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"Kurt Eisner auf den Domplatz"

Freigeister wollen König Ludwig verhüllen

In Berlin war es der Reichstag, in Regensburg soll es nur ein König sein: Am 5. Dezember wird der Bund für Geistesfreiheit das Denkmal von König Ludwig I. am Domplatz feierlich verhüllen. Der König soll weg und Kurt Eisner hin, lautet die Forderung.

2010: Der König zeigt sich von den bfg-Protesten  anlässlich seines Umzugs unbeeindruckt. Foto: Archiv/ Herbert Baumgärtner

2010: Der König zeigt sich von den bfg-Protesten anlässlich seines Umzugs unbeeindruckt. Foto: Archiv/ Herbert Baumgärtner

„Sehet an das von Gott gezeichnete Scheusal, den König Ludwig von Baiern, den Gotteslästerer, der redliche Männer vor seinem Bilde niederzuknien zwingt, und die, welche die Wahrheit bezeugen, durch meineidige Richter zum Kerker verurteilen läßt; das Schwein, das sich in allen Lasterpfützen von Italien wälzte, den Wolf, der sich für seinen Baals-Hofstaat für immer jährlich fünf Millionen durch meineidige Landstände verwilligen läßt, und fragt dann: ‚Ist das eine Obrigkeit von Gott zum Segen verordnet?’”

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Die Monarchie hat immer noch ihre Fans

Nein – der Schriftsteller Georg Büchner hat ihn nicht gemocht, König Ludwig I., als er 1834 diese Zeilen schrieb. Aber gegen Monarchenverehrung ist eben kein Kraut gewachsen. Sie reicht nicht nur bis ins 20 Jahrhundert – 1902 errichtete die Stadt Regensburg dem Kini ein Denkmal. Nein, auch noch im 21. Jahrhundert fand sich ein rühriges Konglomerat aus Klerikalen, Königstreuen und Adabeis, um Regensburg auf den kulturellen Stand von 1902 zurückzubomben.

Erste Fälle von Majestätsbeleidigung sind schon bekannt geworden. Postkarte: Kultureverrat

Erste Fälle von Majestätsbeleidigung sind schon bekannt geworden. Postkarte: Kultureverrat

2010 sorgte ein zumindest damals rühriger Verein (mit besten Kontakten zu Kirche, Bier und Kulturreferat) dafür, dass das Reiterstandbild saniert und unter Pomp und Gebet, Bratwurst und Bier zurück auf den Domplatz transferiert wurde. Von dort hatten ihn die Nazis 1936 entfernt und im Alleengürtel geparkt – nicht aus Gegnerschaft, Hoheit stand der Straßenbahn im Weg. Die Statue sei damals sehr sorgfältig ab- und wieder aufgebaut worden, wusste Kulturreferent Klemens Unger „zur Ehrenrettung“ zu berichten.

Doch bereits 2010 gab es mit dem Bund für Geistesfreiheit ein kleines Häuflein, das sich nicht an dem Bier-Bratwurst-Event beteiligte und lautstark „Denkmäler für Demokraten statt Monarchen“ forderte. Freilich ohne nennenswerten Erfolg.

Doch das ficht die Freigeister nicht an. Am kommenden Samstag wollen sie das König-Ludwig-Denkmal verhüllen und für fünf Tage den Blicken der Öffentlichkeit entziehen. Anlässlich des „Tages der Menschenrechte“, am 10. Dezember, soll das Denkmal dann wieder feierlich enthüllt werden.

“Gedenkstätte für Kurt Eisner”

Erwin Schmid, Vorsitzender des bfg Regensburg und Bayern möchte das Königsstandbild langfristig entfernt sehen: „Wir fordern, dass in Regensburg – als erster bayerischer Hauptstadt – zentral gegenüber dem Dom statt des Königsdenkmals eine Gedenkstätte für Kurt Eisner eingerichtet wird.“ Der Journalist und Schriftsteller war erster demokratischer Ministerpräsident Bayerns und hatte sich noch zu Kaiserszeiten kritisch gegenüber der Monarchie ausgesprochen.

So in etwa soll die Aktion vonstatten gehen... GIF: Jakob Friedl

So in etwa soll die Aktion vonstatten gehen… GIF: Jakob Friedl

Als verhüllenden Künstler hat sich der bfg übrigens Jakob Friedl (Europabrunnendeckel, Betonkepf, Art Buzzl…) ins Boot geholt. „Es ist Aufgabe von Kunst, Aufklärung statt Verklärung zu betreiben und den Fort- statt Rückschritt zu ehren“, sagt er.

Eine größere Feier, mit Lesung, Vorträgen und Musik – vermutlich ähnlich spektakulär wie 2010 – wird es allerdings erst zur Enthüllung am 10. Dezember geben. Der Tag der Menschenrechte ist für den bfg nämlich seit drei Jahren auch offizieller Feiertag.

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Kommentare (14)

  • joey

    |

    Ludwig sehe ich als positive Gestalt Bayerns. Gerade in Regensburg gäbe es ohne ihn einen verkommenen Dom ohne Türme mit ziemlich schwachen Barockeinbauten, keine Walhalla, in Bayern keine Lederhosen und Dirndl,… die Könige haben Bayern und Regensburg das gegeben, was es heute touristisch attraktiv macht.
    Daneben hat er viele Hochschulen und Museen gebaut, Kunst, Technik und Wissenschaften sehr aktiv gefördert.
    Kriegerisch ist er nicht in Aktion getreten, er hatte von der Napoleonzeit noch genug Erfahrung.

    Kurt Eisner kann man auch noch irgendwo ein Denkmal setzen, am besten der SPD gleich mit. Denn der Ruhm der Vergangenheit kontrastiert den heutigen Zustand. Baut noch schnell ein Denkmal für eine Partei, die (nicht ohne Grund) Wahllokale in Seniorenheimen einrichten wollte.

  • Tobias

    |

    Man kann es auch übertreiben. Dieses Umbennen von Schulen, Parks und dergleichen ist albern und keinesfalls so “fortschrittlich” wie es viele meinen. Hier wird beschmiert, dort abgeknickt und jenes Denkmal verschantelt. Was stimmt denn mit diesen Spinnern nicht? Ich dachte wir haben nur 2,5% Arbeitslosigkeit (lt. statistik.regensburg.de / 2014). Haben diese 2,5% so viel Zeit?

  • Mathilde Vietze

    |

    Zu Tobias: Wenn jemand ein bekennender Nazi war, dann ist es nicht
    nur sinnvoll, sondern ein Gebot der Stunde, eine Straße, eine Schule
    oder dergleichen umzubenennen.

  • Lothgaßler

    |

    Warum wir dieses Reiterstandbild brauchen weiß nur der Unger. Damals musste man dem Kini wohl noch lobhudelnd ein Standbild widmen, heute brauchen wir so was nimmer! Wenn der Friedl das Ding verpacken soll, dann gibts mit Sicherheit “Ärger”. Friedl, bitte verpack nur den Kini und lass den Gaul so wie er ist. Mach aus dem Kini an Winnetou, den kennen wenigstens so gut wie alle.

  • Bund für Birdy

    |

    Ich möchte den Nibelungenadler wieder haben.

  • Radlertölpel

    |

    Bitte friss diesen Kommemntar ohne Rechtschreibfehler:

    Hier das Programm:
    http://europabrunnendeckel.de/download/ludwigwEISNERkl.pdf

    Samstag 5.12. von 13:30-16:30 Uhr
    Gemeinsame Verhüllung des „König“-Ludwig-Reiterstandbildes am Domplatz:
    Bringt Stoffe, Bettlaken und weiteres Material mit, führt gemeinsam Regie

    Donnerstag 10.12.: Tag der Menschenrechte zu Ehren von Kurt Eisner
    Enthülllung des „König“-Ludwig-Reiterstandbildes am Domplatz
    Projektionen & Einstimmung 17:00 Uhr: Video des Stadtmarketings für „Skopje 2014“
    Parallel dazu die rotierende Dekonstruktion des Obrigkeitsstaats von Jakob Friedl
    Nehmen Sie Platz auf den Waldkulturwerbebänken!
    17:30 Uhr: Daniel Rimsl liest aus seinen Schriften zur Denkmalpolitik: Der Politiker!
    18:30 Uhr: Jurierung des passensten Lastenrades, das den länglichen Denkmalsockel in eine zeitgemäße Form überführen könnte als Alternative zum Konig Ludwig Reiterstandbild.
    19 Uhr: Würdigung von Kurt Eisner durch den BfG:
    1. demokratischer Ministerpräsident Bayerns, Revolutionär, Pazifist, Laizist, Freigeist, Sozialist, Humanist, Journalist, Bildungspolitiker, Verteidiger der Pressefreiheit und entschiedener Gegner des Obrigkeitsstaates jeglicher Couleur …
    19:15 Uhr Enthüllung des Reiterstandbildes / Wiederherstellen von ?Normalität?
    Große Enttäuschung und heitere Gespräche, Aushecken neuer aufklärerischer Pläne.
    Eine weltanschauliche Aktion des Bundes für Geistesfreiheit bfg – Regensburg mit künstlerischer
    Unterstützung durch den Förderverein für unter-und überirdische UrbanismusForschung/ Fvfu-uüiUF.e.V Kontakte: info@bfg-regensburg.de & buzzl@europabrunnendeckel.de

  • adlersberger

    |

    Eher wird der Dom St. Peter und “Gerhard Ludwig Müller-Gedächtniskirche” umbenannt, als dass gegenüber dem Dom diese Statuette verschwindet. Nie und nimmer wird man dies zulassen, noch nicht mal der neue OB. Dauerte bereits in der Engert-Sache eine halbe Ewigkeit.

  • Basrian

    |

    Hallo adlersberger! Das muss heißen “gegenüber des Doms”, weil der Dativ immer noch dem Genitv sein Feind sein tut.

  • Radlertölpel

    |

    Zur Einstimmung ein Staatsmarketing_Video für Skopje 2014, über das unsere bereits von der Art BuZZ`l bekannte Kunstfigur Prof. Dr. Mane Schneckenburger (1998: “Eine Linie von den russischen Konstruktivisten über Joseph Beuys bis nach Burgweinting…”siehe Regensburg Plant und Baut 1) referieren und es mit einer Fotostrecke von den Bauarbeiten illustrieren wird… Parallel dazu rotiert als Projektionsobjekt am Do, den 10.12 ein zerlegbares Plexiglasmodell des König Ludwigsockels, das im dekonstruierten Zustand aussieht wie das Mahnmal für Kurt Eisner in München.

    Wir sehen uns bei der Verhüllung
    am Samstag den 5.12.um spätestens 13:30.

    Bringt Bettlaken und Decken mit, die frei von Weichspülerresten sind.

    https://youtu.be/iybmt-iLysU

  • Mathilde Vietze

    |

    Also mir ist nicht bekannt, daß König Ludwig ein besonders frommer
    und kirchentreuer Herrscher gewesen wäre. Von ihm wird folgendes
    erzählt: Als der Bischof ihn ermahnte wegen seines “g’schlamperten
    Verhältnisses” hat er zu ihm gesagt “Exzellenz, behalten Sie Ihre
    Stola und ich meine Lola.
    Nach übertriebener Unterwürfigkeit sieht das nicht aus.

  • menschenskind

    |

    König Ludwig I. brachte Schande über Bayern. Als seine lächerliche Affäre bekannt wurde, lachte ganz Europa über “that funny little king from Bavaria”. Wer sich die Karikaturen der britischen, französischen und italienischen Presse jener Jahre anschaut, bekommt einen Eindruck davon, wie uns der depperte Ludwig neigritten hod, in d’ Schand’.

    Im Ernst Leutl, seine Frau, Therese Charlotte Luise Friederike Amalie von Sachsen-Hildburghausen, die hätte ein Denkmal, verdient, aba ned er, da boarische Aff, der elendige, der gselchte!
    Sie hat sich selbstlos um die zahlreichen Cholera-Kranken Münchens (9000 Tote!) ihrer Zeit gekümmert, steckte sich an, starb früh. Während der Herr Gemahl durch München stolzierte und auf Frauenfang ausging (siehe die Abschussliste = Schönheitengalerie zu Schloß Nymphenburg).

    Der Eisner, der erste bayerische Ministerpräsident, ein Pazifist, der die Gewalt hasste, der so liberal war, dass er sogar das Konterfei vom König in seinem Büro nicht abgehangen hat, der verdient wirklich ein Denkmal. Seine Herrschaft war unblutig und er achtete auch seine Gegner, was man von seinen Nachfolgern, ob Linke oder Rechte, vor allem Rechte, nicht sagen konnte. Außerdem verdanken wir dem Eisner, das Ende von dem saublöden Königreich Bayern, von dem sich die Bürger innerlich bereits zu Zeiten von Ludwig dem II. entfernt hatten.
    Ehre, wem Ehre gebührt, Schande, wem Schande…

    PS: Eine Schande ist, dass es bis heute keine gscheide Eisner-Biografie gibt. Die CSU-Historiker trauen sich nicht ran, an den Juden, sie wollen sich die Finger nicht verbrennen, ihre fetttriefenden Wurstfinger.
    Und ein freier Historiker oder Publizist hat es auch noch nicht gewagt.
    Dabei gäbe es eine Menge noch zu enthüllen und zu entdecken.
    Viele Fragen um Eisner harren der endgültigen Beantwortung.

  • Wick III

    |

    Gibt’s sonst keine Probs?

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