12 Jan2012
Ein Seehofer ohne Mumm, ein Wulff ohne Souveränität und ein Verfassungsschutz, der NS-Verbrechen verharmlost

„Tritt Wulff zurück, kippt die Koalition!“
„Er hat die schlechtesten Berater, die es auf Erden gibt“, sagt Gysi mit Blick auf Wulffs Mailbox-Drohungen bei Bild-Chef Kai Diekmann. Einen Rücktritt fordert er – da sieht man manchem Medienvertreter die Enttäuschung an – ausdrücklich nicht. „Ich stelle mir aber schon die Frage, inwiefern Herr Wulff sein Amt noch unabhängig und souverän ausfüllen kann.“ Wulff sei nicht mehr überparteilich. Werbung Die Regierungsfraktionen aus CDU/ CSU und FDP sind die einzigen, die den angeschlagenen Bundespräsidenten noch stützen. Ob er da der Regierung noch die Unterschrift unter ein Gesetz verweigern könne – so wie es sein Amtsvorgänger Horst Köhler drei Mal getan hat? „Da habe ich doch erhebliche Zweifel.“ In einem ist sich Gysi sicher: Tritt Wulff zurück, kippt auch die Bundesregierung. „Dann haben wir 2012 Neuwahlen.“ Der Schwerpunkt des Pressegesprächs liegt aber naturgemäß bei den Gewerkschaftsthemen. Für Nachhaken bleibt da nur wenig Zeit. Gysi gefällt sich als Redner. Und obwohl er die eigentlich für das Pressegespräch vorgesehene halbe Stunde gehörig überzieht und auf 60 Minuten anwachsen lässt, bleibt gerade mal Zeit für fünf, sechs Fragen.„Deutschland ruiniert Länder wie Griechenland!“
Höhere Löhne, höhere Renten, höhere Sozialleistungen – das müsse sein, um die Binnenkonjunktur anzukurbeln, nennt Gysi den Schwerpunkt für 2012. „Deutschland ist die einzige Industriegesellschaft, in der die Reallöhne in den letzten zehn Jahren gesunken sind.“ Deshalb sei man auch Vizeweltmeister beim Export – auf Kosten anderer Staaten. „Wir ruinieren dadurch Länder wie Italien und müssen sie dann mit Steuergeldern wieder aufbauen.“ Da hätten einige noch nicht begriffen, dass die EU ein gemeinsamer Wirtschaftsraum sei.
Stelldichein im Gewerkschaftshaus: DGB-Chef Christian-Dietl, MdB Kornelia, Gysi und Stadträtin Irmgard Freihoffer.
„Wenn Seehofer keinen Mumm hat, soll er nicht so ein Gerede machen.“
Dass der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sich zwischenzeitlich gegen die Rente mit 67 ausspricht, freut den Linken-Fraktionschef. Er frage sich aber, weshalb es dann von Bayern keine Initiative im Bundesrat gebe, um diese Pläne auszusetzen. „Wenn Herr Seehofer dazu nicht den Mumm hat, soll er nicht so ein Gerede machen.“ Sonst wecke er nur „gefährliche Illusionen“. Für finanzierbar hält Gysi die Beibehaltung des derzeitigen Renteneintrittsalters allemal. Ebenso die Rückkehr zur alten Formel, 60 statt 40 Prozent des Gehalts als Rente. Dazu müssten alle – nicht nur die abhängig Beschäftigten – in die Kassen einzahlen. Auch die Beitragsbemessungsgrenzen müssten fallen. „Dann müsste ein Herr Ackermann die Beiträge für seinen tatsächlichen Verdienst in die Kassen einbezahlen.“ Dass CDU, FDP und Grüne eine solche Forderung nicht unterstützen, verwundert Gysi nicht. „Ich begreife allerdings nicht, weshalb die SPD diesen Weg nicht geht.“ Käme von deren Seite eine entsprechende Forderung, „hätte man wenigstens eine gesellschaftliche Auseinandersetzung über dieses Thema“. Am Ende kommt Gysi auch auf die rechtsextremistische Mordserie zu sprechen, über deren Ursprung und Zusammenhänge seit nun drei Monaten gerätselt wird. So wie es aussieht, soll es nun einen Untersuchungsausschuss des Bundestags zu dem Thema geben. Lediglich die SPD reagiert darauf noch verhalten.„Alles nützt nichts, wenn der Verfassungsschutz rechtsgerichtet denkt.“
Was bringt ein solcher Ausschuss? „So lange Sie den nicht haben, erzählen Ihnen Behördenvertreter nur das, was ihnen ihr Chef erlaubt.“ Im Untersuchungsausschuss aber gilt die Strafprozessordnung – bei Falschaussagen macht man sich strafbar. „Das mögen deutsche Beamte nicht so gern. Insofern kommt man mit einem solchen Ausschuss der Wahrheit wenigstens näher.“
mkveits
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Zum “rechtsgerichteten” Denken die Frage, wo die Blindheit auf dem rechten Auge beginnt ein aufklärenden Beitrag von
Jakob Jung.
http://jacobjung.wordpress.com/2012/01/16/unertraglich-die-ausfalle-des-hans-peter-uhl-csu/, auf den heute auch von die nachdenkseiten.de Bezug nehmen.
Sehr lesenswert. Wird doch deutlich, wie die CSU arbeitet, um an das rechte Wählerspektrum zu kommen. Mitgetragen wird derlei von der Mehrheit der CSU-Schweiger, die es unterlässt, ihr Parteimitglied satzungsgemäß zu behandeln.