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Heiße Stadtratsdebatte

Michlstift: Neue Nutzung wird nächste Woche verkündet

Ein Hauch Komödienstadel zog am Donnerstag im Stadtrat ein. Man debattierte über die Petition zum Erhalt des Michlstifts. Die einzig wirkliche Neuigkeit: Kommende Woche will der Oberbürgermeister die geplante Nachnutzung des Seniorenheims vorstellen.

Das Bürgerstift St. Michael wird geschlossen. Foto: Johanning/ Wikimedia Commons

Das Bürgerstift St. Michael wird geschlossen. Foto: Johanning/ Wikimedia Commons

Es waren einige wichtige Erkenntnisse, welche die Stadtratsdebatte zur Michlstift-Petition am Donnerstag erbracht hat. Wir wissen nun, dass der Oberbürgermeister sich manchmal fragt, ob CSU-Stadtrat Franz Rieger etwas geraucht hat. Wir haben erfahren, dass der das nur als Jugendlicher „mal probiert“ hat – „und da auch nur Zigaretten“. Außerdem wissen wir jetzt, dass Michael Lehner (CSU) befürchtet, dass seine Sitznachbarin im Kulturausschuss, Irmgard Freihoffer, langsam auf ihn abfärbt, weil er „immer öfter den Linken zustimmen muss“. Aber vor allem haben wir gelernt, dass auch der neue Stadtrat trotz neuem Oberbürgermeister und neuem Stil Debatten führen kann, die an die großen Redeschlachten unter CSU-Alleinherrschaft gemahnen, deren Niveau und Informationswert zwar begrenzt ist, die aber – für Liebhaber zumindest – einen gewissen Schauwert haben. Schade, schade, dass diese Sitzung nicht ins Internet übertragen wurde.

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Kifft nicht, raucht nicht: Franz Rieger. Foto: Archiv

Kifft nicht, raucht nicht: Franz Rieger. Foto: Archiv

Wie mehrfach berichtet, wird das Bürgerstift St. Michael („Michlstift“) geschlossen. Sämtliche Entscheidungen dazu sind bereits gefallen – nicht im Stadtrat, sondern im Aufsichtsrat der „Regensburg Seniorenstift gGmbH“, der dafür geschaffenen städtischen Tochtergesellschaft. Im Spätsommer werden die 54 verbliebenen Bewohner des Michlstifts samt Personal in den Neubau des Bürgerheims Kumpfmühl umziehen.

Eine Debatte, die nichts Neues brachte

Daran dürfte auch die Petition für den Erhalt des Michlstifts nichts ändern, die Mitte April von der Initiative „Recht auf Stadt“ gestartet wurde und die der Stadtrat am Donnerstag debattierte. Etwas mehr als 1.200 Leute, knapp 800 davon aus Regensburg, haben dafür im Internet und bei Sammlungen in der Stadt unterschrieben. Für ein Bürgerbegehren würde das noch längst nicht reichen und auch zum selbst gesteckten Ziel von 1.700 Unterschriften fehlen noch ein paar. Dennoch machte OB Wolbergs seine Ankündigung wahr und setzte das Thema auf die Tagesordnung – gebraucht hätte es das nicht.

Verlor stellenweise die Contenance: OB Wolbergs. Foto: Archiv/ Staudinger

Verlor stellenweise die Contenance: OB Wolbergs. Foto: Archiv/ Staudinger

Man erfuhr nichts neues. Wer die offiziellen Presseverlautbarungen der Stadt zur Schließung des Michlstifts, die Debatte dazu im Sozialausschuss und schließlich die öffentliche Veranstaltung dazu in der Realschule am Judenstein verfolgt hatte, kannte die Begründungen für die Schließung, die Wolbergs in der Sitzung erneut vortrug. Sie sind in unserem Dossier nachzulesen.

Wolbergs: MDK-Bewertung nicht aussagekräftig

Im Vorfeld der Sitzung hatte „Recht auf Stadt“ zwar noch eine Pressemitteilung abgesetzt und auf die positive Bewertung durch den MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) hingewiesen, der für das Michlstift Bestnoten vergibt. Diesen Prüfbericht indes tat Joachim Wolbergs als wenig aussagekräftig ab und erntete in diesem Punkt von den übrigen Stadträten auch keinerlei Widerspruch.

Richard Spieß (Linke) bekräftigte allerdings erneut, dass er die Entscheidung und vor allem die Art und Weise wie sie gefallen sei für falsch halte. Wie berichtet, fallen mit der Schließung des Michlstifts 100 städtische Pflegeplätze ersatzlos weg. In der Vergangenheit hatte die Stadt laut Wolbergs zwar noch darüber nachgedacht, einen Neubau an anderer Stelle zu errichten, allerdings gebe es dafür angesichts vieler privater Anbieter derzeit keinen Bedarf – von 1.900 Pflegeplätzen in Regensburg seien 250 frei. Angesichts dessen sei davon auszugehen, dass man nie eine Vollbelegung eines neuen städtischen Heims erreicht hätte.

Linke gegen Abbau von Pflegeplätzen

Richard Spieß: „Diese Entscheidung ist falsch.“ Foto: Archiv/ Staudinger

Richard Spieß: „Diese Entscheidung ist falsch.“ Foto: Archiv/ Staudinger

Spieß widersprach. Die Belegung des Bürgerheims wie auch des Michlstifts sei 2013 weit jenseits der 90 Prozent gelegen. Und generell sei es eine politische Frage, ob man öffentliche Pflegeplätze erhalte oder nicht. „Diese Diskussion hätte im Stadtrat geführt werden müssen, aber entschieden hat der Aufsichtsrat nach rein wirtschaftlichen Kriterien“, so Spieß dazu. Nun überlasse man die Pflege dem Konkurrenzkampf privater Anbieter und da werde aus Renditestreben am Personal und dessen Bezahlung gespart. Darunter leide dessen Motivation und Arbeit.

Diese Aussage wiederum sorgte für einen Wutausbruch bei Neustadtrat Ernst Zierer (SPD), selbst Krankenpfleger, der Spieß vorwarf, die Leistungen von Pflegepersonal schlechtzureden. Norbert Hartl sekundierte, dass man ja nicht „auf Teufel komm raus“ Pflegeplätze vorhalten könne.

CSU macht einen auf Bürgernähe

Aus der CSU wandte sich am Donnerstag – trotz einiger Wortmeldungen – niemand gegen die Schließung. Josef Troidl etwa bekundete seine ausdrückliche Zustimmung. Einwände gab es lediglich zum Verfahren. Fraktionschef Hermann Vanino etwa bemängelte, dass es keine schriftliche Vorlage gebe und dass er keinen Abdruck jener Petition erhalten habe. Diese wiederum ist seit 20. April online abrufbar und Vaninos Fraktionskollege Franz Rieger hat sich bereits vor Wochen zu deren Beschützer aufgeschwungen – was das Verfahren anbelangt natürlich, nicht inhaltlich.

Christian Schlegl: "Was schon entschieden ist, nicht in den Stadtrat." Foto: as

Christian Schlegl: “Was schon entschieden ist, nicht in den Stadtrat.” Foto: as

Etwas mehr Ehrlichkeit muss man da Christian Schlegl bescheinigen. Der äußerte sein Unverständnis darüber, warum etwas, das bereits entschieden sei, nochmal im Stadtrat behandelt werde. Wenn man schon einen auf Bürgerdemokratie mache, dann entweder ganz oder gar nicht, so Schlegl. Und tatsächlich ist davon auszugehen, dass eine solche Debatte über bereits Entschiedenes in der Ära von Hans Schaidinger nicht stattgefunden hätte.

Nach gut zwei Stunden war das Schauspiel beendet. Und immerhin eine wichtige Information gab es: Kommende Woche will Wolbergs mitteilen, wie die zukünftige Nutzung des Michlstifts aussehen soll. Von einem Frauenhaus, neuen Wohnformen für Senioren und Jugendliche, aber auch der Unterbringung von Flüchtlingen war in der Vergangenheit schon die Rede. Die Initiative „Recht auf Stadt“ hatte öffentlich immer wieder darüber spekuliert, dass es der Stadt dabei vor allem um Profit gehe. 

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Kommentare (4)

  • Michl aus L.

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    wär auch `ne tolle Location für Proberäume, Ateliers und Co.. träum..

  • peter sturm

    |

    die diskussionskultur im regensburger stadtrat scheint in der 4.liga zu verbleiben. der spielführer sollte nicht zu oft in seiner alten form auflaufen.
    ein städtisches altenheim aus wirtschaftlichen gründen, ohne ersatz, zu schließen ist eine schwierige entscheidung. ein ruhmesblatt wird daraus nie werden.
    wenn es dagegen eine petition gibt macht mich das jedenfalls nicht wütend.
    in eine vollkommen überhitzte debatte hinein soll jetzt ein neues nutzungskonzept vorgestellt werden. ich bin wirklich gespannt.

  • Rimbaud

    |

    Ejn Provinz-Komödienstadel der für Amusement sorgt.Auf die neue Nutzung des Michlstifts darf man gespannt sein…handelt es sich um eine ordinäre Eröffnung eines Hotels die mittlerweile eine inflationäre Konjunktur haben oder um eine orginelle Inbetriebnahme dieses Anwesens die allen Bürgern offensteht z.b. als Kommunikations oder Veranstaltungszentrums.Findet vielleicht der Reptielienzoo dort eine neue Heimat?

  • hf

    |

    Tagespflegezentrum, Kurzzeitpflegeheim und Mehrgenerationenhaus; plus-minus ein paar Vereinsräume. Wär nicht schlecht.

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drin