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Versichert, aber nicht sicher

Wie ein versichertes Einschreiben nach Regensburg verschwand und was dann geschah – eine Post-Posse in sieben Akten

Ein versichertes Einschreiben bei der Deutschen Post ist eine sichere Sache? Weit gefehlt. Eine Geschichte darüber, wie die Post ein Buch verschluderte und anschließend alles tat, was die zugesicherte Entschädigung für die Betroffene verhindert hätte. Eigentlich.

Ute Müller ist eine geduldige Frau. Die Wenzenbacherin (Landkreis Regensburg) hat für vieles Verständnis. Dass die Deutsche Post aber ein Buch von ihr verschluderte, versandt per versichertem Einschreiben, sich dann über einen Monat vor der Erstattung drückte – und dass es erst die Anfrage eines Journalisten brauchte –, nennt sie schlicht „Unverschämtheit“.

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Es geht nicht um viel – 25 Euro. Der Buchwert plus die Kosten für das versicherte Einschreiben. Offenbar setzte die Post darauf. Darauf, dass Frau Müller irgendwann aufgibt, wenn man sie wegen eines geringen Schadens auf einen Weg schickt, der an die Geschichte von Asterix und den Passierschein A38 erinnert – Sinnbild dafür, jemanden den Mühlen sinnloser Bürokratie auszusetzen.

1. Akt: Versichert ist sicher

Die Geschichte in den wesentlichen Details. Anfang des Jahres lieh Ute Müller (Name geändert) einer Freundin aus Frankfurt, die zu Besuch war, ein Buch: „Die Reichtumsblaupause“. Weil es ihr wichtig war – es enthielt eine persönliche Widmung –, bat sie die Freundin, es nach dem Lesen zurückzuschicken.

Die Freundin wollte diesen Wunsch erfüllen. Am 14. August ging sie in Frankfurt in eine Postfiliale und schickte „Die Reichtumsblaupause“ zurück nach Wenzenbach per versichertem Einschreiben. Damit auch sicher nichts passiert.

Ute Müller wartete. Einen Tag – so die beworbene Versanddauer bei Einschreiben. Eine Woche. Zehn Tage. Am 26. August lag schließlich ein fein säuberlich in Folie verschweißtes Kuvert in ihrem Briefkasten. Beigelegt: ein Schreiben der Post mit einer Entschuldigung. Das Kuvert sei maschinell beschädigt worden. „Mein Buch sei dabei verloren gegangen. Ich könne bei einer der angegebenen Telefonnummern anrufen und den weiteren Verlauf erfragen.“

2. Akt: Die Post ist auch nicht mehr das, was sie mal war

Sowohl Ute Müller als auch ihre Frankfurter Freundin riefen an. „Unabhängig voneinander erfuhren wir, dass ich ein Schadensformular downloaden müsse.“ Mit dem ausgefüllten Formular und dem „Beweismaterial“, dem verschweißten Kuvert samt Begleitschreiben, müsse Frau Müller in eine Postfiliale in Regensburg gehen. Dort werde „alles Weitere“ veranlasst.

Gesagt, getan. Am 30. August fuhr Ute Müller mit den geforderten Unterlagen zur Postbank-Filiale ins DEZ. „Dort erfuhr ich von der mich bedienenden Mitarbeiterin, es würde noch ein Teil des Schadensformulars fehlen, den sie aber umgehend holte.“

Weiter erfuhr Frau Müller, die Mitarbeiterin könne leider nichts tun außer die Unterlagen an die Postzentrale zu schicken. „Ich würde dann wohl lange Zeit nichts hören, solle aber einfach abwarten.“ Und die Mitarbeiterin ließ noch wissen, dass die Post eben auch nicht mehr das sei, was sie einmal war.

3. Akt: Ein Bekenntnisschreiben verschwindet

Das Schadensformular, das Bekenntnisschreiben der Post zum verschwundenen Buch und das vormals verschweißte Kuvert landeten in einer gelben Kiste. Und Ute Müller harrte der Dinge, die da kommen würden. „Das Buch war ja versichert, also würde ich es auf jeden Fall ersetzt bekommen“, so ihre damalige Hoffnung.

Eine Woche später klingelte der Postbote. Er überreichte ihr das erwähnte Kuvert – frisch in neue Folie verschweißt – und das von ihr ausgefüllte und verschickte Schadensformular. Das Bekenntnisschreiben der Post fehlte. „Zum Glück hatte ich es kopiert. Wer weiß, wie es ansonsten weitergegangen wäre.“

Der freundliche Postbote wusste nun auch nicht, was zu tun sei. Er werde seinen Chef fragen, versprach er. Und siehe da: Am nächsten Tag, wir schreiben den 6. September, kam der Postbote erneut.

„Ich sollte jetzt zur Postfiliale in Wenzenbach, meiner Heimatgemeinde.“ Was dort geschehen werde? Das wisse er nun auch nicht, so der Postbote. Er hätte gern geholfen. Ute Müller blieb geduldig.

4. Akt: Ein Fall, den es noch nie gab

Zwei Tage später stand sie also in der Postfiliale von Wenzenbach, untergebracht in einer Bäckerei. Doch die zwei Mitarbeiterinnen dort wussten auch nicht weiter. Und der Chef, der es vielleicht wissen könnte, war nicht da. „Ich sollte nächste Woche nochmal kommen.“

15. September. Postfiliale Wenzenbach. „Der junge Leiter der Postfiliale erklärte mir, dass er so einen Fall noch nie gehabt habe“, erzählt Frau Müller. Erneut wanderten die Unterlagen in eine Kiste – dieses Mal sogar verplombt. Er werde auch noch in der Zentrale anrufen, versprach der Mann. Dann werde hoffentlich etwas geschehen.

5. Akt: Schweigen, bis der Journalist kommt

Neun Tage später: noch immer keine Rückmeldung. Frau Müller wendet sich an unsere Redaktion. Wir schicken am 30. September eine Chronologie der Ereignisse an die Pressestelle der Post – mit der Bitte um Antwort binnen drei Tagen. Es wird Oktober.

Einen Tag vor Fristablauf meldet sich eine Pressesprecherin der DHL Group Süd. Sie brauche leider noch etwas Zeit. „Wir melden uns so schnell wie möglich bei Ihnen zurück.“ Danke fürs Verständnis – und tschüss.

Unterdessen bewegt sich bei Ute Müller etwas. Eine Post-Mitarbeiterin aus Straubing meldet sich, bedauert und verspricht, sich zu kümmern. Vielleicht liege das Buch ja in Marburg – dort, wo Verlorengegangenes gesammelt werde.

Doch dort ist das Buch nicht, erfährt Ute Müller ein paar Tage später. Die Mitarbeiterin bittet nun, ihr den Sendungsverlauf zu schicken. Nö, sagt Frau Müller. Jetzt endgültig genervt. Das sei nun wirklich genug. Sie erwarte Ersatz für ihr Buch. Das sei Aufgabe der Post – nicht ihre. Der Journalist habe alle Unterlagen und werde dann eben schreiben.

6. Akt: Ein ungewöhnliches Verständnis von Presse 

Am 6. Oktober trifft in unserer Redaktion die Antwort der Pressestelle ein. Viel Bedauern, Zahlen zu den jährlich versandten Paketen, Päckchen und Briefen. Und die Beteuerung, dass der Post die Zufriedenheit der Kunden am Herzen liege und man sich jetzt um Frau Müllers Anliegen kümmere. Ein „unvorhersehbarer Krankenstand“ sei schuld an der Misere gewesen.

Außerdem heißt es: „Nach unserem Kenntnisstand sieht Frau Müller von einer Berichterstattung ab.“ Abgesehen davon, dass das, nun ja, nicht der Wahrheit entspricht, wäre es auch nicht Frau Müllers Aufgabe, von einer Berichterstattung abzusehen, sondern unsere. Wir verzichten auf eine Grundsatzdebatte mit der Mitarbeiterin über das Presseverständnis der Deutschen Post. Die Antwort reicht auch so.

7. Akt: Es gibt sogar Briefmarken

Am 8. Oktober ist es soweit. Ute Müller erhält ein wertschätzendes, bedauerndes Schreiben der Deutschen Post mit der Bitte um Kontodaten, um ihr den „für Einschreiben festgelegten Höchstbetrag“ von 25 Euro zu überweisen. Als Wiedergutmachung gibt es obendrauf sogar 19 Euro in Briefmarken. Die würden fast für vier versicherte Einschreiben reichen. Doch wer weiß, ob die ankommen, was dann passiert und wie und an wen man sich dann wenden muss.

Epilog: Hartnäckigkeit lohnt sich – doch wer tut sich das an?

So wie Frau Müller erging es im ersten Halbjahr 2025 mindestens 23.000 Kunden der Post und ihrer Tochter DHL. So viele Beschwerden gingen bei der Bundesnetzagentur ein – Rekord. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein – Ute Müller hat sich dort ja nicht einmal beschwert.

Angesichts solcher Zahlen kann es sich lohnen, Kunden, die ihre Post nicht erhalten, auf die Reise nach dem Passierschein A38 zu schicken – und sich so Entschädigungen zu sparen. Wer tut sich das schon an – für 25 Euro plus Briefmarken. Und wer bleibt so freundlich und geduldig wie Frau Müller.

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Kommentare (7)

  • Stephan

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    Ute Müller sollte der Post sehr dankbar sein.
    “Geld kommt”-Esoterik hat noch niemandem zu Reichtum verholfen, außer vielleicht den Autor*innen. Meistens nicht mal diesen.
    Besser: ganz traditionell in der Kirche um Geld beten! 😉

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  • Karl Straube

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    @Stephan: wenn ich Frau Müller wäre, empfände ich Ihren “Guten Rat” als Unverschämtheit. Zu Ihrem besseren Verständnis: es geht nicht um ein beim Verlag bestelltes Buch, das nicht kam sondern um die Rücksendung eines entliehenen Buches.

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  • Lilith

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    So wie die Post/DHL mit Päckchen und Paketen umgeht wundert mich das absolut nicht. Ich hab dieses Jahr schon einige beschädigte Pakete bekommen. Eines ging sogar zurück…
    Mittlerweile setze ich auf DPD, die sind schnell und es geht nix kaputt :)

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  • BernieTheRockie

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    Ich habe mal bei UPS Pakete ausgetragen. Mein Chef machte Eigenwerbung, an die ich mich bis heute erinnern kann: “Wenn Dein Brief eilig ist, binde einen Ziegelstein dran und gib ihn bei UPS auf. Mit dem Stein ist der dann schneller beim Empfänger als der Brief allein, den Du bei der Post aufgibst.” —- Zur Erklärung: damals gab es das Postmonopol, nur die Post durfte Briefe befördern und zustellen. Darum musste bei UPS unbedingt ein Paket verschickt werden.

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  • Daniela

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    Voran, stelle ich einfach einmal fest, dass wohl letztes Jahr 1,7 Mrd Paketsendungen mit DHL versandt wurden..

    Die Leistungen, die jede/ jeder Einzelne MitarbeiterIn erbringt, ist wirklich bewundernswert, bei Wind und Wetter, 6 Tage die Woche. Und dies in Zeiten, wo sogar 20 kg Säcke mit Hundefutter versandt werden und auch in höher liegende Etagen gebracht werden.

    Man sollte daher DHL MitarbeiterInnen mit Respekt und Achtung begegnen.

    Was von der Reklamation-/ Beschwerde-/Schadenersatzstelle von DHL zu halten ist, darüber darf man geteilter Meinung sein. Es scheint als habe DHL hier Bedarf seine Abläufe auf Qualität und Quantität zu überprüfen.

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  • Thomas

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    Ein Buch verschickt man aber auch nicht in so einem Umschlag…dass das nichts wird war schon fast klar. Das hätten die Mitarbeiter bei der Aufgabe schon wissen müssen.

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  • Wilfried Süß

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    Wir hatten jahrzehntelang freundliche und zuverlässliche Zusteller von der Post (später DHL). Seit einigen Wochen gibt es neue Zusteller, die oft wechseln. Da werden Paketsendungen für mehrere Empfänger immer wieder einfach vor der Tür des Mehrfamilienhauses am Boden abgelegt, obwohl wir zuhause sind. Früher klingelte der Zusteller bei einem der Nachbarn, der dann die Sendung für andere entgegennahm. Kürzlich schickten wir ein Paket mit einem handgefertigten Unikat nach Bremen. In der Adresse war die Endziffer der zweistelligen Hausnummer um einen Wert falsch eingetragen (es wäre in einer Gartenstadt das Nachbarhaus gewesen). Bei der Rücksendung an uns Absender kombinierte DHL den Namen des Empfängers in Bremen mit unserer Anschrift, so dass der Zusteller hier das Paket als unzustellbar wieder an irgendeine Stelle zurückgab. Erst über Umwege durch Nachverfolgung kamen wir wieder in den Besitz des Pakets und versandten es ein Zweitesmal. Man könnte das mit dem Verteilerpunkt in Pollenried einfach klären. Dessen Telefonnummer ist aber nicht öffentlich und so muss man sein Anliegen in Köln einem schlecht trainierten AI-ler schildern, der erst nach dem Drittenmal an eine Person weitergibt, die sich zwar bemüht, aber dann lediglich auf ein Formular im Internet verweist. Als Antwort bekommt man dann später einen Serienbrief mit einer tröstenden Entschuldigungsfloskel und der Zusicherung, man habe die zuständige Stelle informiert.

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