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Die Straße ruft!

Semesterticket – jetzt erst recht!

Das Semesterticket scheint nach dem Votum der Studierenden am Dienstag vor dem sicheren Aus zu stehen. Ein Grund zu resignieren? Ganz im Gegenteil. Ein Kommentar von David Liese.

Das Semestericket: Ein Leuchtturmprojekt wird gerade gegen die Wand gefahren. Foto: Archiv/ Staudinger

Es ist eine Schande. Ein weiteres Stück Solidarität und öffentliche Daseinsvorsorge soll mit hoher Wahrscheinlichkeit rein privatwirtschaftlichen Interessen geopfert werden. Am Dienstag stimmten die Studierenden der Universität Regensburg mit überwältigender Mehrheit einem Preis für das Semesterticket von 59 Euro zu – immerhin eine Erhöhung von rund 20 Prozent. Doch das reicht den Bahngesellschaften im RVV-Gebiet nicht. Sie fordern eine Erhöhung ihres Anteils am Ticket von sieben auf 25 Euro – also um satte 250 Prozent. Der RVV ist im Gegenzug nicht bereit diese Forderung auszugleichen. Fazit: Unter 72 Euro für das Ticket geht nichts. Aus die Maus!

Weshalb sollen Studierende bevorzugt werden?

Die breite Bevölkerung reagiert verständnislos. Was wollen diese Studenten denn? Eine Erhöhung des Preises um 23 Euro würde das Semesterticket schließlich retten und wäre im Vergleich zum normalen Tarif ja immer noch günstig. Außerdem sind auch die Energiekosten in erheblichem Maß gestiegen. Da muss auch eine Erhöhung um mehr als 50 Prozent drin sein, oder? Und überhaupt: Weshalb sollten Studierende weniger zahlen als Azubis, BUFDIs und FSJler?

Gestiegene Kosten?

Doch die wahren Gründe für den gesteigerten Geldbedarf der privaten Bahnunternehmen sind nicht die gestiegenen Kosten. Vor einigen Jahren sicherten sich die verschiedenen Betreiber die Rechte an den Strecken im RVV-Gebiet zu Konditionen, die sich im Nachhinein als unhaltbar zu erweisen scheinen. Zumindest, wenn man – ganz kaufmännisch – die regulären Tarife nimmt. Dazu kommen offensichtliche Verteilungsschwierigkeiten der Gelder aus dem Semesterticket zwischen RVV und Bahnen. Diese Probleme sollen nun der Einfachheit halber per Preiserhöhung auf dem Rücken der Studierenden erledigt werden. Alternative? Fehlanzeige. RVV und Bahn schalten auf stur.

Reagiert wird nur, wenn Stimmverluste drohen

Was tun? Die Straße ruft. Denn die Studierenden haben nur eine Chance, ihr eigentlich als vorbildlich geltendes Semesterticket zu retten: Ein breiter, auch von anderen Teilen der Öffentlichkeit mitgetragener Protest gegen die kompromisslose Haltung von Bahn und RVV und gegen Preiserhöhungen unter rein kaufmännischen Gesichtspunkten. Ein ÖPNV ist nicht dazu da, Gewinn zu erwirtschaften. Er muss nach dem Solidarprinzip funktionieren. Nur wenn deutlich wird, dass bei einem Scheitern des Tickets auch politische Gefahr in Form von Stimmverlusten droht, besteht eine kleine Wahrscheinlichkeit, dass Oberbürgermeister Hans Schaidinger und Landrat Herbert Mirbeth – immerhin die Aufsichtsratsvorsitzenden des RVV – sich für einen Erhalt des Tickets einsetzen.

Der Protest braucht eine breite Basis

Ob ein solch breit getragener Protest realistisch ist? Studierende genießen bei großen Teilen der Bevölkerung kein gutes Image. Gräben werden an Stellen gezogen, wo eigentlich keine existieren. Doch wenn immer damit argumentiert wird, dass doch Azubis mehr für ihre Tickets bezahlen müssen als Studenten und die es doch mal gut sein lassen sollten mit ihren Forderungen – weshalb sich nicht zusammenschließen? Die Forderung nach einem Sozialticket gibt es schon länger. Zeit, diese Forderung auf eine breitere Basis zu stellen und auf die Straße zu tragen.
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Kommentare (8)

  • BillionärRakkóx

    |

    Zur Kosten-Nutzen Abwägung eines Semestertickets kann ich mich an die Bitten des RVVs aus den Anfangstagen des Semestertickets erinnern, in denen er unter den Studierenden darum warb, dass die doch bitte weiterhin mit dem Rad oder individuellem Verkehrsmittel zur Uni zu kämen, da sich an den überfüllten Busen hoch zur Uni zunächst leider nicht so schnell etwas ändern ließe (mangels Ressourcen).

    Eine Untersuchung, die im Vorfeld der Einführung des Semestertickets in Form einer mehrwöchigen aufwändigen Totalerhebung durchgeführt wurde (alle Fahrgäste der Buslinien zwischen Regensburg und Bad Abbach wurden da vor etlichen Jahren befragt. Beteiligt war da das Landratsamt KEH sowie Studenten der Uni Regensburg). Ich kann mich erinnern, dass die Leitung damals kritisierte, dass “rechtzeitig” zum Gutachten das Ergebnis z. B. auch durch eingerichtete Baustellen an der Bundesstraße zwischen Regensburg und Bad Abbach (konkret war da z. B. eine Umleitung über Graßlfing bei Pentling wegen einer Baustelle an der B 16 eingerichtet worden) torpediert werden soll. Der Zweck dieser Baustellen, so wurde damals gestritten, lag darin, dass man seitens des RVV mit ihnen eine Handhabe schuf, um im Nachhinein sagen zu können die Ergebnisse der Untersuchung wären auf Grund der “Umstände” nicht repräsentativ. Wären die Ticketzahlen nämlich im Gegensatz zu den vom RVV “erwarteten” niedriger und würde deshalb Kelheim nicht den vom RVV geforderten Beitrag für die Mitversorgung durch den RVV leisten wollen, so könnte der RVV das darauf abschieben, dass eben wegen der Baustellensituation viele der Fahrgäste vom tatsächlichen Nutzungsverhalten abgeschreckt worden wären. Der “tatsächliche” Nutzen für KEH also tatsächlich höher sei, als das Ergebnis der Untersuchung zeigte.

    Der Grund für diese Untersuchung wurde dadurch gerechtfertigt, dass eben KEH damals eine Entscheidung zu treffen hatte, ob man sich damals zu den Konditionen, die der RVV “diktierte” im auch im Interesse der Studierenden aus dem Südwesten an den RVV anhängen wolle. Aber man wollte eben nicht einfach – so wie es andere Landkreise praktizierten – ohne eigene Zahlen den Wert dieser Dienstleistung durch Verträge mit dem RVV vorschnell absichern. Vielleicht wäre es im Zusammenhang mit den aktuellen Geschehnissen interessant, welche Ergebnisse diese Studie damals lieferte und welche Methoden der RVV so nutzt.

  • Torsten

    |

    fundierte betriebswirtschaftliche methoden können sie nicht anwenden, wenn sie glaubhaft versichern wollen, dass die bisherige kalkulation tragbar war und sie das urplötzlich selbst mit 20% mehr in der tasche nicht mehr ist.

  • Captain Chaos

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    Sehr interessanter, doch in meinen Augen falscher Ansatz.

    Protest nützt hier gar nichts. Protest bringt nur die Bereitschaftspolizei und das Ordnungsamt auf den Plan.

    Die Nichtwähler müssen in dieser Stadt mobilisiert werden. Wie schon im vorhergegangenen Artikel erwähnt, sollten die Studenten eine eigene Liste bei den Stadtratswahlen aufstellen.
    Das bringt definitiv Stimmverlust. Das bringt Verlust an Stadtratsposten. Es wird Herrn Schaidinger nicht treffen, der klingt sich aus, da er zu alt ist. Aber es wird die CSU und die SPD treffen. Die Grünen, die Linken und die freien Wähler. Denn jeder Nichtwähler ist ein Gewinn, wenn das Parteivolk nur brav wählen geht. Aber jeder zusätzlicher Wähler, der eine neue Partei wählt bedeutet Verlust.

    Captain Chaos

  • Kurt

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    Der Zirkus bzw. das evtl. Scheitern des Semesterticket ist ein Offenbarungseid von Weltkulturerbe OB Schaidinger.

    Beim RVB/RVV sind täglich etliche unsinnige Buslinien (Altstadtbus usw.) unterwegs, die jährlich Hunderttausende Euro Verluste einfahren und durch bestehende Verbindungen mit ggf. besserer Verknüpfung oder Taktung ersetzt werden können.

    S. denkt natürlich bei seinen Dienstreisen global: China, USA, UK usw und seid neustem Haiti.

    Die europaweite öffentliche Ausschreibung des ÖPNV in Regensburg ist nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen dringend geboten.

  • Albrecht

    |

    Die Gründe für die unzureichende Berichterstattung der MZ über das Semesterticket lässt sich vermutlich leicht erklären.
    Fast keine festangestellte Journalisten mehr
    Hofberichterstatter des OB
    Stadtwerke und Co sind wertvolle Anzeigenkunden (rd 20000 euro pro Seite)
    Der Studenten kauft i. d. R. nicht mal das Provinzblättchen und verschwindet nach ein paar Jährchen wieder

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drin