Leerer Beutel: Vorhang auf für die neue Filmgalerie – und auch im Erdgeschoss tut sich was
Die frisch renovierte Filmgalerie hat am Woochenende wiedereröffnet. Im Erdgeschoss übernimmt der Jazzclub die Regie über den Veranstaltungssaal – und will den nicht exklusiv für sich.
Alles neu in der Filmgalerie. Foto: Johannes Liebl
Weil sie in Bezug auf das Kino im allgemeinen eigentlich recht zuversichtlich in die Zukunft blicken, haben die Betreiber der beliebten Filmgalerie im Leeren Beutel vor einiger Zeit einen Entschluss gefasst. Anfang Juli setzten sie ihr Vorhaben dann in die Tat um: das kleine Kino, mit den leicht durchgesessenen Stühlen, der vergilbten Leinwand und all seinen anderen kleinen, aber charmanten Macken wurde geschlossen – für die erste umfangreiche Renovierung seit Bestehen des Kinos.
Hatte die Leinwand an der einen Stelle nicht immer so eine Falte? Auch hatte sie so einen Gelbstich, der ihr einen gewissen Retro-Charme verlieh. Und, Moment mal: Die Stühle fühlen sich ganz anders an. Keine Auflage darauf und richtig fest, aber zugleich leicht federnd. Die Getränkeflasche steht auch gar nicht am Boden, sondern in so einem Getränkehalter am Sitz.
Das Arthouse-Kino in Regensburg
Es ist Samstagabend. Gleich läuft „Sirāt“ über die Leinwand in der Filmgalerie. Das Roadmovie begleitet einen Vater mit seinem Sohn durch Marokko auf der Suche nach seiner Tochter. Ein dystopisches Werk, das bei den Filmfestspielen in Cannes den Preis der Jury erhielt. Der Arbeitskreis (AK) Film, der die Filmgalerie betreibt, öffnet damit nach rund zwei Monaten Schließung wieder die Pforten. Und schnell merkt man: Hier hat sich einiges verändert.
Die Renovierung hatte der Arbeitskreis (AK) Film schon lange vor. Der Verein betreibt das Kino seit 1981 im ersten Stock des Kulturzentrums Leerer Beutel. Die Filmgalerie zählt heute zu den Regensburger Altstadtkinos und erfüllt einen klaren Kulturauftrag: Statt Blockbustern dominieren Arthouse-Filme, europäisches Kino, Dokumentationen. Mit der Reihe „Kult und Kanon“ etwa finden auch immer wieder Klassiker der Filmgeschichte den Weg zurück auf die Leinwand.
Breite Regensburger Kinolandschaft ergänzt sich
Die Filmgalerie erfreue sich nach wie vor großer Beliebtheit, quer über alle Altersgruppen hinweg, erzählen Chrissy Grundl und Bastian Zieglgruber, die das Kino hauptamtlich leiten. In der für die Größe der Stadt breit aufgestellten Kino-Landschaft fürchtet Grundl auch in Zukunft nicht die Konkurrenz von Andreasstadel, Regina und den anderen Altstadtkinos. Man ergänze sich vielmehr und habe je eigene Schwerpunkte.
Dass die Filmgalerie vor allem im Arthouse-Bereich angesiedelt ist, immer wieder Dokumentationen zeigt und deutsche und europäische Produktionen „in Qualität und Umfang“ im Programm auftauchen, das hat auch mit einem besonderen Umstand zu tun: Die Filmgalerie hat mit der Stadt eine Fördervereinbarung.
Keine Rücklagen – doch Not macht erfinderisch
Weil der AK Film deshalb aber auch nicht gewinnorientiert arbeiten darf, konnten in den vergangenen über 30 Jahren keine Rücklagen gebildet werden. „Es wurde dann immer nur das Nötigste an Modernisierungen gemacht“, sagt Bastian Zieglggruber. Das führte dazu, dass sie in den vergangenen zwei Monaten einige Überraschungen erlebten. Denn dank Bundesfördergeldern konnte der AK Film ab Juli doch endlich aktiv werden.
Die roten Stühle – eine Maßanfertigung extra für den Kinosaal im Leeren Beutel – wurden abmontiert und versteigert. Damit wollte man beim AK Film die Umbaukasse noch etwas auffüllen. Ein Erfolg, sagt Chrissy Grundl nun zur Wiedereröffnung. „Die haben uns förmlich überrannt. Manche haben ganz gezielt nach einem bestimmten Stuhl gefragt“, erzählt sie. Allerdings habe man nicht jedem seinen früheren Stammplatz ermöglichen können. Andere hätten eher zufällig über Plakate und Werbung von der Stuhlauktion erfahren. „Die kannten unser Kino manchmal gar nicht“, sagt Grundl. Acht Stühle behielten sie. Die sollen künftig im Foyer als Wartebereich dienen – und als kleine Reminiszenz an bald 35 Jahre Filmgalerie.
Verbessertes Kinoerlebnis auf allen Ebenen
Nach den Stühlen flogen auch die Leinwand und der Boden raus. Der alte Teppich sei über und über mit Kaugummiresten verklebt gewesen. Relikte der Vergangenheit, die endlich entsorgt worden seien. Für den neuen Teppich in Petrol haben sie sich beim AK Film auch deshalb etwas überlegt. „Wir haben Teppichfliesen verlegt“, erklärt Grundl. Dadurch könne eine verdreckte Stelle künftig schnell ausgetauscht werden. Unter dem Teppich wurde eine Trittschalldämmung und eine Versiegelung mit Epoxidharz aufgebracht. Künftig sollen dadurch auch Gerüche aus der darunterliegenden Restaurantküche ferngehalten werden.
Zum Foyer hin wurde eine Schallschutzwand eingezogen. Wenn der Bereich vor dem Kinosaal in ein paar Wochen ebenfalls fertig ist, soll man sich dort künftig auch während der Filmvorführungen aufhalten können. „Bisher mussten wir die Leute leider immer bitten möglichst leise zu sein, weil man drinnen alles gleich gehört hat“, sagt Grundl. Künftig werde es also auf quasi allen Ebenen ein verbessertes Kinoerlebnis geben.
Getränkehalter und eine Leinwand ohne Falten
An vielen Stellen merken das die Besucherinnen und Besucher sofort selbst. Die angesprochenen Getränkehalter, die neuen Sitze – und auch die neue Leinwand. „Ohne Falten!“ Das betonen Grundl und Zieglgruber. Die Leinwand sei jetzt ein kleines Stück größer, habe keinen Rand. Dadurch und dank einer unaufdringlichen Metallhalterung wirkt sie luftiger. Das Bild sei definitiv besser, sagt Zieglgruber. Das moderne Material habe naturgemäß eine bessere Wiedergabequalität.
Rund um die Bühne hat sich aber noch mehr verändert. „Wir haben die Bühne weggebaut“, erzählt Grundl. Überraschung: Dahinter kam eine Lüftung zum Vorschein. „Von der wussten wir gar nichts.“ Die Lüftung wurde freigemacht und neu gestrichen. Wie sie sich im Sommer auf die Temperatur im Saal auswirken wird, müsse sich noch zeigen, sagt Grundl. „Wir werden aber auf jeden Fall eine bessere Luft haben.“
Der Subwoofer, der früher zwar auch schon unter der Bühne, aber aufgrund der Bühne nicht sichtbar war, steht nun mittig und aufrecht. Schlicht, modern, alles etwas offener – so ist das Grundkonzept der Umgestaltung gewesen. In ein paar Jahren – wenn mal wieder irgendwo Fördergelder aufgetrieben werden können – würde Zieglgruber die Tontechnik gerne hinter der Leinwand platzieren. So wie es in Kinos State of Art wäre. „Aber das ist dann erst der nächste Schritt.“
Jetzt gehen auch Lesungen und Konzerte
Die Außenwände hingegen zeigen sich auch in neuem Gewand. Wortwörtlich. Die geprägte Tapete wurde abgerissen und durch Strukturputz in Anthrazit ersetzt. Oben entlang zieht sich ein schwarzer Kabelschacht. Der ergab sich aus einer weiteren unerwarteten Sache während der Bauarbeiten.
„Als wir an die Verkabelung für die ganze Technik rangegangen sind, haben wir uns überhaupt nicht ausgekannt“, erklärt Zieglgruber. Die letzten drei Jahrzehnte sei zumindest technisch immer mal wieder was gemacht worden im Saal. Dabei seien neue Kabel aber einfach nur auf die alten draufgeworfen worden. Der Kabelsalat kam nun komplett raus. „Wir haben alles neu gemacht, und gleich so, dass wir hier künftig auch gleich mehr Möglichkeiten bieten können, zum Beispiel für Lesungen oder Konzerte.“
Unverändert blieb zumindest die Platzzahl. 85 Stühle gibt es und Rollstühle finden auch weiterhin Platz. Ohne Bühne bestehe jetzt auch vorne mehr Raum, sagt Grundl. „Und wir haben, als wir den Boden neu gemacht haben, auch gleich ein paar Stolperstellen entfernt.“
Für das Foyer ist die Stadt zuständig
Bleibt also nur noch das Foyer. Hier habe das Kulturamt die Verantwortung über die Neugestaltung. Schließlich ist der Leere Beutel als Kulturzentrum grundsätzlich in städtischer Hand. Es sei eine künstlerische Aufwertung geplant, mehr dürfe sie noch nicht verraten, sagt Grundl. Dann werde es sicher auch eine große Eröffnung für die Filmgalerie geben.
Bis dahin hoffen sie beim AK Film, dass schon möglichst viele In die Filmgalerie kommen. Um all das Neue zu inspizieren und um endlich wieder Kinofilme dort zu sehen. „Wir starten noch ganz langsam mit dem Programm“, erklärt Grundl. Sie hätten einfach nicht gewusst, ob ihr in der Theorie bestens ausgearbeiteter Umbauplan auch in der Praxis funktionieren wird, sagt sie.
Hier und da habe es ja auch Verzögerungen gegeben, hätten sie etwas umplanen müssen. Etwa, als sie gemerkt haben, dass die Rampe am Eingang zum Saal eine ganz spezielle Konstruktion ist und nicht einfach verändert werden kann. Für solche Sachen brauchte es Handwerker.
Jazzclub hat den Saal im Erdgeschoss gemietet
Auch die Kosten für den Umbau seien dadurch etwas mehr geworden. Und weil die Förderung ohnehin nur einen Teil abgedeckt hat, waren Grundl, Zieglgruber und ihr Arbeitskreis schon sehr froh, dass der Stuhlverkauf Anfang Juli so gut ankam, dass die Soliparty vor der Schließung etwas Geld einbrachte, die Stummfilmwoche dank gutem Wetter im August wieder ein Erfolg war und dass es auch ein paar größere Privatspenden gab.
„Dafür möchten wir uns auch wirklich nochmal explizit bedanken“, betont Zieglgruber. Unterstützen würde ab sofort aber jeder Einzelne auch mit seinem Besuch im Kino, schiebt Grundl mit einem Lächeln hinterher.
Und so kehrt insgesamt wieder etwas Leben in den Leeren Beutel zurück. Denn auch im Erdgeschoss gibt es eine aktuelle Entwicklung. Dort ist der Jazzclub seit 1. August Mieter des Saals im Erdgeschoss. Dieser Saal wird künftig nicht nur für eigene Konzerte genutzt, sondern auch externen Veranstalterinnen und Veranstaltern offenstehen, etwa für Lesungen, Theateraufführungen, Vorträge, Konzerte und andere kulturelle Formate.
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Wilfried Süß
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Ich habe mir in der Filmgalerie „Like A Complete Unknown“, den Film über den aufkommenden jungen Robert Zimmermann alias Bob Dylan im Original angesehen. Was hätte da besser passen können als dieses nostalgische, etwas morbide Ambiente? Auch Bob hätte sich darin bestimmt gleich wohlgefühlt und in die Sessel reingefläzt. Natürlich bin ich über die kleinen Schwellen und Schrägen gestolpert und der Sound war für einen Streifen über diesen genialen Singer und Songwriter schon etwas mäßig. Deshalb: Ich werde mich demnächst mal von den Verbesserungen überzeugen.