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Ein Milliardär mahnt ab

In eigener Sache: Was soll das, Herr Schottdorf?

Nach unserer Berichterstattung über die Ermittlungen der bayerischen Justiz gegen den Journalisten Hubert Denk hat der Laborunternehmer Dr. Bernd Schottdorf juristische Schritte gegen unsere Redaktion eingeleitet. Eine Antwort.

morgen1Sehr geehrter Herr Schottdorf,

über die Anwaltskanzlei Bub, Gauweiler & Partner haben Sie uns am Dienstag Ihre Forderungen nach einer Gegendarstellung und einer Unterlassungserklärung zukommen lassen.

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Sie möchten, dass wir einen bestimmten Eindruck nicht mehr erwecken sollen, den Sie aus einem Artikel herauszulesen glauben, in dem wir über die Ermittlungen gegen den Journalisten Hubert Denk berichten. Kurz gesagt wollen Sie uns deshalb einen gehörigen Teil dieses Berichts verbieten lassen.

Klagen Sie gern, Herr Schottdorf?

Wir sind weder das erste, noch das einzige Medium gegen das Sie so – per Eindrucksunterlassung – vorgehen. Viele Journalisten können über mal mehr, mal weniger erfolgreiche Versuche von Ihnen erzählen, unliebsame Berichterstattung zu unterbinden.

Beispielhaft erwähnt sei Ihr Vorgehen gegen Bürgerblick-Herausgeber Hubert Denk, dem Sie vor zwei Jahren gleich einen ganzen Artikel verbieten lassen wollten, weil dieser einen falschen Eindruck erwecken würde. Ihr Ansinnen blieb in diesem Fall allerdings erfolglos. Wir haben darüber berichtet.

Wir wollen keine Missverständnisse

Um Missverständnisse zu vermeiden, wollen wir Ihnen mitteilen, welchen Eindruck wir haben, welchen Eindruck wir in dem von Ihnen angegriffenen Bericht wiedergeben und welchen Eindruck wir auch weiterhin wiederzugeben gedenken.

Wir haben den Eindruck, dass eine Staatsanwaltschaft mit erheblichem Eifer und enormem Einsatz gegen einen Journalisten ermittelt, der Ihre legale Parteispende an die CSU nebst persönlichen Begleitschreibens an Ministerpräsident Edmund Stoiber (hier der Wortlaut) veröffentlicht hat.

Wir haben den Eindruck, dass Sie diesen Journalisten wegen seiner Berichterstattung zuvor schon erfolglos per Zivilklagen mundtot machen wollten.

Wir haben den Eindruck, dass ein erheblicher Kontrast zwischen dem Vorgehen von Teilen der bayerischen Justiz gegen diesen Journalisten auf der einen und gegen Sie auf der anderen Seite besteht.

Kann man das nicht seltsam finden, Herr Schottdorf?

Zur Verdeutlichung:

Gegen Hubert Denk, der eine, darauf legen Sie ja Wert, völlig legale Parteispende an die CSU in Verbindung mit einem völlig legalen Begleitschreiben an den damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber öffentlich gemacht hat, ermitteln mehrere Oberstaatsanwälte und ein Generalstaatsanwalt seit über drei Jahren, vernahmen über 50 Zeugen, unternahmen – kurz gesagt – eine der wohl größten Maulwurfssuchen in der Geschichte des Bayerischen Landeskriminalamts.

Gegen Sie, der Sie in Verdacht stehen, die Gesundheitskassen um zig Millionen betrogen zu haben, liegt seit fast zwei Jahren eine Anklage vor, die bislang noch immer zu keinem Gerichtsverfahren geführt hat.

Mal ganz offen, Herr Schottdorf: Meinen Sie nicht auch, dass ein unbefangener Beobachter all das ein wenig seltsam finden könnte? Oder denken Sie, dass dieser Eindruck falsch ist? Nun ja, Sie gehen zumindest nicht dagegen vor.

Wir verstehen Ihre Forderung nicht, Herr Schottdorf.

Stattdessen gehen Sie – mit Unterlassungs- und Gegendarstellungsforderung – gegen einen imaginären Eindruck vor, der weder durch den Bericht geweckt wird, noch in diesem enthalten ist: Gegen Sie solle nach wie vor ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren wegen einer – wie bereits mehrfach erwähnt – legalen Parteispende laufen.

Wir sehen keinen Anlass, die Legalität Ihres Verhaltens (Spende, Begleitschreiben) nochmals festzustellen, haben aber dennoch Ihrem Wunsch durch einen Nachtrag in dem Text entsprochen.

Ihr Vorgehen ist indes sehr verwunderlich, um nicht zu sagen: absurd.

Wir lassen uns nicht einschüchtern.

Wir haben deshalb noch einen Eindruck:

Offenbar wollen Sie uns, ebenso wie andere Medien mit derartigen juristischen Drohungen, die viel Zeit, Aufwand und Energie kosten, lästig sein. Sie wollen uns eben irgendwie einschüchtern.

Vielleicht glauben Sie so, die Berichterstattung über einen Eindruck, der angesichts der bislang öffentlich bekannten Fakten auf der Hand liegt (siehe Anfang), den Sie aber nicht direkt angreifen, insgesamt zu stoppen.

Vielleicht glauben Sie so, Journalisten davon abhalten zu können, ihrer originären Aufgabe nachzukommen: zu recherchieren, Fragen zu stellen, gegebenenfalls zu kommentieren und dies der Öffentlichkeit mitzuteilen.

So viel Energie, Zeit und Geld, wo Ihnen doch bislang in keinem uns bekannten Bericht ein illegales Handeln vorgeworfen wird.

Ganz ehrlich, Herr Schottdorf: Das hinterlässt, zumindest bei mir, einen besonders bemerkenswerten Eindruck.

Der Vollständigkeit halber: Unser Rechtsanwalt Nils Pütz hat Ihrem Anwalt bereits mitgeteilt, dass wir Ihre Forderung nach Unterlassung und Gegendarstellung zurückweisen.

Mit freundlichen Grüßen.

Stefan Aigner

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Kommentare (29)

  • Herr Oftopik

    |

    Herr Aigner, diesmal sehr poetisch, Kompliment!

    Herr Schottdorf, Sie belustigen mich, auch dafür ein Kompliment.

  • Bernhard Segerer

    |

    Eindrucksvoll!

  • Student

    |

    Das ist die Art von Journalismus, die regensburg-digital zu
    dem macht, was es ist. Worauf es stolz sein darf. Und warum ich
    hier gerne lese.

  • Stefan kick

    |

    “J´accuse!”

  • Michael Mittag

    |

    Sehr ordentlich!

  • RD-Unterstützer

    |

    Also, falls es zu einem Rechtstreit kommt, gehe ich davon
    aus das sich eine zünftige Soliparty organisieren lässt.
    Voraussetzung ist natürlich, dass alle die regensburg – digital
    weiter als kritisches Medium haben wollen, auch kommen (auch wenn
    der musikalische Geschmack ein anderer ist). Kenne ein paar Leute,
    die da gerne mitorganisieren würden. Eine Fördermitgliedschaft ist
    natürlich auch nicht schlecht, gerade dieser gut recherchierte
    Kommentar zeigt, dass sich die “Investiton” lohnen wird.

  • a.z.

    |

    Oh YESSSSSSSSS!!! Danke, war mir ein innerer
    Reichsparteitag das zu lesen. Weiter so!

  • Arno Nym

    |

    Dieser Schottdort… hat der was mit Barbra
    Streisand?

  • Martin Hert

    |

    Eine (weitere) kleine Spende als Anerkennung für das mutige Engagement gegen die Machenschaften der Einheitspartei Bayerns und ihrer Amigos. Kann man keine Klage gegen die Ermittlungen in Sachen des Herrn Denk wegen Verschwendung von Steuergeldern anstrengen?

  • dieter eichner

    |

    es ist erfreulich,dass engagierter Journalismus wenigstens kleine Nadelstiche gegen den bürgerlich katholischen korruptionssumpf in Bayern setzen kann.
    bitte weiter so.

  • Veronika

    |

    Bestens! Richtig! Im Gedenken an alle, die bislang gegen RD klagen wollten/ klagten. Ich finde es nur ein wenig bedenklich, dass die Dinge gegen die Presse und RD die letzten Jahre immer aus Richtung Waffenlobby, “C”-Parteien und Kath. Kirche kommen. Ist doch so, oder?

  • Harald Dähne

    |

    Kritischer Journalismus ist Verfassungsauftrag.

    Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder betont, dass politische Entscheidungen in der Demokratie nicht getroffen werden könnten, wenn sich der Bürger nicht umfassend informieren könne. Deswegen – so das Bundesverfassungsgericht – sei es Aufgabe der Medien, als „orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung“ die notwendigen Informationen zu beschaffen und zu ihnen Stellung zu beziehen. Zusammengefasst sei deswegen eine „freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich“ (vgl. etwa BVerfGE 107, 299 m.w.N).

  • Irene

    |

    Immer diese Internet-Aufwiegler. Unterm Strauß hätts das nicht gegeben!

  • ClaudiaBerlin

    |

    Der Artikel hat mich glatt zum spenden motiviert!
    Vorbildliches Vorgehen!

  • Kernel

    |

    Danke für diese Art von Berichterstattung und Danke für ihren Mut! Leider werden wir hier von unserem Lokalblättchen wohl schändlich im Stich gelassen.

  • Twix Raider

    |

    Der grosse Vorsitzende, der Ausweisungsverfahren gegen
    ARD-Mitarbeiter angedacht hat, würde “Journalismus unter
    Laborbedingungen” wohl zur alternativlosen Tugend erheben. So geht
    das nicht, Denken gefährdet den Standort, wie sollen wir da bis
    2018 Vollbeschäftigung haben!

  • Marianne W.

    |

    Was ist nur los in der Bayerischen Justiz? Jahrzehntelang habe ich in NRW bei einem Gericht gearbeitet und kann mir eine so dreiste Einflussnahme – bei der ja offensichtlich ganz viele Personen involviert sind – hier nicht vorstellen. Erst der Fall Gustl Mollath und jetzt das. Ich bin entsetzt. Um so anerkennenswerter ist die Haltung von Herrn Denk oder auch die des LKA Beamten. Ob er in Zukunft ungehindert seinen Dienst tun kann? Ich wage das zu bezweifeln.

  • Veronika

    |

    Ich befürchte, dass es irgendwann in gar nicht allzu weiter
    Ferne mächtig scheppert! In Bayern scheint man doch die Bevölkerung
    universal für dumm verkaufen zu wollen.

  • BuFiPo

    |

    Schottdorf ist ein System, in das es sich lohnt mehr – allen voran investigativen Journalismus – zu investieren. Schon die Riege seiner Anwälte liest sich wie das “who is Who”. Josef Leeb, ehemaliger Justizminister, Gauweiler usw.,

    Wie schon andere vor ihm versucht auch er dass viele Dinge nicht “anstageslicht” kommen sollen.

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