist CETA, denn das Handelsabkommen mit Kanada befindet sich im Ratifizierungsprozess. Allen Protesten zum Trotz hat sich am Inhalt nichts geändert. Die zahlreichen (unter anderen von den Wallonen erzwungene) Anhänge an den Vertrag haben keine Änderungen, sondern höchstens bestimmte Interpretationen weniger Vertragsinhalte zur Folge. Alle Kritikpunkte bleiben erhalten.

Belgien wird CETA nicht ratifizieren

Karl Bär ging etwa auf das europäische Vorsorgeprinzip ein und verdeutlichte dies am Beispiel hormonell aktiver Weichmacher (“Bisphenol A”), deren vorbeugendes Verbot bei begründetem Verdacht in der EU durch CETA schwieriger würde. Der Vertrag fordert von den Staaten wissenschaftliche Belege ein, wenn sie gefährliche Substanzen verbieten wollen. Mit Gegenstudien lassen sich allerdings Studienschlachten organisieren, die sich über Jahrzehnte hinziehen (wie in den USA mit Asbest und DDT geschehen).

Trotzdem wird das EU-Parlament Mitte Februar höchstwahrscheinlich die vorläufige Anwendung von CETA beschließen. Aber: Danach muss es von allen Mitgliedsstaaten abgesegnet werden – und das ist unwahrscheinlich, falls der Protest gegen dieses Freihandelsabkommen aufrechterhalten bleibt. Bereits vor Monaten hat sich Belgien äußerst kritisch über die in CETA verankerten Konzernklagerechte geäußert. Es stellte bereits klar, dass es unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht bereit ist, CETA zu ratifizieren.

Ist das Volksbegehren gegen CETA zulässig?

Auch Deutschland ist ein möglicher Kandidat, um CETA scheitern zu lassen: Da auch der Bundesrat zustimmen muss und in vielen Bundesländern die Grünen an der Regierung beteiligt sind, könnten sich einige Bundesländer enthalten und mehrere gegen CETA stimmen. Falls es in Bayern zu einem erfolgreichen Volksentscheid gegen das Abkommen kommt, müsste auch das CSU-regierte Bayern gegen CETA stimmen. Bleibt zu hoffen, dass das Volksbegehren in Bayern vom Bayerischen Verfassungsgericht für zulässig erklärt wird, die Entscheidung wird in den kommenden beiden Wochen fallen.

Auch in Österreich und in den Niederlanden könnten Volksbegehren die dortigen Regierungen zu einem Nein zu CETA zwingen. Deshalb war die Stimmung an diesem Abend im Evangelischen Bildungswerk durchaus positiv. Das seit drei Jahren existierende “Stop TTIP – Regensburger Bündnis” wird weiterarbeiten, um undemokratische und ungerechte Handelsverträge zu Fall zu bringen und eine zukunftsfähige, faire Handelsordnung mit auf den Weg zu bringen.

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