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Archiv für 20. August 2008

Mathias Kneissl kurz vor seiner Hinrichtung. Foto: wikipediaBayern und seine bösen Buben! In Liedern und Geschichten bleiben sie lebendig die Wildschützen und Räuber: Der Wildschütz Jennerwein, Räuber Heigl oder Matthias Klostermeyer („Der boarisch Hiasl“). Mit dem Spielfilm „Räuber Kneißl“ setzte der bayerische Regisseur Marcus H. Rosenmüller ein weiteres Denkmal für einen weiß-blauen Gesetzesbrecher. Das kurze und tragische Leben von Matthias Kneißl endete nach nur 27 Jahren am 21. Februar 1902 in Augsburg unter der Guillotine. Dazwischen scheiterte er mehrmals und machte die Gegend um Dachau unsicher. Besonders wie er die bayerische Polizei narrte, machte ihn in der Bevölkerung populär. Am 21. August läuft der Film bundesweit in den Kinos an. Ein Besuch ist sehr zu empfehlen. Der „Räuber Kneißl“ wurde im Juni anlässlich des Filmfestes München uraufgeführt und erhielt anerkennende Kritiken. In einigen Zeitungen, vor allem Norddeutschen, wurde der Film als bayerischer Western bezeichnet. Das ist unzutreffend. In den meisten Wildwest Filmen gibt es klar erkennbar Gute und Böse, Weiße und Rote. Im Räuber Kneißl ist der Protagonist ein Gesetzloser, der einem im Laufe des Filmes sympathisch wird. Einer, der es aus eigener Kraft immer wieder probiert nach oben zu kommen, und immer wieder aufs Maul fällt. Dagegen wird die Gendarmerie, welche eigentlich für Recht und Gesetz sorgen soll, so dargestellt wie sie vielleicht zu Zeiten des Räuber Kneißls war: brutal und selbstgerecht. Die Kneißl-Brüder Mathias (Maximilian Brückner) und Alois (Florian Brückner) stehlen die Hühner und Eier vom Nachbarbauern. Foto: movienetfilm.deDer Spielfilm erzählt szenisch das Leben des Matthias Kneißl bis zu dessen Ende. 1980 kam die erste Kneißl-Verfilmung in die Kinos. Der knorrige Hans Brenner spielte damals die Hauptrolle. Matthias Kneißl ist in diesem früheren Streifen der Sozialrebell, was er auch zweifellos war. Auch Marcus H. Rosenmüller versucht in seinem Film wenig zu beschönigen, aber gesteht der Hauptfigur mehr Emotionen zu. Die Zeit von 1875 bis 1902 in der Matthias Kneißl lebte, hatte nichts mit dem Bauerntheateridyll der Fernsehserie „Das königlich Bayerische Amtsgericht“ gemein. Es war eine brutale Welt, in die Matthias Kneißl am 12. Mai 1875 hinein geboren wurde. Die bayerische Gesellschaft befand sich in einem Umbruch. Viele Tagelöhner versuchten als Arbeiter in München ihr Glück und blieben dort genau so arm wie zuvor. Das Königreich Bayern, was im Film sehr gut dargestellt wird, war eine uniformierte Gesellschaft. Jeder, der im Dienste des Staates, und somit des Königs stand, trug stolz seine Uniform: Der Postbote, der Förster, der Soldat, der Eisenbahner und der Gendarm. Wie im zuckmayerschen „Der Hauptmann von Köpenick“ war es unerlässlich, gedient zu haben. Wer zu dieser Bevölkerungsschicht gehörte und eine Uniform trug, der hatte es geschafft. Matthias Kneißl und seine zehn Geschwister gehörten nicht dazu. Dies zeigt auch der Spielfilm. „Oamol Häußler, immer Häußler“. Die allgegenwärtige und alles andere als obsorgende Staatsmacht im Königreich Bayern sorgte dafür, dass Leute wie die Kneißls ihre sozialen Grenzen akzeptieren mussten. Notfalls mit Gewalt. So verstarb ein Bruder von Matthias Kneißl im Gefängnis, nachdem er einen Gendarm angeschossen hatte. Hot de Bolizei aa gsogt “Leit, passts auf, der Mo is gfährlich” Doch wer ean kennt hot, der hot gwusst: der Mo is guad, der Mo is ehrlich Oft gnuag hot er die geldigen Leit scho was gnumma, so a Freid! Doch er hats nia seiba bhoidn, gibts de Arman, gibts de Oidn Er war oana von de Oidn, er war oana von de Echtn Aba gjogt hams ean sei Lem lang wieran Hund, an ganz an schlechtn (Zitat Räuber Kneißl Liad) Die Eltern Kneißl, Mathias (Michael Fitz) und Theresia (Maria Furtwängler). Foto: movienetfilm.deDie Mutter von Matthias Kneißl, italienisch stämmig, hatte im elterlichen Wirthaus das Sagen. Mit ihrer Ziehharmonika animierte sie die Gäste zum Trinken. Im Film wird Theresia Kneißl, geborene Pascaline, von Maria Furtwängler dargestellt. Wer diese Schauspielerin aus flachen Fernsehschnulzen und als unterkühlte Tatortkommissarin kennt, wird sich nach diesem Film wundern: Was Maria Furtwängler im „Räuber Kneißl“ zeigt, ist großes Schauspiel. Sie erfüllt die Rolle der dominanten Mutter, die es mit der ehelichen Treue nicht so genau nimmt, mit viel Glaubwürdigkeit. Ihr Gegenstück im Film wird von Michael Fitz dargestellt. Er mimt den Vater. Mit viel Feingespür für die einzelnen Szene hinterlässt auch er Eindruck bei den Zuschauern. Die Gaststätte, in der Matthias Kneißl aufwuchs, kam immer mehr herunter. Erst waren es Gerüchte, dass beim „Paschkaliniwirt“ mit gewilderten Fleisch und gestohlener Ware gehandelt wurde. Neben zwielichtigen Gestalten ging auch bald der Gendarm regelmäßig ein und aus. Matthias und sein jüngerer Bruder Alois wurden erfolgreiche Wilderer. Sie sicherten das Überleben der Familie. Auch die Figur des Alois, eine wichtige Nebenrolle, ist mit dem Schauspieler Florian Brückner optimal besetzt worden. Mathias (Maximilian Brückner) und Mathilde (Brigitte Hobmeier) treffen auf Dorfgendarm Förtsch (Thomas Schmauser). Foto: movienetfilm.de Bald geben die Kneißls das Wirtshaus auf. 1886 erwerben sie die finstere Schachermühle bei Sulzemoos. Von der Mühle und der väterlichen Schreinerarbeit konnte die Familie Kneißl nicht leben. In der eingerichteten Taverne wurde bald mit Hehlerware gehandelt und gesuchte Kriminelle fanden gegen Bezahlung in der Schachermühle eine sicheren Unterschlupf. 1892 raubten die Brüder Alois und Matthias Kneißl mit ihren Eltern eine nahe gelegene Wallfahrtskirche aus. Angestiftet wurden sie vom Flecklbauern, der auch Theresa Kneißl schöne Augen macht. Sigi Zimmerschied ist in dem Film der Flecklbauer und er gibt dieser Rolle etwas unvergleichbar Diabolisches. Man muss ihn einfach hassen. Bei dem Kirchenraub gingen die Kneißls nicht zimperlich vor. Die Gendarmerie verdächtigte bald Familie Kneißl von der Schachermühle. Im Film gehört die Verhaftung des Vaters von Matthias Kneißl und die Misshandlung durch die Polizei zu einer sehr brutalen Sequenz. Dabei wird das Historische nur allzu realistisch dargestellt. Der Gefangene starb nachweislich, als er im Dachauer Gefängnis eintraf an den Folgen der Schläge, die ihm die Polizisten beibrachten. Eine interessante Parallele zur Gegenwart. Die bayerische Polizei war noch nie dafür bekannt, besonders zimperlich in der Wahl ihrer Mittel zu sein. Das zeigen die Vorkommnisse in Wackersdorf als die WAA gebaut werden sollte, oder der so genannte Münchner Kessel. 1992 demonstrierten gegen den G7-Gipfel viele Bürger/innen in München. Dabei wurden 500 und 1.000 Demonstranten von der bayerischen Polizei über mehrere Stunden eingekesselt. Der damalige Ministerpräsident May Streibl rechtfertigte dieses Vorgehen mit den Worten: „Wenn einer glaubt, er muss sich mit Bayern unbedingt anlegen und er muss stören, dass wir dann etwas härter durchgreifen und hinlange, das ist auch bayerische Art.“ Die Zeiten haben sich zumindest in dieser Hinsicht seit dem Räuber Kneißl wenig geändert. Nach dem Tod des Vaters bekam die Familie Kneißl die bayerische Art des harten Durchgreifens zu spüren: Die Mutter wurde wegen überführter Hehlerei zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Wo er lebn kann ganz in Friedn mit seina Frau und mit seim Kind Wo er se ned vastecka braucht, wo koa Polizist eam findt Wo de Wälda voi san volla Hiarsch und voi Hosn, volla Reh Wo er schiassn konn wenn er Hunga hot, und wo er bodn konn drinn im See Wo er lehm konn wias eam in Sinn kimmt, koa Pfarra und koa Bürgamoasta (Zitat Räuber Kneißl Liad) Die Gendarmen sind dem Räuber Kneißl auf der Spur. Foto: movienetfilm.de Das in Bayern herrschende Konglomerat aus Königshaus, Klerus und Großgrundbesitzern (hat sich hier eigentlich so viel geändert?) ließ den Kneißls in der Schachermühle keine Ruhe. Mit Hilfe eines Gendarms sollten Matthias und sein Bruder Alois zwangsweise in die Schule abgeführt werden. Das wollte der Dorfpfarrer so. Im Film wird er von dem mehrfach ausgezeichneten bayerischen Kabarettisten Andreas Giebel gespielt. Dieser bigotte Priester ist eine der großen Reizfiguren des Filmes. Um der Verhaftung zu entgehen, schoss Alois Kneißl mehrmals. Dabei wurden die zwei Polizisten schwer verletzt. Die beiden Kneißlbrüder waren auf der Flucht und wurden gefasst. Trotz des Geständnisses von Alois Kneißl, dass er geschossen hatte, wurde er zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt war er 16 Jahre alt. Aufgrund schwerer Erkrankungen wurde Matthias Kneißl nach zwei Jahren entlassen. In München versuchte er, sich ein ehrliches Leben aufzubauen. Doch die Obrigkeit ließ nicht locker. Einmal wurde ihm die Aufenthaltsgenehmigung für die Stadt München versagt, ein anderes mal erzählte der Gendarm dem zukünftigen Arbeitgeber, dass Kneißl ein Zuchthäusler sei. Als er dennoch eine Anstellung findet, verliebt er sich in Mathilde. Mit ihr möchte er nach Amerika auswandern. Brigitte Hobmeier verkörpert die Geliebte von Matthias Kneißl im Film. Sie tut dies auf eine wunderbare, eigene Art und Weise. Sie schafft es den schmalen Grat aus Verliebtheit, Realitätssinn und Naivität sicher zu gehen. Das junge Glück hält nicht lange. Ein Gendarm, den Matthias Kneißl als Jugendlicher verletzte, provoziert ihn vor dem ganzen Dorf. Der ehemalige Zuchthäusler verliert seine Arbeit. Mit einem Freund aus dem Gefängnis erbeutet er Pfandbriefe von reichen Hopfenbauern. Der Traum vom Leben in Amerika rückt näher. Zurück in der Schachermühle holt er sich seinen Drilling, ein Gewehr. Er passt den undurchsichtigen Flecklbauer ab und möchte ihm die gestohlenen Pfandbriefe verkaufen. Der Bauer denunziert ihn bei der Gendarmerie. Es kommt zu einer Schießerei. Dabei tötet der Räuber Kneißl zwei Gendarmen. Der Prinzregent Luitpold lässt sich täglich über den Stand der Ermittlungen berichten. Doch Kneißl gelingt es immer wieder den Häschern zu entkommen. Bald hängen überall im Königreich Bayern Steckbriefe mit seinem Konterfei. 1.000 Mark Belohnung sind für seine Ergreifung ausgesetzt. Mit einem Trick wird seine Geliebte Mathilde aus München herausgeschmuggelt. Einen großen Fehler hat der Plan: Mathilde verriet ihrer Mutter den Ort, wo sie sich mit Matthias Kneißl treffen wollte. Diese verrät es der Polizei. Die verräterische Mutter wird von einer in Regensburg bekannten Schauspielerin verkörpert: Adele Neuhauser. Sie spielte im Regensburger Stadttheater einen einzigartigen Mephisto im „Faust“. Des war a Montag vor gor ned so langa Zeit De Vegl ham ned gsunga, und de Glockn ham ned gleit Do hams an Kneißl-Hias zu der Hinrichtung gfahrn Im Roistui, denn in seim Buckl do warn de Kugln von de boarischn Schandarm (Zitat Räuber Kneißl Liad) Regisseur Marcus H. Rosenmüller. Foto: movienetfilm.de Eine sehr beeindruckende Szene im Film ist das Wiedersehen von Matthias Kneißl und Mathilde. Die Idylle des Liebespaares wird jäh und sehr gut inszeniert unterbrochen: Aus allen Richtungen stürmen Gendarmen heran. Matthias Kneißl sitzt in der Falle. Er verschanzt sich in einem Heustadel, der von über 70 Polizisten umstellt und beschossen wird. Schwerstverletzt wird nach dem einseitigen Gefecht Matthias Kneißl geborgen. Ärzte retten sein Leben, jedoch nur, damit er von einem Gericht zum Tode verurteilt werden kann. Diese Strafe war, in Anbetracht dass er zwei Gendarmen getötet hatte, selbst für die damaligen Rechtsverhältnisse überzogen. Bei der Urteilsfindung ging es mehr darum, ein Exempel zu statuieren. Monatelang wurde von einem einzelnen Kriminellen die Bayerische Polizei vorgeführt, was ihm Sympathien und Popularität in der Bevölkerung einbrachte. Dies spiegelt sich auch in dem Schlussplädoyer des Staatsanwaltes Dr. Farnbacher wieder: „Kneißl müsse ohne weiteres aus der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen werden. Uns darf die öffentliche Meinung in keiner Weise kümmern.“ Sein bemühter Verteidiger Dr. von Pannwitz hielt entgegen: „Als Held galt er nur deshalb, weil er sich so lange seiner Verhaftung zu entziehen wußte und das ganz besonders bei einigen verrückten Frauenzimmern, die den Anspruch erheben, heben, Damen genannt zu werden. Diese hatten ihm ins Gefängnis die schwärmerischsten Liebesbriefe geschrieben. Aber glücklicherweise haben über den Angeklagten nicht hysterische Frauenzimmer, sondern ernsthafte Männer zu urteilen.“ Prinzregent Luitpold, der den Großteil seiner Macht an die ihm umgebende Ministerriege abgegeben hatte, lehnte das Gnadengesuch von Matthias Kneißl ab. Unmittelbar nach der Exekution durch das Fallbeil führten Mediziner am Toten Experimente durch. Mit langen Nadeln stachen sie ihm in die Fersen um zu sehen, ob dies Reflexe auslöste. Nach der Hinrichtung musste die Mutter von Matthias Kneißl 60 Mark an das Königreich bezahlen, um den Leichnam ihres Sohnes zu bekommen und bestatten zu können. Der Erfolg des „Räuber Kneißl“ ist wie bei den beiden anderen populären Filmen von Marcus H. Rosenmüller („Wer früher stirbt ist länger tot“ und „Schwere Jungs“) in der ausgezeichneten Besetzung begründet. Die Hauptrolle spielt Maximilian Brückner. Ihm nimmt man den armen Menschen Kneißl ab, gegen den sich scheinbar alle verschworen haben. Ein Bayerischer Robin Hood ist der Kneißl sicher nicht. Der Bogenschütze aus dem Sherwoodforest ist eine fiktive Gestalt. Matthias Kneißl lebte, wenn auch nur kurz. Sein Beutegut verteilte er nicht unter den Armen, sondern behielt es für sich. Trotz seiner beeindruckenden Kameraeinstellungen und sehr guten Besetzung hat der Film „Räuber Kneißl“ einen großen Makel: Ohne Untertitel dürfte er außerhalb des Freistaates schwer zu verstehen sein.

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