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Flashmob gegen Kameraüberwachung

Unter Beobachtung

Elf neue Überwachungskameras nahm die Polizei Ende Dezember im Bereich des Bahnhofs und des Ernst-Reuter-Platzes in Betrieb. Die Polizei erhofft sich mehr (gefühlte) Sicherheit. Das überparteiliche Regensburger Bündnis “Guardians of the Grundgesetz“ sieht hingegen eine Gefahr für die individuelle Freiheit und organisierte Samstagvormittag eine spontane Aktion am Bahnhofsvorplatz.

“Persönlichkeitsrechte sind unverhandelbar – keine Erweiterung der Überwachungsanlage am Regensburger Hauptbahnhof!” Foto: privat

Samstag, 10 Uhr in Regensburg. Am Bahnhof herrscht reges Treiben. Manche ziehen ihre Reisekoffer mit lautem Klappern über das Kopfsteinpflaster. Andere schlendern entspannt Richtung Altstadt. Drei Polizisten überblicken die Szenerie, während sie sich miteinander unterhalten. Wenige Schritte weiter entzündet eine Frau soeben ihre Zigarette. Es ist auf den ersten Blick ein regelkonformer Ablauf. Doch dann stört etwas das gewohnte Bild.

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Ein menschlicher Körper, auf dem statt des Kopfes eine überdimensionale Papierkamera montiert ist, steht mitten auf dem Regensburger Bahnhofsvorplatz. Ein zweiter gesellt sich dazu. Weitere Menschen mit Schildern treten heran, die wie Wegweiser geformt sind. „Verdächtig“ steht auf dem einen. „Is’ seit 48h wach“ lässt jemand anderes mit einem Schild wissen. Eine Frau hält ein rotes Schild, mit dem sie sich des WLAN-Diebstahls schuldig bekennt.

Videoüberwachung wird weiter ausgebaut

Die „Guardians of the Grundgesetz“ (in Anlehnung an den Kinofilm Guardians of the Galaxy; Anm. d. Red.) wollen mit diesem Flashmob ihre Kritik an der neuen Videoüberwachung auf dem Bahnhofsvorplatz und dem Keplerareal kreativ zum Ausdruck bringen. Mitte Dezember hat die Regensburger Polizei dort elf neue Kameras in Betrieb genommen und führt noch bis Ende Januar eine Testphase durch. Damit wird der schrittweise Ausbau der dortigen Überwachung, die vor einigen Jahren mit lediglich einer einzigen Kamera begonnen hatte, weiter fortgeführt. 

Elf neue Kameras sind seit Mitte Dezember in einer Probepahse. Foto: privat

„Wir bauen die Videotechnik nur dort aus, wo es für mehr Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger erforderlich, hilfreich und sinnvoll ist“, ließ Polizeipräsident Norbert Zink im Dezember in einer Presseerklärung wissen. Im Bereich des Bahnhofsgeländes sei allein schon auf Grund der „hohen Personenfrequenz eine höhere Anzahl an Verstößen festzustellen.“ 612 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten hatte die Polizei bis Mitte Dezember letzten Jahres innerhalb des videoüberwachten Bereichs aufgenommen. Hauptsächlich habe es sich dabei um Betäubungsmittel- und Körperverletzungsdelikte gehandelt, heißt es in der Presseerklärung der Polizei vom 20. Dezember.

Massiver Einschnitt in die Persönlichkeitsrechte

Die installierten Kameras sollen dabei vor allem „die gefühlte Sicherheit“ verbessern. Ein Argument, das die Kritiker nicht gegeben sehen und stattdessen einen massiven Einschnitt in die persönlichen Freiheitsrechte geltend machen. Mit der neuen Technik werde auf Grundlage des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) eine routinemäßige Gesichtserkennung möglich gemacht, so die Einschätzung der Organisatoren.

„Insbesondere die sehr weiten Befugnisse des Polizeiaufgabengesetzes ermöglichen es, dass schon bei vermuteten Ordnungswidrigkeiten Gesichter automatisch identifiziert werden können“, so Theresa Eberlein. „Doch gerade die Gesichtserkennung ist oft extrem fehlerhaft und ein völlig unverhältnismäßiges Instrument, das eher für Verunsicherung sorgt.“ Die Grünen-Vorsitzende erklärt, „dass vor allem Menschen mit dunkler Hautfarbe, Frauen und Kinder von der technischen Anlage oft falsch erkannt werden“. Auch Studien und Pilotprojekte hätten dies bereits mehrfach belegt.

Für Matthias Jobst von den Jusos stellt sich darüber hinaus die Frage, wie die „alles andere als strengen Vorgaben des Polizeiaufgabengesetzes (Art. 33 PAG) von der Polizei genau interpretiert werden, also ab wann es überhaupt zu einer Gesichtsidentifikation kommt.“ Hier gäbe es einfach noch zu viele ungeklärte Details.

“Überwachung verhindert keine Straftat”

Für die etwa 25 Teilnehmenden der Aktion geht es hierbei um grundsätzliche Fragen. Schließlich müsse es im 21. Jahrhundert möglich sein, im öffentlichen Raum anonym zu bleiben. Die Überwachung greife „unverhältnismäßig und unzulässig in die informelle Selbstbestimmung der Menschen ein. Wir haben ein Recht darauf, uns ohne Orwell’sche Überwachung in der Stadt bewegen zu dürfen“, kritisiert auch Claudia Neumaier von den Jusos Regensburg.

„Überwachung verhindert keine Straftaten“, lautet das Plädoyer von Eberlein. Sie würden lediglich an andere Orte verlagert werden. Für sie sei die Verhältnismäßigkeit in keinster Weise gegeben. „Durch so eine Überwachung lassen sich detaillierte Bewegungsprofile erstellen. Aber wir haben keinerlei Kontrolle darüber, wer innerhalb der Polizei darauf Zugriff hat. Das ist nicht transparent geklärt.”

“Es ist nicht transparent und nachvollziehbar”

Zwar hatte die Polizei auch hierzu in ihrer Pressemitteilung zu verstehen gegeben, dass „in der Regel nur Übersichtsaufnahmen gesichtet und erst bei konkretem Anlass die Detailansichten aufgerufen“ werden sollen, und dass die Speicherung „streng nach den Datenschutzrichtlinien“ erfolge. Doch für die Gegner der Überwachungsmaßnahmen sind die bisherigen Ausführungen der Sicherheitsbehörde alles andere als ausreichend. „Es gibt keine genauen Angaben zur Speicherung der Aufnahmen. Es ist auch nicht transparent und nachvollziehbar, wer die Fehlerquote des Systems überwacht“, so Eberlein.

„Wir bauen die Videotechnik nur dort aus, wo es für mehr Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger erforderlich ist”, sagt Polizeipräsident Zink. Foto: Bothner

Die Guardians fordern eine Strategie zum Abbau des Systems, „wenn sich beispielsweise die von der Polizei so sensibel erkannte ‘gefühlte Sicherheitslage’ durch den Umbau des Bahnhofumgriffs verändert“. Zudem setzen sie sich dafür ein, große Straßenmarkierungen im Bahnhofsbereich anzubringen, die den überwachten Bereich exakt definieren. Bestenfalls soll es dann auch erkennbare Schneisen geben, die man anonym und unüberwacht betreten kann. Eine Idee, die bei einem Pilotprojekt der Gesichtserkennung 2017 im Berliner Bahnhof Südkreuz Anwendung fand.

Entwicklungen weiter beobachten

Das Regensburger Bündnis sieht hier in Verbindung mit dem Polizeiaufgabengesetz Entwicklungen hin zu einem Überwachungs- und Polizeistaat. „Das wollen wir nicht hinnehmen und rufen am Dienstag, den 28. Januar um 16:00 am Bahnhofsvorplatz zum Protest gegen die Erweiterung der Videoüberwachung am Bahnhofsgelände auf“, lautet die Abschlusserklärung am Samstagvormittag. Man werde die Entwicklungen weiter beobachten und kritisch begleiten.

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Kommentare (66)

  • Claudia Probst

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    Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.

  • joey

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    Straftaten kann man (fast) nie verhindern. Aber man könnte Wiederholungstäter aus dem Verkehr ziehen, wenn man sie denn aus dem Verkehr zieht. Dazu braucht man keine Kameras, sondern genügend Polizei und Justiz.
    Irgendwelche Bewährung verstehen manche Leute völlig falsch (als Nichtbestrafung). Das ist eines der Probleme.

    Wenn sich aus Angst “vor den Kameras” (also der Polizei) Kriminalität verlagert, ist das vielleicht auch ganz gut. Gibt ja auch normale Leute, die einfach nur zum Zug müssen und keine Drogen brauchen. Ja, Kriminelle sollten Angst vor der Polizei haben.

  • Julian86

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    Kommentar gelöscht. Bleiben Sie sachlich und posten Sie nicht einfach nur Links.

  • Schinkensandwich

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    Diese Aktivisten (hier auch nur lächerliche 25 Leutchen) sind ja meistens laut und haben viel Aufmerksamkeit, aber repräsentieren (wie so oft) nicht die breite Bevölkerung.
    Ich kenne niemanden, der etwas gegen mehr Überwachung am Hauptbahnhof und Umkreis hat. Fast jeder hat schon dort irgendwas negatives erlebt. Es ist mir sowieso ein Rätsel, dass trotz regelmäßiger Kontrollgänge von Bahnhofspolizei und Bundespolizei dennoch sich so viel dubioses Gesindel dort rumtreibt.
    Die Überwachung dort erscheint mir deshalb absolut verhältnismäßig (612 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten innerhalb eines Jahres ist halt auch verhältnismäßig viel).
    Ich bin sogar noch für eine deutlichere Ausweitung der Videoüberwachung. Befürchtungen vor einer orwellschen Überwachung sind völlig übertrieben.

  • Julian86

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    Der Post von Frau Probst ist u.a. demokratiefeindlich. Warum?

    Ohne Geheimnisse keine freie Meinungsbildung. Freie Wahlen nur via Wahlgeheimnis. Wahlkabinen.

    Es macht jeden Menschen aus, dass er Geheimnisse hat. Das qualifiziert ihn als Individuum. Als Mensch, der er ist.

    Das schlichte Dahergerede, man habe nichts zu verbergen, fördert den Überwachungsstaat, ebnet seinen Weg in chinesiche Verhältnisse.

    Was sagt der Bayerische Datenschutzbeauftragte zur fraglichen Überwachung, insbesondere zur Gesichtserkennung? Das Biometrische steht unter verstärktem Datenschutz.

    Wer erhebt Klage gegen den Freistaat? Früher hätte das die FDP gemacht, schon als vorbeugende Unterlassungsklage.

    Edward Snowden über „Ich hab nichts zu verbergen“ bei netzpolitik.org.

  • Eingeborener

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    @Probst ,,wer nichts zu verbergen hat….””
    So rechtfertigen die Freunde des sogen. Sicherheitsstaates alias einer Diktatur ihre Forderung nach totaler Kontrolle.
    Sind Sie eine Anhängerin von Diktatur ? Was stört Sie an Demokratie ?

  • Mr. T.

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    Schinkensandwich sollte mal drüber nachdenken, dass die 612 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten innerhalb eines Jahres, die es für verhältnismäßig viel hält, trotz Videoüberwachung dort passiert sind. Also nur rausgeschmissenes Geld für ein Sicherheits-Placebo für Besorgte Bürger. Da wären Dummy-Kameras billiger und hättren denselben Effekt.

  • Meine Meinung

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    Ich find`s gut, wenn man den “Bahnhofsbelagerern auf die Finger schaut. Das hat mit Diktatur nichts zu tun, denn es wird ja nur eingegriffen, wenn Übertretungen festgestellt werden. Die Bierdimpfln werden hier wohl nicht verfolgt.

  • Empörer007

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    zu Julian86 u. Eingeborener:
    Den Bogen zu E. Snowgen bis hin zur “Anhängerin v. Diktatur” zu schließen, zeigt entweder von völlige Ignoranz oder (schlimmer)”Dummheit” zur “herrschenden” Situation im öffentlichen Raum! Mit “infantilen Wortmeldungen” ist Niemandem geholfen…, die mehrheitlich “grün u. juso-angestrichenen” Protestierer, werden ertst dann vernünftig, wenn sie die erste Belästigung erleben…

  • GSH

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    Wenn wir unsere Kinder vom Hauptbahnhof abholen, beschleicht uns schon manchmal ein beklemmendes Gefühl. Besonders wenn es mal später am Abend und dunkel ist. Ja, die Überwachung ist problematisch, auf der anderen Seite vermitteln die Kameras ein gewisses Gefühl von Sicherheit.
    Und: Wer von den Demonstranten hatte sein Mobiltelefon aus? Seinen Google Standort nicht an? Kein Facebook oder WhatsApp Post gesendet? Dort ist die Überwachung, oder wer ist hier konsequent?

  • Meier mit "ei"

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    Eine Gefahr für die individuelle Freiheit ist es, wenn ich Angst haben muss, zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten zu sein. Wenn Kriminelle an meine Gesundheit und mein Hab und Gut wollen. Wo man früher mit einem blauen Auge davon gekommen ist, geht es jetzt immer häufiger um Leben und Tod.

  • Mathilde Vietze

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    Wie mir scheint, verwechseln hier einige Demokratie mit Anarchie.

  • Dominik Müller

    |

    @julian86
    “Was sagt der Bayerische Datenschutzbeauftragte zur fraglichen Überwachung, insbesondere zur Gesichtserkennung? ”
    Da Sie schon in einem Kommentar zur Glosse die Äußerungen des Datenschutzbeauftragten zur kommunalen fälschlicherweise auch auf die polizeiliche Video – Überwachung bezogen haben, hier ganz deutlich:
    https://www.datenschutz-bayern.de/faq/FAQ-DatenspeicherungPolizei.html
    Die Polizei darf selbstverständlich Kriminalitätsschwerpunkte überwachen, unabhängig davon, was Sie oder ich als Kriminalitätsschwerpunkte definieren. Gegen die Überwachung auch Unbeteiligte in Fußballstadien jedenfalls gibt es von Seiten des Datenschutzbeauftragten keine Einwände.

  • Mr. T.

    |

    Manche kapieren wohl die Zusammenhänge nicht.
    Die Kriminalität im Bahnhofsumfeld (oder an anderen Schwerpunkten) muss natürlich bekämpft werden. Kameras dienen maximal zu deren Dokumentation, aber nicht zur Verhinderung. Kameras stören speziell die spontan aggressiven Personen, die dort meist die Straftaten begehen und für Unsicherheit sorgen, überhaupt nicht wie die Erfahrung zeigt. Dafür schränken sie die persönliche Freiheit jedes Passanten dort ein. Der Überwachung in einem Fußballstadion (wie als Beispiel genannt) kann man umgehen indem man auf den Besuch dort verzichtet. Beim Bahnhofvorplatz ist das schon schwieriger. Wenn die Polizeibeamten, welche die Kamerabilder überwachen, (und vielleicht noch ein paar mehr) vor Ort Streife gingen, könnten Straftaten verhindert werden.
    Will man also das Bahnhofsumfeld sicherer machen oder will man dort Passanten überwachen und Straftaten dokumentieren? Für ersteres sind Kameras das falsche Mittel, für zweiteres allerdings gut geeignet. Für ersteres bräuchte man allerdings mehr Personal bei der Polizei, aber das wird leider für den Ausbau der Überwachung eingespart.

  • Mr. T.

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    Mal ne ernste Frage: Wieso hat die Überwachung diesen Vorfall nicht verhindert? Danke Ernst für das gute Beispiel für die fehlende Effektivität der Überwachung.

  • Piedro

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    @joey
    Sie beginnen Ihre Betrachtung mit einem Konjunktiv, was man könnte. Wiederholungstäter. Dabei zielen Sie auf einen Bereich des Möglichen ab, der mit Kameras wenig oder gar nichts zu tun hat, und thematisieren die Justiz. Am Ermessen der Gerichte an Bewährungsstrafen werden Kameras grundsätzlich nichts ändern.

    Das Verlagern von Kriminalität kann nur selten zielführend sein. Dazu kann ein Kameraaufgebot hilfreich sein. Wenn sie auch noch vermuten, den “normalen” Passanten wäre es wurscht, dass sie beobachtet werden, nicht, um zu verhindern, dass sie Schaden nehmen, sondern weil es ein nicht näher erklärtes Gefühl der Unsicherheit gibt, lehnen Sie sich weit aus dem Fenstern. Auch wer keine Drogen braucht, oder seinen Bedarf nicht am Bahnhof deckt, kann Argumente gegen diese observative Aufrüstung haben. Zumal sich Kriminelle bestimmt nicht mehr vor der Polizei fürchten werden, weil von nun an jeder, der von diesen Kameras aufgenommen wird, der Gesichtserkennung zur Verfügung steht. Egal ob “normal” und auf dem Weg zum Zug, oder weniger normal und für einen Algorithmus interessant. Der natürlich die Option der Feinjustierung bietet.

  • Sven

    |

    Um es vielleicht etwas konkreter zu machen:

    1. Die Kameras laufen auf Bildschirmen auf, welche von Polizistinnen oder Polizisten überwacht werden. Wenn das nicht passiert, nützen gerade auch die Kameras nichts. Dann frage ich mich, warum die Polizistin oder der Polizist nicht einfach in einem Kiosk am Hauptbahnhof sitzt. Ich vermute auch, dass die Hardware mehr als 100 000 Euro gekostet haben wird. Das hätte auch andere präventive Maßnahmen finanzieren können.

    2. Es gibt keinen besonders klaren statistischen Zusammenhang zwischen Überwachung und verbesserter Kriminalitätsrate. Es gibt Staaten mit einem sehr exzessiv ausgebauten Überwachungs- und Polizeiapparat und trotzdem einer deutlich größeren Kriminalitätsrate als Deutschland. Außerdem geht die Kriminalitätsrate in Deutschland seit Jahrzehnten zurück, und das obwohl der Polizeiapparat immer weiter zurück geschraubt wurde und auch die Überwachung nicht in gleichem Maße zugenommen hat. Dementsprechend scheint es auch viele andere und wahrscheinlich relevantere gesellschaftliche Faktoren zu geben, beispielsweise Wohlstand, ein solide ausgebautes Sozialsystem, Beratungsangebote, etc.

    3. Es ist uns ins Grundgesetz geschrieben, dass auch die Bürgerinnen und Bürger vor Übergriffen des Staates geschützt werden sollen. Da leider insbesondere Technologie häufig sehr intransparent ist, und auch die Polizeien in Deutschland sich häufig nicht besonders um Transparenz bemühen, kann man einem solchen System zumindest kritisch gegenüber stehen. Und nicht existierende Hardware ist der einzige relevante Schutz davor, dass die Daten nicht leicht missbraucht werden können. Was dahinter via Software mit den Daten passiert, lässt sich sehr leicht durch Gesetze oder auch illegal verändern. Beispielsweise könnte nach Anschaffung der Hardware sehr leicht und flächendeckend eine automatisierte Gesichts- und Verhaltenserkennung eingeführt werden.

    4. Es gibt leider riesige Unterschiede zwischen gefühlter und echter Sicherheit. Ähnlich verhält es sich mit Straßenlaternen: zwar erhöht sich das Sicherheitsgefühl nachts teilweise stark, mit einer tatsächlichen Sicherheit haben Straßenlaternen nicht besonders viel zu tun. Nun sind Laternen zumindest aus einer staatlichen Perspektive nicht besonders kritisch (von der menschlichen Biologie und Fauna/Flora mal abgesehen), bei Kameras kann man sich aber durchaus fragen, ob eine gefühlte Sicherheit wirklich die realen Risiken rechtfertigen kann.

  • Piedro

    |

    @Schinkensandwich
    Ihnen sind 25 Teilnehmer an so einer Performance zu wenig, um ihr was zu zusprechen? Manchmal reicht schon ein Schuldmädchen, um viele Menschen damit zu bringen, sich mit den Fakten zu beschäftigen.

    Sie kennen also niemanden… Aber es gibt sie wohl, und einige kommen hier zu Wort. “Fast jeder hat schon dort irgendwas negatives erlebt.” Ich bin ja nicht von da, aber ich habe mir die Örtlichkeit mal angeschaut. Untertags. Tote Hose. War wohl nicht die Zeit für schlimme Begegnungen. Statistisch war die Chance dafür auch recht gering. Die Polizei begründet die Aufrüstung auch nicht mit einer Zunahme der Sicherheit, sie möchte lediglich, dass sich besorgte Bürger sicherer fühlen. Andere Bürger sind ebenfalls besorgt, und im Gegensatz zu den Gefühlsbesorgten haben die sogar Argumente, die zumindest einer oberflächlichen Prüfung standhalten.

    Sie haben zudem beobachtet, dass Polizeistreifen nichts an dem dubiosen Gesindel ändert, das Sie im Bahnhofsbereich feststellen. Gewiss werden Kameras daran nichts ändern. Jeder darf dubios sein, selbst Gesindel hat Bürgerrechte. Bestimmt schauen die Polizisten vor Ort hin, wenn jemand dubios ist, aber sie sind nicht dafür zuständig jeden des Bahnhofs zu verweisen, den sie dort nicht sehen möchten.

    Die orwellsche Überwachung spielt eh keine Rolle. Orwells Vorstellungsvermögen ist längst nur noch sie Spitze des Eisbergs, und in den letzten Jahrzehnten wurden mehr Überwachungsmöglichkeiten etabliert, technisch und politisch, als zu Orwells Zeiten umsetzbar gewesen wären. schon Tante Guhgel weiß mehr über uns als der Große Bruder. Wenigstens die liefert ihr Wissen nicht interessierten Häckern aus. Hoffentlich.

  • Piedro

    |

    @Dominik Müller
    Leider lassen sich aus ihrem Link wenig Rückschlüsse auf diese Videoüberwachung erkennen. Sie beantworten damit die Frage, wie sich der Datenschutzbeauftrage zum Betrieb von Überwachungskameras äußert, nicht.

    Das findet sich hier: https://www.datenschutz-bayern.de/faq/FAQ-VideoPolizei.html
    und hier: https://www.datenschutz-bayern.de/dsbk-ent/video59.htm

    Die Position der bayr. Polizei findet sich hier: https://www.polizei.bayern.de/schuetzenvorbeugen/kriminalitaet/index.html/37063
    Dort lesen wir: “So nutzen sowohl das Gros der Polizeien der Länder als auch die Bundespolizei die Möglichkeiten der polizeilichen Videoüberwachung mit Schwerpunkt im Bereich der Gefahrenabwehr und der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung.”
    Das ist in Regensburg nicht das erklärte Ziel.
    Weiters lesen wir: “Polizeiliche Videoüberwachung in Bayern erfolgt unter den Voraussetzungen des Art. 32 Polizeiaufgabengesetz (PAG) vor allem an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Örtlichkeiten (Kriminalitätsschwerpunkten) als integrativer Bestandteil eines polizeilichen Gesamtkonzeptes zur Gefahrenabwehr und zur Verhütung und Bekämpfung von Sicherheitsstörungen und Straftaten im öffentlichen Bereich.” Es wurde nicht mitgeteilt, wie dieses mutmaßliche Gesamtkonzept der regensburger Polizei durch die ausgeweitete Überwachung bedient wird. Es soll jedoch das Sicherheitsgefühl gestärkt werden. Genau das ist die Krux, daran hängt sich die meiste Kritik an dieser Maßnahme auf.

    “Unter diesen Voraussetzungen setzt die Bayer. Polizei das Instrument der Videoüberwachung derzeit in den Städten München, Nürnberg, Regensburg und Schweinfurt mit großem Erfolg ein.”
    Das ist interessant, nicht wahr? Diese Erfolge müssten feststellbar sein. Die Zahl der in dieser “Gefahrenzone” verübten Straftaten ist es ja auch. Man kann ja nicht fragen, wie viele Straftaten durch die Überwachung verhindert wurden, hierzu gibt es Hochrechnungen, die wenig beeindruckend sind. Aber man darf fragen, wie viele Straftaten durch die Aufzeichnungen aufgeklärt wurden, und welcher Art diese waren. Das wäre interessant.

  • Mr. B.

    |

    Zu:
    Claudia Probst
    13. Januar 2020 um 11:47| #
    “Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.”

    Da bin ich voll ihrer Meinung.
    Viele fliegen z. B. übers Wochenende nach London, weil der Flug nur 29 Euro kostet.
    Hier herrscht totale Videoüberwachung und weil es billig ist, ist es auch egal, ebenso der Umweltschutz.
    In Kaufhäusern gibt es Mitgliedskarten, Deutschland-Card, Payback-Punkte usw. und dafür geben Millionen ihre Daten freiwillig her, weil es dann einen kleinen Rabatt gibt und der Kunde erwiesenermaßen auch mehr kauft.
    Hier ist es wieder egal, dass es hier Firmen gibt, die die Daten und Adressen für gutes Geld wieder weiterverkaufen und der Kunde z. B. über seine Bewegung und sein Einkaufsverhalten ausspioniert werden kann.
    Hier könnte man noch unzählige Beispiele weiter aufzählen!

    Liebe Gegner der Überwachung, macht mal ruhiger und überlegt euch, ob ihr in Zukunft nicht auch sicher oder sicherer leben wollt! Straftäter entwickeln sich auch immer weiter. Die Kräfte, welche immer um unsere Sicherheit bemüht sind, brauchen geeignete Werkzeuge und vor allem, dass Menschen, welche nicht in bestimmten Vierteln (z. B. Bahnhof -ständige Menschenansammlung-) straffällig werden/ werden wollen, hinter ihnen stehen und sich dafür nicht negativ bewerten lassen müssen!
    Am Regensburger Hauptbahnhof und in der Umgebung, ist es meinen Feststellungen nach, im Sommer tagsüber schon mulmig, geschweige dann, wenn es Nacht wird.
    Wer`s nicht glaubt, kann sich ja selbst ein Bild machen…….

  • Heike Hueber

    |

    Na ja. Ideal ist es sicherlich nicht. Aber irgendwie muß man auf die Zustände im Bereich Hbf und Ernst Reuther Platz begegnen. Ich hab ehrlich gesagt mittlerweile sogar tagsüber ein mulmiges Gefühl, wenn ich gezwungen bin, am Hbf/Albertstrasse umzusteigen in nen anderen Bus. Letzens ist vor mir eine ältere Dame mit Rollator vor mir ausgestiegen mit ihrer Handtasche vorn im montierten Korb. Plötzlich ist einer angerannt gekommen, hat diese raus gerissen und war verschwunden. So schnell konnte man gar nicht schauen!!!
    Das Klientel, welches sich da rum treibt , ist zum Fürchten. Im wahrsten Sinne des Wortes. Eigentlich sollte dort rund um die Uhr Polizeipräzenz herrschen. Aber wahrscheinlich fehlen dazu die Mittel. Und es wird immer gefährlicher dort. Das ist Fakt.
    Bleibt echt zu hoffen, dass der eine oder andere dadurch identifiziert und bestraft werden wird.

  • joey

    |

    „Guardians of the Grundgesetz“ habe ich mir mal angeschaut.
    Logo ist eine rote Faust senkrecht nach oben. Überparteilich? Ja, aber mit klarem Linksextremismus. Die können Grundgesetz so oft hinschreiben wie sie wollen, wenn sie ein Hakenkreuz dazustecken würden, würde es ihnen auch keiner glauben.
    Im Sozialismus war Überwachung maximal – und ohne Hemmungen auch Folter.

    @piedro
    Ja, eine ständige Polizeistreife wäre besser – zu aller Schutz gerne auch mit Bodycam, damit klar ist, wer wann wem ins Gesicht… vermutlich ist der Vorteil der Kameras, daß sie gleichzeitig überall aufnehmen. Zwei Polis können ja immer nur auf einer Seite des Gebäudes sein.
    Nur zu Zeiten von OB Meier gab es eine durchgehende Postenkette – die Parküberwachung im Dombereich. Das schlimmste Verbrechen war 1994 Parkzeitüberschreitung. Die Einschüchterung hat gewirkt, ich bin nur im äußersten Notfall nach Regensburg gefahren und habe lieber anderswo eingekauft.

  • Julian86

    |

    Warum wird polizeilich überwacht?
    Weil sie es kann.
    Warum kann sie es ?
    Weil die CSU-Mehrheit das (erweiterte) PAG erlassen hat.
    Warum ging das?
    Weil immer noch so (zu) viele die CSU wählen.

    Jenseits der Frage, ob das von den Verfassungsgerichten angefochtene PAG “hält”, stellen sich Fragen:

    1. Ist diese Überwachung erforderlich?
    2. Kann deren Ziel mit anderen, weniger in die Freiheitsrechte aller eingreifenden staatlichen Maßnahmen in gleicher Weise oder besser, erfolgversprechender erreicht werden?
    3. Wie lautet das polizeiliche Gesamtkonzept (Piedro hat ausgef.)

    Dir Süddeutsche hat vor ein paar Tagen berichtet und kommentiert:

    https://www.sueddeutsche.de/digital/gesichtserkennung-ueberwachung-sicherheit-1.4753254

    https://www.sueddeutsche.de/digital/gesichtserkennung-biometrie-verbot-1.4751435

    Diesen Ausführungen kann man sich nur anschließen.

    Die Parteien, die Verfassungsbeschwerden erhoben haben, sollten sie nicht wegen dieser immer weiter ausufernden , von Bundes wegen (Seehofer) veranlassten Eingriffe in die Verfassungsrechte der 80 Milionen gegenüber den Gerichten auf baldige Entscheidung drängen? Zumal mit der Gesichtserkennung Tor und Tür geöffnet wurden, den Rechtsstaat final zu entsorgen, immer schön schrittweise á la Union.

    Im Übrigen muss an die Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts erinnert werden:

    Die geplante Videoüberwachung greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung ein. Dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen (vgl. BVerfGE 65, 1 ; 67, 100 ).

    Durch die Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials werden die beobachteten Lebensvorgänge technisch fixiert und können in der Folge abgerufen, aufbereitet und ausgewertet sowie mit anderen Daten verknüpft werden. So kann eine Vielzahl von Informationen über bestimmte identifizierbare Betroffene gewonnen werden, die sich im Extremfall zu Profilen des Verhaltens der betroffenen Personen in dem überwachten Raum verdichten lassen.

    Der Eingriff in das Grundrecht entfällt nicht dadurch, dass lediglich Verhaltensweisen im öffentlichen Raum erhoben werden. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet nicht allein den Schutz der Privat- und Intimsphäre, sondern trägt in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch den informationellen Schutzinteressen des Einzelnen, der sich in die Öffentlichkeit begibt, Rechnung (vgl. BVerfGE 65, 1 ).

    Und: Videoüberwachung kann “verfassungsgemäß sein … , wenn für sie ein hinreichender Anlass besteht und Überwachung sowie Aufzeichnung insbesondere in räumlicher und zeitlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Möglichkeit der Auswertung der Daten das Übermaßverbot wahren”, so die 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 23. Februar 2007 – 1 BvR 2368/06.

  • Jakob Friedl

    |

    Der vermummte Typ mit der orginal Überwachungskamera, rechts im Bild zu sehen, kam von der Piraten-Partei Bremen und kandidiert für die Ribisl-Partie auf Listenplatz 5. Endlich wieder zu Hause!

  • Janina Kaliszka

    |

    Sehr gut, dass neue Kameras für eine bessere überwachung installiert wurden.

  • Alexa, lies mir aus George Orwell vor..

    |

    “Wo man früher mit einem blauen Auge davon gekommen ist, geht es jetzt immer häufiger um Leben und Tod.”
    Wo haben Sie das denn gelesen? In einer Zeitung mit großen roten Lettern?

    Früher war ja alles besser!
    War es nicht, auch am Bahnhof nicht. “Gefühlte Kriminalitätsrate” ist so ein beliebtes Stichwort – gefühlte Sicherheit ist genau das gleiche in Grün.
    Dass das eine zum anderen führen und sich beides wie in einem Teufelskreis verstärken kann, scheint noch nicht recht angekommen zu sein.

    Jeder gegen jeden..
    Jeder Heilige hat eine Vergangenheit,
    jeder Sünder eine Zukunft.
    Mit all den Fotos und Videos wird es wohl bald keine Heiligen mehr geben.

    Und wer von euch ohne Sünde ist (“ich hab nix zu verbergen”), der werfe das erste Kameraobjektiv!

  • Die Mutter

    |

    Zu Mr. B. s eintrag
    hervorragend analysiert! Nahezu alle Smartphone-Wischer, besonders die jungen, erlauben die Standortabfrage für ihr Telefon, nehmen an Facebook und Instagram und sonst noch was teil, geben freiwillig ihre Daten an völlig undurchsichtige Datenkonzerne ab.
    Aber wenn sie in der Albertstrasse vom 1er Bus in den 10er umsteigen, wollen sie nicht von einer Kamera überwacht werden…
    Ich würde da IN DER HEUTIGEN ZEIT UND NOCH! der deutschen Polizei mehr vertrauen, als einem unkontrollierbaren Datenkraken.
    Das ist m.E. Klassische Schizophrenie!

  • Meier mit „ei“

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    Liebe @Alexa:
    Die Ereignisse z.B. von Augsburg standen überall!

  • Jürgen

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    @ Mr. B. / 13. Januar 2020 um 19:01
    Vollkommen richtig. Sie liefern Argumente gegen mehr Kameras, denn wenn man sich als Polizei nur Zugang zu den “sozialen Medien” verschaffen muss, hat man eh die Totalüberwachung. Aber man braucht diesen Schritt eh nicht zu machen, wenn man das möchte. Man kann jedes beliebige Handy ansteuern, diverse Geräte wie Mikrofon oder Kamera einschalten und die Person verfolgen bzw. ein Bewegungsprofil erstellen lassen.
    Ob jetzt Alexa oder Siri, sie hören immer mit. Das hat aber jeder gewissermaßen selbst in der Hand.
    Es stellt sich die Frage, ob es seit dem Aufstellen von Überwachungskameras weniger Strafdelikte in der Stadt gibt? Wenn man den Krimimalstatistiken glauben darf, ändern Kameras überhaupt nichts. Natürlich wird auf einem überwachten Platz ggf. etwas weniger passieren, jedoch passiert es dann halt um die Ecke. Irgendwann haben wir George Orwells Zukunftsversion “1984” und das wäre nicht überspitzt.
    Nachdem die CSU Jahrzehnte rechtes Gedankengut Salonfähig gemacht haben und den Rechten damit den gesellschaftlichen Boden geebnet hatten, ist zu befürchten, dass eine rechte Diktatur unsere Überwachungstechnik dankbar übernimmt.

  • Ex Regensburger

    |

    Der Haken bei diesem Thema scheint zu sein, das (fast) alle irgendwie recht haben. “Die Mutter” hat recht, wenn sie die Smartphone-Wischer kritisiert, denen jeglicher Datenschutz angesichts ihrer High-Tech-Handys egal ist u. die Überwachungskskritiker haben recht, wenn sie den naiven Satz: “Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten” geißeln. Wenn man diesen Satz als absolute Wahrheit nehmen würde, dann könnte man getrost auf den chin. Überwachungsstaat noch einen drauf setzen; macht ja nix.
    Und die Kameras scheinen auch nichts “zu machen”, wenn trotzdem in diesem Bereich Straftaten begangen werden (ok, man weiß nicht genau, wieviel sie verhindern, denn das ist statistisch schwer zu erfassen). Wie dem auch sei, mehr reale Polizeipräsenz wäre offenbar schlauer. Aber stattdessen verhält sich die Gesellschaft genau so wie die Smartphone-Wischer: Bildschirmgeil bis zum Exzess.
    Das ist auch in der Medizin so, die Tendenz geht hin zum Bildschirm und weg von der realen Begegnung. Leider.

  • Tina Lorenz

    |

    Hm, ich glaube ich habe schlechte Neuigkeiten für diejenigen, deren “gefühltes Sicherheitsbedürfnis” am Bahnhof leidet. Die Zahlen, die die Polizei veröffentlicht hat offenbaren, dass die meisten Delikte in Bahnhofsnähe keine Straftaten, sondern Ordnungswidrigkeiten sind – objektiv ist der Bahnhof also nicht gefährlicher als der Rest von Regensburg; aber ihr habt trotzdem Angst. Weil ihr am Bahnhof mit Leuten konfrontiert werdet, die ihr nicht sehen wollt, deren Existenz euch unangenehm ist. Einer meiner Vorkommentatoren sprach schon so richtig schön deutsch von “Gesindel”. Schämt euch.

    Eure “gefühlte Sicherheit” wird nämlich auch mit der neuen Kameraanlage nicht steigen. Warum? Weil es nicht verboten ist, zu existieren. Es ist nicht verboten, an einer Bushaltestelle zu sitzen. Und es ist nicht verboten, sich total zugrunde zu richten. Ihr wollt das nicht sehen und euch ist das unangenehm und ihr hättet lieber, dass Leute, die nicht so funktionieren, wie ihr euch das vorstellt, sich irgendwo zugrunde richten, wo ihr nicht dabei zugucken müsst. Das ist legitim. Arschlochverhalten, aber legitim.

    Dennoch wird dort nicht ein Mensch weniger sitzen, nur weil die Kameras jetzt Gesichter erkennen. Ihr werdet es also weiterhin ertragen müssen, Menschen mit Lebensentwürfen zu sehen, die ihr ablehnt. Was aber passieren wird, ist ein maßgeblicher Eingriff in unsere Grundrechte: Ich kann mein Smartphone zu Hause lassen, ich kann soziale Medien pseudonym benutzen, ich kann Internettracker ausschalten, ich kann frei bestimmen, in welcher Weise ich mich online in Diskussionen einbringe und welche Spuren ich im Netz dabei hinterlasse. Mein Gesicht kann ich nicht verstecken, das führe ich mit mir, wohin ich gehe. Und damit wird die Überwachung alternativlos. Ich kann sie nicht umgehen – zumal am Bahnhof, einem zentralen Ort in der Stadt. Und wenn ich einer aufoktroyierten Überwachung nicht mehr umgehen kann, ist mein Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Gefahr. Wir leben eigentlich in einer freiheitlichen Gesellschaft mündiger Bürger:innen, die aufgeklärt und gemeinschaftlich im demokratischen Wettstreit um ein gutes Miteinander ringen. Und ihr wollt unsere gemeinsamen Grundrechte und gesellschaftlichen Ideale aufgeben und verschenken, weil ihr euch vor einer Handvoll Junkies am Bahnhof fürchtet, deren größter Feind sie selber sind? Na bravo.

  • Mr. T.

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    Lieber @Meier mit „ei“:
    Die Ereignisse z.B. von Augsburg haben wieder einmal gezeigt, wie wenig Überwachung vor solchen Verbrechen schützt – wie überall gestanden hat.

  • Joachim Datko

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    Ich bin für mehr Kameras im Bahnhofsbereich.

    Die Behörden wollen nicht eingestehen, dass der Regensburger Bahnhofsbereich ein Kriminalitätsschwerpunkt ist. Außerdem versucht man meiner Ansicht nach in letzter Zeit die Kriminalität mit Statistiken herunterzurechnen.

    Piedro 17:58 – Zitat: “Die Polizei begründet die Aufrüstung auch nicht mit einer Zunahme der Sicherheit, sie möchte lediglich, dass sich besorgte Bürger sicherer fühlen.”

    Das ist eine geschickte Formulierung, um die Tatsachen nicht zugeben zu müssen. Im Satz wird jegliche negative Formulierung vermieden.

    Die Rohheitsdelikte steigen auch in anderen Städten im Bahnhofsbereich massiv an.
    Siehe z.B.:
    https://www.welt.de/regionales/bayern/article160207825/Im-sicheren-Muenchen-wird-der-Bahnhof-zum-Brennpunkt.html

    Die Erfahrung zeigt, dass die Aufklärung von Rohheitsdelikten mit Kameraaufnahmen wesentlich höher ist. Kameraaufnahmen können von Strafverteidigern auch nicht so leicht, wie Zeugenaussagen, in Zweifel gezogen werden.

  • joey

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    @Jürgen
    eine linke Diktatur gab es nie oder? Wenn Überwachung “rechts” ist, dann waren DDR und Sowjetunion rechtsextreme Staaten.

  • Sven

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    @Joachim: selbst wenn die Polizei die Statistiken schönen würde – was ich für eine ziemlich unbelegte Aussage halte – ist immer noch völlig unklar, was die Kameras bringen sollen.

    Um die Wirkungslosigkeit der Kameras an den beiden suggerierten Wirkungsweisen noch mal etwas konkreter zu machen:

    1. Man kann schneller reagieren:
    Ich vermute ja, dass es ziemlich langweilig ist, den ganzen Tag auf einen Bildschirm zu schauen, auf dem Bilder vom Bahnhof zu sehen sind. Es passiert halt leider den lieben langen Tag doch fast nichts. Wenn man das anschauen muss, hat man den langweiligsten Job der Welt – 600 Delikte im Jahr, die meisten davon irgendwas im Drogenbereich – sind rechnerisch weniger als 2 Vorfälle am Tag. Man steht auf, holt sich einen Kaffee, tratscht mit den Kolleginnen und Kollegen – aber man schaut nicht den ganzen Tag konzentriert auf den Schirm ob nicht vielleicht doch irgendwas passiert. Und dann verpasst man die entscheidenden 30 Sekunden. Da vertraue ich eher darauf, dass eine umstehende Person den Polizeinotruf wählt.

    2. Es gibt Beweismaterial:
    Und dann ist die Frage, wozu man dann noch die Aufzeichnungen (als Beweis) benötigt. Gerade in einem hoch frequentierten Bereich wie dem Bahnhof gibt es eigentlich genügend Zeugen. Die muss man halt anschließend ermitteln und befragen. Im Zweifel würde ich mir dann einfach mehr zivilgesellschaftliches Engagement erhoffen. Also vielleicht das Geld lieber in Aufklärungsarbeit in diese Richtung stecken?

  • Joachim Datko

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    Zu Mr. T 08:38 – “Lieber @Meier mit „ei“:
    Die Ereignisse z.B. von Augsburg haben wieder einmal gezeigt, wie wenig Überwachung vor solchen Verbrechen schützt – wie überall gestanden hat.”
    Siehe:
    https://www.n-tv.de/panorama/Videos-fuehrten-zu-Verdaechtigen-von-Augsburg-article21444958.html

    Was man allerdings sagen kann: In der Regel führen Videoaufnahmen zu einem schnellen Fahndungserfolg.

    So können (hoffentlich) zumindest weitere Taten derselben Täter verhindert werden.

  • Julian86

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    Ich schließe mich dieser Presse­mit­teilung ausdrücklich an.

    PM 01/20: Deutscher Anwalt­verein warnt vor syste­ma­ti­scher Videoüberwa­chung mit Gesichts­er­kennung

    Berlin (DAV). Der Deutsche Anwaltverein (DAV) warnt vor einem breiten Einsatz von Gesichtserkennungssystemen an Flughäfen und Bahnhöfen. Anlass sind die Pläne des Bundesinnenministeriums, die Kompetenzen der Bundespolizei entsprechend zu erweitern.

    „Es ist zweifelhaft, ob eine Rechtsgrundlage geschaffen werden kann, die den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht“, gibt Rechtsanwalt Dr. David Albrecht, Mitglied des DAV-Ausschusses Gefahrenabwehrrecht, zu bedenken.

    Bereits zum Start des umstrittenen Pilotprojekts zur Gesichtserkennung am Bahnhof Südkreuz in Berlin hatte der DAV massive Kritik geäußert. „Wenn massenhaft Gesichter von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern an Bahnhöfen und Flughäfen gescannt werden, dann liegt darin ein schwerer Grundrechtseingriff“, so Albrecht.

    Ein Scannen dieses Ausmaßes führe zu einem nicht hinnehmbaren Gefühl des Überwachtwerdens und der Einschüchterung – so warnte bereits das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen, etwa zur Vorratsdatenspeicherung oder zum automatisierten Erfassen von Kfz-Kennzeichen.

    Wie schon beim Testlauf am Südkreuz stehen hier umso mehr die Fragen im Raum: Wie fehleranfällig ist das System? Können Missbrauch und Manipulation der Technik verhindert werden? Für wie lange, durch wen und wo werden diese Daten gespeichert?

    Mangelnde Diversität der Testpersonen (Alter, Geschlecht, Ethnie), optimale Vergleichsbilder, paralleler Einsatz dreier Systeme: Die nach dem Testlauf am Südkreuz als Erfolg verkauften Zahlen (rund 80 % Trefferquote) sind nicht nur nach empirischen Grundsätzen zweifelhaft, sie hielten auch einem Real-Einsatz nicht stand und bieten daher eine trügerische Sicherheit. Hinzu kommt eine Falsch-Positiv-Rate von 0,67 % – bei rund 200.000 Fluggästen würden allein am Frankfurter Flughafen jeden Tag 1.340 unbescholtene Menschen einen falschen Alarm auslösen und unrechtmäßig ins Visier der Ermittler geraten. Dies kann nicht im Sinne des Rechtsstaats sein.

    Pressemitteilung vom 07.01.2020 14.26
    Quelle: anwaltverein.de

  • Sven

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    @Joachim: jetzt wäre es allerdings spannend zu wissen, in wie vielen Fällen das Ermitteln der Täterinnen oder Täter überhaupt ein Problem darstellt. Einen größeren Teil der von der Polizei genannten 600 Fälle stelle ich mir in etwa so vor: Menschen sitzen auf einer Bank und haben irgendwelche Drogen konsumiert. Dabei pöbeln sie vielleicht oder auch nicht. Dann kommt die Polizei und filzt diese Menschen, und findet vielleicht verbotene Substanzen. Daraufhin wird die Identität festgestellt und die Sache landet in der Statistik.

    Zum Beispiel Augsburg: ja, vielleicht hat es das Video einfacher gemacht. Wahrscheinlich wäre es aber auch kein unlösbares Problem gewesen, die Personen ohne Video ausfindig zu machen.

    Und dem Gegenüber stehen dann Fälle von Missbrauch der Anlagen durch Angestellte der Polizei, über die ja auch öfter berichtet wird:

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/sicherheitsluecken-im-polizei-system-droht-der-berliner-polizei-ein-datenschutz-skandal/22933306.html

    https://netzpolitik.org/2019/berliner-polizei-bunkert-illegal-daten/

    https://www.spiegel.de/panorama/justiz/datenschutz-familie-freunde-nachbarn-wie-polizisten-ihr-umfeld-ausspionieren-a-1294411.html

    https://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/schwere-sex-vorwuerfe-gegen-polizisten-in-mv-3135664105.html

    Das ist jetzt natürlich eine Abwägungsfrage, was schlimmer ist, oder welches Risiko man eher eingeht. Fakt ist jedenfalls, dass Polzeien momentan sehr intransparent diese Technologie einsetzen. Anfragen zu technischen oder organisatorischen Details werden nicht beantwortet, auch wenn dies keinerlei Einfluss auf den operativen Einsatz oder die Sicherheit des Systems haben würde.

    Stellt euch vor, euer schlimmster politischer Gegner zieht in das Innenministerium ein und bekommt Zugriff auf ein flächendeckendes automatisiertes Kamera- und Erkennungssystem (was einmal existiert wird ja wahrscheinlich auch nicht wieder so schnell abgebaut). Würde das jede hier mitdiskutierende Person wollen? Ich nicht – und damit meine ich gar nicht mal unbedingt die CSU. Ich verweise an der Stelle einfach mal allgemein auf Kant, der dazu bereits relativ kluge Regeln formuliert hat.

  • Mr. T.

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    Neben der Vereinfachung der Aufklärung der dort weiter stattfindenden Straftaten ist ein weiterer Vorteil die Verfügbarkeit besser Aufnahmen davon für die Hetzschriften für Besorgte Bürger wie Wochenblabla, Kittelbayrische und BLÖD.

  • Jürgen

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    @ Joey: Keine von Ihren beiden Behauptungen habe ich geschrieben oder nur ansatzweise angedeutet. Mir ist jetzt auch keine linksradikale Partei bekannt, die in großer Zahl irgendwo in einem Parlament sitzt. Die Protestpartei der besonders besorgten Bürger hingegen schon. Aus diesem Grund ist das, zu mindestens derzeit, eher denkbar als eine linksradikale Regierungspartei.
    Ich/Er/ Sie/Es bitte zu entschuldigen dass ich/du/sie/er/es nicht allumfassend und möglichst allgemein gültig formuliert habe. Ich meinte natürlich jedwede radikale Partei, auch die wirtschaftsradikale FDP.

  • me

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    Danke für Ihren sehr guten Kommentar, Frau Lorenz! Dem ist nichts hinzuzufügen.

  • R.G.

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    @Tina Lorenz
    Sie machen den Versuch, Mitgefühl für Schwächere zu provozieren, indem Sie die vermeintlich Glücklichere als boshaft bloßstellen.
    Bitte gehen Sie einen Schritt weiter Richtung Menschlichkeit auch für die “Bürger”.

    Zwei Städte, in denen ich längere Zeit lebte, haben schon länger am Bahnhof und in anderen Gebäuden, wo sich Menschen tagüber wärmen, Videoüberwachung eingeführt.

    Stadt 1, Provinzgroßstadt in vergleichbarer Größe zu Regensburg.
    Mit der Installation der Kameras begannen sich die dauernd am Bahnhof aufhältigen Jugendcliquen und Abhängigen in- und ausländischer Herkunft einheitlich in Hoodies zu kleiden, die Kapuze weit ins Gesicht gezogen. Der Haarschnitt war nun gleich. Hatte man sich vorher mit Anderen geprügelt, verstand man sich ab dann als eine große wie uniformierte Gruppe, geeint durch die Gegnerschaft zur Polizei.

    Viele weitere von Politik und Ordnungshütern gesetzte Maßnahmen später hat man das Problem endlich auf den Bahnhofsvorplatz verlagert. Im Gebäude gehen private Security herum. Ich bin mir nicht sicher, wer mich mehr ängstigt, diese seltsamen Männer oder die vorher rumlungernden Jugendlichen. Man diskutiert inzwischen, wie schön es in der Kaiserzeit war, als man Bahnsteige nur mit eigenen Tickets betreten durfte. So könne man heute doch wieder verhindern, dass sich unerwünschte Personen direkt bei den Zügen aufhielten.

    Stadt 2, deutlich größer als Regensburg.
    Eine durch und durch kluge Politik reagierte jeweils blitzchnell – nach etwa zehn Jahren im Durchschnitt – auf sich örtlich zeigende Probleme in bestimmten Stationen. Dafür aber war der Erfolg durchschlagend. Die Karawane der Unerwünschten zog einige Haltestellen weiter. Nach weiteren zehn Jahren Ignorieren wird man sich kümmern. Inzwischen sammelt man als Modeerscheinung Bilder in Überwachungskameras, so wie die Schulkinder daheim Klebebildchen in Alben fügen, ohne damit wirklich etwas anfangen zu können.
    Das Gemeinsame mit Regensburg, man setzt mit Videokameras bestenfalls vertreibende Maßnahmen, Die Menschen mit Problemen und solche, die anderen Probleme machen, sind trotzdem noch da.
    Morgen nicht mehr am Bahnhof, sondern eventuell in eurem Vorgarten.

    In allen mir näher vertrauten Orten hat man, um die Schwierigkeiten zuverlässig zu verstärken, das Geld für Streetworker und Jugend- sowie Tageszentren reduziert und Planstellen bei der örtlichen Poilzei gestrichen.
    Unvernunft lässt grüßen.

    Plakativ heißt das vor der Wahl aus Politikermund: “WIR haben … sicherer gemacht!”

  • Markus Frowein

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    Zum Thema Datenschutz in Verbindung mit der Polizei kann ich leider nur sagen:

    Das Kind ist vor längerer Zeit schon in einen ganz tiefen Brunnen gefallen.

    Dadurch, dass ich u.a. obdachlos war und irgendwelche Löcher illegal besetzt hielt,
    hatte ich unverhältnismäßig oft mit der Polizei zu tun und dabei auch gelegentlich
    einen Einblick bekommen, was so alles in einem Polizeicomputer gespeichert ist.
    Ich kann Ihnen versichern, dass dort viel mehr steht, als in Ihrem Führungszeugnis,
    sofern sie eines beantragen. Und die Speicher-Zeiträume sind quasi unbegrenzt,
    also halten Sie sich nicht unnötig mit Kleinigkeiten (Kameras) auf, sondern hinter-
    fragen Sie grundsätzliche Dinge, die m.E. nach völlig aus dem Ruder gelaufen sind.

  • Markus Frowein

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    @ Mathilde Vietze (13. Januar 2020 um 16:24)
    Zitat: “Wie mir scheint, verwechseln hier einige Demokratie mit Anarchie.”

    Nur, um es zu verstehen: Anarchie herrscht, wenn nicht überall Kameras hängen?

  • Julian86

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    Das große, globale Ganze der Überwachung

    >> Während uns also Cookies, Apps und „Like“-Buttons im Internet überwachen, verfolgen uns Sensoren, Kameras und Mikrochips auf der Straße, im Park und sogar innerhalb der eigenen Wohnung. In den Worten von Google-Gründer Larry Page: „Your whole life will be searchable.“ <<

    Der Autor dieser Zeilen, Bernhard Siegl, verlangt er nicht zurecht die "Demokratisierung der Wirtschaft"?
    https://awblog.at/enteignung-ueberwachung-ausbeutung/

    Und muss diese Forderung nicht auch an die deutsche Politik gerichtet sein und werden mit dem Hinweis, dass mit der um sich greifenden staatlichen Total-Überwachung das "Kind mit dem Bade" droht ausgeschüttet zu werden? Der Spagat zwischen Sicherheit und Freiheit, seine Ausgewogenheit eine Illusion, die den Rechtsstaat am Ende zur bloßen Hülle verkommen lässt?

    Die Nachwachsenden, werden Sie nicht fragen: Auf welcher Seite bist DU damals gestanden, Alter?

  • Ex Regensburger

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    Gestern kam eine gute Sendung über die chines. Verhältnisse (Überwachungsstaat) im TV/PLUSMINUS. Meine Angst ist, dass just das Argument: “Wer nichts zu verbergen hat, kann nicht gegen die Überwachung sein” dazu führt, dass wir in ca. 15 Jahren chines. Verhältnisse haben. Schließlich muss derjenige, der dagegen ist, offenbar “Dreck am Stecken haben”.
    Man führt immer irgendeine Zwangsmaßnahme ein, indem man sich auf den “Patientenschutz” (Beispiel: Impfpflicht) oder auf den “Bürgerschutz” (Bahnhofsgebiet) beruft. Die Krux ist: Nebenwirkungen dieser Maßnahmen werden systematisch ausgeblendet oder geleugnet, weil man nur auf die 1-2 Schutzfälle pro Jahr focussiert. Systemisch-ökologisches Denken – Fehlanzeige!

  • Julian86

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    Das Thema der anlasslosen Überwachung ist ein bundesweites. Mit Federführung Seehofer, was sich hieraus ergibt:
    https://www.zeit.de/2020/04/ueberwachung-anonymitaet-gesichtserkennung-staedte-veroedung-buergerrechte

    Die Frage nach dem OB ist die erste:
    Liegen die Voraussetzungen überhaupt vor: Frage nach dem sog. Kriminalitätsschwerpunkt. Ich will anregen, dass die Piratin, die hier insoweit schon widersprochen hat, ihr Wissen noch mehr konkretisiert. Dann muss man ggf. gegen den Freistaat rasch eine Klage einreichen, beim VG Regensburg.
    Niemand darf hier weiter von der Couch aus zuschauen, wie – auf einer Spielweise gleich – die Freiheit den Tod findet, schrittweise, regelmäßig von konservativen politischen Kräften realisiert. Aufwachen!!

    Die Gesichtserkennung mit einer Vernetzung über die Personalausweise etc., hat sie nicht bereits totalitäre Züge? Widerspricht sie nicht der Rechtsprechung des BVerfG, wonach das Anlegen von multiplen ÜberwachungsPROFILEN nicht geht?

    Hat der bundesweit Verantwortliche bereits “chinesische” Gesichtszüge? Hülfe es etwas, wenn Söder (siehe Augsburger Allgemeine Zeitung) mit einer Regierungsrochade (Scheuer und) Seehofer ablöste?

    https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/CSU-Spitzenkreise-rechnen-mit-Abloesung-fuer-Seehofer-und-Scheuer-id56468196.html

    Dazu auch ein Kommentar des Chefredakteurs, der nochmal an die “Schmutzeleien” erinnert, ein Begriff, der u.U. auf Seehofer selbst zurückfallen könnte. Die Freiheit im öffentlichen Raum, soll sie nicht “beschmutzt” werden? Durch einen Staat, der gegen seine Bürgerschaft anlasslos zu Felde ziehen will?
    https://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Darum-muss-Soeder-Seehofer-und-Scheuer-auswechseln-id56470011.html

  • Julian86

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    Alarmierende Nachricht der NYT. Der Bericht sollte alle Ich-habe-doch-nichts-zu-Verbergen wachrütteln.

    Das US-Unternehmen ClearView hat über drei Milliarden Fotos abgesaugt. Das Unternehmen gibt an, 600 Behörden würden seine Dienste nutzen.

    “The Secretive Company That Might End Privacy as We Know It”
    meldet die NEW YORK TIMES

    https://www.nytimes.com/2020/01/18/technology/clearview-privacy-facial-recognition.html

    Weiß Innenminister Seehofer (CSU), der die Gesichtserkennung bundesweit, wie nie da gewesen, ausweiten will, was er tut? Wird sein chinesisch anmutender Turn unter Achselzucken der Deutschen sein Vermächtnis, ehe ihn Söder demnächst in die Rente schickt? Oder steht der deutschen Michel endlich auf, wie die Frauen im Viertel Shaheen Bagh von Neu-Delhi.
    https://www.spiegel.de/politik/ausland/proteste-in-indien-der-widerstand-der-frauen-a-9dc6bc3c-da3c-4513-bb72-e2de47041c51

  • Julian86

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    2020, das finale Jahr der Inkraftsetzung der Totalüberwachung? Mitbürger, aufwachen !!!!

    Mr. T dankend für den ZEIT-Bericht hier eine gelungene Zusammenschau über das Gesichtserkennungs-Thema und den diversen Forderungen, diese grundsätzlich zu verbieten (SZ). Die EU spielt mit sog. Plänen, Massenscreening für die nächsten 5 Jahre zu verbieten, will aber Ausnahmen zulassen. Seehofers Ministerium prescht voraus, die Frage der Rechtsgrundlage nicht im Fokus? Zeit dem Minister in die Suppe zu spucken; ihn in die Rente zu schicken. 2020 wird die Weiche gestellt, ob wir hier in R, By. und Bund ein totales Überwachungssystem bekommen.

    “Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren.”
    “They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety.”
    Benjamin Franklin, einer der Gründungsväter der USA (1706-1790)

    Sehr informativ mit weiterführenden Links

    „Clearview“: Die Realität der massenhaften Überwachung
    Von Tobias Riegel
    http://www.nachdenkseiten.de (21. 1.2020)

  • Giesinger

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    Wenn es jetzt heißt, “Regensburg wird Grün”, so heißt das für mich:

    Regensburg geht weiter vor die Hunde!

    Zum Glück muß ich dort nicht mehr wohnen!

  • Lothgaßler

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    Die digitale Überwachung ist ja kein reiner Videostream, sondern will ja mehr. Es kann bei der Überwachung auch nicht um Ordnungswidrigkeiten (Alkoholkonsum, Kippen schnippen oder sonstwas) gehen. Hält es Taschendiebe ab, Schläger (im Drogen/Alkohol-Rausch), Amokläufer, Terroristen? Ich sehe keinen Sinn, weil die Überwachung keine präventive Wirkung haben kann und nur ein Scheinsicherheit simuliert, dafür aber geeignet ist bei digitaler Verknüpfung und Verarbeitung massiv in das Leben einzugreifen.
    In China ist der Wille wohl vorhanden durch Überwachung Verhalten zu strafen oder zu belohnen, nach Gusto der Herrschenden.
    Gleich um die Ecke befindet sich die einschlägig für diese Technik bekannte Firma Dallmeier, die schreiben dazu: “Die Lösungen von Dallmeier übertreffen Effizienzanforderungen in allen Dimensionen – von der Bedienbarkeit der Kamerasysteme über die Funktionalität der Analyse- und Management-Software bis zu ausgereiften, KI-basierten Assistenzsystemen.” (https://www.dallmeier.com/de/). Noch Fragen?

  • Julian86

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    Nizza, Freiburg, Mannheim …. Regensburg

    Der Überwachungswahn erscheint wie ein Virus, der um sich greift.
    https://www.badische-zeitung.de/nizza-setzt-als-erste-stadt-europas-umstrittene-gesichtserkennung-auf-strassen-ein

    Weiß hier jemand Bescheid über EU-weite Initiativen, die sich dieser Aushöhlung des Rechtsstaats entgegenstellen?

    Mein Eindruck:
    Neben der Hilflosigkeit der Eliten, die Klimakrise wirkmächtig zu bekämpfen durch schrittweise Setzung stringenter Rahmenbedingungen, “rüstet” man “lieber” auf, um die absehbare Erhebung der Menschen durch nahtlose digitale Überwachung “dereinst” eindämmen zu können, der eigenen Besitzstandswahrung halber. Wie blauäugig!

  • Julian86

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    Danke für den Link, Mr. T.

    Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einem Weißbuch, das sich u.a. mit der Datenbearbeitung, Gesichtserkennung/KI samt Auswirkungen, Datenschutz …. beschäftigt. Es liegt derzeit im Entwurf (englisch) vor, man erwartet seine Fertigstellung Ende Februar.

    Ob es zu einem Verbot der KI/Gesichtserkennung kommt, ist noch offen. Ggf. wären “die Pläne Deutschlands, an 134 Bahnhöfen und 14 Flughäfen automatische Gesichtserkennungssysteme zukünftig einzusetzen” vom Tisch. Der Anwaltverein bezweifelte jüngst, dass es für Gesichtserkennung überhaupt eine Eingriffsnorm geben könne.

    Rascher Überblick nebst Entwurf des Weißbuchs
    https://www.datenschutz-notizen.de/stoppt-bruessel-die-flaechendeckende-gesichtserkennung-0724546/

    Der Entwurf wurde von Euractiv eingesehen, ein 1999 von Christophe Leclercq gegründetes Internet-Nachrichtenportal. Es behandelt Themen mit Bezug zur Europäischen Union.

    Dort geht man vertiefend mit dem überaus wichtigen Thema um. Weiß man doch, dass die EU ein “Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts” ist, sein will. Dabei kommt es auf die rechte Ausgewogenheit an. Die bald nur noch 430 Millionen Europäer laufen Gefahr, vollends ungefragt als “Datenlieferanten” missbraucht, überwacht und fremdgesteuert, mithin als “durchsichtige Ware” entwürdigt zu werden.

    Zitat:

    In dem Kommissionspapier … heißt es, dass ein künftiger Rechtsrahmen „ein zeitlich begrenztes Verbot des Einsatzes von Gesichtserkennungstechnologie in öffentlichen Räumen enthalten könnte“. Das Dokument fügt hinzu, dass „der Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie durch private oder öffentliche Akteure im öffentlichen Raum für einen bestimmten Zeitraum (zum Beispiel drei bis fünf Jahre) verboten wäre, in dem eine solide Methodik zur Bewertung der Auswirkungen dieser Technologie und mögliche Risikomanagementmaßnahmen ermittelt und entwickelt werden könnten“.

    Sehr informativ
    https://www.euractiv.de/section/digitale-agenda/news/leak-kommission-erwaegt-verbot-der-gesichtserkennung-im-ki-weissbuch/

  • frage

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    @Julian86

    hallo, nicht der staat ist das problem. die datensammlungen werden von start ups betrieben, die kommerzielles interesse haben. die daten werden dann u.a. staatlichen institutionen angeboten. nicht umgekehrt. wenn sie so wollen, hinkt der staat hier hinterher.

    im konkreten fall zum bericht erscheint mir der einsatz der personen lohnenswert, allerdings wird falsch argumentiert. eine gesichtserkennung dient nicht per se dazu präventiv zu agieren, sondern straftaten aufklären zu können. diese rate ist erstaunlich hoch und für die strafverfolgungsbehören UND auch vorallem für die opfer oft das einzige mittel, doch noch zu ihrem recht zu kommen. diese werden nämlich in der kompletten diskussion ausgeklammert. hat ein opfer nicht das recht, dass alle zur verfügung stehenden mittel genutzt werden um zu seinem recht zu kommen? verdient es ein täter nicht verurteilt zu werden? diese beiden fragen werden mit verweis auf datenschutz komplett vom tisch gewischt. bis es einen selbst mal trifft…

    die diskussion ist eigentlich aber auch hinfällig. wer ein smartphone besitzt oder das internet nutzt, gibt seine daten preis. das ist sozusagen der blutzoll den dieses medium fordert. die sz hat einen guten artikel dazu geschrieben: daten sind das neue plutonium.

    wer also seine aufrufe über facebook oder online medien verbreitet, hat nicht kapiert, was sache ist. diese vermeintlich anonymen daten lassen wesentlich mehr rückschlüsse auf eine person zu, als eine gesichtserkennung auch in zukunft leisten könnte.

    btw: was sie angesprochen haben in ihren links, ist eine datenbank mit öffentlichen daten von personen, die jeder sammeln kann. geben sie in der google bildersuche “portraitfoto” ein und sie haben die ersten millionen fotos in ihren händen. ganz umsonst. auch hier ist nicht google das problem, sondern die leute, die ihre daten ins netz gestellt haben.

    im beitrag oben ist ein bild in absolut guter auflösung, um eine personifizierung zu betreiben. wer die öffentlichkeit sucht, muss mit dieser leben. diesen fortschritt wird man nicht aufhalten können und ich befürchte, eine gesetzgebung wird daran nichts ändern. das problem ist, dass die datenschutzrechtlichen hürden mittlerweile so hoch sind, dass man die leute, die daten missbrauchen, nicht mehr ermitteln kann. somit traut man also unbekannten personen mehr, als dem staat. tolle sache die man da erreicht hat.

    wenn mal eine demo gegen verbrecher oder straftäter organisiert werden würde, weil die ja dafür verantwortlich sind, dass wir den ganzen mist ertragen müssen, dann wäre ich sofort dabei.

    nicht der staat ist das problem, sondern der mensch. leider…

  • XYZ

    |

    Es geht hier nicht um Überwachung sondern um Prävention – ziemliche Begriffsverwirrung.
    Lebe hier in einem Viertel wo immer wieder Einbruchsversuche stattfinden. Die Polizei beriet: eine sich automatisch einschaltende Beleuchtung rund ums Haus und wenn das nicht langt eine video-kamera die dann wieder löscht wenn nichts war . . .

  • XYZ

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    Was ich noch konkret ergänzen möchte: am Tag nach dem Einbruchsversuch waren zwei Polizeibeamte da, Frau und Mann. Wenn sie eine video-kamera installieren dürfen sie aber nicht den Bürgersteig erfassen, wusste ich eh, aber mehr als korrekt. Zum Bahn- und Busbahnhof drängt sich mir die Frage auf: da geht es auch wesentlich um die Sicherheit der an- und abreisenden Fahrgäste wofür auch Gesetze und Hausrecht bestehen. Wurde das mit DB und Stadt abgestimmt? Wann werden videos gelöscht?

  • XYZ

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    Wenn im Fall der in die Donau gefallenen und unglückseligen Studentin Malanie ein solches Sicherheits- und eben nicht Überwachungs-System – existiert hätte wäre es vielleicht nicht soweit gekommen. Sie befand sich in einem Bus und wollte nach Hause. Und kein video zur Abschreckung und damit etwaigen Verhinderung? Das sind die eigentlichen Probleme . .

  • XYZ

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    Der Ausgangsort der Tragödie war die alte Mälzerei der Brauerei Thurn und Taxis, wo einiges Chaos herrschte, u.a. keine geordnete Abgabe von Handtaschen und Eingangskontrolle soweit ich das mitbekommen habe.

  • Piedro

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    @XYZ
    “Es geht hier nicht um Überwachung sondern um Prävention – ziemliche Begriffsverwirrung.”
    Das glauben Sie wirklich? Verhindert wird gar nichts, es geht um das subjektive Sicherheitsgefühl, das sagt die Polizei doch selbst. Dafür gibt es zahlreiche Kritikpunkte, nicht nur von Datenschützern, auch vom Anwaltsverein, der EU-Komission, Verfassungsrechtlern… Insbesondere zur Ausbaufähigkeit solcher Überwachungssysteme, dem feuchten Traun des Bundeshorsts.

    Aktuell:
    https://www.tagesschau.de/inland/gesichtserkennung-147.html

  • XYZ

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    Piedro
    Das habe ich doch angesprochen. Natürlich muss man dem Missbrauch von big data entgegenwirken, z. B. durch regelmässige und gesetzlich vorgesehene Löschung.

  • Mr. T.

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    Nachtrag zur Meldung:
    Aber wenn die Infrastruktur erst mal vorhanden ist, kann das ganz schnell wieder umgesetzt werden. Deswegen sollte weitr versucht werden, den Aufbau der Infrastruktur bereits zu verhindern.

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