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Archiv für 2012

Von „Deutschenfeindlichkeit“ und „Volkstod“

Vom „Extremismus“ der „Mitte“

Das ZDF lädt einen Griechenland-Experten ins heute-journal, der keine Berührungsängste mit Neonazis zu haben scheint, Familienministerin Schröder fabuliert über „Deutschenfeindlichkeit.“ Bei „1.000-Kreuze-Märschen“ gegen Abtreibung und Homosexuelle sieht man NPD-Kader ebenso wie Erzkatholiken. Die sogenannte „Mitte“ ist weit weniger demokratisch als man meint. Ein Vortrag in Regensburg. (Text geändert am 06.03.12, Anm. d. Red.)

„Die Themen der Mitte – Die Themen der Rechten?“. Über zwei Stunden beschäftigte sich der Soziologe und Journalist Robert Andreasch am Donnerstag im Gravenreuter in Regensburg mit der Frage, ob die sogenannte „Mitte“ tatsächlich so demokratisch, tatsächlich so frei von rechtem Gedankengut ist. Und die Beispiele, die Zweifel an dieser Auffassung wecken sind zahllos und sie sind fundiert.

Fasching mit „Volkstod“

Andreasch, der in rechtsextremen Blogs immer wieder als „linksextremer Antifa-Journalist“ diffamiert wird, recherchiert seit Jahren in der Neonaziszene. Auf Einladung der ver.di-Jugend Oberpfalz und der Falken ist er nach Regensburg gekommen. Bei seinem Vortrag zeigt er, welche Verbindungen es tatsächlich zwischen der rechtsextremen Szene und dem Gedankengut der „Mitte“ auch in Bayern gibt. Es gibt unzählige Fälle. In Neustadt an der Waldnaab konnte beim Faschingsumzug 2011 beispielsweise ungehindert eine Gruppe Rechtsextremer mit dem Banner: „Demokraten bringen uns den Volkstod“ teilnehmen.

CSU-Verfasser des „Arierparagraphen“

Der CSU-Politiker Hans Merkel verfasste zusammen mit dem, wegen Holocaustleugnung verurteiltem Stefan Böhmer den sogenannten „Arierparagraphen“, der die Aufnahmevoraussetzungen der Bewerber in eine Burschenschaft festlegen sollte. Maßgeblich sei dabei die Abstammung. Am 7. Mai 2011 versammelten sich am Münchner Nordfriedhof einige Vertreter der extremen Rechten, um dem vor 75 Jahren verstorbenen Rechtsaußen-Philosophen Oswald Spengler („Der Untergang des Abendlandes“) zu gedenken. Zu den anwesenden Spengler-Fans von der NPD gesellten sich Erik Lehnert vom „Institut für Staatspolitik“ in Berlin, Hans-Ulrich Kopp von der völkischen Rechtsaußen-Burschenschaft Danubia und Professor Dr. Max Otte, der oft als Griechenland-Experte – etwa beim heute-journal im ZDF – zu Rate gezogen wird.

Erzkatholikin und NPD-Kader

Auf sogenannten „1.000 Kreuze“-Märschen demonstriert die Katholikin Gabriele Kuby ebenso wie Edda Schmidt vom „Ring Nationaler Frauen“ (NPD) für konservative Familienbilder und Geschlechterrollen, gegen Homosexuelle und Abtreibung.

UPDATE am 6. März 2011: Gabriele Kuby hat nach der Veröffentlichung unseres Artikels erklärt: „Frau Edda Schmidt kenne ich nicht. Ich habe mit dem rechten Spektrum nicht das Geringste zu tun und lehne jeden Kontakt ab. Meine Gesellschaftskritik ist sozialwissenschaftlich und christlich begründet.“ UPDATE Ende

Familienministerin Kristina Schröder reiht sich nahtlos in diesen Reigen ein und warnte etwa 2010 vor Gewalt und Hass gegen Deutsche mit einem Wort das der rechtsextremen Szene entstammt: „Deutschenfeindlichkeit“. Da ist der Weg zum „Volkstod“ nicht mehr weit. Sind es also nicht die „linken“ oder „rechten“ Ränder, an denen sich gefährlicher Extremismus tummelt? Robert Andreasch meint: „Rechtsextremismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft“, soziologisch gesehen also von der „Mehrheit“. Die Studie „Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland“ der Uni Leipzig aus dem Jahr 2002 zeigt deutlich, wie antisemitisches und rechtsextremes Gedankengut in der Gesellschaft verankert ist.

„Wir wollen einen Führer haben“

Demnach stimmen 28 Prozent der Deutschen der Aussage zu, dass der Einfluss der Juden heute noch zu groß sei. Der Aussage „Wir wollen einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert“ fand bei 19 Prozent Zustimmung. Besonders hoch ist Andreasch zufolge bei diesen Fragen die Zustimmung in Bayern. Neun Jahre später hat eine aktuelle Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung diese Ergebnisse im Wesentlichen bestätigt.

Wie das Bistum Regensburg Missbrauchsopfer abfertigt

Demütigung in Serie

Die Bischofskonferenz tagt noch bis Donnerstag in Regensburg. Mit viel Pomp und frohen Botschaften. Unter dessen speist das Bistum Missbrauchsopfer per Serienbrief ab. regensburg-digital liegen mehrere wortgleiche Schreiben vor, in denen Betroffene zu Lügnern abgestempelt werden. Erschütternd ist der Fall eines 61jährigen, der zusammen mit der Missbrauchsbeauftragten der Diözese seinen einstigen Peiniger getroffen hat. Der bat ihn um Verzeihung. Die Diözese kann die Schilderungen des Mannes dennoch „nicht nachvollziehen“. Die Bischofskonferenz äußert sich zum Verhalten der Regensburger Diözese nicht.

ARD-Reportage am Donnerstag

„Regensburger Zustände“/ UPDATE: Link zum Online-Video

Fünf Tage war ein Fernsehteam der ARD in Regensburg unterwegs. Gut ein Jahr, nachdem die katholische Kirche angekündigt hat, Konsequenzen aus den Missbrauchssfällen zu ziehen, wollte man konkret erfahren, wie Opfern geholfen wurde. Das Ergebnis der Recherchen ist kommenden Donnerstag im ARD-Morgenmagazin zu sehen.

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