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Theater Larifari: Wurstspenden nur gestückelt

Der Spendenkönig ist ein Kasperl

Im Kunst- und Gewerbeverein Regensburg fand am Dienstag die Premiere von Christoph Maltz‘ Wahlkampf-Posse „Wurstspenden nur gestückelt“ statt. Es geht um König Joachim und die Wurstspendenpraxis in Kasperlhausen. Und wo Kasperlhausen ist, ist Regensburg nicht weit. Ein Puppentheater leistet, was andere Kunst nicht leisten will.

König Joachim dreht sich einen Strick. Foto: Baumgärtner

Dass in einer Stadt wie Regensburg „jahrhundertelang der Stumpfsinn warmgestellt“ ist, wusste schon Thomas Bernhard und täuschte natürlich nicht. Wo sonst sollte eine vergleichsweise harmlose Karikatur zu einer Strafanzeige wegen Beleidigung seitens der Stadt führen und den Rechtsreferenten zu der Aussage verleiten, es könne doch nicht sein, „dass mit dem Stadtoberhaupt einer prosperierenden Kommune wie Regensburg derart umgesprungen wird.” Nein, natürlich nicht. Man halte Spott gefälligst möglichst fern vom Prosperator. Vom OB zum Anfassen zum angefassten OB.

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Karikaturen in einer prosperierenden Stadt

Der Ende 2016 vielfach geklebte Don Corrupto-Aufkleber, eine der wenigen künstlerisch-satirischen Auseinandersetzung mit Korruption, der Nähe von Politik und Bauträgern und der jahrelangen außergewöhnlichen Parteispendenpraxis in Regensburg. Es ist eine Karikatur.

Und weil die Realität ganz allgemein mehr kickt als Satire, ist im Urteil der 6. Strafkammer im ersten Wolbergs-Prozess allen Ernstes davon die Rede, der Oberbürgermeister werde durch den Aufkleber „mit einem Mafia-Boss gleichgesetzt.“ Ja, es steht da wirklich „gleichgesetzt“. Schwarz auf weiß. Die Straftäter konnten übrigens nie ermittelt werden. Also die mit dem Aufkleber. Das Handwerk der Satire kennt eben keinen § 60 des Strafgesetzbuchs. Da geht niemand straffrei aus.

Der “Don Corrupto”-Aufkleber. Karikatur oder Straftat? Foto: Archiv

Wer traut sich?

Und sonst, ihr Regensburger Kreativen? Da gab es diesen einen Liquid & Maniac-Song („Wolli, Wolli, mein lieber Scholli“) nach der Verhaftung von Joachim Wolbergs, eine herrliche Karikatur von Barbara Stefan, in der Spender und Bespendete Grundstückskuchen teilen und speisen und die aus Wolbergs‘ gesammelten Videobotschaftswerken („Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger“) geschnittenen Aggrar Niederhof-Clips auf Youtube.

Sonst: gähnende Leere in der hiesigen Kunst- und Kultur- und natürlich auch Kreativszene. Regensburg und sein Sumpf, den es laut Politik und Verwaltung überhaupt nicht gibt. Ein Thema, das sich zum Bespielen derart aufdrängt, wird liegengelassen als wäre es ein Gleisdreieck im Stadtosten.

Vielleicht fürchtet man sich bei der nächsten Preisverleihung nicht berücksichtigt zu werden, vielleicht ist man zu ideenlos, vielleicht ist man auch selbst zu nah dran an den politischen Protagonisten und ihren Händen und Taschen. Der gemeinsame Aperol Spritz in den gemütlichen Kreativlokalen der Stadt soll schließlich nicht noch bitterer schmecken. Wer weiß das schon.

Kasperlhausen oder doch Regensburg?

Doch immerhin, gerade noch so kurz vor der Kommunalwahl, findet so etwas wie eine künstlerische (eine politische wird es nicht mehr geben) Auseinandersetzung mit Korruption, Wahlkampfspenden, Bauträgerwesen, Freunderlwirtschaft, dem Verramschen öffentlichen Grunds und Wohnungsnot statt. Es werden Zusammenhänge hergestellt. Da ist das kürzlich aufgestellte Ribisl-Plakat „WIR bluten, IHNEN wurde gespendet!“, da ist das „Qualopoly“-Spiel von Klaus Schwarzfischer und Hubert Lankes, in dem man wie die Profis um Regensburg schachern kann. Und da ist auch das neueste Stück von Larifari-Macher Christoph Maltz „Wurstspenden nur gestückelt.“

Der Blick aus dem Hofbräuhaus zum Kasperlhausener Rathaus. Foto: Baumgärtner

Im Gegensatz zu Regensburg war in Kasperlhausen der Stumpfsinn kaltgestellt. Bis jetzt. „Die substantielle Monarchie“ hat mit Kasperl nur einen einzigen Wähler und damit ein ungleich einfaches Wahlsystem. Regiert wird das beschauliche Kasperlhausen von König Joachim. So war es zumindest. Weil der Regent aber seit vier Jahren verschwunden ist, muss eine Ersatzwahl her. Und weil man sich für die Wahldurchführung ausgerechnet Regensburg zum Beispiel nimmt, gibt es nun auch in Kasperlhausen viele Kleinspenden und viele Kandidaten, die um des Königs „(su)spendierte Krone“ buhlen. Und schon sieht sich der Wahlberechtigte Kasperl mit einer lukrativen Spende konfrontiert. Einer Riesenwurst, die er allerdings nur gestückelt genießen darf.

Eine Brücke in die Realität

Da taucht auch wieder der verschollene Joachim auf, der eine „Brücke in die Realität“ schlagen möchte. Der Haken: Mit ihm bewerben sich etliche andere um den Thron. Es gibt nun auch strenge Regeln zur Wahldurchführung: Alle Bewerber müssen von der „Antikorruptionsfee Greta“ auf ihre Eignung überprüft werden. Oh oh.

Cameo-Auftritt der Staatsanwaltschaft (li.). Foto: Baumgärtner

Wo sich Kasperl über die ganzen Thronanwärter und ihre Vorhaben informieren kann? In einem großen Stapel der „Mittelmäßigen Zeitung“ etwa, der in Kasperlhausen ausliegt. „Bis ich damit durch bin, bin ich doch verhungert. Vor allem geistig“, befürchtet der arme Kasperl. Er bedient sich lieber einer „Wurstsalatmaschine“, die seine gestückelten Wurstspenden auf ihre Substanz testet.

Prügelt Maltz auch Maltz-Schwarzfischer?

In der weiteren Handlung schafft es König Joachim, sich auf einem Galgen selber einen Strick zu drehen – obwohl ihn Kasperl warnt: „Aufhängen ist keine Option!“ Ja, der scheidende König mit dem „dicken Hals und keinem Rückgrat“ ist dann „faktisch tot“. Ob das auch eine Strafanzeige nach sich zieht, Herr Rechtsreferent? In Kasperlhausen jedenfalls nicht, dort gibt es ja nicht einmal Gefängnisse. Und ob König Joachim auch wirklich tot ist, soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

Dann schließlich stehen auch die anderen Königskandidaten vor dem Wahlberechtigten Schlange und werden von ihm abgefertigt. Unter ihnen auch „so eine schöne Puppe“, die Gertrud. Ob sich die „feige Sau Christoph Maltz“ traut, auch die Figur seiner Schwester zu „verprügeln“?

Kriegt sie auch eine verpasst? Foto: Baumgärtner

Christoph Maltz gelingt mit „Wurstspenden nur gestückelt“ eine bissige Wahlkampf-Posse mit stellenweise etwas hastiger Handlung, dafür aber einigen starken Pointen. Das Stück des Kasperltheaters Larifari wird noch acht Mal im Rahmen der (Karikatur-)Ausstellung „Vom Kumor in der Hunst“ in den Räumen des Kunst- und Gewerbevereins Regensburg aufgeführt. In der Ausstellung unter anderem auch zu sehen und hören: Die Videobotschaften von Aggrar Niederhof.

Die weiteren Termine: 5., 6., 7., 10., 11., 12., 13. und 14. März, jeweils um 20:30 Uhr.

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Kommentare (11)

  • Mr. T.

    |

    Chapeau für diesen Satz:
    “Ein Thema, das sich zum Bespielen derart aufdrängt, wird liegengelassen als wäre es ein Gleisdreieck im Stadtosten.”

    Ein weiteres Chapeau natürlich auch an Christoph Maltz!

  • Blofeld

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    Das „Qualopoly“-Spiel von Klaus Schwarzfischer und Hubert Lankes macht Macht-süchtig, heute die Ereigniskarte gezogen: “Deine Wohnung wurde unentgeltlich Luxus-renoviert. Lass Dir den geldwerten Vorteil von 100.000 EURO auszahlen”.

  • Rengsburger

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    Wurstspenden nur gestückelt.

    Sehr gut endlich bekommen die Verantwortlichen dieses Saustalls das Fett weg welches sie verdienen.

    Wundern muss sich Wolbergs nicht über diesen Spott. Don Cortupti ist da noch eine harmlose Variante für Politiker die einfach nicht einsehen möchten, dass ihre Zeit für den Rückzug gekommen ist.

    Ich bin mal gespannt wie der noch OB susp. reagieren wird. Ich denke er wird um sich schlagen zumindest mit Worten und alle anzeigen. Inkl Staatsanwaltschaft Polizei und Gericht….

  • Charlotte

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    …. Sonst: gähnende Leere in der hiesigen Kunst- und Kultur- und natürlich auch Kreativszene…

    Richtig Herr Oswald – offensichtlich beschränkt sie sich ausschließlich auf die im Artikel genannten Akteure… wieder einmal…

    Eine breite, mutige und kritische Regensburger Kreativ – Szene gibt es scheinbar nicht… oftmals zählen sich fälschlicherweise die Kneipen mit all seinen Akteuren dazu, Ihnen geht es am Ende meist nur um wirtschaftliche Belange und der Rest ist zu sehr provinziell verstrickt und ängstlich…

    Deshalb ein Hoch auf die Mutigen und Unabhängigen in unserer Stadt!

  • Hangover

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    Ganz köstlich auch der Aggrar Niederhof Beitrag zur “Kumor in der Hunst” Schau im Kunst und Gewerbeverein!

  • Mr. T.

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    Das, was in Regensburg “Kreativszene” genannt wird, ist für eine kritische, satirische und humorvolle Begleitung des Regensburger Tagesgeschehens alles andere als geeignet. Die sitzen im Degginger und brüten unter Einfluss von Maulbeer-infused Biokorn mit Rhabarbersoda den nächsten geilen Marketing-Scoop fürs nächste geile Urban Quarter aus. Richtig kreativ ist hier nur die Subkultur, die oftmals im Halbdunkelfeld rumkasprltheatert, unselige Touristifizierungen ins Licht rückt, Wände bestencilt und die wahre Politik in dunklen Thekenecken mit viel Eichhofener durchdenkt.

  • R.G.

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    @Mr.T.
    Kürzlich wurde wieder gefeiert, wie stark die Kreatvszene sei.

    Seit man Wirte, Freundchen von Politikern und Poiltikerchen, zwischengeparkte Politiker, Vereinsmeier, Verwalter von Veranstaltungsräumen, Moderatoren nach dem Ablesen eines Textes in einem Quartiersradio, Gratiszeitungs-Angestellte, Redakteure mit der Fähigkeit einen Text zu tippen, AssistentInnen u.v.a.m. zu den Schöpferischen zählt – und jedes Jahr eine Berufsgruppe mehr da einordnet, w ä c h s t und w ä c h s t die Szene.
    Der kreative Output ist entsprechend.

  • Monetäre Kriterien

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    M.M.n. passt Augustiner besser zum Artikel.

    Jedenfalls klingt für mich hier heraus, dass die Kreativen (egal ob Subkultur oder Degginger) den Auftrag hätten, sich an einem vorgeschriebenen Thema abzuarbeiten.

    Dem kann ich nullstens folgen. Wo bleibt denn da die Kreativität? Und gilt das für alle Künstler und jedes vom Volk gewünschte Thema?

    Ich halte mich für kreativ, drum werd’ ich mal einen Versuch wagen.

    Nicht mehr nur an jedem Stammtisch, sondern mittlerweile auch schon lang am häuslichen Esstisch, gehört es doch zum guten Ton, sich über die Politik zu beschweren. Fast schon floskelartig, ohne Tiefgang; um beispielsweise ein Gespräch zu starten. Trotz alledem wird sich im Allgemeinen (meiner Beobachtung nach) weiterhin bereitwillig auf die Politik und deren Protagonisten verlassen. Anstatt, und jetzt kommt’s, bessere Wege zu finden, sich zu organisieren, im Sinne von: ein nachhaltig besseres Leben zu führen. Denn wenn das, was die Politik mittlerweile hauptsächlich ausmacht, mehr schadet als nutzt, dann sollte man seine Abhängigkeiten verschieben.

    Z.B. geben die meisten Regensburger OB-Kandidaten die Meinung der Bürger wieder und “fordern” einen günstigeren RVV – das aber schon seit 6 Jahren. Passiert ist nichts.

    Wieso können wir das nicht selbst in die Hand nehmen? Besonders im Umland. Fahrgemeinschaften und mehr. Sollen die im Rathaus und beim RVV doch machen was sie wollen – wenn sie’s geil finden. Wir wollen einfach nur von A nach B und das ist ein Grundbedürfnis, das kann nicht illegal sein. Der Bäcker fährt doch auch durch die Dörfer und “hupt”.
    Ich würde dann schon auch die ein oder andere Tour übernehmen.

  • R.G.

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    @Monetäre Kriterien
    ” im Umland. Fahrgemeinschaften und mehr. Sollen die im Rathaus und beim RVV doch machen was sie wollen – wenn sie’s geil finden. Wir wollen einfach nur von A nach B und das ist ein Grundbedürfnis, das kann nicht illegal sein.”

    Genau darauf kommt es an.
    Z.B. dass alle, Nutzer wie Fahrer einen Beitrag einzahlen, der für eine Versicherung genützt wird, damit den Fahrern bei einem Unfall kein Nachteil erwächst. Und dann los…
    Bis hin zu “Rikschas für Senioren”, oder “Unser Carsharing für die Region Landshut” “Bürgerenergie Essenbach eG” (=Suchworte).

  • Giesinger

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    Zu Monetäre Kriterien:

    Ich wiederhole mich: Die Stadt Pfaffenhofen/Ilm hat meines Wissens bisher als einzige Kommune den Busverkehr seit Jahresende 2018 komplett kostenlos für die Mitfahrenden/Bürger gestaltet. Was hat es gebracht?

  • Giesinger

    |

    Kommentar gelöscht. Bleiben Sie sachlich.

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drin