Debatte um 30.000 Euro für Sea-Eye: Die Stadt Regensburg wird spenden
Trotz Kritik der Rechtsaufsicht zahlt die Stadt Regensburg 30.000 Euro an Sea-Eye – rechtssicher, sagt die OB. Die Rechtsaufsicht selbst hat dafür den Weg aufgezeigt.

Rettungseinsatz: Ein Beiboot der Sea-Eye bringt Geflüchtete mit dem Schlauchboot zum Schiff. Foto: Sea-Eye
Die 30.000 Euro der Stadt Regensburg an den Verein Sea-Eye werden fließen – im Einklang mit der Rechtsauffassung der Regierung der Oberpfalz. Davon ist Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer bei der Stadtratssitzung am Donnerstag überzeugt. Am Ende der Plenumssitzung informierte sie die Stadträtinnen und Stadträte.
Wie berichtet, hält die Regierung die Spendenaufstockung zugunsten der in Regensburg ansässigen Organisation für rechtswidrig, verzichtet jedoch auf eine förmliche Beanstandung. Nun zeigt sich: Die Rechtsaufsicht selbst sieht einen Weg, wie die Stadt Sea-Eye dennoch unterstützen kann. Entscheidend ist demnach der Spendenzweck.
Beschluss für Spendenaufstockung im Juli gefasst
Der Regensburger Verein hatte im Sommer eine Spendenaktion gestartet, um ein weiteres Schiff – die Sea-Eye 5 – zu finanzieren. Auf Antrag der Grünen beschloss der Stadtrat Ende Juli gegen die Stimmen von CSU und AfD, diese Aktion zu unterstützen.
Die eingehenden Spenden sollen bis zu einem Maximalbetrag von 30.000 Euro durch die Stadt verdoppelt werden. Dieser Betrag ist längst erreicht. Aktuell verzeichnet die Aktion Spendeneingänge von fast 60.000 Euro.
Rechtsaufsicht: Spende für Schiff nein, für Verein ja
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Wie die OB erläuterte, betrachtet die Regierung der Oberpfalz die finanzielle Unterstützung „eines zivilen Seenotrettungsschiffs außerhalb des örtlichen Wirkungskreises der Gemeinde“ nicht als kommunale Aufgabe. Der Beschluss verstoße insofern gegen geltendes Recht.
Allerdings könne die Unterstützung eines regionalen Vereins „möglicherweise eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft sein“, heißt es in dem Schreiben. „Ich nehme das zum Anlass, den Spendenzweck ausschließlich auf das ehrenamtliche Engagement von Sea-Eye zu beziehen“, so Maltz-Schwarzfischer. An der Auszahlung der 30.000 Euro soll sich damit nichts ändern.
Diese Entscheidung begrüßen – abseits von CSU und AfD – alle Fraktionen im Stadtrat. Joachim Wolbergs (Brücke) spricht von einer „Super-Lösung“. Auch Kerstin Radler (Freie Wähler) hält dieses Vorgehen für richtig. „Entscheidend ist das Ergebnis“, sagt sie. Und dass es hier eine „humanitäre Verpflichtung“ gebe. Benedikt Suttner (ÖDP) sagte der OB die volle Rückendeckung seiner Fraktion zu, ebenso Grüne und SPD.
Scharfe Kritik an Bezirksregierung: „Kommunale Selbstverwaltung scheißegal.“
Scharfe Kritik an der Regierung der Oberpfalz übt Joachim Wolbergs. Er nennt deren Vorgehen „ziemlich unmöglich“ und vermutet politische Motive. „Die treffen solche Entscheidungen nicht alleine, sondern sprechen sich immer mit den Ministerien ab.“
Wenn die Rechtsaufsicht von sich aus tätig werde wegen einer Summe von 30.000 Euro – „ein Betrag, den ein Minister schon mal für Fotografen ausgibt“ –, dann könne er nur feststellen: „Denen ist die kommunale Selbstverwaltung scheißegal. Dann können wir jeden Beschluss ab sofort nur noch unter Regierungsvorbehalt fassen.“
CSU-Chef ist sauer
Zustimmend zu Wolbergs, wenn auch zurückhaltender in der Wortwahl, äußern sich auch Theresa Eberlein und Daniel Gaittet (Grüne).
Verärgert reagiert darauf CSU-Chef Michael Lehner. Es sei „unglaublich“, was Wolbergs der Regierung unterstelle. „Wenn das so wäre, dann wären andere Beschwerden der CSU bei der Regierung ganz anders entschieden worden.“
AfD-Brucker droht (wieder einmal) mit Strafanzeige
Zu Wortgefechten abseits der Mikrofone kommt es, als AfD-Stadtrat Thomas Straub behauptet, die italienische Regierung bezichtige Sea-Eye zu Recht der Schlepperei. Stefan Christoph (Grüne) schleudert zurück, man müsse es sich nicht bieten lassen, wenn hier einem Verein Straftaten vorgeworfen würden.
Als Christoph nachlegt, die italienische Regierung sei faschistisch (Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist Vorsitzende der postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia), droht ihm AfD-Stadtrat und Bundestagsabgeordneter Erhard Brucker mit einer Strafanzeige und spricht von einem „NGO-Sumpf“.
Brücke-Stadtrat: „Das erschreckt mich auf kommunaler Ebene.“
Mahnende Worte kommen von Thomas Thurow, OB-Kandidat der Brücke. Es gehe bei alledem nicht um die 30.000 Euro. Diese seien „Peanuts“ angesichts des Gesamthaushalts der Stadt Regensburg (1,2 Milliarden Euro). „Es geht um die politische Auseinandersetzung, und wes Geistes Kind die AfD ist, wissen wir alle.“
Verwundert zeigt er sich über das Verhalten der CSU. „Das erschreckt mich auf kommunaler Ebene.“ Bislang sei es Konsens bei allen Parteien im Stadtrat gewesen, Fremde aufzunehmen und zu versuchen, sie zu Freunden zu machen. „Sozial- und Neiddebatten bringen uns da nicht weiter.“
Presseanfrage löste Prüfung durch Rechtsaufsicht aus
Ein neues Licht auf die Prüfung der Spendenaufstockung durch die Regierung der Oberpfalz wirft ein Bericht der Regensburger Zeitung. Demnach löste weder die Beschwerde einer Einzelperson die Prüfung aus, noch wurde die Rechtsaufsicht aus Eigeninitiative tätig.
Die Regierung der Oberpfalz überprüfte den Beschluss „aufgrund einer Presseanfrage Anfang August“.
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