„Kein Vertrauen mehr“: Die Oberender-Berater sind im Krankenhaus Kelheim raus
„In beiderseitigem Einvernehmen“ habe man den Mangagementvertrag für das Krankenhaus Kelheim mit der Oberender AG vorzeitig beendet, heißt es von der Caritas. Damit endet wieder einmal ein Vertrag mit den Bayreuther Beratern vorzeitig. Und wieder einmal hinterlässt man einen Scherbenhaufen. Wie hoch der Schaden ist, den der Landkreis tragen muss, bleibt unklar.
Im Juni 2022 zeigte man sich immun gegen Bedenken und Kritik: Caritas-Direktor Michael Weißmann, Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Prokop, Geschäftsführerin Sabine Hehn, Landrat Martin Neumeyer und Jan Hack, Vorstand der Oberender AG. Nun ist die Oberender AG weg und der Landkreis steht vor einem Scherbenhaufen. Foto: pm/H.C. Wagner
Erst wurde Oberender-Beraterin Sabine Hehn von einem Tag auf den anderen als Geschäftsführerin des Kelheimer Krankenhauses gefeuert. Dann schloss der OP für vier Wochen „wegen dringender Umbauarbeiten“. Nun wurde auch der eigentlich bis mindestens 2026 laufende Managementvertrag mit der Bayreuther Oberender AG vorzeitig beendet. „In beiderseitigem Einvernehmen“, wie es in einer Pressemitteilung der Caritas heißt.
Die Geschäftsführung wird demnach künftig wieder in Eigenregie erfolgen. Der Aufsichtsrat hat letzten Donnerstag die bisherige Prokuristin Claudia Eder als Hehns Nachfolgerin berufen. Damit endet das Mandat der vielfach kritisierten Beratungsfirma Oberender auch in Kelheim vorzeitig – nach nicht einmal drei Jahren.
„Zukunftskonzept“ der Oberender AG blieb leeres Versprechen
Über die konkreten Gründe schweigt man sich nach wie vor aus. Mit Blick auf Sabine Hehn ist lediglich die Rede davon, „dass das erforderliche Vertrauen in die Führung des Hauses nicht mehr bestand“.
Offenkundig ist jedoch, dass das „Zukunftskonzept“ für das Kelheimer Krankenhaus, das Oberender Anfang 2022 im Kreistag präsentiert hat, in den zentralen Punkten nicht umgesetzt wurde. Es gibt weder eine Abteilung für Urologie noch eine funktionierende Geriatrie.
Die neue Geschäftsführerin in Kelheim: Claudia Eder. Foto: pm
Auch Hehns Umgang mit den Beschäftigten stand immer wieder in der Kritik. Es gab zahlreiche Personalwechsel, insbesondere in leitenden Positionen – sowohl im medizinischen Bereich als auch in Verwaltung und Pflege.
In der Sterilgutversorgung des OPs soll offiziell nicht bestätigten Aussagen zufolge zuletzt Reinigungspersonal eingesetzt worden sein, das dafür nicht qualifiziert war – wohl, um Geld zu sparen. In der Folge kam es demnach zu Hygienemängeln. Nach dem Hinweis einer Mitarbeiterin an die Gesellschafter – Caritas und Landkreis Kelheim – und einer internen Begehung wurde der OP-Bereich schließlich geschlossen. Laut der Pressemitteilung sollen die notwendigen Umbauarbeiten bis Mitte Mai abgeschlossen sein.
Warum ging beim Neubau nichts voran?
Ein schon lange geplanter Neubau der Operationssäle, sie stammen aus dem Jahr 1974, befand sich bis zur Übernahme der Klinik durch die Caritas und Oberender 2022 bereits auf der Zielgeraden. Nach dem Trägerwechsel sei „infolge zusätzlicher externer Operateure, die zur wirtschaftlichen Stabilisierung des Krankenhauses beitragen sollten und geänderter Vorgaben für Operationssäle“ die freigegebene Planung aber nicht mehr verwendbar gewesen, so die Caritas.
Damit widerspricht man Aussagen aus dem Aufsichtsrat, denen zufolge der OP-Neubau unter der Oberender AG nicht mehr sonderlich zielstrebig weiterverfolgt und man immer wieder vertröstet worden sei. So oder so: Für Anfang Mai ist laut Caritas eine Besprechung mit der Regierung von Niederbayern anberaumt, um den OP-Neubau nun voranzutreiben.
Kein tragfähiges Konzept – Kelheim ist kein Einzelfall
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Offen bleibt bei alledem die Frage, ob die Kooperation mit den externen Operateuren, dem Sportopaedicum, als dritte Säule des „Zukunftskonzepts“ überhaupt tragfähig war, ohne neugebauten OP-Bereich. Zuletzt operierten die Sportopaedicum-Ärzte kaum noch in Kelheim, sondern verstärkt in Regensburg.
Als Fazit bleibt damit, dass das Oberender-Konzept, auf dessen Basis die Kooperation mit der Caritas 2022 durch den Kreistag gepeitscht wurde, in keinem der zentralen Punkte tragfähig war. Kein Einzelfall: Einige Jahre zuvor hatte Oberender im Krankenhaus Ingelheim (Rheinland-Pfalz) ähnlich unrühmliche Spuren hinterlassen, die sogar den dortigen Landesrechnungshof beschäftigten.
Dessen Resümee 2019: kein tragfähiges Konzept, hohe finanzielle Risiken, keine belastbare Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung, freihändige Vergabe von Leistungen ohne Ausschreibung, ein überhöhtes Grundhonorar für die Geschäftsführung von 528.000 Euro netto. Geschäftsführerin auch dort: Oberender-Beraterin Sabine Hehn.
Das Sagen hat die Caritas, die Kosten der Landkreis
Welche Kosten das von Anfang an von einzelnen Kreisräten, aber auch externen Stellen kritisierte Oberender-Engagement in Kelheim verursacht hat, ist bislang nicht bekannt. Ebenso wenig, wie hoch der Schaden für den Landkreis Kelheim ist, der im Rahmen der 2022 beschlossenen „strategischen Partnerschaft“ mit der Caritas das volle Kostenrisiko trägt. Die Caritas hat hingegen das Sagen und war auch verantwortlich dafür, dass Oberender mit im Boot saß.
Caritas-Direktor Michael Weißmann und Landrat Martin Neumeyer beim Besiegeln ihrer „strategische Partnerschaft“ 2022. Aktuell bleiben davon lediglich Durchhalteparolen. Foto: pm
Die Krankenhausgesellschaft versuche, „durch Inanspruchnahme von Ausfall- und Haftpflichtversicherungen den Schaden durch entgangene Einnahmen so gering wie möglich zu halten“, heißt es in der Pressemitteilung des Diözesanverbands. „Zu diesem Zweck werden umfangreiche Dokumentationen über die Ursachen, Verantwortlichkeiten und Folgen der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt.“ Ob dabei auch die Oberender AG für mögliche Versäumnisse in Regress genommen werden kann und auch wird, bleibt offen.
Oberender AG berät auch die Bundesregierung
Es hängt wohl davon ab, wie die Beendigung der Kooperation mit Oberender „in beiderseitigem Einvernehmen“ konkret ausgestaltet wurde. Mehrere Kreisräte haben zwischenzeitlich beantragt, detailliert über die genauen Umstände von Hehns Entlassung und die Schließung der OP-Säle informiert zu werden. Das könnte möglicherweise bereits am heutigen Montag erfolgen – bei einer nichtöffentlichen Sitzung des Kreistages.
Bemerkenswert: Die Oberender AG, die nicht nur in Kelheim einen Scherbenhaufen hinterlassen hat, war auch für die bisherige Bundesregierung tätig – als Berater zu den Auswirkungen der Krankenhausreform.
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Mr. T.
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Und, wer zahlt’s?
Die geheime Wahl verhindert leider, dass man die zur Kasse bittet, die solche Stümper an die Spitze des Landkreises gewählt haben. Diejenigen, die es besser gewusst hätten, müssen leider mitzahlen.
Lenerl
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Mmmhhh, ich weiß jetzt auch nicht. Wenn man den Bericht von April 2022 liest, dann erscheint es einem, als hätte Herr Aigner eine Glaskugel im Büro stehen.
https://www.regensburg-digital.de/oberender-caritas-kelheim-uebernahme-der-goldberg-klinik-ein-landkreis-wird-knecht-am-eigenen-hof/11042022/
Der letzte Satz war damals: “Da hilft wohl nur Beten für die Goldberg-Klinik. Insofern ist man bei der Kirche ja genau richtig.”
Da sag ich nur: AMEN!
Aber mir fällt auf: Herr Aigner hat ja gar keine Glaskugel gebraucht, weil er hatte ja gut recherchierte Informationen. Da frage ich mich: Ist man bei der Caritas etwa nicht in der Lage reale Informationen zu verarbeiten, weil man ja so tief im GLAUBEN verankert ist? Oder ist es einfach Wurscht, weil das Geld in den Geschäftsfeldern der sozialen Arbeit und der gesundheitlichen Versorgung ja eh immer irgendwie weiter fließt?
(Stichwort: Wer zahlt´s?)
Es wird höchste Zeit mal draufzuschauen, was die Gesellschaft Missmanagement im GESAMTEN Sozial- und Gesundheitsbereich kostet (insbesondere in kirchlicher & öffentlicher Trägerschaft), anstatt immer nur z.B. auf Bürgergeldempfängern rumzuhacken.
Manfred Martin
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Ich gratuliere der Caritas sowie den Verantwortlichen beim Landkreis Kehlheim für die kluge Entscheidung.
Ich wünsche den Verantwortliche, dass sie gute Juristen haben, die der Fa. Obereder AG Fehler oder besser Betrug nachweisen können!
Tatsache ist aber, daß 4 von 5 Bayerische Kliniken finanzielle Probleme haben. Vielleicht sollte Herr Söder sich erst mal um gute medizinische Versorgung und anderen sozialen Bereiche kümmern, bevor er von seinem Flug auf den Mars träumt.
Günther Herzig
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@Manfred Martin
28. April 2025 um 15:59 | #
Clemens Prokop, Aufsichtsrat, benannt von der Caritas, ist Jurist. Er war immerhin Langerichstpräsident in Regensburg für die Caritas.
Lenerl
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Ja, Herr Herzig, schön dass Sie es ansprechen. Da hab ich hier doch gleich ein schönes Zitat gefunden: https://www.100jahrecaritas.de/aktuelles/caritas-krankenhaus-st-lukas-neue-ara-beginnt
„Der Startschuss ist gefallen. Wir gehen jetzt ins Rennen und wollen am Ende auch gewinnen!“ Dr. Clemens Prokop, Vorsitzender des Aufsichtsrats
Vielleicht hat der ehrwürdige Herr Landgerichtspräsident in Rente da was durcheinander gebracht und ist im Geiste doch noch Sportfunktionär?
Vielleicht braucht´s in Zukunft ja einen Aufsichtsrats- Aufsichtsrat, um das Ganze dann endgültig ad absurdum zu führen.
Pflegewissenschaft
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Wie immer. Die Herren aus der Politik wollen mit dem eigenen Krankenhaus glänzen. Dass dafür längst flächendeckend kein qualifiziertes Personal mehr zur Verfügung steht, wird wie immer negiert. Dass die Politik beim Thema Pflege eher das müde Gähnen plagt, ist seit Jahrzehnten ebenso bekannt. Dann kommen d Erbsenzähler und pressen d Zitrone noch gänzlich aus. Reinigung in den Steri usw, Uhren an d Wände, die die Naht-/Schnittzeiten auf d Zehntelsekunde messen. Verdientes Personal vergraulen. Nur blöd, wenn aussenrum d Bude einstürzt. Leider muss man auch hier feststellen: gute Pflege (und Medizin) soll nichts kosten. Die Berufe hat man ausbluten lassen, die ausländ Pflegekräfte sollen es dann lösen. So wirds nicht mehr funktionieren. Ginge es um Autoproduktion, wäre das Szenario so nicht eingetreten. Die Kelheimer werden wie so viele aus der Peripherie auf “ihr” Krankenhaus wohl eher verzichten müssen….das wird wohl mittelfristig ein MVZ mehr geben. Da freuen sich dann wieder d Bauunternehmer. Oberender zieht indes fröhlich weiter und presst woanders feste aus. Das System ist krank, Leute!
Günther Herzig
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@Lenerl
28. April 2025 um 21:17 | #
Ich kenne ihn persönlich aus seiner Tätigkeit als Richter. Vorher habe ich seine Karriere als Sportler und später als Präsident des Leichtathleticverbands interessiert verfolgr. Ich habe ihn in beiden Bereichen, als Richter und als Verbandsvertreter geschätzt. Irritiert hat mich zuletzt, dass er nun auch noch im Aufsichtsrat des unter Kuratel der katholischen Kirche stehenden Caritasverbandes Verbands erscheinen musste. Braucht man das als Sahnehäubchen eines sonst anerkannten und erfolgreichen Lebens? Jetzt fehlt uns nur noch Kardinal Müller als Papst. Die Kirche arbeitet intensiv daran ihren Bedeutungsverlust in der Gesellschaft zu erweitern.
Lenerl
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Hallo Herr Herzig :-)
was der Herr Dr. Prokop braucht oder was für Sahnetörtchen er zum Karriere- Nachtisch verspeist ist mir eigentlich total wurscht.
Was WIR (also der normalsterbliche, gesetzlich versicherte Teil der Bevölkerung) nicht mehr brauchen, sind Leute, die trotz entsprechender Warnungen unsere Kohle sehenden Auges in den Sand setzen, weil sie irgendwie denken es besser zu wissen oder weil sie es einfach können.
Wenn die Caritas die “Profis” sind, weil’s im St. Josef ja so super läuft (Zitat Landrat Neumeyer https://www.tvaktuell.com/mediathek/video/kelheim-aufsichtsrat-des-krankenhaus-st-lukas-hat-seine-arbeit-aufgenommen/), warum engagieren sie dann Oberender?
Aber ich hör schon auf Fragen zu stellen, die am Ende vielleicht noch teuer von einer PR- Agentur beantwortet werden müssen, weil der Aufsichtsrat selbst nicht mal sprachfähig ist. Dann zahl´ ma wieder drauf.
@ Pflegewissenschaft: Genau so ist es. Und immer schön am Verbrauchsmaterial sparen, weil zu viele Pflaster können wir uns beim besten Willen nicht mehr leisten, gell!? ;-)