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Stadthalle: Geld spielt plötzlich eine Rolle!

Gehört der evangelischen Kirche: Das Kepler-Areal/ Ernst-Reuter-Platz.
Manchmal erfährt man über Grundstücksverhandlungen lange nichts. Manchmal erhält man selbst auf Nachfrage keine Auskunft. Und manchmal, aber nur sehr selten, werden solche Verhandlungen in aller Öffentlichkeit ausgetragen. Das geschieht gerade beim potentiellen Stadthallenstandort Ernst-Reuter-Platz. Da beharken sich evangelische Kirche (der gehört das Grundstück) und Stadt gerade darüber, wer denn nun schuld daran ist, dass bei dem Thema nichts vorwärts geht. Und es geht um Kosten für Grundstück, Altlastenentsorgung oder Erbpacht.

Angebot: Wohnheim kaufen, Erbpacht zahlen

Vergangene Woche hatte Oberbürgermeister Hans Schaidinger am Rande einer Ausschusssitzung etwas kryptisch angemerkt, dass sich die Chancen für den Standort in letzter Zeit „nicht gerade erhöht“ hätten. Drei Tage später reagierte die evangelische Kirche, lud zur Pressekonferenz und legte dort die Konditionen für einen Verkauf des Grundstücks offen: 2,25 Millionen Euro für das Studentenwohnheim, dazu jährlich 312.000 Euro Erbpacht und der Deal wäre zu machen. Das wiederum bewog nun Hans Schaidinger, eine Pressemitteilung verschicken zu lassen und dieses Angebot als unattraktiv zu bezeichnen. Das Grundstück sei zwar als Stadthallenstandort geeignet, „aber nicht um jeden Preis“. Jetzt prüfe man das Angebot der evangelischen Kirche. Warum posaunt man – entgegen aller sonstigen Gewohnheit – Grundstückspreise und Verhandlungspositionen nach außen? Woher diese neue Offenheit bei Themen, die mal mit mehr, mal mit weniger glaubwürdiger Begründung, sonst zu verschlossenen Mündern bei Schaidinger und Co führen?

Grundstücksgeschäfte und verschlossene Münder

Zur Erinnerung: Beim Kauf der Nibelungenkaserne – immerhin ein Geschäft zwischen Kommune und Bund – weiß man bis heute nichts Genaues über Kaufpreis, Kosten für Altlastenentsorgung etc., etc.. Bereits bei den Kaufverhandlungen verweigerte der OB jedwede Auskunft, angeblich um die Position der Stadt Regensburg nicht zu schwächen. Ähnlich glaubwürdige Aussagen erhielt man bei Fragen zu den Grundstückskäufen fürs neue Fußballstadion. Was das gekostet hat? Geheim. Was das Stadion noch kosten wird? Ungewiss.
Neues Stadion? Kosten geheim, ungewiss – egal. Foto: Archiv
Die manningfachen Verkäufe städtischer Grundstücke an Bauträger in den letzten Jahren unterliegen, was Konditionen und Preise angeht, einer noch weit strikteren Informationssperre (Alter Schlachthof, Unterer Wöhrd). Beim Thema Stadthalle am Ernst-Reuter-Platz ist das alles anscheinend Wurst. Zumindest seit Neuestem.

2008: „Wir wollen, dass die Stadthalle in vier Jahren steht“

Schauen wir ein wenig zurück. Im Oktober 2008 beschloss der Stadtrat – auf Basis einer 180-Grad-Wende der Verwaltung – dass der längst aus dem Rennen geglaubte und als ungeeignet abgestempelte Ernst-Reuter-Platz nun der beste und attraktivste Standort für ein Kultur- und Kongresszentrum sei. „Wir wollen, dass die Stadthalle in vier Jahren steht“, so das damals ausgegebene ambitionierte Ziel von SPD-Fraktionschef und frischgebackenem Regierungskoalitionär Norbert Hartl.
Kosten spielten keine Rolle: Stadthalle am Donaumarkt.
Bereits im Januar 2009 wurde vermeldet: Die Stadt Regensburg hat sich Studentenwohnheim und Erbbaurecht von der evangelischen Kirche für 1,4 Millionen Euro gesichert. Tatsächlich kam dieser Kauf nicht zustande. Dieser Umstand allerdings wurde nicht vermeldet und ist erst seit letzter Woche bekannt. Doch damals, 2009, schien alles nach Plan zu laufen. Es gab archäologische Untersuchungen, die Stadtverwaltung arbeitete an einem neuen Verkehrskonzept, ein PPP-Modell zur Finanzierung war im Gespräch. Dann hörte man über zwei Jahre nichts zum Thema. Es verflüchtige sich irgendwie aus der Prioritätenliste der großen Koalition, aus dem Haushalt und aus der öffentlichen Debatte. Auch als im Sommer ein möglicher Entwurf für eine Stadthalle bekannt wurde, war aus dem Rathaus kein Sterbenswörtchen zu vernehmen.

Die neue Offenheit

Doch plötzlich verhandelt man höchst öffentlich über das Thema. Grundstückskosten spielen plötzlich eine Rolle. Zukünftige Kosten – für Erbpacht, Altlasten etc. – spielen plötzlich eine Rolle. Kurz gesagt: Geld spielt plötzlich eine Rolle.
Verkaufspreis geheim: Alter Schlachthof. Foto: Archiv/ Tilmann Riechers
Ach, was waren das noch für Zeiten, als es galt, eine Stadthalle am Donaumarkt zu bauen. Damals wurde mit Geld nur so um sich geworfen – sei es für überteuerte Grundstückskäufe, Werbekampagnen und eilends durchgepeitschte Architektenwettbewerbe. Wie viele Millionen die Stadt und mittelbar die Stadtbau GmbH dafür insgesamt am Donaumarkt verschleudert hat, lässt sich nur schätzen. Mit der Information wurde weit weniger freigiebig umgegangen als mit Geld.

Der Wille ist nicht mehr derart stählern

Warum sich das beim neuen Standort geändert hat, ist nur schwer zu sagen. Der Wille, das Projekt Stadthalle tatsächlich auf den Weg zu bringen, scheint zumindest nicht mehr derart stählern zu sein, wie vor dem Standortwechsel. Der Glaubenssatz vom „überlebensnotwendigem Megathema Stadthalle“ scheint Einiges an Überzeugungskraft eingebüßt zu haben. Und die Behauptung, dass man nicht öffentlich über Kosten und Konditionen eines mit öffentlichen Geldern durchzuziehenden Grundstücksdeals reden könne, gilt plötzlich nicht mehr. Letzteres – diese nie gekannte Offenheit – ist immerhin ein positiver Nebeneffekt dieses vorweihnachtlichen Spektakels.
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Kommentare (2)

  • Joachim Datko

    |

    Keine Geschäfte mit einer der großen Kirchen machen,
    da kriechen die Politiker auf Kosten der Bevölkerung zu Kreuze.

    – Das Gebäude muss sowieso einmal entsorgt werden, das kann man der evangelischen Kirche überlassen, nur nutzen und den Abbruch die öffentliche Hand zahlen lassen, ist nicht die feine englische Art.

    – Mich würde auch interessieren, wie die evangelische Kirche zu dem Grundstück gekommen ist, Priester gehen ja keiner normalen Arbeit nach. Nicht das die evangelische Kirche es umsonst bekommen hat und jetzt einen Goldesel auf Kosten der Bevölkerung daraus machen will.

  • Paul

    |

    Warum die Jugendherberge weichen muss wurde in r-d schon vor langer Zeit beschrieben. Der Standort für die Stadthalle ist schon längst festgelegt:

    http://www.regensburg-digital.de/jugendherberge-statt-%E2%80%9Esherabeton%E2%80%9C/27092011/

    „Das Jugendherbergswerk würde sich mit dem Neubau die – auf bis zu fünf Millionen Euro geschätzte – dringend notwendige Sanierung seiner knapp 80 Jahre alten Herberge am Alten Eisstadion sparen und zudem ein neues, modernes Jugendhotel in Altstadtnähe bekommen. Bereits seit längerem verhandeln Herbergswerk und Stadt deshalb über einen Grundstückstausch. Sollte dieser erfolgreich zum Abschluss gebracht werden, fiele übrigens ein wesentliches Argument gegen einen Stadthallen-Bau am Alten Eisstadion weg.“

    Warum kann man die Jugendherberge nicht sanieren? Wen man bei der Altstadtsanierung immer gesagt hätte, die zig-Millonen Euro sparen wir uns, dann würde Regensburg wie Langwasser oder Marzahn ausschauen. Ich hoffe der Denkmalschutz mischt sich ein

    Wetten der Bauherr der Stadthalle wird der gleiche sein, der das unnütze neue Jahnstadion baut. Ich freue mich schon auf die nächste Strompreiserhöhung.

Kommentare sind deaktiviert

drin