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Späte Würdigung

Im Jahr ihres 95. Todestags: Regensburger Von-der-Tann-Schule soll nach Elly Maldaque benannt werden

Als Opfer einer rechtsextremen Kampagne wurde die Regensburger Lehrerin Elly Maldaque 1930 entlassen, wenig später in die Irrenanstalt verfrachtet und starb dort unter ungeklärten Umständen. Nun soll sie auf Antrag der Schulfamilie an der Von-der-Tann-Schule eine späte Würdigung erfahren.

Opfer eines Obrigkeitsstaats unter Ägide der BVP: Elly Maldaque.

Sie wurde im Auftrag der Polizei von Nazis bespitzelt. Weil sie bei Kommunisten Klavier gespielt und sich für deren Ideen begeistert hatte, flog sie aus dem Staatsdienst und schließlich – nach einem Nervenzusammenbruch – erklärte ein Amtsarzt sie für „selbst- und gemeingefährlich” und ließ sie nach Karthaus verfrachten. Nach neun Tagen war die bis dahin körperlich völlig gesunde 36jährige Frau tot.

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Die Rede ist von der Regensburgerin Elly Maldaque, deren Todestag sich heuer zum 95. Mal gejährt hat. Sie starb am 20. Juli 1930. Nun wird die Lehrerin von der Stadt Regensburg endlich gewürdigt. Die Von-der-Tann-Schule, an der Maldaque zehn Jahre lang unterrichtete und als beliebte und fähige Pädagogin galt, soll künftig ihren Namen tragen. So steht es in einer Vorlage, die am 16. Oktober im Bildungsausschuss des Regensburger Stadtrats diskutiert wird.

Der „Fall Maldaque“: Schon in der Weimarer Republik ein Skandal

Der „Fall Maldaque“ galt bereits in der Weimarer Republik als ein Skandal. Über 90 Zeitungsartikel erschienen deutschlandweit anlässlich ihres mysteriösen Todes. Bei ihrer Beerdigung waren laut damaligen Berichten über 3.000 Trauergäste. Der Schriftsteller Ödön von Horvath widmete der „Lehrerin von Regensburg“ ein Theaterstück.

Die in Regensburg 1919 gegründete Bayerische Volkspartei (BVB), der auch der spätere NS-Bürgermeister Hans Herrmann angehörte (nach dem Krieg wurde Herrmann für die CSU Regensburger Oberbürgermeister) regierte damals in Bayern.

Unter Ägide dieser klerikal-konservativen Vorläuferin der CSU wurde Maldaques Entlassung durchgedrückt – im Widerspruch zur Weimarer Reichsverfassung, gegen den Widerstand von Lehrerverbänden und Schülereltern. Im Gegenzug paktierte die BVP mit der NSDAP und beließ nationalsozialistische Lehrer im Staatsdienst, während gleichzeitig zur Hatz auf Kommunisten geblasen wurde.

CSU schmetterte Würdigungsversuche mehrfach ab

In dem 2013 erschienenen Buch „Der Fall Maldaque“ (Autorinnen: Waltraud Bierwirth, Luise Gutmann, Klaus Himmelstein und Erwin Petzi) wird die systematische Zerstörung der jungen Frau akribisch nachgezeichnet. Maldaques Entlassung und ihr Tod seien ein „Willkürakt im Obrigkeitsstaat“ gewesen.

Forderungen, Elly Maldaque gebührend zu würdigen, gibt es seit Jahrzehnten. Unter anderem von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Drei Mal – 1985, 1992 und 1994 – standen Anträge zur Benennung einer Schule oder Straße nach Maldaque auf der Tagesordnung des Regensburger Stadtrats. Sie wurden jeweils von der damals alleinregierenden CSU abgeschmettert.

Vor allem die CSU witterte – ganz in der Tradition der Propaganda von 1930 – eine kommunistische Verschwörung. Offiziell lautete die Begründung: Maldaque war nur ein Opfer, aber ansonsten nicht bedeutend genug, um ihr die Ehre eines Straßennamens zuteil werden zu lassen.

Als 2015 die Hans-Herrmann-Schule umbenannt werden sollte und sich bei einer Online-Umfrage die Mehrheit für Elly Maldaque ausgesprochen hatte, blieb auch dies folgenlos. Die Schule trägt heute den Namen des Künstlers Willi Ulfig.

Rückendeckung von Kultusminister Piazolo

In den letzten Jahrzehnten entwickelte insbesondere der Politaktivist Kurt Raster einen geradezu missionarischen Eifer für das Thema Elly Maldaque und schlug unter anderem vor, das Theater an der Universität und diverse Plätze und Straßen nach ihr zu benennen.

Der Beschlussvorlage für den Bildungsausschuss liegt auch ein Schreiben aus dem Jahr 2023 an Raster bei. Verfasser: Kultusminister Michael Piazolo. Unter anderem heißt es darin:

„Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen ist Frau Maldaque zutiefst ungerecht behandelt worden. Die Begleitumstände, die zu ihrer Entlassung führten, sind dubios; insbesondere die Rolle der Wegbereiter des nationalsozialistischen Terrorregimes ist unsäglich und deutet darauf hin, dass Frau Maldaque Opfer einer von rechtsextremen Kreisen lancierten Kampagne geworden ist.“

„Elly Maldaque. Im Namen des Wahnsinns“. Aus dem Zyklus „Aufzeichnungen eines Donauschülers“ von Guido Zingerl.

Forderung kommt von der Schulfamilie 

Die nun zur Abstimmung gestellte Umbenennung der Von-der-Tann-Schule erfolgt auf Antrag der dortigen Schulfamilie. Lehrerkonferenz, Elternbeirat und SMV haben dem zugestimmt. „Elly Maldaque wurde ein Opfer nichtdemokratischer Umtriebe, ihren Namen zu würdigen bedeutet, die Demokratie zu stärken“, heißt es in dem entsprechenden Schreiben an die Stadt Regensburg.

Ob die CSU zustimmt oder sich erneut in die Tradition der BVP und des BVP-NSDAP-CSU-Politikers Hans Herrmann stellt, bleibt abzuwarten.

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Kommentare (4)

  • Luchs

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    Ob Thann oder Tann – die Umbenennung in Maldaque erfolgt hoffentlich diskussionslos!

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  • Kameltreiber

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    Ich finde es als Bürger dieser schönen Stadt unmöglich , Straßen , Plätze , Schulen usw umzubenennen Die Schule heißt seit weit über 100 Jahren so

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  • Hardenberg

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    1992 und 1994 hat die CSU im Stadtrat nicht allein regiert.

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  • Stefan Aigner

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    Sie haben recht. Danke. Ist korrigiert.

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