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NPD-Auftritt am Volkstrauertag bleibt straffrei

Organisator des "Helden-Gedenkens": der Oberpfalz-Vorsitzende der NPD, Heidrich Klenhart.

Dürfen die Nazis in der Oberpfalz künftig straflos Kriegsverbrecher verherrlichen und die Opfer verhöhnen? Bleibt in Zukunft braune Propaganda straffrei, weil Juristen es so wollen? Ein Referenzbeispiel für diese Befürchtung ist der NPD-Auftritt am Volkstrauertag 2010 in Markt Schwarzenfeld, Landkreis Schwandorf. Gegen diesen öffentlichen Auftritt der NPD-Häuptlinge aus dem Bezirksverband Oberpfalz erstattete der Landesverband Bayern der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten) Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft in Amberg. Die VVN wertete den Auftritt in Schwarzenfeld als verschärfende Provokation. Die Marktgemeinde Schwarzenfeld war in den letzten Kriegstagen 1945 Schauplatz eines Massakers von SS-Angehörigen an Häftlingen eines Todesmarsches des KZ Flossenbürg. 273 Menschen wurden ermordet, in zwei Massengräbern verscharrt und erst nach der Befreiung würdig bestattet. „Wenn die NPD mit ihren Parolen gezielt am Ort eines Verbrechens von SS-Angehörigen auftritt, macht sie die Täter zu Helden und verhöhnt die Opfer“, sieht VVN-Vorsitzende Luise Gutmann den Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 Strafgesetzbuch erfüllt.

Wo die SS 273 Menschen massakrierte gedachte mit diesem Transparent die NPD ihrer "Helden".

Das sieht der Leitende Oberstaatsanwalt in Amberg, Walter Leupold, ganz anders: „Ich sehe den Straftatbestand der Volksverhetzung und Verherrlichung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft als nicht erfüllt an.“ Bereits Ende November sei eine Strafanzeige der Kriminalpolizei Amberg bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Diese wurde von einer Staatsanwältin bearbeitet und das Verfahren eingestellt worden. Mit diesem Vorgehen ist Oberstaatsanwalt Leupold umfänglich einverstanden und schiebt die Kommentierung des Juristen Thomas Fischer vor, wenn er begründet: „Abwegiges Geschwätz über Heldentaten von Wehrmacht und Waffen-SS ist auch dann nicht strafbar, wenn es für die Bundesrepublik peinlich ist.“ Die Waffen-SS wurde vom Internationalen Gerichtshof in Nürnberg zur verbrecherischen Organisation erklärt. Für Oberstaatsanwalt Leupold gilt die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit für die NPD auch dann, wenn sie mit extrem braunen Sprüchen am Volkstrauertag die Opfer verhöhnt. Luise Gutmann hält dagegen: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda im Grundgesetz.“
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Kommentare (5)

  • VonFernSeher

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    Strafverfolgung und Justiz tun gut daran, rechtstaatliche Grundsätze auch für jene gelten zu lassen, die sie absichtlich ausnutzen und eigentlich den Rechtsstaat ablehnen. So oft ich mir dieses Plakat auch durchlese, kann ich leider auch nichts finden, dass zur Volksverhetzung reicht. Die Opfer des Massakers werden nicht direkt angegriffen (auch wenn es indirekt natürlich ein hinterhältiger Angriff ist) und die Opfer des NS-Regimes werden nicht geleugnet. Die Aussagen sind ja wohl absichtlich so allgemein gehalten, dass man da juristisch nicht herankommt.

    So schwer es hier auch zu ertragen sein mag, muss man doch dafür sein, dass die Volksverhetzung so eng wie irgend möglich am Tatbestand ausgelegt wird und nicht schon an sich rechte Propaganda verbietet. Ein solcher gelungener Versuch wäre der viel größere Schaden für unsere Demokratie als jeder Naziaufmarsch. Eine starke Gesellschaft muss auch solche Verletzungen vertragen und die deutsche verträgt sie auch.

    Gegen solche Aufmärsche mit solchen Sprüchen kann man trotzdem einiges tun. Zuallererst muss man der rechten Brut ihre Zöglinge entziehen, dafür sorgen, dass der Nachwuchs ausbleibt. Man muss sie aus ihren Domänen verdrängen und das heißt: bessere und solidarisch finanzierte Bildung, hochwertige Freizeitangebote auch da, wo es sich betriebswirtschaftlich nicht rechnet, Ausbau der Jugendarbeit, Strukturförderung, Förderung von sozialen Projekten und Investition in den Breitensport.

    Wir müssen den Jugendlichen Wissen über die Vergangenheit, Sinn in der Gegenwart und Chancen für die Zukunft geben, bevor die Glatzen sie zu fassen bekommen. So sehr es auch schmerzen mag: Ab und zu per Urteil ein paar Pflanzen auszureißen und fotogen mit dem Eimer Wasser von rechts nach links zu schippen, wird den braunen Sumpf nicht trockenlegen. Man muss ihm konsequent das Wasser abgraben.

  • Veits M.

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    @ VonFernSeher

    Glauben Sie, dass Ihre Ausführungen just im 3. Absatz Satz 2 einer rechtsstaatlichen Prüfung standhalten würden?

    Meiner Zustimmung zu Ihren Ausführungen im Übrigen will ich hinzufügen:

    Zu fragen ist: Was füllt u.a. eine Tathandlung iSd § 130 StGB aus, “die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören”. Unter HInweis auf das nachfolgende Zitat und die Fußnote 7 wäre der StA dann zu widersprechen, wenn durch die Handlungsweise “lediglich das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert” worden wäre.

    ” Da es sich bei § 130 StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, ist eine konkrete Gefährdung des öffentlichen Friedens nicht erforderlich.[6] Aus der Gesamtwürdigung der Tat muss sich lediglich ergeben, dass sich die Handlung des Täters als eine Erschütterung des Vertrauens in die öffentliche Rechtssicherheit darstellt.[7] ”

    Quelle: http://www.mediendelikte.de/bt130.htm (Gliederung 2 b )

  • VonFernSeher

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    @Veits M.

    Zuallererst muss man der rechten Brut ihre Zöglinge entziehen, dafür sorgen, dass der Nachwuchs ausbleibt.

    Wenn Sie diesen Satz meinen: Ich habe das tatsächlich bildlich gemeint.

    Im Übrigen setzt der Paragraph zur Volksverhetzung Bedingungen, wie z.B. der Aufruf zum Hass oder das böswillige Verächtlichmachen. Daran wird es m.M.n. wohl eher gescheitert sein als an der Störungs des öffentlichen Friedens, die wohl erreichbar wäre.

  • Erich Tolli

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    Das Argument, die NPD sei mit ihren Parolen gezielt am Ort eines Verbrechens von SS-Angehörigen aufgetreten, ist juristisch nicht von Belange und sachlich zweifelhaft.
    Die NPD-Rede von den Helden der Wehrmacht und der Waffen-SS ist an allen Orten dumm und nicht hinnehmbar.

    Die Angabe, dass Schwarzenfeld “in den letzten Kriegstagen 1945 Schauplatz eines Massakers von SS-Angehörigen an Häftlingen eines Todesmarsches des KZ-Flossenbürg” gewesen sei, ist irreführend. In vielen Orten südlich Flossenbürgs gab es, ähnlich wie in Schwarzenfeld, hunderte von Opfern zu beklagen, die den sog. Todesmarsch nach der Auflösung des KZs nicht überlebten.
    In Cham z.B. waren zeitweise über 400 Tote KZ-Häftlinge aus Flossenbürg begraben, viele wurden auf den Weg dort hin erschossen oder erschlagen. So gesehen, gibt es trotz vieler Toter auch kein „Chamer Massaker“.

  • Roland Hornung

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    Es ist auch eine Frage des ” Zeitgeistes “. KEIN Jurist macht auf Dauer etwas gegen ” die ( ver-)
    öffentlich(t)e Meinung ” !

    Früher war immer gleich Entrüstungs- und Empörungstheatralik vorhanden, wenn Neonazis irgend-
    etwas sagten….., danach kam eher eine mild-väterliche Welle ( ” lasst sie doch ” ) und gleichzeitig
    eine Programmflut an teueren Kampagnen ” gegen Rechts ” ( von deren Geldern wirklich engagierte
    Initiativen wohl eher selten etwas bekamen ), …und jetzt scheint halt die Welle zu sein, alles ” im
    Namen der Meinungsfreiheit ” zu ” tolerieren “. Solche ( manchmal setsame und unverständliche )
    ” Toleranz ” im Namen des § 5 des GG ist ja schön und recht, die Meinungsfreiheit ist auch ein
    sehr hohes Gut und schützenswert – andererseits wissen wir ja, dass durchaus Meinungsfreiheit
    n i c h t überall gilt !

    Ausserdem scheinen manche Juristen das GG nur auf diesen einen Paragraphen zu reduzieren ?

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drin