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Regensburger Brückenstreit: UNESCO „keine Oberdenkmalschutzbehörde”

Verliert Dresden seinen Welterbetitel oder nicht? Das ist die spannendste Frage, über die das Welterbekomitee der UNESCO derzeit in Sevilla diskutiert. Gespannt wartet man aber auch in Regensburg auf das Ergebnis der Tagung. Schließlich werden in Sevilla auch die derzeitigen Planungen der Stadt für eine Ersatzbrücke über die Donau diskutiert. Bislang hat sich die UNESCO eher wohlwollend über das Vorgehen der Stadt geäußert. An das Votum der UNESCO will sich die Stadt freilich halten. Das hat Oberbürgermeister Hans Schaidinger zuletzt gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärt.

 

greiplDoch selbst wenn die UNESCO zugunsten der Brückenpläne entscheidet: Eine Erlaubnis für den Bau hat die Stadt damit noch lange nicht in der Tasche. Diese hängt in erster Linie vom Landesamt für bayerische Denkmalpflege ab. Bayerns oberster Denkmalpfleger, Generalkonservator Professor Egon Greipl (im Bild), redet gegenüber unserer Redaktion Klartext: „Die UNESCO ist keine Oberdenkmalpflege- oder Oberdenkmalschutzbehörde. Ihre Zuständigkeit beschränkt sich ausschließlich auf die Feststellung und gegebenenfalls Aberkennung des so genannten Welterbestatus.“ Ein Votum der UNESCO mache eine denkmalrechtliche Erlaubnis „weder überflüssig noch ersetzt sie eine solche.“

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Mit dieser Erlaubnis sieht es indessen schlecht aus, insbesondere was die Westtrasse anbelangt. „Die ausführlich und vor Jahren abgegebene, sorgfältig begründete Beurteilung der Brückenplanungen durch das Bayerische Landesamt gilt unverändert“, so Greipl. Die Beurteilung in Kürze: Die Westtrasse wird „dezidiert abgelehnt“, die Osttrasse (Grieser Spitz) als „bedingt möglich“ beurteilt. Der Vorschlag Tunnellösung müsse untersucht werden.

 

Mit Kritik an UNESCO und ICOMOS (die Denkmalfachbehörde der UNESCO, Anm. d. Red.) hält sich Greipl weitgehend zurück, allerdings merkt er doch an, dass sich deren Vertreter in der Vergangenheit zur Brückenfrage „nicht eindeutig sondern zumindest missverständlich geäußert und dadurch in der Öffentlichkeit für Verwirrung gesorgt“ hätten.

 

Greipl dürfte damit auf die Querelen innerhalb von ICOMOS im vergangenen Jahr anspielen. Professor Achim Hubel, ehemals Welterbeberichterstatter für Regensburg, hatte seinerzeit erhebliche Bedenken zu den Brückenplänen geäußert. Rückendeckung von seinen Kollegen innerhalb von ICOMOS erhielt er nicht. Auf massiven Druck der Stadt Regensburg hin räumte er schließlich seinen Posten. Verbliebener Berichterstatter für Regensburg ist Giulio Marano. Der hatte im Dezember 2006 noch die Meinung vertreten, dass mit der Westtrasse „eine Reihe von Problemen verbunden“ sei. Mittlerweile wird er von Oberbürgermeister Hans Schaidinger dahingehend zitiert, dass er die Stadt Regensburg zu weiteren Untersuchungen dieser Variante „ermutigt“ hätte.

Fotomontage: Blick auf die Westtrasse.

Ungeachtet dieser missverständlichen Aussagen ist Greipl überzeugt, dass die UNESCO die Pläne für eine Westtrasse nicht billigen wird. Der Stadt wirft er deshalb Geldverschwendung vor: „Der Architektenwettbewerb um die Errichtung einer Westtrasse wird absehbar zu einem negativen Ergebnis führen. Die finanziellen Aufwendungen für diesen Wettbewerb wären im Rahmen der Instandsetzung der Steinernen Brücke besser angelegt gewesen.“ Insgesamt schlägt der Wettbewerb für eine Ersatztrasse mit 600.000 Euro zu Buche. Sollte die UNESCO dennoch zugunsten einer Westtrasse entscheiden, ist Greipls Standpunkt klar: „Neben und vor der Welterbekonvention gilt das Bayerische Denkmalschutzgesetz mit der dort beschriebenen Zuständigkeit des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege.“ Und dort will man an der Position – Ablehnung der Westtrasse – „selbstverständlich festhalten“.

Sieht so die Westtrasse aus? Ein Modell der Stadt Regensburg.

Damit wird es für die Stadt zunehmend schwieriger, ihre Brückenpläne zu realisieren. Während die Westtrasse auf zunehmenden Widerstand der Denkmalpfleger stößt, gibt es zur Osttrasse ein artenschutzrechtliches Gutachten, demzufolge mehrere geschützte Vogel- und Fledermausarten durch den Bau bedroht wären. Dass dieses Gutachten ein Problem darstellt, zeigt allein die Tatsache, dass zunächst versucht wurde, es unter Verschluss zu halten. Bis heute wurde es dem Stadtrat nicht zur Gänze vorgelegt (mehr dazu). Teile der SPD lehnen die Osttrasse offen ab.

Nachtrag: Am späten Nachmittag hat die UNESCO Dresden wegen des Baus der Waldschlösschenbrücke den Welterbetitel aberkannt.

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Kommentare (4)

  • Andreas

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    Darf’s ein bisschen kleiner sein? Gerade nach der Entscheidung zu Dresden drängt ish mir der Eindruck auf, dass es wohl auch am Deutschen Baurecht liegt, dass aus so einem Brückenbau immer ein Problem wird.

    Ein kleines Brücklein darf man wohl nicht bauen und für eine große Lösung (Tunnel) fehlt einfach das Geld – in Dresden wie in Regensburg. Eine zu große Brücke ist hier wie da jedenfalls nicht die Lösung.

  • Riepl Günther

    |

    Bei der Planungsdiskusion Waldschlößchenbrücke/Elbtunnel in Dresden brachte sich der Verkehrsminister Tiefensee(SPD) für die Bundesrepublik in Stellung und erklärte: “Wenn in Dresden anstelle einer Brücke ein Tunnel gebaut werde, so wird der Bund ggf. die Mehrkosten übernehmen um den Welterbetitel für Dresden nicht zu gefährden.”
    Was in Dresden gilt, muß auch für Regensburg gelten, oder leben wir in verschiedenen Welten?
    Die Sturheit der Dresdner soll den Regensburger eine Lehre sein. Besonders jenen die die Entscheidung für eine Brücke erzwingen wollen.

  • Fuchs Christian

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    Ich finde die Option Westtrasse die einfachste und praktikabelste Lösung für das Regensburger Brückenproblem.
    Die Trassenführung Weissgerbergraben-neue Brücke-Schopperplatz-Pfaffensteiner Steg-Oberpfalzbrücke bietet sich doch gerade zu an. Besser als das Naturrefugium am Grieser Spitz zu zerstören.
    Ich begreife nicht, wie sich manche Institutionen bei Entscheidungen so quer stellen, und das nicht nur bei diesem Brückenneubau.
    Es muss nicht immer eine überdimensionierte Balkenbrücke sein.
    Einige Architekten haben wundervolle Brücken geschaffen, die sich hervorragend in das umliegende Ambiente einfügen (z.B. Santiago Calatrava).
    Bei Diplomarbeiten wurde das Projekt bereits als Aufgabe gestellt und unser Architektennachwuchs hat sich bemerkenswerte Lösungen überlegt.
    Nur weil diese Ideen nicht nullachtfünfzehn sind, heißt das doch lange nicht, dass sie für Regensburg nicht geeignet sind.
    Solange das Bauwerk nicht bunt bemalt wird kann doch die Stadt nichts dagegen haben, oder?

  • Beobachter

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    Architektur in Regensburger

    zeichnet sich leider dadurch aus, dass dasjenige Bauwerk gebaut wird, das den meisten am wenigsten nicht gefällt. Schöne aber vielleicht polarisierende Lösungen wird man hier wohl auf absehbare Zeit nicht haben. (Erst recht nicht öffentlich finanziert.) Aussergewöhnliches (und wenns nur mit Farbe bemalt ist, wie man ja jüngst sehen konnte) führt zu so viel Aufruhr, dass wohl auch ganiemand jemals versuchen wird sich auch nur etwas aus dem Fenster zu lehnen.

    Am besten bauen wir alles unterirdisch — vielleicht ja auch noch die Stadthalle, Günter? Persönlich empfinde ich nämlich die Einfallslosigkeit und Mittelmäßigkeit als das derzeit am schwersten zu ertragendes Übel.

    Ganz davon abgesehen: Würden nicht Vorschläge aufgrund des/der Urhebers abgelehnt, fände sich sicherlich eine Möglichkeit den Tunnel zu realisieren, der ja wohl unbestreitbar zumindest die wenigsten Nachteile auf sich vereint und laut Gutachten machbar sein soll.

    sg

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