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Kommentar

Ein Alleingang der Regensburger Landrätin für die Tonne

Die Einführung der Gelben Tonne im Landkreis Regensburg ist vorerst gescheitert. Das Landratsamt unterlag bei einem entsprechenden Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht. Das hat Landrätin Tanja Schweiger sehenden Auges in Kauf genommen.

Tanja Schweiger erließ sehenden Auges eine Rahmenvorgabe, die einen Rechtstreit unvermeidlich machte. Fotos: Staudinger/ Wikimedia Commons

Die Einführung der Gelben Tonne im Landkreis Regensburg ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Von einem solchen Missverständnis scheint auch die Regensburger Landrätin betroffen zu sein, darüber, was ihre Verantwortung ist.

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Nach dem vorläufigen Scheitern der Einführung – der Landkreis verlor einen Rechtsstreit gegen die Betreiber des Dualen Systems – veröffentlichte Tanja Schweiger eine Pressemitteilung mit einer eigenwilligen Interpretation der Ereignisse. Zeit für einen Rückblick.

Die Landrätin war immer eine Gegnerin der Gelben Tonne

Im November 2022 starteten CSU und JU ein Bürgerbegehren, um das bisherige Bring-System für Verpackungsmaterial zu den Wertstoffhöfen auf ein Hol-System mit der Gelben Tonne umzustellen.

Das Thema wurde schon länger diskutiert. Bereits im Oktober 2021 wurde dem Umweltausschuss des Kreistags bei einem kleinen Buffet ein Gutachten dazu vorgestellt – bezeichnenderweise auf dem Gelände der Firma Meindl, die vom Bring-System profitiert und deren Inhaber den Kreisräten einen kleinen Vortrag halten durften.

Landrätin Tanja Schweiger und ihre Koalitionsmehrheit im Kreistag waren durchweg gegen die Gelbe Tonne – auch nach dem Vorstoß der CSU 2022. Doch JU und CSU sammelten Unterschriften und erreichten schnell das notwendige Quorum für einen Bürgerentscheid.

Erster Rechtstreit: unliebsames Bürgerbegehren

Die Regierung der Oberpfalz erklärte die Fragestellung wenig später für rechtlich unzulässig, obwohl sie von einem renommierten Verwaltungsrechtler erarbeitet und mit dem bayerischen Innenministerium abgestimmt war.

Der Fall landete vor dem Verwaltungsgericht, wo man sich einige Monate stritt, bis der Landkreis selbst eine Bürgerbefragung durchführte. Diese ergab, dass eine Mehrheit der Landkreisbewohnerinnen die Gelbe Tonne wünscht. Der Rechtsstreit wurde gütlich beigelegt, die genauen Vereinbarungen blieben jedoch unbekannt.

Generalvollmacht ließ der Landrätin alle Optionen

Im März 2023 gab der Regensburger Kreistag Landrätin Schweiger eine Generalvollmacht: Die Gelbe Tonne sollte kommen, und Schweiger sollte die entsprechenden Vereinbarungen mit den Betreibern des Dualen Systems treffen oder eine Rahmenvorgabe erlassen. Diese Entscheidung fiel gegen einen Großteil der Stimmen ihrer eigenen Fraktion der Freien Wähler.

Die Betreiber des Dualen Systems, die Reclay Systems GmbH, wären verhandlungsbereit gewesen. Ein Start 2027 und ein vierwöchiger Abholrhythmus wären möglich gewesen.

Doch dazu kam es nicht. Die Landrätin entschied anders. Sie erließ im Alleingang eine Rahmenvorgabe für eine frühere Einführung im Januar 2025 und einen zweiwöchigen Abholrhythmus. Damit nahm Schweiger einen Rechtsstreit mit Reclay in Kauf, den der Landkreis letzte Woche verlor. Ob die Gelbe Tonne nun jemals kommt, bleibt offen.

Wie konnte es dazu kommen?

Trotziger Alleingang mit Folgen

In einer Pressemitteilung schiebt die Landrätin die Verantwortung den Initiatoren des Bürgerbegehrens zu. Diese hätten einen zweiwöchigen Abholrhythmus gefordert und der Kreistag eine Einführung zum nächstmöglichen Zeitpunkt verlangt.

Ist es volksnah oder populistisch, jeder Forderung eines Bürgerbegehrens nachzugeben, gegen das man sich zuvor mit aller Macht gestemmt hat? Wäre es nicht die Aufgabe einer Landrätin, die vom Kreistag Generalvollmacht erhalten hat, eine umsetzbare Lösung zu finden? Zumal dann, wenn die Modalitäten einer Einigung bekannt wären?

Aus der CSU hört man mittlerweile Stimmen, die der Landrätin unterstellen, absichtlich eine nicht umsetzbare Rahmenvorgabe erlassen zu haben, um einen Rechtsstreit zu provozieren und die Gelbe Tonne zu Fall zu bringen.

Schweiger verweist in ihrer Pressemitteilung darauf, dass sie den Kreistag am 25. Mai 2023 darüber informiert habe, dass die Verhandlungen mit Reclay gescheitert seien und sie nun eine Rahmenvorgabe erlassen werde. Doch wer das Protokoll der Sitzung einsieht, könnte das anders sehen.

Rechtsstreit bewusst in Kauf genommen

Kurz zusammengefasst zeigte sich Schweiger genervt von den Forderungen der Initiatoren des Bürgerbegehrens. Sie sagte, dass der geforderte 14-tägige Abholrhythmus nicht praktikabel sei, sie aber dennoch eine solche Vorgabe erlassen werde, ungeachtet der absehbaren negativen Konsequenzen. Sie wolle sich keine Unfähigkeit mehr vorwerfen lassen.

Warnungen während der Sitzung ignorierte Schweiger und setzte den Kreistag über ihre Entscheidung lediglich in Kenntnis. An der Entscheidung beteiligt waren die Kreisräte nicht.

Dieser Alleingang war nicht nötig und unsouverän. Die Generalvollmacht ermöglichte Schweiger alle Optionen – zum Beispiel einen Start 2027 mit einem vierwöchigen Abholrhythmus und damit eine Einigung mit der Reclay GmbH.

Dass sie nun den Initiatoren des Bürgerbegehrens die Schuld für die verfahrene Situation gibt, ist dreist. Verantwortlich für den teuren Rechtsstreit und die ungewisse Einführung des Hol-Systems ist ihr trotziger Alleingang. Der war für die Tonne, wenn auch nicht für die gelbe.

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Kommentare (3)

  • Michinga

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    schon immer wieder unglaublich wie man sich in Stadt- und Landkreis gegen vernünftige Lösungen sträubt. Einmal von Regierenden wie hier und manch anderes mal von der Einwohnerschaft.

    Man muss sich schon fragen, warum es in der Region keine vernünftige öffentliche Daseinsfürsorge gibt. Angefangen bei gelben Säcken in der Stadt – wie wäre es mit einer gelben Tonne?! die beim Befüllen nicht kaputt geht wie die windigen Säcke – zu quartiers-Biotonnen – bei denen man zum Müllpilger wird – statt Biotonne je Haus.

    Man könnte weiter machen zum ÖPNV – übrigens hier ein interessanter Beitrag der TAZ zum Thema…
    https://taz.de/Verkehrswende-mit-Strassenbahn/!6097474/

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  • KW

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    Unabhängig von einer weiteren Politikposse, die gelbe Tonne/Sack aber als vernünftige Lösung darzustellen ist lediglich Augenwischerei. Vernünftig ist das nur im Sinne von “aus dem Augen, aus dem Sinn” bzw. ab in die Ozeane.
    Ein sehr großer Anteil des Plastikmülls welcher die Europa-Großen Plastik-Inseln im Pazifik und Atlantik ausmacht ist nämlich leider der von uns in den letzten Jahrzehnten akribisch getrennte Wohlstandsplastikmüll.
    Das Gewissen freut sich, die Statistiken in denen der exportierte Müll als recycelt geführt wird freuen sich und die weltweit sich dumm und dämlich verdienende Müllentsorgungsindustrie freut sich wohl am meisten.
    Besser in den Hausmüll mit Plastik, die thermische Verwertung ist dann immer noch besser. Am besten jedoch ist es, nach Möglichkeit Plastikmüll vermeiden, wobei das zugegebenermassen schwer zu 100% gelingt. Und in gelbe Tonnen/Säcke nur noch Alu, Weissblech und ähnliches geben, welches tatsächlich auch recycelt wird.

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  • Klaus Nebl

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    Nun zu diesem Artikel gibt es schon ein paar Details anzumerken: Noch vor dem Bürgerbegehren initiierte die Nachwuchsorganisation der CSU eine interne Befragung im Jahre 2022 um herauszufinden, wie viele Mitglieder für die Gelbe Tonne seien. Hintergrund war hauptsächlich, dass man ein Wahlkampfthema für den damaligen Bürgermeister von Sinzing Patrick Grossmann suchte, der im Wahlkampf zum Landtagsabgeordneten später stand. Der Kreistag hatte dann in seiner Sitzung vom 18. Juli 2022 mit großer Mehrheit beschlossen, das populistische Ratsbegehren der Landkreis CSU abzulehnen und die Einführung eines “gelben Systems” momentan nicht zu beschließen. Die CSU lies aber nicht nach und beschloß ein Bürgerbegehren durchzuführen. Dieses Begehren wurde von der Regierung der Oberpfalz geprüft und man kam zum Ergebnis Hauptsächlich auch, weil es viele falsche Behauptungen enthielt, was die MZ später dazu führte November folgend zu titeln “Hat die CSU für die gelbe Tonne geflunkter?” Aufgeführt wurde auf dem Zettel für die Unterschriftenliste zahlreiche Tatsachenbehauptungen, deren Wahrheitsgehalt zumindest fragwürdig waren. „Wertstoffhöfe können erhalten bleiben“ etwa – das wäre bei einer
    Systemumstellung zumindest fraglich „Keine zusätzlichen Müllgebühren“
    wurden ebenfalls von der CSU behauptet – und auch die Behauptung, dass
    ein Abholsystem eine höhere Recyclingquote mit sich bringen würde, kann
    zumindest angezweifelt werden. In folge dessen kam es dann auf Beschluss des Kreistages zu einer Bürgerbefragung. An dieser Bürgerbefragung nahmen nur knapp 20% der Haushalte im Landkreis Regensburg teil und in Summe haben sich dann 11.167 Haushalte im Landkreis Regensburg für die gelbe Tonne ausgesprochen, das entspricht 11,5% aller angeschriebenen Haushalte (ca. 97.000) im Landkreis. Ob man daher aufgrund des mickrigen Ergebnisses von einer Mehrheit für die Gelben Tonne aller Haushalte sprechen kann, ist mehr als zweifelhaft. Ich war immer gegen die Einführung der Gelben Tonne und bin gegen die Einführung der Gelben Tonne. Das weitere Geschehen bis zum Ende des Rechtstreites mögen andere beurteilen. Aber Fakt ist und bleibt: Nach der Einführungen werden die Müllgebühren ansteigen müssen (da die Mitbenutzungsgebühren in Höhe von 500.000 Euro wegfallen werden). Wertstoffhöfe werden möglicherweise geschlossen (in einem anderen Landkreis wurden fast 50% der bestehenden Wertstoffhöfe nach Einführung) geschlossen. In vielen Mehrfamilienhäusern ist gar kein Platz mehr für eine weitere Tonne. Die Sortierreinheit in der Gelben Tonne ist wesentlich geringer als beim Bringsystem. Probleme, die die CSU verschwiegen hat aber sehr wohl wusste. Klaus Nebl, Kreisrat im Landkreis Regensburg

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