Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
„Endlich einmal kein 'Weiter so'"

Neuer Rechtsreferent: Stadträte entscheiden sich für den Externen

Dr. Walter Boeckh heißt der neue Rechtsreferent der Stadt Regensburg. Der Vorsitzende Richter am Landgericht konnte sich im zweiten Wahlgang mit 27 Stimmen durchsetzen. Die Koalition hatte sich im Vorfeld offenbar auf keinen gemeinsamen Kandidaten verständigt. Die Wahl eines Externen wird von manchen als kleines Signal gedeutet.

Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer gratuliert Walter Boeckh zur Wahl. Foto: Peter Ferstl/ Stadt Regensburg

Vier Jahre ist es her, seit der Regensburger Stadtrat tatsächlich eine Wahl hatte bei der Besetzung eines Referentenpostens. Damals waren es die beiden neu geschaffenen Referate für Sport, Bildung und Freizeit einerseits und für Personal und Verwaltung andererseits, die es zu besetzen galt und am Ende setzen sich mit Dr. Hermann Hage und Karl Eckert zwei langjährige Mitarbeiter der Regensburger Stadtverwaltung bei der Wahl gegen externe Bewerber durch. Insofern ist es durchaus eine kleine Überraschung, dass die Stadträtinnen und Stadträte bei der Neuwahl des städtischen Rechtsreferenten am vergangenen Donnerstag nach zwei Wahlgängen nun einem Bewerber von außen den Vorzug gaben.

WERBUNG

Gesucht: Der Nachfolger für einen alten Hasen

Gesucht wurde der Nachfolger von Dr. Wolfgang Schörnig, 37 Jahre in den Diensten der Stadt Regensburg, 33 davon in führenden Positionen. 2009 wurde Schörnig zum Rechts- und Umweltreferenten gewählt, ein Ressort, das mit der Regierungsübernahme der bunten Koalition 2014 und dem damals eigens geschaffenem Umweltressort unter Bürgermeister Jürgen Huber zum Rechts- und Regionalreferat umgestaltet wurde. Kein “heuriger Hase” im Verwaltungsgeschäft also. Um die Nachfolge des einflussreichen Beamten bewarben sich am Donnerstag fünf Kandidaten – darunter auch Rudolf Gruber, langjähriger Leiter des Rechts- und Umweltamtes, das 2014 geteilt wurde, so dass Gruber zuletzt „nur“ Leiter des Umweltamtes war.

Innerhalb der Koalition hatte man sich vorab offenbar auf keinen Bewerber einigen können – obwohl einer von ihnen, Dr. Walter Boeckh, als Favorit der Freien Wähler galt. Bürgermeister Jürgen Huber favorisierte dagegen seinen Amtsleiter Gruber.

Im ersten Wahlgang konnte denn auch trotz Koalitionsmehrheit keiner von beiden die notwendige absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen. Von 48 abgegebenen Stimmen (Joachim Graf, ÖDP, und Michael Staab, SPD, fehlten bei der Sitzung.) entfielen 18 auf Gruber und 21 auf Boeckh, bislang Vorsitzender Richter am Landgericht Regensburg, die übrigen drei Bewerber erhielten insgesamt neun Stimmen. Im zweiten Wahlgang setze sich dann Boeckh mit 27 Stimmen durch, Gruber erhielt 20 Stimmen, ein Stimmzettel wurde leer abgegeben. Der 52jährige wird sein Amt ab Januar 2019 antreten.

“Die erste echte Wahl seit Ewigkeiten…”

Einige Stadträte innerhalb der Koalition sehen Boeckhs Wahl durchaus als Signal. „Endlich einmal kein ‘Weiter so’ mit den immergleichen Leuten, sondern frischer Wind von außen“, kommentiert ein Koalitionsmitglied das Ergebnis. „Es war seit Ewigkeiten die erste echte Wahl bei der Besetzung eines Referentenpostens“, sagt ein anderes.

Eigentlich sind Referenten berufsmäßige Stadträte auf Zeit, die sich alle sechs Jahre zur Wahl stellen müssen. Tatsächlich praktiziert wird diese Möglichkeit vom Regensburger Stadtrat allerdings nicht. In Regensburg haben Referentenposten bislang den Charakter von Erbhöfen, sicheren Beamtenposten auf Lebenszeit, deren Inhaber sich auch keiner öffentlichen Diskussion ihrer Leistungsbilanz stellen müssen.

Referentenposten waren bislang sichere Erbhöfe

Das zeigte etwa die Wiederwahl von Klemens Unger als Kulturreferent im Jahr 2010, wo zwar die Opposition mit Hermann Hage einen Gegenkandidaten organisieren konnte, die Koalition aber Ungers Wiederwahl am Ende damit absicherte, dass man den frisch operierten Stadtrat Thomas Burger quasi vom Krankenbett in den Stadtrat holte, um nach einer anfänglichen Patt-Situation doch noch die Mehrheit zu garantieren.

Streit hatte es zuletzt 2017 auch um die Wiederwahl von Finanz- und Wirtschaftsreferent Dieter Daminger sowie Planungsreferentin Christine Schimpfermann gegeben. Beide sind nicht unumstritten, aus der Opposition gab es geschlossen die Forderung, beide Stellen auszuschreiben, um eine echte Wahl zu gewährleisten. Doch die Koalition lehnte dies ab, so dass die Stadträte am Ende lediglich die Möglichkeit hatten, entweder für die beiden Kandidaten oder mit „Nein“ zu stimmen. Daminger wurde knapp, Schimpfermann mit einem einigermaßen sicheren Ergebnis wiedergewählt. Während Daminger sein Amt nur noch bis Ende 2019 ausüben wird, bleibt Schimpfermann die vollen sechs Jahre im Amt. Man brauche Kontiunität, hieß es dazu von der Bürgermeisterin als Begründung im Stadtrat…

Print Friendly, PDF & Email

SUPPORT

Ist dir unabhängiger Journalismus etwas wert?

Dann unterstütze unsere Arbeit!
Einmalig oder mit einer regelmäßigen Spende!

Per PayPal:
Per Überweisung oder Dauerauftrag:

 

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14 7509 0000 0000 0633 63
BIC: GENODEF1R01

Kommentare (11)

  • xy

    |

    Hat da jemand vergessen, vor der Wahl Stellungnahmen der Regensburger Kollegen- und Anwaltschaft zu Dr. Boeckh einzuholen?

  • Norbert Steiner

    |

    Ja, stimmt. Der Vater war VRLG.
    Endlich ist dr. Schörnig im Ruhestand. War er ein Beteiligter iS Schaidinger, dem er die eherne Treue hielt, und was wußte er aus dieser causa? Weshalb hörte mann nichts von Schörnig oder vertrauten andere seinem Wissen????
    Ein guter Zeitgenosse war er nicht.

  • highwayfloh

    |

    Meine Gedanken zur Thematik:

    Es erinnert mich an diverse Politiker/innen, die nach dem Ausscheiden aus dem Amt dann auf einmal die Seiten gewechselt haben und jetzt als Lobbyisten / Lobbyistinnen in einem Bereich tätig sind / waren, welcher mit ihrem vorherigem Einsatzgebiet einhergeht / ging.

    Es steht natürlich jedem frei, sich nach Berufsende einen Zusatzverdienstposten zu suchen, doch bei Richtern etc. hat es schon auch etwas von einem “Gschmäckle”, wie die Schwaben sagen würden, finanziell nötig hätten die es nicht. Es wäre interessant zu wissen, wie die genaue Laufbahn von Richter Boeckh ausgesehen hat und mit welchen Sachverhalten er als Richter zu tun hatte. Trotz Recherche konnte ich keine wirkliche zusammenhängende Vita diesbezüglich finden.

  • Musonius

    |

    Immerhin hat Dr. Boeckh bei der Stadtratswahl 2014 bei den Freien Wählern auf Listenplatz 11 kandidiert. Dass er damit Favorit der Freien Wähler war, ist evident. Möglicherweise gibt’s da in der bunten Koalition eine Verständigung über die Personalie Rechts- und Regionalreferent, darauf hat auch schon die causa Dr. Schießl hingedeutet.

    https://www.wochenblatt.de/news-stream/regensburg/artikel/103310/ob-kandidatur-in-regensburg-ludwig-artinger-steigt-fuer-die-freien-waehler-in-den-ring

  • Klartext

    |

    @highwayfloh:

    Weder steht Herr Dr. Boeckh vor seinem „Berufsende“ noch handelt es sich bei dem Referentenposten um einen „Zusatzverdienstposten“.

    Im Übrigen wird das Richterverhältnis auf Lebenszeit, in dem sich Herr Dr. Boeckh derzeit befindet, mit Ablauf des 31.12.2018 enden (ohne Versorgungsanspruch!). Dr. Boeckh wird mit Wirkung vom 1.1.2019 in ein kommunales Wahlbeamtenverhältnis auf Zeit bei der Stadt Regensburg berufen, das auch nur geringfügig besser bezahlt ist als das derzeitige Richterverhältnis. Als städt. Referent wird er (in der ersten Amtszeit) Bezüge aus der Besoldungsgruppe B3 erhalten, derzeit bekommt Boeckh Bezüge aus der Besoldungsgruppe R2. Wir sprechen von einem monatlichen Gehaltsunterschied von derzeit 707,54 EUR (brutto). Ich kann da nichts mit „Geschmäckle“ erkennen. Und selbstverständlich muss es auch einem Richter gestattet sein, sich beruflich zu verändern.

  • xy

    |

    Wie kann man einen Mann ohne jegliche Verwaltungserfahrung zum Rechtsreferenten einer maßgeblichen Großstadt machen?

  • Barnie Geröllheimer

    |

    Ganz einfach so, wie es bei vielen zu vergebenden Posten im höheren ÖD ist: Parteibuch geht vor.

  • xy

    |

    In der MZ hieß es zum Lebenslauf:
    “Dr. Walter Boeckh wurde 1966 in Regensburg geboren. Nach dem Abschluss seines Jurastudiums und dem Referendariat am Landgericht Regensburg trat er 1994 als Richter auf Probe am Amtsgericht Freising in den Justizdienst ein. Es folgten vier Jahre als Staatsanwalt in Landshut, bevor er im Jahr 2000 am Amtsgericht Erding zum Richter auf Lebenszeit berufen wurde. Im Oktober 2007 wurde Dr. Boeckh zum Richter am Oberlandesgericht München ernannt. Im Juli 2011 erfolgte seine Versetzung als Vorsitzender Richter ans Landgericht Regensburg, wo er seitdem als Vorsitzender verschiedener Kammern tätig war. Zu den Rechtsgebieten, die er in seinen unterschiedlichen Stationen bearbeitet hat, zählen unter anderem Ordnungswidrigkeitssachen, Jugend- und Jugendschutzsachen, Verkehrsstrafsachen, Wirtschaftsstrafsachen, Betreuungssachen und Handelssachen. Als Vorsitzender der ersten Zivilkammer am Landgericht Regensburg ist Dr. Boeckh aktuell für zivilrechtliche Bausachen, Kapitalanlagesachen und Baulandsachen zuständig.”
    Also wirklich keinerlei Verwaltungserfahrung! Ich fasse es nicht! Wenn man da mal nicht den Boeckh zum Gärtner gemacht hat…

  • hutzelwutzel

    |

    Bravo! Ich liebe es, dass die Kontinuität der nachnapoleonischen Zeit in Bayern und nun auch direkt in Regensburg gewahrt bleibt.

    Beinahe dachte ich Angst haben zu müssen, Regensburg nicht mehr besuchen zu dürfen.

  • Lothgaßler

    |

    @xy:
    Der Lebenslauf liest sich doch gut:…Wirtschaftsstrafsachen … zivilrechtliche Bausachen, Kapitalanlagesachen und Baulandsachen…
    Perfekt geeignet, um sich entweder ins System einzufügen, oder das System auszumisten. Jetzt müssen wir ihm ohnehin die Chance geben zu zeigen was er kann, denn “abwählen” können wir ihn nicht. Also werden wir ihn beobachten, was unter seiner Zeit hochkommt bzw. anders wird, bzw. ob überhaupt etwas vernehmbar anders wird. Vernehmen wir als Bürger nichts, dann ist das kein gutes Zeichen.

  • Tom

    |

    Extern besetzt…..

    Das ist doch nicht euer Ernst? Es ist wirklich kein Sohn/Tochter, kein Schwiegersohn/töchterchen, kein Neffe/Nichte usw. mehr da, um Ihnen ein lukrative Stelle zu zuschustern.

    Da sieht man wohin man durch die komische Vollbeschäftigung hingetrieben wird. Soweit, dass man in Regensburg tatsächlich die lukrativen Pöstchen extern besetzen muss! Soweit sind wir schon gekommen!

Kommentare sind deaktiviert

drin