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Das „Problem“ Griechenland

Über Eurozwänge und Luxussteuer

Samstagabend im griechischen Restaurant „Perivoli bei Vasilis“ in Regensburg Stadtamhof. An der Wand hängt das Bild eines Dorfes an der griechischen Küste, aus einem Radio klingt griechische Musik. Wäre der Anlass für die Veranstaltung, zu der ein Regensburger Bündnis aus GEW, attac und Die Linke eingeladen haben, nicht so ernst, könnten fast Urlaubsgefühle aufkommen. Doch allen anwesenden Gästen ist die Brisanz bewusst: Das „Problem“ Griechenland.

Richard Spieß, Linken-Stadtrat, zeigt bereits in seiner kurzen Eröffnung, was das Ziel des Abends sein soll: Endlich mit den Vorurteilen aufräumen, die Griechen seien selber Schuld und würden nun unser Geld verprassen. Der Termin, einen Tag vor der anstehenden Parlamentswahl in Griechenland, ist denkbar passend gewählt, schließlich hängt von ihr vieles ab. Werden die von Europa auferlegten Sparpläne weiter verfolgt, oder wird eine neue Regierung sogar den Euroaustritt anstreben? Eingeladen, wurden Natalia Sakkatou, Journalistin aus Griechenland, die aber auch in Deutschland tätig ist, und Harald Klimenta von attac, welcher zu Beginn des Abends in einem Vortrag nachvollziehbar aufzeigt, wie die Währungsunion und ihre Zwänge mit Schuld an der Krise in Griechenland sind.

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Problem ist die Verteilung des Vermögens

Für Harald Klimenta steht fest, der Euro war von Anfang an ein Problem. „Fallende Zinsen nach seiner Einführung verlockten Staaten und Unternehmen dazu, enorme Investitionen zu tätigen. Dass diese irrsinnige Verschuldung irgendwann Probleme nach sich ziehen würde, leuchtet wohl jedem ein“, so Klimenta. Das Problem seien auch nicht in erster Linie die Schulden, vielmehr die Verteilung des Vermögens. Die Reichen machen weiterhin Gewinn und schaffen diesen außer Landes, während die restliche Bevölkerung von Arbeitslosigkeit und Armut bedroht ist.

„Als wäre man wieder in der Zeit des Obristen-Regimes.“ Die griechische Journalistin Natalia Sakkatou (neben Harald Klimenta und Richard Spieß, v.l.). Foto: au

Fast täglich schließen Geschäfte. Bezüge, die bisher die, seit Jahren nicht angestiegenen Gehälter aufgebessert haben, werden reihenweise gestrichen, während die Kosten für Lebensmittel und Nebenkosten gleich bleiben und zum Teil sogar steigen, wie Natalia Sakkatou, die vor kurzem einige Wochen in Griechenland verbracht hat, schildert.

Luxussteuer trifft die Armen

Man merkt ihr an, wie schwierig es sein muss in diesen Wochen und Monaten Griechin zu sein. Einerseits die Vorwürfe der hiesigen Bevölkerung gegen die Griechen, andererseits die eigene Regierung, welche es nicht schafft, Maßnahmen einzuleiten, der Krise entgegen zu wirken und stattdessen auch noch fragwürdige Gesetze erlässt, wie die Luxussteuer. Sakkatou erklärt, „wenn ein armer Mann ein Auto besitzt, welches er vor Jahren angeschafft hat, es sich in seiner jetzigen finanziellen Situation aber nicht mehr kaufen könnte, so muss er dem neuen Gesetz nach Steuer dafür zahlen, da er ein Luxusgut besitzt. Ein Reicher hingegen, der einen Ferrari fährt und sich diesen aber auch leisten kann, bleibt von dieser Regelung ausgenommen.“

Neofaschisten im Aufschwung

Schon an diesem Beispiel lässt sich ablesen, wie verfahren die Situation vor Ort sein muss. Immer wieder sucht Sakkatou nach passenden Worten, um ihr Unverständnis auszudrücken. Große Sorge macht ihr die Stimmung im Land, kurz vor den Wahlen. „Man hat fast ein Deja Vùe. Als wäre man wieder in der Zeit des Obristen-Regimes.“ Auch der Aufschwung der neofaschistischen Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) sei sehr mit Vorsicht zu beachten. Am Ende bleibt die große Frage: Wer soll es richten? Diese Frage stellen sich auch die knapp 30 Zuhörer. Die Rolle der Gewerkschaften, vor allem auf europäischer Ebene wird angesprochen. Auch der Nutzen von Privatisierung gesunder Unternehmen wird kritisch gesehen. Doch offenbar kann man nur auf die neue Regierung hoffen. Schade ist, dass sich nur ein geringer Teil der Regensburger von der Thematik locken ließ. Somit konnte diese Griechenland-Veranstaltung ihren Zweck, der allgemeinen Stammtischmeinung über den faulen Griechen und den ausgebeuteten deutschen Arbeiter entgegen zu wirken, nur bedingt erfüllen.

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Kommentare (24)

  • Joachim Datko

    |

    attac und “Die Linke” Seite an Seite, da kann ich nur Angst bekommen, Armut für alle. Wer erinnert sich nicht an die DDR?

    Staaten sollten mit den Einnahmen gut haushalten, Verschuldung ist Gift.

    Die Ratingagenturen haben der steigenden Staatsverschuldung viel zu lange zugesehen. Ich hätte schon viel früher Alarm geschlagen. Wenn ein Schuldner immer mehr Schulden macht, muss ihm der Geldhahn abgedreht werden, sonst ändert er sein Verhalten nicht und die Verschuldung steigt exponentiell an.

    Datko – Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft – Monopole.de

  • Manfred Martin

    |

    Hallo
    ich finde den Artikel gut, so gut wie eine Veranstaltung von “attac” und Linken.

    Angst hab ich eher von der neoliberalen Politik in Europa, von der Umverteilung von unten nach oben.
    Nicht die Griechen haben sich Arm gemacht, sonder die Zockerei von deutschen und französischen und vor allem amerikanischen Großbanken. Die Überschuldung europäischer Länder ist Folge dieser Zockere und vor allem die von den kruden Amis verursachte Finanzkrise aus dem Jahr 2008.

    Die dubiosen amerikanischen Rating Agenturen sollen lieber mal ihr eigens Land auf -doppel C herabsetzen., den die amerikanische Volkswirtschaft funktioniere nur mit Krieg in fremden Ländern, die den Amis nicht angehen, wo sie nichts zu suchen haben.

    ich wünsche mir ein einiges Europa mit einer starken Binnenwirtschaft. Die rating Agenturen könnten uns dann am A… besuchen.

    Abschließend nur noch ein Zitat einen attac Mitglieds der sicher kein Kommunist ist:
    In unserem Land gibt es Geld wie Dreck,
    es haben nur die falschen Leute.
    Heiner Geisler

    Manfred Martin

  • MHH

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    @datko: Der Schuldner Griechenland hatte im Gegensatz zu ihrer immer wieder erneuerten Behauptung (sie wird aber deswegen nicht wahrer) nicht immer mehr Schulden gemacht (bezogen auf das jeweilige BIP) sondern diese (im Gegensatz zu USA, Japan, BRD usw.) vor und innerhalb der EU sogar gesenkt. Doch dann explodierten die Finanzmärkte. Dann mußten auf Druck der USA, BRD usw. alle Staaten ihre Banken retten und deshalb explodierten die Schulden dieser Staaten. Dies führte in Ländern wie Griechenland zu drastischen Problemen (geringere Kaufkraft, dadurch sinkende Produktion, dadurch steigende Arbeitslosigkeit, dadurch Schrumpfung des BIP, dadurch plötzlich scheinbar drastisch steigende Verschuldung, dadurch steigende Zinsen,…und jetzt beginnt das Drama von neuem…geringere Kaufkraft, sinkende…usw. Und die zwangsweisen Eingriffe der EU, dieser geklonten “Merkels” auf die Löhne der dortigen Menschen (aber nicht auf die Verursacher der Krise) beschleunigten das ganze Dilemma.

    Schulden entstehen nicht durch Ausgaben sondern durch ein Mißverhältnis von Einnahmen und Ausgaben. Dieses Mißverhältnis führte lt. IWF-Daten zu einer Steigerung der Staatsverschuldung aller Industrienationen seit 1991 bis 2011 um 183%, im gleichen Zeitraum stieg aber die Wirtschaftsleistung “nur” um 65 %. Ursache dafür war die gleichzeitig drastisch sinkende Unternehmensbesteuerung, Vermögenssteuer usw. Und hier waren Länder wie die BRD, GB und USA, also der Länder, in denen der Neoliberalismus neu geboren wurde, Vorreiter. In den EU 27-Ländern wurde seit 1991 die durchschnittliche Unternehmenssteuer (im gegenseitigen Wettbewerb, wer ist günstiger) nahezu halbiert und sank auf aktuell ca. 23%. Diese Einnahmen gehen ab! Allein in der BRD sind dies 50 Milliarden €, die dem Staat durch die Steuersenkungen für Reiche so jährlich abgehen. Anders ausgedrückt: Die BRD als Staat wäre ohne Steuersenkung für Reiche heute schuldenfrei, könnte sogar mehr ausgeben…
    Die Ratingagenturen schweigen in den USA (die Schulden dort insgesamt, also Staat, private Haushalte, Finanzinstitute, sonstige Unternehmen) beträgt nach McKinsey Global Institute (also sicher nicht kommunistisch :-)) aktuell 279% des BIP in den USA! In Japan betragen die Staatsschulden allein schon 226%, in GB allein die Schulden der Finanzinstitute 219%. Schulden sind eben u.U. sogar rentabel.

  • wahon

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    @Joachim Datko

    Was hat Griechenland mit der DDR zu tun? Sind Ratingagenturen dazu da, die Staatsverschuldung zu verhindern? Gibt es irgendeinen Staat, der nicht verschuldet ist? Was machen die Banken, wenn keiner mehr einen Kredit aufnimmt (= sich verschuldet)?
    Den Armen den “Geldhahn abzudrehen” ist das Gegenteil einer “fairen, sozialen Marktwirtschaft”… Ich empfehle Dir die Lektüre eines guten Buches über Makroökonomie oder den regelmäßigen Besuch der “nachdenkseiten.de”

  • frage

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    @MHH

    sehr guter kommentar! chapeau!

  • Joachim Datko

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    Um die Banken mache ich mir keine Sorgen, meine Sorge gilt den nicht solide Wirtschaftenden.

    Zu 08.05.12 – 19:14 ” … Was machen die Banken, wenn keiner mehr einen Kredit aufnimmt (= sich verschuldet)?”

    Um die Banken mache ich mir keine Sorgen, meine Sorge gilt den nicht solide Wirtschaftenden. Effizientes und sparsames Wirtschaften schafft Wohlstand. Finanzielle Unabhängigkeit schafft Freiräume und Selbstbewusstsein, Schulden sind schlecht für das Image. Kredite verschlechtern in der Regel die finanzielle Situation, sie sind kontraproduktiv, dies gilt für Privatpersonen, Unternehmen und öffentliche Haushalte.

  • MHH

    |

    @datko: genau das ist das Problem der neoliberalen Träumer! Sie ignorieren, was die Banken treiben, schreien ständig nach freiem Spiel der Kräfte und wenn es dann Probleme gibt, werden die Verluste sozialisiert. Letzteres läuft in Griechenland bisher ab.

    Sie setzen sich leider nicht mit den von mir genannten Fakten auseinander und versuchen die nächsten “Baustellen” mit weiteren nichtssagenden “Gemeinplätzen” anzufangen.
    Bitte, können sie haben:
    Es dürfte unstrittig sein, das Geld grundsätzlich nichts anderes ist, als ein Tauschmittel. Wenn dieses Geld sich aber durch “Eigendynamik” plötzlich selbst vermehrt gerät das staatlich garantierte Finanzsystem in Schwierigkeiten. Denn diese staatliche Garantie (dass der Geldschein, auf dem 10€ draufsteht, auch 10€ wert ist) brauchen sogar die Neoliberalen. Dafür wollen auch sie den Staat.

    Ein globales Problem ist, dass das Finanzvermögen auf der Welt immer größer wird. 1980 entsprach das Finanzvermögen auf der Erde noch dem Weltsozialprodukt eines Jahres.

    Heute ist das Finanzvermögen aber 3,7 fach größer als das Weltsozialprodukt eines Jahres! Bei einer Verzinsung dieses Finanzvermögens von 5 % müßten bereits 20 % des Weltsozialprodukts an die Geldvermögenden abgeführt werden, bevor der erste Cent für Löhne und Gewinne der Realwirtschaft, für sämtliche Staatsaufgaben (Erziehung, Wissenschaft, Infrastruktur usw) ausgegeben werden könnte. Und die Tendenz steigender Finanzvermögen nimmt explosionsartig weiter zu.

    Das schlimme dabei zusätzlich: die Weltschieflage zwischen reichen und armen Menschen hat sich noch dramatischer entwickelt! Noch nie haben auf der Welt soviele Menschen gehungert und sind verhungert wie heute. Noch nie haben aber auch soviele Menschen in “saus und braus” gelebt wie heute. Die soziale Schieflage hat sich nicht nur zwischen den Ländern dramatisch verschlechtert sondern auch innerhalb, insbesondere auch in der BRD.

    Diese Entwicklung ist übrigens kein Ergebnis der ehemaligen DDR oder der SU sondern Ergebnis des real existierenden Kapitalismus!

    Sie faseln von keine Sorgen wegen Banken? Weshalb entstand denn diese Finanzmarktkrise? Die Banken selbst sind mir zwar auch egal (sie müßten längst vergesellschaftet werden) doch sie haben erst dieses Dilemma ermöglicht und großteils sogar verursacht (von wegen solide!).
    Nutznießer sind natürlich die Vermögenden (die daran, dass die Staaten die Banken retten auch noch verdienen) , die Zeche zahlen sollen aber die Besitzlosen. Und schuld sind dann verlogener Weise plötzlich die angeblich so faulen Griechen!

    Ihre “Weisheit” mit “finanzielle Unabhängigkeit schafft Freiräume…” usw. erzählen sie mal dem arbeitslosen Jugendlichen z.B. in Spanien oder Griechenland oder den verzweifelten und hungernden Familien irgendwo auf dieser Welt. Vielleicht “erzählen” ihnen die dann aus Verzweiflung was anderes. Ich hätte dafür Verständnis!

  • nur mal so

    |

    Hallo MHH,
    ich kann, so denke ich, Ihnen in allen Dingen folgen, und gebe Ihnen auch in allen Dingen recht. Trotzdem habe ich ein Problem, das ich an Hand eines einfachen Beispiels darstellen möchte. Vielleicht können Sie mir darauf eine Antwort geben:

    Beispiel:
    Ich habe mir vor 10 Jahren Geld geliehen bei einer Bank mit einer Zinsfestschreibung von 3,5%/a. Auf Grund meiner damaligen Situation (ich verdiente ganz gut) habe ich mit der Bank vereinbart, dass ich nur sehr wenig tilge (1%), aber durch Sondertilgungen die Möglichkeit habe, den Kredit innerhalb dieser 10 Jahre zurückzuzahlen. Aber es entwickelt sich alles anders, in den ersten Jahren gönne ich mir ein paar Luxussachen, lebe in Saus und Braus, und mache erstmal keine Sontertilgungen, nach ein paar Jahren ändert sich mein Verdienst, ich verdiene nur noch die Hälfte, kann zwar die Tilgung bedienen, aber an Sondertilgung ist gar nicht mehr zu denken. So gehen die Jahre dahin und plötzlich sind auch die 10 Jahre vorbei und ich habe immer noch eine Restschuld von 90% meines ursprünglichen Darlehens. Mittlerweile hat sich die Finanzwelt (aus bekannten Gründen) geändert und die Bank kann mir einen neuen Darlehensvertrag anbieten, allerdings nicht mehr zu den gleichen Konditionen wie vor 10 Jahren, sondern zu einem Zinssatz von 7%. Meine finanzielle Situation verschlechtert sich, da meine Einkünfte nicht besser geworden sind…

    Wer hat jetzt Schuld an diesem Dilemma? Die Bank, die nach 10 Jahren auf Grund veränderter Rahmenparameter (die sie eventuell selbst verschuldet haben) mir nur noch das Darlehen gewährt mit doppelter Zinsbelastung, oder ich selbst, weil ich in meinen fetten Jahren die Sondertilgungen nicht gemacht habe und nicht versucht habe, möglichst rasch das Fremdgeld zurück zu zahlen?

  • MHH

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    @nur mal so: wenn sie hier von “Schuld” sprechen (im Sinne moralischer Wertung) wollen, ist das ihre Sache. Damit habe ich nichts am Hut. Aber sie sind der Schuldner…

    Fakt ist bei diesem Beispiel: sie verdienen plötzlich weniger (gerechtfertigt??), sie müssen wegen angeblich geänderter Rahmenbedingungen den doppelten Zins zahlen (wieso soll das gerechtfertigt sein, ist das Geld etwa jetzt mehr wert?).

    Fakt ist auch: sie sind offenbar ohne Problem in der Lage, die vereinbarten 1% Tilgung weiterhin zu zahlen (also risikolos für die Bank), wieso soll sich jetzt der Zins verdoppeln? Sie kommen ja erst deswegen in Probleme, weil die Zinsen plötzlich steigen obwohl die derzeitigen allgemeinen Zinsen deutlich niedriger sind als vor zehn Jahren. Zahlen aber natürlich trotzdem die jetzt höheren Zinsen, so lange es geht, weil sie müssen (Alternative?). Wenn nicht, gehen sie Pleite…

    Fakt ist aber offenbar auch: die Bank nutzt die neu entstandene Situation zu ihrem Vorteil aus. Und sie sind der Looser. So sind Banken eben (siehe Griechenland, beim alten Zinssatz hätten auch die Griechen keine unlösbaren Probleme gehabt). In Griechenland führte eben auch die Gier der Banken zur Zahlungsunfähigkeit der Zinsen….

  • MHH

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    @nur mal so: sie würden aber einen Fehler machen, wenn sie ihr Beispiel auf Griechenland projezieren würden. Griechenland stand spätestens seit Einführung des Euros im Umbruch: wenn sie aus dem EU-Armenhaus raus wollten, gab es dazu auch nahezu keine Alternative. Sie setzten auf Umbruch Richtung Industrie und Tourismus, schafften ab 2000 ein jährliches Wirtschaftswachstum von über 4 % und dies ging nur mit Investitionen… die Griechen lebten also vorher nicht in Saus und Braus sondern versuchten ihre Situation zu bessern, sie nutzten die Kredite zur Steigerung des BIP, dies gelang so, dass bis 2007 die relativ hohe Staatsverschuldung zunächst sogar sank und dann konstant zum BIP blieb. Dann kam die Krise.
    Der Staat machte allerdings einen gravierenden Fehler: die Abgaben auf Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit (z.B. die Körperschaftssteuer sank von 40% im Jahr 2000 auf 23% in 2011) sind zu gering und wurden ähnlich gesenkt wie in Deutschland (Konkurrenz?). Sie haben also quasi einen Einkommensverzicht betrieben. Doch hier hat die EU merkwürdigerweise keine Zwangserhöhung vorgeschrieben!

  • Joachim Datko

    |

    Kreditnehmer arbeiten mit Ausreden, statt solide zu wirtschaften

    Zu MHH 09.05.12 18:32 : “die Griechen lebten also vorher nicht in Saus und Braus sondern versuchten ihre Situation zu bessern, sie nutzten die Kredite zur Steigerung des BIP”

    Kredite verschlechtern in der Regel die finanzielle Situation. Sobald man nicht mal mehr die Zinsen erarbeitet, sondern durch neue Kredite bedient, greift die Exponentialfunktion, dann ist es nur noch mehr eine Frage der Zeit, bis die Pleite da ist. Es wäre besser gewesen, wenn die Ratingagenturen schon früher Alarm geschlagen hätten.

    Die Türkei ist durch ein Tal der Tränen gegangen und hat wieder gute wirtschaftliche Verhältnisse, warum soll Griechenland es nicht auch schaffen?

    Joachim Datko – Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft – Monopole.de

  • nur mal so

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    @MHH: Danke für Ihre Meinung.

    Dass ich weniger verdiene ist gerechtfertigt, da ich ein Fixum und eine Variable habe und die Variable geringer ausfällt. Dass ich mehr Zins zahle, ist so, ob gerechtfertigt oder nicht weiß ich nicht, ich weiß nur dass bei der Zinshöhe es keinen Unterschied macht, ob ich ein Darlehen bei einer Privatbank beantrage oder bei einer “Staatsbank”, will sagen die Zinssätze der KfW zum Beispiel sind in den letzten Jahren runter und rauf, parallel zu den Zinssätzen der Privatbanken.
    Ich bin sicherlich alles andere als ein Neoliberaler, aber um das Ganze jetzt auf Griechenland zu projezieren, denke ich schon, dass trotz hoher Investitionen bei einem Wirtschaftswachstum von 4%/a bei einem soliden Sparkurs heute eine andere Situation vorzufinden wäre. In unserem Lande wird bei einem wesentlich niedrigerem Wirtschaftswachstum bereits (zurecht) keine Neuverschuldung gefordert…
    Ich möchte hiermit sagen, dass wir alle wissen, dass Banken, dafür da sind Geld zu verleihen, um am Ende (nach Rückzahlung) mehr Geld zu haben, das gefällt mir nicht, ist aber so. Die Schuld nun ausschließlich bei den Banken zu suchen, ist mir zu wenig, ich denke die Griechen, wie auch Brüssel, aber auch die Banken haben alle Ihren Teil beigetragen.
    Ihre Ausführungen in allen Ehren, die sicherlich, so wie Sie sie niedergeschrieben haben auch richtig sind, aber was völlig untergeht ist auch, dass Griechenland die EU schlichtweg mit falschen Zahlen bedient hat und somit auch Brüssel getäuscht hat…

  • Dubh

    |

    @ MHH

    “Wenn dieses Geld sich aber durch “Eigendynamik” plötzlich selbst vermehrt….”

    Wie vermehrt sich denn Geld von selbst?

    Isses plötzlich lebendig geworden, oder fällt es als Gottesgeschenk vom Himmel – das meint doch nur Datko, dachte ich.

  • Lena F.

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    Gegen ein deutsches Diktat über Europa!
    Die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland ist auf über 50% gestiegen, die Renten werden massiv gekürzt, Kinder fallen aufgrund von Unterernährung in Ohnmacht oder werden in SOS-Kinderdörfern abgegeben,
    weil ihre Eltern nicht mehr für ihre Grundbedürfnisse sorgen können. Durch Lohnkürzungen ist es vielen Familien nicht mehr möglich, die Miete zu bezahlen und genügend Geld für Lebensmittel ausgeben zu können. Die Suizidrate in Italien ist innerhalb von fünf Jahren um 52% angestiegen. Die Selbstmordrate in Griechenland stieg innerhalb der letzten zwei Jahre um 40% an.
    Warum werden in Griechenland immer noch die Löhne gekürzt? Warum geht das spanische Volk auf die Barrikaden, obwohl ihnen angeblich geholfen wird, ebenso die griechischen und portugiesischen Arbeiter? Weil weder Merkel noch Schäuble vorhaben, den spanischen, griechischen oder portugiesischen Arbeitern zu helfen. Wem sie aber helfen, das sind die deutschen bzw. französischen Banken und Großkonzernen. Denn das Geld der sogenannten Rettungsschirme landet nicht bei den griechischen Arbeitern, sondern unter anderem in den Tresoren der Deutschen Bank. Wir müssen uns die Frage stellen, bei wem der griechische Staat die meisten Schulden hat: Bei den deutschen Banken! Und wie zahlt der griechische Staat diese Schulden? Durch die „Rettungsschirme“, durch die aufgezwungenen Sparmaßnahmen und durch die Ausplünderung der griechischen, spanischen Arbeiterklasse.

    “Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.”
    (Dunning)

  • Dubh

    |

    nur mal so: “Dass ich mehr Zins zahle, ist so, ob gerechtfertigt oder nicht weiß ich nicht”

    Na ja, gerechtfertigt wäre das dann, wenn die Banken für die Einlagen ihrer Kunden mehr Zinsen bezahlen würden als vorher, und/oder für die Kredite die die Banken selber aufnehmen mehr Zinsen bezahlen müssten.

    Ist das so?

    Woher übrigens nehmen Banken das Geld zum Verleihen, abgesehen mal von den Kundeneinlagen?

    Wäre deren Kreditvergabe nämlich auf die Basis der Kundenguthaben beschränkt, könnte das Geldvolumen ja nicht unentwegt anwachsen, oder?

  • nur mal so

    |

    @dubh:

    soweit ich das beobachtet habe ist die Tendenz so, zumindest beim Tagesgeld, oder kurzfristigen Geld, aber natürlich ist die Spanne eine andere (bei Kundeneinlagen immer schlechter).

    Beim zweiten Punkt: Ich denke die Banken holen sich durch tenders, die durch die europäische Notenbank ausgegeben werden (im Beispiel Europa ) “billiges ” (zinsgünstiges) Geld, um das dann weiterzuzleihen…, steigt der leitzins, steigt auch der “Weiterleihzins”, steigt auch der Zins der Kundeneinlage…
    so stelle ich mir das einfach vor.

    Zum letzten Punkt, da gebe ich Ihnen Recht.
    Würden wir das Geld so einetzen, wie es mal war, also als echtes Tauschmittel, dann würden wir eigentlich gar keine Banken brauchen, zumindest nicht in diesen Auswüchsen wie wir es heute haben…

  • Dubh

    |

    nur mal so:” “billiges ” (zinsgünstiges) Geld, um das dann weiterzuzleihen…, steigt der leitzins, steigt auch der “Weiterleihzins”, steigt auch der Zins der Kundeneinlage…”

    Und umgekehrt doch wohl, also Kreditzinsen müssten sinken, wenn der Leitzins niedrig ist

    Der Leitzins ist allerdings seit 2009 durchgängig auf dem tiefsten Stand seit es die EZB gibt – 1% kurz mal bei 1,5%

    Zahlen sie jetzt weniger Zinsen?

    Bei der Postbank (gehört zur Deutschen Bank) bezahlt man aktuell über 12,5 % für einen Dispokredit, nicht schlecht irgendwie.

  • nur mal so

    |

    seit der Leitzins so niedrig ist zahlt man auch niedrige Zinsen, als der Zins für 10 Jähriges Darlehen ist sehr niedrig, sollten sie dieses Jahr abschließen und 2022 müssten Sie über das Restdarlehen einen neuen Kreditvertrag abschließen, der Leitzins liegt aber dann vielleicht nicht mehr bei 1%, sondern bei 2,5% dann…

    das mit dem Dispo 12,5 %ist übrigens nicht nur bei der Postbank so, sondern auch bei der Sparkasse, Raiba, etc., also nicht nur eine Geldausaugerei der Direktbanken, sondern auch der Genossenschaftsbanken etc., wenn Sie den Dispo überziehen, dann verlangen sie sogar über 17%…
    … gehört verboten…

  • MHH

    |

    @ datko: Kredite sind immer “rentabel”, wenn die tatsächliche Rendite, die sich damit (langfristig) erzielen läßt, höher ist als der zu entrichtende Zins.
    Alle großen Firmen arbeiten nachweislich äußerst rentabel mit Krediten. Die Eigenkapitalquote dieser Firmen liegt dabei sogar relativ selten über 50 %.
    Ihre Behauptung: “Kredite verschlechtern in der Regel die finanzielle Situation” ist daher so Quatsch!

    @dubh:
    danke für den “Rüffel”. Sie haben recht, das war zumindest mißverständlich ausgedrückt. Hier fehlt zwischen “Eigendynamik” und “plötzlich selbst vermehrt” korrekt ausgedrückt das Wort “scheinbar”.

    Ich gehöre auch nicht jener Gruppierung an, die an die Mär des arbeitenden Geldes glauben… :-)

    Diese scheinbare Geldvermehrung ohne Arbeit ist u.a. das Ergebnis der Zockerei, die durch staatliche Bankenrettung usw. mit der faktischen Vermehrung der Geldmenge kompensiert wird und das der unschuldige AN über Abgaben usw. erbringen muss. Irgendwann wird sich das dann eben auch in der Praxis in Form von Inflation ausgleichen.
    Die 10 € sind zwar dann immer noch 10 €, aber kriegen tu ich vielleicht nur noch Ware, die früher 5 € gekostet hat…
    Die Geldmenge hat sich damit tatsächlich vermehrt…aber der Tauschwert ist in Summe gleich geblieben.
    Aber die Verteilung hat sich geändert: manche besitzen jetzt statt einem plötzlich 3 solcher 10€ Scheine, andere eventuell nur noch einen 5 € Schein…

    @nur mal so:
    Wer hat denn behauptet, dass nur die Banken “schuld” sind?? Die Banken sind Mitverursacher einer Finanzmarktkrise, in der das System selbst versagt hat. Die Profiteure dieser Krise aber profitieren nun auf Grund der Art der Krisenbewältigung erneut und zahlen müssen die Zeche diejenigen, die für die Krise nichts können, nämlich die relativ besitzlose Masse des Volkes (nicht nur in Griechenland sondern auch in Deutschland usw.).

  • Fr.Streng

    |

    Preisfrage: Warum hat Griechenland so hohe Rüstungsausgaben und wer verdient daran?
    Siehe:

  • Joachim Datko

    |

    Finanzielle Unabhängigkeit ist ein kostbares Gut

    Zu MHH 10.05.12 – 15:04 : “Alle großen Firmen arbeiten nachweislich äußerst rentabel mit Krediten.”

    “Zinkann: Miele nimmt seit jeher grundsätzlich kein Fremdkapital auf. Diese gedanklich geerbte Regel garantiert unsere Unabhängigkeit und sie garantiert, dass wir über alle Entscheidungen sehr intensiv nachdenken.”

    Siehe: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/mittelstand/miele-geschaeftsfuehrer-das-unternehmen-hat-immer-vorrang-seite-2/3307622-2.html

    Es ist eine Frage der Einstellung. Im Positiven zu wirtschaften ist nicht schwer.

    Joachim Datko – Physiker, Philosoph – Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft – http://www.monopole.de

  • Dubh

    |

    Datko:”Im Positiven zu wirtschaften ist nicht schwer.”

    Insbesondere eigentlich für Staaten, die sich ihr Geld ja selber drucken/machen – nicht wahr?

    Wofür Sie wie Mielegeschäftsführer in den Knast gingen, sofern sie das versuchen würden.

    DAS nämlich ist dann mal der wesentliche Unterschied zwischen Privathaushalten aller Art und Staatssäckeln.

  • MHH

    |

    @datko: was wollen sie mit dem Beispiel Miele sagen? Sie sprachen von “Kredite verschlechtern in der Regel die finanzielle Situation” und diese Regel stimmt nachweislich eben nicht! Oft ist genau das Gegenteil der Fall!
    Wenn einzelne Firmen angeblich nicht mit Fremdkapital arbeiten (weil sie für ihre Zwecke genügend Eigenkapital haben) belegt dies doch nicht, dass anderen Firmen Kredite schaden!
    Nochmal: Kredite sind (aus Sicht des Kreditnehmers) immer dann rentabel, wenn die mit Hilfe von Krediten erzielten zusätzlichen Profite höher sind als die Zinslast. Nur wenn die zusätzlichen Profite niedriger sind als die Zinslast würden sie die finanzielle Situation verschlechtern!
    Auch im Privatbereich können Kredite (z.B. zum Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses) auf Dauer kostengünstiger sein als z.B. Miete.
    Und wenn ein Staat mit Krediten z.B. Infrastruktur schafft, die zur Ansiedlung von Industrie usw. führen, kann dies durch die dadurch möglichen höheren Folgeeinnahmen (Steuern aller Art, mehr Exporte) und geringeren Folgeausgaben (für Arbeitslosigkeit, mehr Exporte) äußerst rentabel sein.
    Kredite sind natürlich dann unsinnig, wenn sie für unnötige Sachen ausgegeben werden. Wenn ich mir einen Porsche zulege, dann aber das Benzin nicht mehr zahlen kann und nicht mehr genügend zum Essen und Trinken kriege, dann ist das natürlich blöd. Deshalb sind Kredite für sog. Luxusgüter im Privatbereich äußerst gefährlich und schaffen nicht nur oft eine gefährliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber sondern im Falle von plötzlicher Arbeitslosigkeit oder Krankheit zum Fiasko. Nur darum geht es doch hier nicht!

  • erik

    |

    Hier ist meine Sicht zu der Schuldenkrise. Deutschland und Europa habe keine Wahl mehr, beide sind
    “gebunden und festgelegt”. Es wurden schon zuviele Bürgschaften und Garantien abgegeben. Austritt
    oder Verbleib in der Eurozone ist egal, beides wird für
    Deutschland teuer, zumal nicht nur Griechenland betroffen ist, es gibt auch größere Länder in der
    EU, die am Abgrund stehen und Griechenland könnte der Auslöser für den Zusammenbruch sein.
    Wenn die Griechen dreist genug sind, könnten sie Europa bzw. Deutschland ausnehmen wie eine Weihnachtsganz!
    Bitte bedenken sie darüber hinaus, es gibt in Deutschland selbst Bundesländer wie z.B. Berlin u.a., die im
    Vergleich zur Bevölkerung gleich oder sogar noch höher verschuldet sind (siehe z.B. den Skandal um die Landesbank Berlin) als Griechenland. Griechenland ist auch in Deutschland und der kleine Bürger und die kleine Bürgerin zahlen jetzt schon den Preis dafür und werden sicherlich noch mehr bezahlen!

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