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Nach Geständnis

Deal in Korruptionsaffäre geplatzt? Tretzel legt Revision ein

Der Unternehmer Volker Tretzel hat gegen seine Verurteilung durch das Landgericht München I Revision eingelegt. Damit muss sich der BGH möglicherweise erneut mit der Regensburger Korruptionsaffäre befassen.

Hat nach eigenen Angaben neun Millionen Euro zur Verteidigung gegen die Korruptionsvorwürfe ausgegeben: Bauträger Volker Tretzel. Foto: Aigner

Keine zwei Wochen ist die Verurteilung des Regensburger Baumagnaten Volker Tretzel vor dem Landgericht München I her, die schiedlich-friedlich, ja fast schon harmonisch über die Bühne ging. Er habe über neun Million Euro in Zusammenhang mit seiner Verteidigung ausgegeben, ließ Tretzel dort mitteilen.

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Geständnis bewahrte Tretzel vor möglicher Haftstrafe

Er bereue, was er getan habe und denke an die verlorene Lebenszeit – die zurückliegenden fast sieben Jahre seit Beginn der Ermittlungen. „Das war einfach falsch. Das bereue ich alles sehr. Wenn ich könnte, würde ich die Zeit zurückdrehen“, hieß es in dem dort verlesenem Geständnis, das den 80-Jährigen vor einer möglichen Haftstrafe bewahrte.

Basis war eine Verständigung zwischen Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Als „dreckiger Deal“ kritisiert von Joachim Wolbergs, dessen Verteidiger und dem renommierten Strafrechtler Professor Jan Bockemühl. Verteidigt als eine legitime Möglichkeit, das Verfahren zu beenden von Tretzels Verteidigerin Annette von Stetten. Dies sei eine Verständigung, die den Buchstaben des Gesetzes in jeder Hinsicht genüge, so von Stetten wörtlich.

Nun doch noch einmal zum BGH

Am Ende standen ein Jahr und sechs Monate, ausgesetzt zur Bewährung, plus 1,5 Millionen Euro Geldstrafe (300 Tagessätze). Tretzel hatte zuvor eingeräumt, den Wahlkampf von Joachim Wolbergs mit einer knappen halben Million Euro an verschleierten Parteispenden unterstützt zu haben. Dazu habe er ein Strohmannsystem benutzt. Das habe auch Wolbergs gewusst. Er habe sich damit das Wohlwollen des (künftigen) Oberbürgermeisters sichern wollen.

Doch Geständnis hin, Verständigung her – nun muss sich der Bundesgerichtshof möglicherweise ein zweites Mal mit dem Fall beschäftigen. Wie ein Sprecher des Landgerichts München I unserer Redaktion bestätigt, ließ Volker Tretzel gegen das Urteil Revision einlegen – im Gegensatz zu seinem früheren Geschäftsführer übrigens, der das Urteil akzeptiert hat. Zunächst hatte die Mittelbayerische Zeitung darüber berichtet.

Was Volker Tretzel zu diesem Schritt bewogen hat, ist nicht bekannt. Dieses Möglichkeit sieht das Gesetz trotz Verständigung vor. Überprüft werden kann das Urteil vom BGH allerdings nur auf mögliche Rechtsfehler.

Keine Rechtskraft, kein Zeuge Tretzel

Bei ihrem Plädoyer vor der 5. Strafkammer des Landgerichts München I hatte Tretzels Verteidigerin ausdrücklich hervorgehoben, welchen Mut das abgelegte Geständnis von ihrem Mandanten erfordert habe. Schließlich müsse er in dem noch anstehenden Prozess gegen Joachim Wolbergs dann als Zeuge aussagen.

Wann ein solcher Prozess stattfindet ist bislang nicht bekannt. Das Verfahren gegen Wolbergs wurde abgetrennt. Am Landgericht München I will man abwarten, bis über die Verfassungsbeschwerde des Ex-Oberbürgermeisters entschieden wurde.

Sollte Tretzels Revision vor dem BGH bis dahin immer noch laufen, gäbe es nach wie vor kein rechtskräftiges Urteil gegen ihn. Dem Unternehmer stünde damit nach wie vor ein Aussageverweigerungsrecht zu – ein Vernehmung als Zeuge wäre damit hinfällig. Es liegt allerdings ebenso im Bereich des möglichen, dass Tretzels Revision rasch wieder verworfen wird.

Nur sicherheitshalber?

Eine naheliegende Möglichkeit bei alledem ist natürlich, dass die Revision nur sicherheitshalber eingelegt wurde. Das muss binnen einer Woche nach Urteilsverkündung geschehen. Eine Begründung der Revision muss erst nach Zustellung des schriftlichen Urteils erfolgen.

Vor diesem Hintergrund könnte es durchaus sein, dass Tretzel allein deshalb Revision einlegen hat lassen, um sich die Möglichkeit offenzuhalten, sollte in der Begründung etwas zu beanstanden sein – die Revision dann aber nicht weiterverfolgt. 

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Kommentare (21)

  • Mr. B.

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    Da soll mal einer sagen, dass Kriminelle bei uns nicht in einem schönen Rechsstaat
    Leben.

  • Gscheidhaferl

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    Ich hab gedacht, Herr Tretzel hätte keine Lebenszeit zu verschwenden? Ist das irgendeine Zermürbungstaktik? “It was so nice, he did it twice”? Oder prozessiert er jetzt so lange, bis er sich durch sein Ableben einer Verurteilung entziehen kann?

  • Mr. T.

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    Gscheidhaferl, es ist wohl davon auszugehen, was im letzten Absatz thematsiert wird. Einen Deal aushandeln, die Hosen runterlassen und dann das ausgehandelte Urteil nicht akzeptieren wäre unsinnig.

  • Gscheidhaferl

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    @Mr. T.
    Hoffentlich!!!

  • Norbert

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    Herr Gscheidhaferl und Herr T , es ist unglaublich, dass sie sich erlauben, den Tod eines Menschen herbeizuspekulieren.

  • Gscheidhaferl

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    @Norbert
    Es ist ebenfalls unglaublich, wie gering bei manchen Leuten das Textverstehen ausgebildet ist. Niemand wünscht sich hier den Tod von irgendjemandem. Und Mr. T. meinte den letzten Absatz des r-d-Artikels. Wenn Sie sich über uns aufregen wollen, ist das Ihr gute Recht. Aber dann suchen Sie sich doch bitte eine geeignetere Stelle. Wir bieten doch genug ‘Angriffsfläche’ ;-)

  • Meier mit "ei"

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    @Norbert
    Ihre Denkweise ist die typische Masche der heutigen Politik! Hier wird jedem alles unterstellt! Fängt ja schon an, wenn es Kinder wagen, zu Fasching als Indianer zu gehen. Oder wenn jemand auf den Chinesenfasching nach Dietfurt geht! Oder wenn alles, was rechts von Grün/ Rot ist, ein Nazi sein soll!
    Und den Tod muss man nicht herbeispekulieren, der kommt von selbst und wann er will!

  • Julian86

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    Die Einlegung des Rechtsmittels bedeutet zunächst nur: Das Münchner Gericht muss sein Urteil schriftlich(!) begründen.

    Alles Weitere ist im “Bereich des Möglichen”. Auch die anschließende Rücknahme des Rechtsmittels.

    Was mich faktisch interessierte: Welche Tatsachen waren der Grund, dass von Wolbergs Verteidiger der Deal so außergewöhnlich harsch kritisiert und bewertet wurde?

    Zu den Voraussetzungen und rechtsstaatlichen Bedenken der Verständigung, die einst vom BVerfG auf den Weg gebracht wurde, siehe unter
    https://www.fachanwalt.de/magazin/strafrecht/deal-im-strafprozess

  • Radler33

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    @Julian86
    …weil Wolbergs mit der Aussage von Tretzel stark belastet wird. Bis dahin gab ja jeder vor, von nichts gewußt zu haben. Wolli wird damit sozusagen zum Bauernopfer.

  • Daniela

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    ‘Vor diesem Hintergrund könnte es durchaus sein, dass Tretzel allein deshalb Revision einlegen hat lassen, um sich die Möglichkeit offenzuhalten, sollte in der Begründung etwas zu beanstanden sein – die Revision dann aber nicht weiterverfolgt. ‘ ( aus dem Artikel, letzter Absatz)

    Genau so wird es sein, ich würde dem auch folgen, würde ein Anwalt mir das raten.

  • Mr. B.

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    zu Günther Herzig
    15. Februar 2023 um 12:50 | #
    an Radler33:

    Herr Herzig, so soll es sein. Wie soll es auch anders sein.

  • Alfred Meier

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    Tretzel hat ausgesagt, dass er sich mit seinen Spenden das Wohlwollen des Oberbürgermeisters sichern wollte. Damit belastet er sich möglicherweise selbst. Aber belastet diese Aussage auch Wolbergs?

  • Regensburger

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    Schön, dass Sie noch hier schreiben, Herr Meier, und die richtigen Fragen stellen. Ich habe mich weitgehend zurückgezogen, nachdem meine Kommentare immer wieder gelöscht wurden, nur weil ich nicht in das allgemeine Klagelied über einen angeblich korrupten Oberbürgermeister einstimmen wollte. Für mich bleibt unverständlich, wieso die SPD (oder jedenfalls ein SPD-Mitglied) Wolli gestürzt hat. Besser geworden ist dadurch in unserer Stadt jedenfalls nichts.

  • Stefan Aigner

    |

    @Regensburger

    Ihre Kommentare wurden gelöscht, wenn Sie entweder offensichtliche Falschbehauptungen oder Diffamierungen enthielten. Das werden wir auch weiterhin so handhaben – auch bei Ihnen.

  • Gscheidhaferl

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    @Alfred Meier
    Sie sind wirklich lustig! Würden Sie den Artikel zum Deal nochmal sorgfältig lesen, dann könnten Sie sich – eine gewissen Unvoreingenommenheit vorausgesetzt – die Frage selbst beantworten. Und bräuchten nicht warten, bis Ihnen jemand anderes die Arbeit abnimmt.

  • Alfred Meier

    |

    @Gscheidhaferl
    Die Aussage des Bauunternehmers Tretzel ist eindeutig: ” Generel habe er gespendet, um sich das Wohlwollen des Oberbürgermeisters zu sichern. Ob der das begriffen habe, wisse er nicht.”

  • Gscheidhaferl

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    @Alfred Meier
    Es war schon immer so: Wer nichts sehen will, sieht eben nichts. Und ja, zur Not kann man auch so sehr auf ein Detail fokussieren, dass alles andere aus dem Blickfeld gerät. Ist Ihr gutes Recht. Ist ja zum Glück ein freies Land.

    Trotzdem möchte wenigstens ich persönlich keinen OB, der seinen persönlichen Vorteil und sein Ego über das Allgemeinwohl stellt und nicht mal dann in der Lage ist, seine Fehler einzugestehen, wenn sie ihm in aller Öffentlichkeit vor Augen geführt werden. Ich glaube nicht an Realitätsverweigerung. Weder bei Kandidati*innen noch bei Wähler*innen.

  • Luck

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    @ Gscheidhaferl:
    Der Vorwurf, der Ex-OB hätte es im wesentlichen auf den eigenen Vorteil abgesehen, verkennt vermutlich die Realität.
    Wolbergs wollte wohl durchaus, dass Regensburg sozialer wird, und dss dies mit ihm als Gewährsträger im Amt des OB ziemlich einfach erreichbar wäre.
    Dass dieses Ziel mit einem finanziell anspruchsvollen Wahlkampf nicht konterkariert werden dürfte, sollte selbst dem letzten Huhn im Stall des Nachbarn nicht ganz fremd sein.
    Da weder Wolbergs noch die SPD über hinreichende solche Mittel verfügt haben dürften, kam ihm das Angebot von Tretzel nicht ganz ungelegen.
    Und nun kommt der entscheidende Satz:
    Wolbergs hätte als OB auch ohne Unterstützung von Tretzel wohl nicht anders gehandelt, als er es praktizierte.
    Die (für Wolbergs wohl unwesentlichen) Vorteile nahm er dabei mit, ohne diesen wesentliche Beachtung zu schenken, weil diese in seinen Augen niemals mehr als Peanuts-Qualität angenommen hatten.
    Und Tretzel hat von seiner Ansicht, aber nicht von einem konkreten Deal gesprochen.
    Da könnte man bei Flinten-Uschi mit entsprechenden Mitteln sicher mehr finden, wenn man resolut suchen würde.
    Und in punkto “Korruption” fand unter Wolbergs vermutlich keine Verschlechterung statt.

    Als nicht gerade hellste Birne in Regensburg begreift ein Wolbergs so manches wohl auch anders oder überhaupt nicht. Im Gegensatz zu einem Gscheidhaferl.

  • Gscheidhaferl

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    @Luck
    …wie gesagt, wir leben ja zum Glück in einem freien Land. Wenn Sie unbedingt an der Mähr vom unbefleckten Wolbergs festhalten wollen, so wie andere an die unbefleckte Empfängnis Mariens glauben, ist das natürlich Ihr gutes Recht.

    Mich – als Demokrat – macht es nur immer ein wenig besorgt, wenn erwachsene, wahlberechtigte Menschen offenbar nicht damit klar kommen, wenn sich die von ihnen verehrten Personen als Totalausfall entpuppen. Es ist schließlich zu befürchten, dass Ihr Beharren letztlich nichts mit der Sorge um das Allgemeinwohl oder auch nur im engeren Sinn mit der Person Wolbergs zu tun hat. Vielmehr geht es wohl um eine gewisse Unfähigkeit bzw. die persönliche Kränkung, sich einen Irrtum eingestehen zu müssen.

    Aber darf ich Sie vielleicht dazu einladen, sich zu vergegenwärtigen, was für ein wunderbares Wort ‘Enttäuschung’ ist? Ent-täuscht werden heißt schließlich, wieder Zugang zur Realität zu finden. So schmerzlich das zunächst auch sein mag, einem Schwindler aufgesessen zu sein (der sich möglicherweise ja auch selbst belügt), also: sich in einem Menschen getäuscht zu haben: Begreifen Sie es doch bitte insgesamt als Gewinn. Erst das ermöglicht es Ihnen letztendlich wieder als wahrharft mündiger Teil des Souveräns kompetent an der demokratischen Willensbildung teilzunehmen.

  • Alfred Meier

    |

    Kommentar gelöscht. Das Spiel hatten wir schon einmal. Es wird hier keine Wiederholung mehr geben.

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