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Polizei: Mehr Alk, mehr Prügel

Der polizeiliche Sicherheitsbericht für die Oberpfalz fürs Jahr 2010 (hier als PDF abrufbar) liest sich nicht nur gut. Er liest sich hervorragend. Zehn-Jahres-Tief bei der Gesamtzahl der Straftaten (48.381), eine der niedrigsten Pro-Kopf-Fallzahlen in ganz Bayern, eine Aufklärungsquote von 67,3 Prozent, damit über dem bayerischen Durchschnitt konnte Polizeipräsident Rudolf Kraus am vergangenen Dienstag verkünden. Dasselbe Bild ergibt sich für Regensburg: Zweitniedrigster Stand bei der Kriminalität seit zehn Jahren, Rückgänge in allen Deliktsbereichen, höhere Aufklärungsquote. Alles in Butter also? Nicht ganz.

Körperverletzungen in Regensburg nehmen zu

Während die Zahl der Gewaltdelikte abgenommen hat – dazu zählen unter anderem Mord und Totschlag, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Raub und räuberische Erpressung, sowie gefährliche und schwere Körperverletzung, ist die Zahl der Körperverletzungsdelikte insgesamt gestiegen. Im gesamten Stadtgebiet um 3,6 Prozent auf 1.506 Delikte, rechnet man die Innenstadt heraus ergibt sich hier ein Anstieg um fünf Prozent; mit 545 Delikten wurde mehr als ein Drittel aller Körperverletzungen in der Innenstadt begangen. Angesichts der Tatsache, dass sich hier aber auch Kneipen, Discos und vor allem abends und an den Wochenenden einfach mehr Menschen tummeln, sind diese höheren Zahlen relativ leicht zu erklären. Dramatisieren will man diesen Anstieg von Körperverletzungen in der Regensburger Innenstadt bei der Polizei denn auch nicht. Es gehe hauptsächlich um einfache Körperverletzungen, hieß es bei der Pressekonferenz. Einfache Körperverletzung – die klassische Watschn. „Es fällt aber schon auf, dass es härter geworden ist“, sagt ein Polizeisprecher auf Nachfrage. So werde etwa häufiger nachgetreten, wenn jemand am Boden liege und generell früher zugeschlagen. „Das liegt vor allem am Alkohol.“

Alkohol und Gewaltbereitschaft…

Ansonsten ist die Zahl der Straftaten im Innenstadtbereich zum Teil stärker zurückgegangen als im restlichen Stadtgebiet, Gewaltdelikte insgesamt habe etwa um 16 Prozent abgenommen (Gesamtstadt: 1,6 Prozent). Auch und insbesondere in den Bereichen Vandalismus und Sachbeschädigung ist ein Rückgang zu verzeichnen. Ein Umstand, der den einen oder anderen, der von drohender Verslumung, mehr Vandalismus und mehr Sachbeschädigungen in der Altstadt spricht, verwundern mag. Das nur am Rande. Zurück zu Gewalt und Alkohol. Polizeipräsident Rudolf Kraus stellt bei der Pressekonferenz, nicht nur mit Blick auf Regensburg, immer wieder den „augenfälligen Zusammenhang zwischen Alkohol und Gewaltbereitschaft“ heraus. Laut polizeilicher Statistik sticht in Regensburg auch hier die Innenstadt heraus. Im gesamten Stadtgebiet werden 47 Prozent aller Körperverletzungen unter Alkoholeinfluss begangen, in der Innenstadt sind es knapp 55 Prozent. Auch das ist kein signifikant höherer Wert, wenn man die Kneipen- und Besucherdichte in Alt- und Innenstadt bedenkt.

Alkoholverbote: Der Druck wird erhöht

Der Hintergrund, weshalb nicht nur in Regensburg dieser „augenfälligen Zusammenhang“ so betont wird, liegt auf der Hand: Bereits seit längerem fordern Polizei und zahlreiche Kommunen Möglichkeiten, um Alkoholverbote für bestimmte Bereiche in den Innenstädten durchzusetzen. Allerdings fehlen dafür die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Entsprechende Vorstöße scheiterten. Zuletzt hatte die Stadt Freiburg ein solches Verbot für bestimmte Plätze eingeführt. Vom Landgericht Mannheim wurde es im Juli 2009 gekippt. Die Begründung: Nicht jeder, der Alkohol trinkt, ist gewaltbereit. Deshalb stelle ein generelles Alkoholverbot eine unzulässige Einschränkung der persönlichen Freiheit dar. Pläne für ein Alkoholverbot gab es damals auch in Regensburg. Nach dem Urteil wurden sie – vorläufig – zu den Akten gelegt. Doch nun werden neue Versuche unternommen, solche Verbote einzuführen. Entsprechend wird auch der politische Druck auf die Länder erhöht, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen. In Hannover etwa will man das Mannheimer Urteil mit einer zeitlichen Begrenzung umgehen.

Was bedeutet Alkoholeinfluss?

Doch was sind eigentlich Taten unter Alkoholeinfluss? Der tatsächliche Alkoholgehalt im Blut spielt dabei keine Rolle. „Alkoholeinfluss bei Tatausführung liegt vor, wenn dadurch die Urteilskraft des Tatverdächtigen während der Tatausführung beeinträchtigt war“, heißt es im Sicherheitsbericht der Polizei. Maßgeblich sei „ein offensichtlicher oder nach den Ermittlungen wahrscheinlicher Alkoholeinfluss“.
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Kommentare (11)

  • Interessant

    |

    Sehr interessant diese PDF Datei.
    Trotz dem Schengener Abkommen, das Grenzkontrollen verbietet und auch (seit 2009 durch den EU-Gerichtshof bestätigt) Grenzeinzugskontrollen steht auf Seite 51 eine klare Verletzung dieser beschrieben.
    (Textkopien innerhalb des PDFS funktionieren leider nicht).

    Auch sehr interessant, das 45,3% aller BtmG Delikte auf Cannabis zurückzuführen sind.
    Zusätzlich sind von den insgesamt 2483 Straftaten 63% nach §29BtmG geahnded. Also Besitz wegen Eigenkonsum ohne Beschaffungskriminalitäten.

    So viel Zeit und Geldaufwand dafür, dass in 90% der Fälle keine Anklage erhoben wird wegen Geringfügigkeit und von den restlichen 10% die meisten Fälle nur minimale Strafen hervorbringen…

  • H. Müller

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    Mich würde interessieren, wie viele der genannten Delikte auf die Dult zurückzuführen sind.
    Diese wird ja von der Stadt Regensburg veranstaltet, und findet jährlich an mindestens 34 Tagen statt.

    Während man auf der einen Seite versucht, die Probleme in den Griff zu kriegen, und dabei schon in absurde Gängelei (Alkohol an Tankstellen nur für Autofahrer) verfällt, erschafft man an anderer Stelle, ohne eigentliche Infrastruktur (Zufahrtswege, Parkplätze) eine Heimsuchung für alle Anwohner (Steinweg, Stadtamhof, oberer Wöhrd, westliche Innenstadt).

    Aber vielleicht fallen hier die Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Verkehrsdelikte (und Vermüllung und Fäkalisierung) deshalb nicht so sehr ins statistische Gewicht, weil die Polizei gar nicht mehr auftritt?

  • peter sturm

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    was sollen diese munteren zahlenspielerein der polizisten, von denen dann doch wieder keine zahl signifikant ist oder irgend etwas erklärt. ich versteh’ nix!

  • David

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    @Interessant:

    Seite 51… Sie meinen die Angaben dazu, dass die Polizei an den Grenzübergängen zu Polen besonders genau kontrolliert haben, um zu verhindern, dass sich die Hells Angels und die Outlaws dort auf dem Weg zu ihren Großveranstaltungen in die Haare kriegen? Mir ist nicht klar, wo das Problem liegt.

    Und zum Rauschgift… Cannabis ist halt ‘ne typische Studentendroge, das macht bei einer Unistadt dann naheliegenderweise den Löwenanteil aus. Und da sich bei Cannabis kein richtiger Untergrundmarkt mit ordentlich kriminellen Strukturen bildet, hat man dann halt auch mehrheitlich §29. So lang das Zeug illegal ist, muss dem leider trotzdem nachgegangen werden. Bei der Polizei gibt’s ja auch genügend Leute, denen der handelsübliche Dübel herzlich egal ist.

  • Twix Raider

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    Ende der 80er/Anfang der 90er war ich oft in Hannover, dem seinerzeit härtesten Kiez der Republik. Am Wochenende gab es in allen Ausfallstrassen von Kröpcke und Raschplatz Polizeiposten mit Wannen, weil die öffentlichen Trinkgelage nicht selten zu Kloppereien geführt haben, auch Letzeres gerne mal in Massen. Das waren aber keine Punks & Penner, sondern ganz normale Nachtschwärmer. Dafür war Hannover berühmt-berüchtigt. Leider handelte es sich nicht um eine rein niedersächsische Spezialität, das Phänomen greift immer mehr um sich, auch in unserer Provinz häufen sich Vadalismus und Happy Slapping. Früher war eben nicht alles besser, nur woanders…

  • peter sturm

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    kann mal jemand die bierflasche wegräumen. der ordnungsdienst hat sie sicher schon fotografiert.

  • Alexander Gruber

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    Deshalb bin ich ein leidenschaftlicher Anhänger der Prohibition.

  • Twix Raider

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    Wenn man vom Teufel Alkohol spricht… bei uns wird gerade diskutiert, ob man wieder Sperrzeiten einführen soll, um Suff und Randale in den Griff zu bekommen, was die Gastro-Lobby natürlich nicht mitmacht. Alternativvorschlag unseres Polizeipräsidenten: Ein stadtweites Hausverbot für Raudis. Soll heissen, es wird eine Online-Datenbank angelegt, von der jedes Lokal Fahndungsfotos für die Türsteher runterladen kann. Diese Kopfmissgeburt nach Art des Stadionverbots wurde angeblich schon erfolgreich von Nürnberger Wirten getestet. Wer die Fotos gemacht hat, ist mir momentan nicht bekannt, datenschutzechnisch geht es aber in keinem Fall.

  • Keyser Söze

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    Verbote und Sperrzeiten – bessere Ideen haben die Jungs nicht? Es ist kaum zu glauben, was für Nieten wir regelmäßig an die Spitze wählen. Als ob Vandalismus, Wildbieseln, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, usw. nicht schon verboten genug wären. Diese Verbote durchzusetzen bringen sie ja auch nicht auf die Reihe. Also gleich noch mehr Verbote, am Besten auch solche, welche die Freiheiten aller einschränken, nicht nur Gesundheit und Werte anderer schützen. Es ist ja wohl auch angenehmer gegen Wirte oder Geschäftsleute vorzugehen, die Sperrzeiten oder Verkaufsbeschränkungen nicht einhalten, als gegen besoffene Krawallköpfe. Wie erfolgreich strenge Sperrzeiten sind, sieht man ja in Regensburg. Es ist sicher sinnvoll, alle Kneipenbesucher zur selben Zeit auf die Straße zu schicken, vielleicht noch etwas angesäuert ob des Rausschmisses, als sie zufrieden zu der Zeit heimgehen zu lassen, die sie selber für richtig erachten.

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drin