Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
Zweiter Korruptionsprozess

Eine „unbedachte Äußerung“ und letzte Worte

Ein Kripobeamter bestätigt kurz vor dem Urteil im zweiten Wolbergs-Prozess Vorwürfe aus einem anonymen Schreiben gegen einen leitenden Ermittler der Kripo. In seinem Schlusswort rechnet am Dienstag der Unternehmer Ferdinand Schmack mit der Staatsanwaltschaft ab. Es sei „absolut tragisch“, dass er vor Gericht stehe. Er verabscheue Korruption.

Über drei Stunden widmete sich der Unternehmer Ferdinand Schmack in seinem Schlusswort den Korruptionsvorwürfen – und der Staatsanwaltschaft. Foto: Archiv

„Wenn wir mit ihm fertig sind, dann kann er froh sein, wenn er nicht aus dem Fenster springt.“ Diesen Satz soll Bernhard B., der Hauptsachbearbeiter bei den Ermittlungen gegen Joachim Wolbergs, zu einem Kollegen gesagt haben. So steht es in einem anonymen Schreiben, das Wolbergs beim vergangenen Verhandlungstag den Richtern der 5. Strafkammer vorgelegt hat. Und das bestätigt am Dienstag auch ein darin namentlich genannter Kriminalhauptkommissar bei seiner Zeugenaussage. Er habe seinen Kollegen auf der Toilette gefragt, wie es bei den Ermittlungen laufe. Darauf sei dann diese „unbedachte Äußerung“ gefallen.

WERBUNG

„Keiner hat sich um diese Ermittlungen gerissen.“

Die Frage von Rechtsanwalt Peter Witting, ob er selbst den anonymen Brief geschrieben habe, verneint der 59jährige. Er stehe kurz vor der Pensionierung. Seit er wisse, dass er deshalb vor Gericht aussagen müsse schlafe er schlecht, knirsche nachts mit den Zähnen und nehme die doppelte Dosis seiner Blutdrucktabletten. „Das hätte ich sicher nicht gebraucht.“ Doch ohnehin ist der Kreis derjenigen, die von der Bemerkung erfuhren größer. Bei einer Kaffeerunde mit anderen Kollegen habe er mal darüber gesprochen, weil der Satz „schon ein bisserl ungewöhnlich war“. Es sei aber auch nicht „großmächtig darüber diskutiert“ worden. Er kenne den Sachbearbeiter ansonsten als gewissenhaften Kollegen.

Für den im Anschluss vernommenen damaligen Leiter der Regensburger Kripo wäre die „unbedachte Äußerung“ Anlass gewesen, den Sachbearbeiter von den Ermittlungen abzuziehen. Er habe aber erst jetzt davon erfahren. „Wenn so ein Satz gefallen sein sollte, dann eher in totaler Besorgnis: Hoffentlich tut er sich nichts an. Das wäre eine Katastrophe für alle gewesen.“ Keiner habe sich damals um diese Ermittlungen gegen den amtierenden Oberbürgermeister gerissen, so der 2019 pensionierte frühere Kripochef. Er spricht von einem „gegenseitig geschätztem Verhältnis“ zwischen ihm und Wolbergs. Aber man sei nun mal dafür zuständig gewesen.

Kripochef sah keine Anhaltspunkte für einseitige Ermittlungen

Mit Bernhard B. habe er seinen erfahrensten und fähigsten Sachbearbeiter für Wirtschaftsstrafsachen mit den Ermittlungen betraut. Nach der ersten Durchsuchung sei dann eine Ermittlungsgruppe gebildet worden. Die Staatsanwaltschaft sei dabei „hautnah eingebunden“ gewesen, „in einer Enge, wie es mir bisher nur in ganz wenigen Fällen bekannt war“. Ihm selbst sei im Rahmen der Ermittlungen „die fragwürdige Ehre“ zuteil geworden, die Verhaftung des Oberbürgermeisters 2017 durchzuführen.

Anhaltspunkte dafür, dass einseitig ermittelt worden wäre, sieht der frühere Kripochef nicht. Auch habe B. die Ermittlungsgruppe nicht geleitet, sondern sei nur Hauptsachbearbeiter gewesen. Über ihm seien mehrere weitere Instanzen, der Leiter der Ermittlungsgruppe, B.s Vorgesetzte und die Staatsanwaltschaft, gewesen. Auch er selbst sei regelmäßig in groben Zügen informiert worden. „Wenn ich nur den geringsten Anhaltspunkt für so etwas gehabt hätte, dann hätte das Konsequenzen gehabt.“

“Verfahren ist bemakelt”

Für Wolbergs-Verteidiger Peter Witting ist B.s Äußerung hingegen ein weiterer Beleg für die in seinen Augen einseitigen Ermittlungen. Weitere Kripobeamte will der Strafverteidiger allerdings nicht mehr als Zeugen laden, um diese These zu untermauern. Er glaube nicht ernsthaft, dass man da noch mehr erfahre. Es gebe auch so etwas wie einen Korpsgeist bei der Kripo und man wolle den Prozess auch nicht weiter in die Länge ziehen. Man müsse aber zur Kenntnis nehmen, dass das Verfahren „bemakelt“ sei, so Witting.

Als Staatsanwalt Wolfgang Voit einwendet, dass man aus einer „unbedachten Äußerung“ bei einem Zwei-Sätze-Gespräch auf der Toilette nicht auf ein System von einseitigen Ermittlungen schließen könne, kontert Wolbergs. Ihm gestehe die Staatsanwaltschaft keine solchen unbedachten Äußerungen zu. Alles, was man irgendwie als kriminell interpretieren könne, das sei in deren Augen auch kriminell. Er werde sich diesem Thema in seinem Schlusswort ausführlich widmen, kündigt der Ex-OB an. Doch zunächst ist die Reihe an Ferdinand Schmack.

“Nicht, weil sich alles gleich rechnet…”

Der 45jährige Unternehmer hat sich in dem Prozess bislang nur sporadisch zu Wort gemeldet. Er stehe nur sehr ungern derart in der Öffentlichkeit, sagt er. Doch das Bild, das hier von ihm gezeichnet worden sei, könne er unmöglich so stehen lassen. „Ich war und ich bin nicht korrupt“ ist ein Satz, der während seiner gut dreistündigen Ausführungen dann mehrfach fällt. Manchmal süffisant und mit bairischem Einschlag, manchmal hörbar empört und unter beißender Kritik an der Staatsanwaltschaft schildert Schmack dabei seinen Werdegang.

Den Kauf eines ersten Hauses in der Altstadt von Regensburg, das damals noch tiefste Provinz gewesen sei, die Gründung der gemeinsamen Firma mit seinem Bruder Martin. Die Gründung verschiedener GmbHs – Windkraft und Biogas. Und schließlich – 2008 – der große Wurf: Der Kauf des 65 Hektar großen Areals der früheren Zuckerfabrik. Man habe schon früh das Thema Erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit auf dem Schirm gehabt. „Nicht, weil sich das alles gleich rechnet, sondern aus Überzeugung.“ Schon lange, bevor es Fridays for Future gegeben habe, habe man sich damit beschäftigt. Und heute unterstütze er diese Bewegung „aus vollem Herzen“.

“Kultivierte Auseinandersetzung”

Immer wieder holt Schmack aus, um sich selbst politisch zu verorten. Er erzählt von Helmut Kohl, den er „nie leiden“ habe können. Vom Mittelstand, der das „Herz dieses Landes“ sei. Vom Widerstand gegen die WAA, den Auseinandersetzungen in einer pluralistischen Gesellschaft, von Christine Schanderl, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und davon, dass man sich für Überzeugungen einsetzen müsse, „ohne sofort auf Mark und Pfennig entschädigt“ zu werden. Auch gegenüber Behörden. Hier hege er „aufgrund einer Vielzahl von Erfahrungen“ eine gewisse Skepsis, so Schmack. Und an die Staatsanwaltschaft gerichtet, schiebt er nach: „Sie haben meine Skepsis nicht zerstreut.“ Trotz alledem aber sei ihm eine „kultivierte Auseinandersetzung“ wichtig – bei welchem Streit auch immer.

Deutschland habe sehr gute Verfahren, sagt der Unternehmer. „Aber man muss sie auch anwenden und irgendwann entscheiden.“ Er lebe nun mal selbst in Regensburg. Und er lasse sich weder von der Staatsanwaltschaft noch von einer Verwaltung noch von Politikern diesen Anspruch wegnehmen und seinen Ruf ruinieren, „nur weil ich in der Stadt in der ich lebe, wirtschaftlich tätig bin“. Er habe die Möglichkeit, sich einzumischen. Er habe das Geld dafür. Er könne sich das leisten. Und deshalb tue er das auch. „Lohnt sich das? Sicher nicht.“

Aber es sei ihm eben nicht egal, wenn die Pestalozzischule über 20 Jahre lang nicht saniert werde oder wenn es keinen vernünftigen Fahrradweg vom Hafen zum Eisstadion gebe. Und er habe auch darüber mit Wolbergs gesprochen. „Rechnet sich das? Habe ich Wolbergs damit beeinflusst? Ist das Bestechung?“ Offenbar seien manche aus lauter Neid und Missgunst nicht in der Lage wahrzunehmen, dass jemand aus Überzeugung handle.

“Staatsanwaltschaft macht Stimmung”

Schmack reißt verschiedenste Entwicklungsthemen im Stadtosten an. Den Bau einer Waldorfschule, bei dem ihm das Liegenschaftsamt unterstellt habe, er wolle sich da nur ein Gewerbegebiet sichern. Am Ende habe man die Schule gebaut und draufgezahlt. Den Bau des Grünzugs mit Fahrradweg durchs Candis gegen den anfänglichen Widerstand der REWAG. Auch da habe man draufgezahlt. Das alles wisse die Staatsanwaltschaft. Aber das komme nirgendwo vor. „Das passt nicht ins Bild des korrupten Bauträgers.“

Man habe den Ermittlern bei der ersten Durchsuchung freiwillig eine Festplatte mit allen relevanten Daten ausgehändigt. Dort stünde alles drin. Etwa, dass die Berechnung der kalkulierten Gewinne durch die Staatsanwaltschaft um über eine Million Euro zu hoch sei, weil die von Schmack übernommenen Kosten für eine Straße und Kreuzung fehlten. Er halte den beiden Staatsanwälten zugute, dass sie nicht von Anfang an bei den Ermittlungen dabei gewesen seien und auf einem „Destillat“ der Kripo aufsetzen würden. „Aber das macht die Sache als Behörde nicht besser.“ Er habe den Eindruck, dass es der Staatsanwaltschaft darum gehe, Stimmung zu machen. „Ist das Sinn und Zweck der Strafverfolgung?“ Es stimme eben nicht, dass er sich dumm und dämlich verdiene. „Und wenn: Ist das Sünde?“ Aber sich dumm und dämlich zu verdienen werde hier gleichgesetzt mit Korruption, so Schmack.

Fragen zum “System Regensburg”

Er sei „wirklich schockiert“ gewesen, als bei der Durchsuchung am 14. Juni 2016 sein Name mit Thomas Dietlmeier und Volker Tretzel auf ein und demselben Durchsuchungsbefehl gestanden sei. In Zeiten einer Datenschutzgrundverordnung habe es nicht einmal ein Mindestmaß an Vertraulichkeit gegeben. Auch sämtliche Akten seien zunächst an alle drei Beschuldigten gegangen.

„Ich bin absolut für Korruptionsbekämpfung – immer noch“, sagt Schmack. Und es möge schon sein, dass es ein „System Regensburg“ gegeben habe. Doch was meine die Staatsanwaltschaft damit? Meine man damit das System Schaidinger, das schon verjährt sei? Meine man ein System, bei dem Geld in der Sporttasche über einen Gartenzaun in Schwabelweis gereicht worden sei? „Genau dabei haben wir nie mitgemacht.“ Was meine die Staatsanwaltschaft, wenn sie von einem starken Oberbürgermeister spreche? Einen, der einen Regelverstoß so geschickt kaschiere, dass er nicht auffalle? Einen, der seine Verwaltung so im Griff habe, dass alles gemacht werde, was er sage?

„Vielleicht haben Sie so oberflächlich ermittelt, dass Sie dem wirklichen Verbrechen nicht auf die Spur gekommen sind.“ Vielleicht aber habe es so ein System überhaupt nicht gegeben. Ob den Staatsanwälten aufgefallen sei, dass die Genehmigung für die erste Industriehalle auf den ehemaligen Schlämmteichen unter Schaidinger 2010 etwas „völlig Normales“ gewesen sei, fragt Schmack. Ob ihnen aufgefallen sei, dass Bedenken bei der Genehmigung der zweiten Halle erst nah Beginn der Ermittlungen aufgekommen seien. „Ich glaube, dass Sie den Prozess der Baurechtsschaffung und der Abwägung nicht verstanden haben.“

“Jetzt ist ein Unternehmen insolvent. Tut uns leid. Haha.“

Manches bei diesen Ermittlungen komme ihm vor wie bei einem Josef Hader-Film, so Schmack. Etwa, dass der Staatsanwaltschaft erst nach eine Jahr aufgefallen sei, dass sein Bruder gleichberechtigter Geschäftsführer derselben Firma sei. Doch anstatt sich zu informieren oder ein Gespräch zu führen, habe man dann einfach einen Strafbefehl angeboten. „Man kapiert nichts, aber man wirft einfach mal etwas vor. Wenn es nicht so schräg wäre, könnte man darüber lachen.“

Ob die Staatsanwaltschaft wisse, was es für einen Unternehmer bedeute, wenn sich so ein Verfahren in die Länge ziehe, fragt Schmack. „Sie wissen ganz genau, dass der Ruf eines Unternehmers seine Achillesferse ist.“ Beim Rating von Banken spiele neben der Wirtschaftlichkeit die Vertrauenswürdigkeit eine wesentliche Rolle. Da könne schnell eine Finanzierung wegfallen. „Sie benützen diesen Umstand“, wirft Schmack der Staatsanwaltschaft vor. Zum Glück habe man ein gutes und langjähriges Verhältnis zu Geschäftspartnern und Banken. „Ich bin immer noch Geschäftsführer und wir sind immer noch nicht insolvent.“ Banken steckten zum Glück tiefer in den Details als die Staatsanwaltschaft. Sonst heiße es am Ende womöglich: „Da haben wir halt mal so einen Ruf zerstört. Jetzt ist ein Unternehmen insolvent. Tut uns leid. Haha.“ Und die Wiederherstellung eines beschädigten Rufs sei eigentlich nicht möglich.

„Mimosenhaftigkeit steht Ihnen nicht zu.“

Wenn man vor Gericht einen Bauträger sehe, der „als Zeuge so fest weinen musste, weil er einen Fehler gemacht hat, da langt‘s dann“, empört sich Schmack mit Blick auf Thomas Dietlmeier, ohne diesen namentlich zu nennen. Auch er habe ein Unternehmen. Auch er habe Beschäftigte, wahrscheinlich mehr als Dietlmeier. Aber er habe sich nicht mit einem Strafbefehl freigekauft und dann als reuiger Zeuge präsentiert.

Selbstverständlich sei Korruptionsbekämpfung wichtig. „Aber doch ned a so.“ Nach jahrelangen Ermittlungen seien die Staatsanwälte „unglücklich“ über die fehlerhaften Verschriftungen. Er sei auch manchmal unglücklich, meint Schmack. „Das muss man dann aushalten, gell.“ Aber die Staatsanwälte seien dafür verantwortlich.

Bei Wolbergs wolle er sich ausdrücklich bedanken für die „Zähigkeit und Akribie“, mit der dieser sich das alles angehört habe. Und es sei geschmacklos, dass Oberstaatsanwalt Jürgen Kastenmeier diesem in seinem Plädoyer Hass vorgeworfen habe. „Da wird eher umgekehrt ein Schuh draus.“ Er hasse niemanden, so Schmack. Auch nicht die beiden Staatsanwälte. Da halte er es ganz bairisch: „Ned amol ignoriern.“ Im Gegensatz zu ihm und Wolbergs stünden die beiden Staatsanwälte hier nicht als Privatpersonen, sondern als Vertreter einer Behörde. „Weinerlichkeit und Mimosenhaftigkeit steht Ihnen da absolut nicht zu.“

“Absolut tragisch”

Schließlich kommt Schmack auf die Spenden zu sprechen. Insgesamt 80.000 Euro spendeten er, sein Bruder und deren Unternehmen zwischen 2012 und 2014 für den Wahlkampf von Wolbergs, in etwa dieselbe Summe für den CSU-Wahlkampf von Christian Schlegl. Man habe damit niemanden beeinflusst oder gewogen gemacht. „Die einzige Person, die ich mir in den letzten 20 Jahren gewogen machen wollte, ist meine Frau. Und ich meine, dass mir das ganz gut gelungen ist.“

Entgegen der Annahme der Staatsanwaltschaft könne auch ein Bauträger lesen und schreiben. Und er habe unter anderem das Parteiengesetz gelesen. „Ganz genau.“ Er habe Wolbergs keine Beträge genannt oder zugesagt. „Verhandlungen darüber hätte ich mir verbeten.“ Außerdem habe man ausschließlich für den Wahlkampf gespendet. Man habe auch keine Rechnungen übernommen. Und auch keine Versprechungen über die Wahl hinaus gemacht. Und Wolbergs habe ihn nur einmal, kurz vor der Stichwahl um Geld gefragt. Und da habe er abgelehnt.

Natürlich habe man Wolbergs überzeugen wollen. „Aber mit Argumenten, nicht mit Spenden.“ Und er habe im Lauf der Jahre mit vielen Politikern zu tun gehabt, auch mit Oligarchen und Semi-Oligarchen. „Ich hatte genug Gelegenheiten zu Einflussspenden. Wir haben es nie gemacht. Aus Überzeugung.“ Das er jetzt hier wegen Korruption angeklagt sei, das sei „absolut tragisch“.

„Glauben Sie, ich hätte die 5.000 Euro nicht selber gehabt?“

Wenn er Wolbergs hätte beeinflussen wollen, dann hätte er doch „nicht auf den letzten zehn Metern abgelehnt“, so Schmack. „Das macht doch überhaupt keinen Sinn.“ Auch nicht, dass er den früheren Geschäftsführer von Sontowski & Partner stattdessen zu einer Einflussspende überredet hätte. „Glauben Sie, ich hätte die 5.000 Euro nicht selber gehabt?“ Wenn er Wolbergs hätte beeinflussen wollen, dann hätte er doch nicht nein gesagt und jemand anders gefragt, sondern dann hätte er selbst „und gleich 10.000 Euro“ gespendet.

Dass er Wolbergs stattdessen zugesagt habe, sich bei anderen nach Spenden zu erkundigen, habe er nur „aus Höflichkeit“ getan. Und welche Erwartungen dann wiederum Sontowski & Partner mit der Spende verknüpft hätten, welche Mails es dort gegeben habe, das wisse er nicht. Er, sagt Schmack, habe das Parteiengesetz „nach bestem Wissen und Gewissen“ befolgt. Und man könne der Staatsanwaltschaft „eine gewisse Boshaftigkeit“ unterstellen, wenn nun ihm sämtliche Spenden, auch die seines Bruders zugerechnet würden.

Professionelles Arbeiten und “Freinderlwirtschaft”

Nach einer kurzen Pause kommt Schmack dann auf die von Wolbergs unterschriebene Genehmigung für die zweite Industriehalle (LAGO A3) auf den Schlämmteichen der früheren Zuckerfabrik zu sprechen. Bis zu Beginn der Ermittlungen sei das für die zuständigen Stellen in der Verwaltung „die normalste Genehmigung der Welt“ gewesen. Nachher sei „plötzlich alles illegal“ gewesen. Er wolle auch aufräumen mit der These, dass unter Hans Schaidinger gar nichts gegangen sei. Tatsächlich sei man unter Schaidinger groß geworden. „Aber es gibt einen Unterschied zwischen professionellem Arbeiten und Freinderlwirtschaft.“

Bei wirklich wichtigen Themen habe er immer einen direkten Draht zu Schaidinger gehabt, so Schmack. „Das war aber auch nicht korrupt.“ Und so sei das auch bei der ersten Halle gewesen. Schaidinger habe sich über diese Ansiedlung gefreut. Es habe eine Ausnahmegenehmigung nach §35 gegeben und die Zusage für einen Bebauungsplan. Deshalb habe das Thema einer zweiten Halle in Gesprächen mit Wolbergs und zum Zeitpunkt der Spenden auch keine Rolle gespielt.

Dann seien Interessenten für eine zweite Logistikhalle gekommen: Magna und Continental. Wirtschaftsreferent Dieter Daminger sei der erste gewesen, der deshalb eine zweite Halle befürwortet habe. Das sei ihnen als Eigentümer der Flächen zwar ganz recht gewesen, aber eigentlich hätte man lieber einen Bebauungsplan gehabt. Doch bis heute gebe es keinen.

“Bin weder geldgeil, noch verrückt.”

„Ich bin weder gierig, noch geldgeil, noch verrückt. Und ich bin nicht korrupt“, sagt Schmack gegen Ende. Und auch wenn von ihm ein solches Bild gezeichnet werde: Er sei nicht verzweifelt. „Ich bin auch nicht verzweifelt über Ihre Arbeitsweise, obwohl ich mich damit schwertue“, so Schmack in Richtung der beiden Staatsanwälte. „Als Mitarbeiter hätten sie bei mir aber nur wenig Aufstiegschancen.“ Da seien andere Dinge gefragt. Er sei auch nicht über die Verwaltung verzweifelt. So verzweifelt, dass er jemanden mit illegalen Mitteln dazu habe bringen müssen, seine Projekte zu beschleunigen. Er sei immer noch Optimist und habe sich damit eingerichtet, dass er mit Geduld und Arbeit zum Ziel komme. Das Gericht bittet Schmack „inständig“, ihn freizusprechen. „Ich habe mir wirklich nichts zuschulden kommen lassen.“

Anmerkung der Redaktion: Joachim Wolbergs hat am heutigen Dienstag bereits mit seinen Schlussworten begonnen. Wir fassen diesen Teil mit dem Rest am morgigen Verhandlungstag zusammen.

Print Friendly, PDF & Email

SUPPORT

Ist dir unabhängiger Journalismus etwas wert?

Dann unterstütze unsere Arbeit!
Einmalig oder mit einer regelmäßigen Spende!

Per PayPal:
Per Überweisung oder Dauerauftrag:

 

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14 7509 0000 0000 0633 63
BIC: GENODEF1R01

Kommentare (19)

  • Hansi Eggit

    |

    Zwei Freisprüche!!!Wird Zeit das steuerverschwendende Kasperltheater zu beenden und dem EX-OB zumindest noch die Ehre zu Teil werden lassen, die ihm noch nicht von einer völligst desolaten Staatsanwaltschaft nach all den sinnlosen Jahren eines Vernichtungskrieges geraubt wurde. Herr Wolbergs, Herr Schmack: Größten Respekt fürs Durchhalten und einen hoffentlich schnellen und erfolgreichen Neustart in ein angenehmeres Kapitel Ihrer beider Leben! Chapeau!

  • Mr. T.

    |

    Den “Belastungseifer” sehe ich immer noch nicht als Problem, solange keine belastenden Beweise fingiert und entlastende Beweise verdunkelt werden. Wenn ich zum TÜV fahre, sucht der auch nur nach Gründen, warum er mich nicht durchlassen sollte.

  • Ruth

    |

    ‚Bei wirklich wichtigen Themen habe er immer einen direkten Draht zu Schaidinger gehabt,

    Vielleicht liegt der Unterschied auch daran, dass dem Normalo der ‚direkte Draht‘ fehlt oder verweigert wird?

  • XYZ

    |

    Zum Absatz ‘Professionelles Arbeiten’, etwas verkürzt: es habe die Zusage für einen Bebauungsplan gegeben, deshalb habe das Thema bei einer zweiten Halle keine Rolle gespielt – der war aber bloss nicht vorhanden, mal was von Bürgerbeteiligung gehört?

  • Reiner Wehpunkt

    |

    Was man halt so auf dem Klo beim Pinkeln sagt. Ich erinnere mich an den legendären Schimanski, der kloppte ähnliche Sprüche, das kam an, Millionen Zuschauer waren begeistert.
    Wie gut, dass keiner der Beteiligten Blähungen hatte, sonst würden wir die wohl auch noch kredenzt bekommen. Die vielen geistigen Blähungen waren völlig ausreichend ….

  • Viktoria Schuck

    |

    Danke Hansi Eggit, ich könnte nicht mehr zustimmen!

  • Julian86

    |

    He took a stand! F. Schmacks beeindruckendes Schlusswort.

    “Das Spiel ist irgendwann aus. Alles kommt zurück.” Irgendwie passt diese Aussage, die ich heute in einem anderen Zusammenhang las, auf diesen Prozess.

    War es ein politisch veranlasstes “Spiel” der Ermittlungsbehörden, die sich bekanntlich auch über Bürgerrechte hinwegsetzten? Der nunmehr zum Prozessgegenstand gemachte Satz: “Wenn wir mit ihm fertig sind, ….” wirft ein entlarvendes Schlaglicht auf die Ermittlungen.

    >> „System Regensburg“ …. Doch was meine die Staatsanwaltschaft damit? Meine man damit das System Schaidinger, das schon verjährt sei? Meine man ein System, bei dem Geld in der Sporttasche über einen Gartenzaun in Schwabelweis gereicht worden sei? <<

    Zu diesen trefflichen Fragen eine weitere:

    Ist hier der Schaidinger-Wahlkampf 2008 gemeint, der sich hinsichtlich der Spenden-Entgegennahme an die CSU auf einen Ortsverein konzentriert haben soll? Wenn dem so sein sollte und Schmack davon wusste, dann haben viele davon gewusst, oder? Was wurde dagegen von wem unternommen?

    "History Will Judge the Complicit" (Anne Applebaum, Pulitzerpreis-Trägerin)

  • Arno Nym

    |

    Hab letzte Woche ne Wohnung von nem Bauträger gekauft. Hab natürlich auch nach dem satten Rabatt gefragt, den laut letzter Gerichtsverhandlung ja jeder bekommt – Leider nein.
    Ob sie mir wenigstens meine Jetzige Wohnung Zum halben Preis renovieren könnten? Ne, auch nicht.

    Mehr fällt mir dazu nicht ein

  • Dominik Müller

    |

    @Julian86 Wahlkampf 2008, wenn Sie schon olle Kamellen hervorholen, gehört nicht etwa auch das dazu?
    https://www.aktionboss.de/erfolg-fuer-wolbergs
    “Wird die Regensburger Bürgerschaft nun je erfahren, was er [Wolbergs] in diesem Bericht zum Millionen-Deal der Stadtbau-GmbH gelesen hat”

  • Beobachter

    |

    @Ruth:

    Haben Sie schon einmal den Bedarf gehabt, den Oberbürgermeister / die Oberbürgermeisterin zu kontaktieren, und ein Gespräch wurde Ihnen verweigert?

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass einem “Normalbürger” kein Kontakt ermöglicht wird.

  • R.G.

    |

    Bisher fand ich den Schmack ganz nett, aber diese Rede wie zu einer Heiligsprechung, das ist selbst mir zuviel.

  • da loisl

    |

    @Julian86: Vermutlich handelt es sich bei Ihrer Frage nur um eine rhetorische. dennoch zur Erinnerung folgender Link :https://www.regensburg-digital.de/korruptionsaffaere-hans-schaidinger-der-alte-fuchs-und-seine-freunde/24022019/, der diese Frage beantworten dürfte. Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass es auch gegen Wolbergs keine Ermittlungen gegeben hätte, wenn er die Staatsanwaltschaft nicht mit der Nase darauf gestoßen hätte. In so einer Situation kann die Staatsanwaltschaft nicht die Augen verschließen und das ist auch gut so.
    Wolbergs ist nicht so schuldig wie viele ihn sehen, er ist aber auch nicht schuldlos, wie er sich darstellt. Er wusste, was er tat und ist damit ein hohes Risiko eingegangen.

    Ferdinand Schmack ist kein skrupelloser Unternehmer, aber die Wahlkampfspenden hat er gezielt eingesetzt, um in seinem Kampf mit Teilen der Regensburger Stadtverwaltung politische Unterstützung zu erhalten. Auch er wusste, was er tat und wollte möglichst kein Risiko eingehen. Im Gegensatz zu seinem Bruder ist er der beherrscht Agierende. Beide hatten und haben Visionen, was sie auszeichnet, die sie durchsetzen und mit denen sie Geld verdienen wollen, was nicht verwerflich ist. Ihre Vision deckt sich nicht immer mit der der planenden Verwaltung. Das muss nicht sein, in einem Rechtsstaat und Demokratie, entscheiden über Belange des Gemeinwohls nicht Unternehmer sondern Politik und Verwaltung. Aus Gründen der Transparenz ist deshalb gut, dass die Korruptionsverfahren durchgeführt wurden.

  • Kernel

    |

    Schließlich kommt Schmack auf die Spenden zu sprechen. Insgesamt 80.000 Euro spendeten er, sein Bruder und deren Unternehmen zwischen 2012 und 2014 für den Wahlkampf von Wolbergs, in etwa dieselbe Summe für den CSU-Wahlkampf von Christian Schlegl. Man habe damit niemanden beeinflusst oder gewogen gemacht.

    Glaubt dieser Herr die Bürger in Regensburg sind alle komplett naiv?
    Und wenn er sich alles kaufen kann – schön für ihn. Für Politiker hat es wohl leider gereicht. Bei diesen Aussagen kann man entweder schmunzeln oder auch verzweifeln.
    160000 Euro für den Wahlkampf von Wohlbergs und Schlegl – nachdem es keine Bestechung ist, ist es einfach eine gute Tat für die Politik in Regensburg. Danke dafür.

  • Alfred Meier

    |

    Ich hoffe, dass das Gericht die Kraft hat, unter diese unsägliche Geschichte mit Freisprüchen einen Schlussstrich zu ziehen!

  • Mr. B.

    |

    Zu Alfred Meier
    10. Juni 2020 um 15:07| #

    Lieber Herr Meier, haben Sie auch Kenntnis davon, ob die ganzen Bauunternehmer insgesamt auch so viel Geld an z. B. Kinderheime, Pflegeheime und soz. Einrichtungen, usw. gespendet haben. Dann hätten Ihre Feststellungen und Forderungen m. E. wenigstens einen Sinn!

  • XYZ

    |

    Das ‘Toiletten’- Gespräch war ja ein würdiger Abschluss vor den Schlussworten, nochmals Beweisaufmahme – in der Toilette, frz. , pflegten sich Damen und Herren schön zu machen. Wir sagten dazu in dem – nicht kirchlichen – Gymnasium einst: ‘hic locus non est gaudendum’, der Lokus ist nicht zum Erfreuen da.

  • Jedermann

    |

    @Beobachter

    Dies ist nicht ganz richtig. 6 Monate sind es bei Bestechlichkeit. In allen anderen Fällen, z. B. Vorteilsannahme, ist es 1 Jahr.

  • Beobachter

    |

    @Jedermann:

    Was genau wollen sie sagen? Sie richten das Wort an mich, obwohl ich zu Strafmassen nichts geschrieben habe.

    Wollten Sie evtl. einen anderen Diskussionsteilnehmer ansprechen?

  • Jedermann

    |

    @Beobachter

    Sorry, falscher “Beobachter”.

Kommentare sind deaktiviert

drin