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Droben von der Kugel

Erhalten Fundamentalisten (erneut) kostenlos Räume an der Uni?

Zwei Jahre lang verweigerte der „Sprecher*innenrat“ der Universität Regensburg einer mit Fundamentalisten kooperierenden Gruppe eigene Räume. Die neu gewählten Sprecher von RCDS und Liberaler Hochschulgruppe haben damit weniger Probleme.

Von Hieronymus Mercator

Seit einigen Jahren gibt es in Regensburg einen lokalen Ableger der Studentenmission in Deutschland (SMD), ein – so heißt es auf deren Internetseite – „deutschlandweites Netzwerk von Christen in Schule, Hochschule und Beruf“. Nun ist über die Stellung dieser Gruppe ein Streit entbrannt. Es geht um deren „Akkreditierung“. Akkreditierung bedeutet, dass eine studentische Gruppierung kostenlos Räume für ihre Zwecke an der Universität nutzen darf. Entschieden wird dies in erster Linie der „studentische Sprecher*innenrat“ (Eigenschreibweise) nach gewissen Richtlinien. Im Streitfall hat die Universitätsverwaltung das letzte Wort.

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Sie waschen ihre Hände in Unschuld

2013 habe man bereits so eine Akkreditierung erhalten, heißt es in einem Schreiben der SMD, das uns vorliegt. Doch 2015 befand der damalige „Sprecher*innenrat“, dass die SMD in ihrem Ermessen gegen die entsprechenden Richtlinien verstoße. Die Akkreditierung und damit die Möglichkeit, kostenlose Räume zu bekommen, wurde widerrufen. Begründung: Eine Akkreditierung sei durch den missionierenden Charakter der Gruppe nicht im Interesse der Uni und Studenten. Religion sei zunächst etwas Persönliches, überdies sei die Gefahr von religiösen Fundamentalismus gegeben.

In einem Briefwechsel zwischen der Studentenmission und Uni-Präsident Professor Udo Hebel beschwert sich der Regensburger Ableger der SMD auf vier Seiten über den Verlust ihrer Akkreditierung. Sie würden ja nicht nur missionieren. Der Vorwurf des Fundamentalismus entspräche nicht der Realität. Doch stimmt das?

Niemand hat die Absicht zu manipulieren

Ein Blick auf ihre Website der SMD zeigt zunächst nichts auffälliges. Ein paar christliche Menschen, die sich treffen, um „Glauben und Leben miteinander zu teilen“ und „Christsein erleben“ zu können. Es wird sogar extra betont: „Uns ist wichtig niemandem unsere Sichtweise aufzuzwingen und niemanden zu manipulieren.“ Das ist zwar nicht jedermanns Fall, aber durchaus nichts schlimmes, oder? Aufmerksam wird man aber doch, wenn so etwas explizit erwähnt werden muss. Da lohnt sich ein genauerer Blick.

Zapfhahn-Theologie und Legionäre Christi

Eine Veranstaltungen der Studentenmission ist beispielsweise ein Vortrag in Kooperation mit der Gruppierung „Theologie vom Faß“. Sponsoren: Regnum Christi und die fundamentalistischen Legionäre Christi. Der Begründer der Legionäre Marcial Maciel missbrauchte mehrere Kinder und Jugendliche sexuell und kam ohne Strafprozess davon. Aufgrund der Tätigkeiten der Legionäre (Ausbilden von Exorzisten, Nähe zum faschistischen Franco-Regime in Spanien, Fanatismus von Mitgliedern) zeigte sich 2011 selbst das Bistum Passau kritisch. So zitierte die WELT die Diözese: „Wenn die anfangen sollten zu missionieren, dann wird es problematisch.“ Das Bistum Regensburg hingegen sieht übrigens kein Problem mit den Legionären und preist sie auch noch auf ihrer Internetseite an.

2014 kritisierte die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), dass die Studentenmission Deutschland bei den Jenaer Hochschultagen im Verbund mit zwei weiteren Organisationen „Werbung für den Kreationismus“ gemacht habe. „Dass ein solcher Anspruch philosophisch und theologisch unhaltbar ist, braucht hier nicht näher begründet zu werden“, schreibt die EZW. „Dass er für die Kommunikation zwischen Kirche und Gesellschaft problematische Folgen hat, müssen sich die Beteiligten klarmachen – ganz besonders Studentengruppen an Hochschulen.“

Dass Gruppierungen wie die (Regensburger) Studentenmission mit verrufenen Gruppierungen zusammenarbeiten, die sogar ernsthaft gläubigen Menschen die Haare zu Berge stehen lassen, dass sie Podien für Pseudowissenschaften wie den Kreationismus bieten, ist zunächst einmal deren Sache. Ob die Universität solchen Gruppen Räume zur Verfügung stellt, allerdings nicht. Die Universität sollte ein Ort sein, der frei von religiösen Fanatismus jeglicher Art ist und stattdessen einen pluralistischen, wissenschaftlichen Meinungsaustausch ermöglichen. Offene Missionierungstätigkeit, Kooperation mit Vereinigungen wie den Legionären Christi und Verbreitung von Pseudowissenschaft stehen dazu im Widerspruch – sollte man meinen.

LHG und RCDS sehen wohl keine Probleme

Der „studentischen Sprecher*innenrat“ aus RCDS und LHG scheint damit allerdings kein Problem zu haben. Er stellt der Studentenmission nun problemlos Räume zur Verfügung. „Sie öffnen somit allen missionierenden Gruppen den Weg an die Uni“, wirft die Juso-Hochschulgruppe ihnen deshalb vor. Laut Art. 136 Abs. 1 BV seien an Schulen die „religiösen Empfindungen aller zu achten“, was sich ebenso analog auf Hochschulen anwenden ließe, heißt es in dem Antrag der Jusos, über den der studentische Konvent am 11. Januar entscheiden soll. Die Forderung: keine Unterstützung für religiöse Eiferer und Missionare.

Aber vielleicht ist das ja ein neuer pragmatischer Streich der endlich wieder politisch geworden konservativen Studenten, die RCDS-Zögling und ehemalige Staatsministerin Ursula Männle laut einem Artikel der Mittelbayerischen Zeitung so bewundernswert findet. Quasi ein fundamentalistisches Gegengewicht gegen die linke Protestbewegung, oder, um es mit Dobrindt zu sagen, eine konservative Revolution.

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Kommentare (7)

  • joey

    |

    Zu meiner Zeit hat das Ingenieurstudium die ganze Woche gefüllt. Ich brauchte keine Legionäre und auch keine Jusos, schon gar keinen RDCS. (Uso und RDCS gab es damals schon, Religion nicht). Die Studentenvertretung war außerdem sowieso überflüssig.

    Anfällig für Missionierung sind nur Leute, die selber keinen Glauben haben. Spätestens beim Tod einen geliebten Menschen stellen sich eben die Fragen, die Wissenschaft nicht beantworten kann. Die sammeln sich den Kreationismus, Esoterik, german Heidentum, Islamismus etc. dann auch anderswo auf.

    Verbote nützen ebenso wenig wie Zensur. Geheimbünde sind eben attraktiv, besonders wenn man den mainstream damit ärgern kann. Jugend ist ja gern provokativ. Eine Zentralstelle für Weltanschauungsfragen ist per se schon Blödsinn – typisch Kirchenhierarchie, hier eben evanglisch.

    Es ist aber schade ums Geld. Hochschulen sind zum Studieren da. Vielleicht ist noch eine Theatergruppe drin, aber Politik und Religion soll sich anderswo finanzieren lassen.

    OK, die Theologiestudenten gibt’s ja noch. Wo ist die nächste Moschee? Was wird da so gepredigt (Allah möge die Juden strafen…?) Gibt es in R christliche Sekten, die Studentenheime betreiben?

  • don

    |

    Offensichtlich, scheinen dir da ein paar Schlüsselstellen im Text nicht ganz aufgegangen zu sein. RCDS und LHG setzen sich für ein einer religiösen Vereinigung ein und stellen ihr Räume zur Verfügung. Jusos und die berühmt berüchtigte BL haben sich lange gegen eine solche Vereinnahmung des universitären Raums eingesetzt. Es wäre zudem Ratsam sich intensiver mit den hochschulpolitischen Prozessen auseinanderzusetzen, bevor der Hochschulpolitik grundsätzlich jede Sinnhaftigkeit abgesprochen wird. Zwar sieht es Tatsächlich in Bayern recht mau aus mit der studentischen Mitbestimmung, seit die Verfasste Studierendenschaft abgeschafft wurde, dass der RCDS im Gegensatz zu allen anderen politischen Hochschulgruppen es versäumt hat sich ein klares Bekenntnis für die Studierendenschaft abzuringen kann allerdings nur als ein Mitwirken an der eigenen Delegitimation verstanden werden.
    Warum dein Kommentar mit einer pauschalen frage nach Antisemitischen Moselms in Regensburg endet erschließt sich mir nicht wirklich, passt aber zu dem Rest deiner dürftig strukturierten Gedanken.

  • joey

    |

    @don
    ich sage hier nochmals kurz für Sie: ich bin auch dagegen, daß der RCDS Räume der Hochschule hat.
    Politisches Interesse ist richtig, aber Parteien und deren Jugendabteilungen sollten sich nicht über Hochschulgelder/räume finanzieren. Dann gilt das logisch und rechtlich einwandfrei auch für Religionen jedweder Art.

    Ich höre genügend frauen-, schwulen-, judenfeindliches und sonst radikales Zeug von Leuten (mit denen ich am Bau Kontakt haben muß,), so daß mein Blick über diese Legionäre hinausgeht. Ich schließe christlich orthodoxe Prediger hier ausdrücklich mit ein.

  • Peter

    |

    @joey: Politische Hochschulgruppen finanzieren sich weder über die Universität noch kriegen sie von dieser Räume kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die Räume wurden von der offiziellen Studierendenvertretung, die vom RCDS und der LHG gestellt wird, zur Verfügung gestellt. Ein bemerkenswerter Unterschied.

  • Mathilde Vietze

    |

    Ich kenne zwar diese Gruppierung nicht, aber es ist unschwer zu erkennen,
    daß es sich um einen Ableger von “Christen im Beruf” handelt. Und das ist
    ein Sammelsurium von Evangelikalen und sonstigem Fundamentalisten-
    Groppzeug. Und diese Leute sind äußerst militant; natürlich sind sie
    auch missionarisch und das auf eine ziemlich üble Weise. Als gläubige
    Katholikin, die ihren gesunden Hausverstand nicht an der Sakristei einer
    bestimmten Pfarrgemeinde abgegeben hat, empfehle ich allen, denen ihr
    Glauben und ihre Weltanschauung etwas wert sind, zu diesen Leuten auf
    Distanz zu gehen.

  • hf

    |

    prinzipiell wäre es wünschenswert, wenn alle politisch-religiösen (dazu zähle ich auch atheisten!) gruppen grundsätzlich “raum” finden. fundamentalismus ist ja an sich nicht schlecht, fragt mal bei den grünen… je mehr unterschiedliche sichtweisen konkurrieren, umso tiefer und weiter kann die viel gerühmte “persönlichkeitsbildung” überhaupt greifen – sofern die höheren berufsschüler das überhaupt wahrnehmen. 90 prozent gehen ja nicht mal wählen…

    so lange keine konkreten straftaten begangen werden, zählt auch nicht der verweis, dass in den jeweiligen erwachsenenorganisationen einzelne menschen straftäter sind – da könnte man so manchen sozialisten von allem ausschießen. ich erinnere an die affäre oswald, der pauschal als gewalttäter verunglimpft wurde; das ist dieselbe logik, nur aus der ecke gegenüber.

    den jusos würde ich hier mal raten, sich auf ein paar smoothies mit den leuten zusammenzusetzen, anstatt sie zu dämonisieren (schon wieder so ein religiös besetzter begriff).

  • Mathilde Vietze

    |

    Zu “hf” Ich glaube, hier muß schon etwas gerade gerückt
    werden: Ein Fundamentalist ist k e i n Wertkonservativer,
    sondern ein Reaktonär, also einer, der das Rad zurückdrehen
    will und mit dem jede Debatte sinnlos ist. Warum also sollten
    sich die Jungsozialisten mit dieser Spezies zusammensetzen?

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drin