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Frisch, fromm, fröhlich, frei zum “eigenbetriebsähnlichen Regiebetrieb”

„Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein“ – Oberbürgermeister Hans Schaidinger erteilt dem liberalen Luftschloss von Horst Meierhofer für das Jahn-Stadion eine Absage und übt sich in letzter Zeit immer öfter in Bescheidenheit. Es gibt kein Hotel, es gibt keine Konzerte, sondern ganz pragmatisch Fußball und vermietbare Logen und Foyer – und eine Gesellschaftsform, die zumindest bislang finanziell vernünftig und verwaltungstechnisch praktikabel klingt.

Das war früher: das Jahn-Stadion 1932. In Zukunft soll eine "Arena Regensburg" die Fußballer glücklich machen, geführt als "eigenbetriebsähnlicher Regiebetrieb".

Als „eigenbetriebsähnlicher Regiebetrieb“ soll das Stadion an der Franz-Josef-Strauß-Allee in Zukunft laufen. Eine Satzung dazu gibt es noch nicht, die muss nämlich erst noch detailliert ausgearbeitet werden. Das Prinzip aber ist im Stadtrat per Grundsatzbeschluss festgelegt worden. Beim „eigenbetriebsähnlichen Regiebetrieb“ handelt es sich um eine Zwischenform zwischen einem vollständig stadteigenen Betrieb und einer ausgegliederten GmbH. Diese Form des Eigentums ist für Regensburg ein Novum, aber Schaidinger und Finanzreferent Dieter Daminger wissen ihren neuesten Coup zu verkaufen.

Betrieb besitzt, RBB managt

Die Verwaltungsvorlage dekliniert alle Vor- und Nachteile verschiedener Gesellschaftsformen, die für das Stadion in Frage kamen, durch, zieht Zwischenbilanzen und führt irgendwann den „eigenbetriebsähnlichen Regiebetrieb“ ins Feld. Einzige Aufgabe dieses Betriebs ist der Besitz (der in diesem Fall laut Schaidinger auch dem Eigentum gleichzusetzen ist) des Fußballstadions. Davor muss die Gesellschaft, die keine eigene Rechtspersönlichkeit ist, das Stadion errichten. Sind diese beiden Aufgaben bewältigt, übernehmen die Regensburger Badebetriebe (RBB) den Betrieb. Sie „managen“, so Schaidinger, das Stadion, kümmern sich darum, dass jemand den Dreck zusammenkehrt, die Fenster geputzt werden und dergleichen. Betriebsleiter ist der Form nach der Oberbürgermeister, für finanzielle und inhaltliche Fragen, die den gesetzlichen Rahmen für OB-Entscheidungen übersteigen, ist der Stadtrat zuständig. De facto werden jedoch zwei Betriebsleiter bestellt, einer für den kaufmännischen, einer für den technischen Zuständigkeitsbereich. An sie kann der/die OB die Entscheidungsgewalt delegieren.

Erst die Stadt, dann die Arena

Als Vorteile des „eigenbetriebsähnlichen Regiebetriebes“ wissen Schaidinger und Daminger viele Argumente ins Feld zu führen: Der Verwaltungsaufwand ist gering, da Mitarbeiter der Stadtverwaltung damit betraut sind. Die Finanzen sollen transparent sein. Die Betriebsleiter sind Teil der Stadtverwaltung. Steuerlich ist diese Organisationsform günstig, u. a. da sie keine Grunderwerbssteuer zahlen muss; schließlich ist der Betrieb rechtlich betrachtet nicht von der Kommune getrennt, sondern nur eine „Organisationsform der Stadt“, erklärt Daminger. Deshalb heißt es auch „Stadt Regensburg – Regiebetrieb ‚Arena Regensburg‘“ und nicht – wie erst geplant – „‚Arena Regensburg – Regiebetrieb der Stadt Regensburg‘“: Die Stadt muss im Vordergrund stehen.

FDP wünscht sich Hotelbetten statt Bierbänke

Diese „Organisationsform“ stößt vor allem im grünen Sektor des Stadtrats auf Skepsis: Margit Kunc (Grüne) hat viele Fragen, spricht gar von „Hochstapelei“ für den Fall, dass jemand ohne Zweifel zustimmen würde. Joachim Graf (ÖDP) befürchtet – zu Unrecht – dass die finanzielle Seite aus dem städtischen Haushalt herausgelöst wird. Aber auch die FDP ergeht sich in Kritik: Horst Meierhofer träumt von Erst-Liga-Verhältnissen, von Sportgeschäften und Hotels im Stadion; das könne man schließlich in Leverkusen sehen, wie das funktioniert. Schaidinger hingegen begnügt sich mit professionellem Catering, das es im erforderlichen Ausmaß in städtischen Betrieben in Regensburg bislang noch nicht gebe, der Niederlassung eines Sportverbands und der Möglichkeit, die Logen und das Foyer zu vermieten. Meierhofer hingegen ist es nicht genug, wenn sich jemand dort einmietet, „ein paar Bierbänke aufstellt und eine Präsentation seines mittelständischen Unternehmens“ dort durchführe. Die FDP sei zwar schon immer gegen das Stadion und vor allem gegen eine städtische Finanzierung des Projekts gewesen – aber wenn schon, denn schon, möchte man meinen, wenn man den Bundestagsabgeordneten für eine geschäftsintensive Nutzung plädieren hört. Linken-Stadtrat Richard Spieß lobt die Organisationsform, obwohl er  letztlich doch dagegen stimmt. Das macht er allerdings eher aus Prinzip, weil die Linke schon immer gegen ein Stadion war. Trotzdem sei – wenn man es schon machen muss – die Transparenz zu loben.

Wohl und Wehe hängen am Jahn

Jetzt sollen erst einmal 1,2 Millionen Euro in den Betrieb, den es noch gar nicht gibt, investiert werden. Die bisherige Nicht-Existenz der Stadion-Besitzgesellschaft ist auch der Grund dafür, warum der Stadtrat auch nur eine Grundsatzentscheidung fällt. Sobald die Satzung vorliegt – das wird voraussichtlich im Mai der Fall sein – wird erneut entschieden. 700.000 Euro werden bereitgestellt, 500.000 Euro sind im Haushalt bereits für das Stadion vorgesehen. Der noch zu beschließende Wirtschaftsplan besteht separat und ist nicht Teil des städtischen Haushalts, wenngleich er über den Stadtrat kontrolliert wird. Von dem bislang vorhandenen Geld sollen ein Projektsteuerer beauftragt und eine Generalübernehmer-Vergabe vollzogen werden. Übrigens ist – jenseits aller städtischen Zuständigkeiten – hauptsächlich der SSV Jahn Regensburg für Wohl und Wehe des Stadions verantwortlich: Steigt er in die erste Bundesliga auf, wirft das Stadion ein Plus ab. In der zweiten Bundesliga gibt es eine rot-schwarze Null. In schlechteren Ligen ist mit einem langfristigen Defizit zu rechnen, das weit über die Verluste hinausgeht, mit denen in der Bau- und Etablierungsphase des Stadions zu rechnen ist.

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Kommentare (10)

  • norbert e. wirner

    |

    das hört sich doch erstmal recht gut an, oder?

  • Lothgaßler

    |

    Bevor der SSV Jahn in die erste Liga aufsteigt wird viel Zeit vergehen, wenn der Aufstieg denn jemals gelingt. Und was macht der SSV Jahn dann als Erstligaclub in diesem eher kleinen Stadion. Ja richtig, er schreit nach einem größeren Stadion. Kein Problem für den SSV Jahn, ihm gehört ja nix.
    Die zweite Liga ist schon eher denkbar, aber auch das Hin- und Her zwischen Liga 2 und Liga 3. Der Verbleib in Liga 3 ist wahrscheinlich. Auch der Abstieg in untere Ligen, z.B. wegen Konkurses, ist nicht utopisch.

    Und weil der Profi-Fußball zwar mit Milliarden gepäppelt wird (auch über die GEZ-Zwangsabgabe) , sich aber seine Arbeitsstätten nicht leisten kann oder will, müssen die Kommunen das mögliche Minus tragen. Und dieses Minus ist beim SSV Jahn wohl anzunehmen. Das klingt wahrlich vernünftig. Fußball ist schließlich Bestandteil der Daseinsvorsorge, dafür macht man gerne Miese. Ein grandioses Engagement, weiter so! Die Griechen hätten es genauso gemacht.

    Was unterscheidet dieses Handeln vom Kommunismus? Das Politbüro legt einen 5-Jahresplan fest, die Verwaltung erarbeitet die Ausführungsanweisungen, das Volk bezahlt.

    Die Politiker sollten zu ihrer Entscheidung stehen: Der SSV Jahn ist faktisch eine Tochtergesellschaft der Stadt Regensburg.

  • Captain Chaos

    |

    Auf dem Papier sieht alles gut aus, und im Forum hört sich alles gut an.
    Die Stadt Regensburg sollte mal nach Rostock schauen. Die Hansa “benötigt” eine Finanzspritze und einen Schuldenverzicht, um weiterhin überleben zu können.

    Sorry, Jahn, aber mir ist ein ehrlicher und solider “Ackerligaclub” lieber. Wir haben derzeit andere Probleme, als den Neubau eines Stadions, die Umrüstung eines alten Stadions und das Durchfüttern eines verschuldeten Vereins.

    Sollte der Jahn finanziell endlich auf einen grünen Zweig kommen (z.B. wäre es nett, wenn er seine laufenden Kosten decken könnte und ein bisschen die Schulden abbauen würde), wäre nichts dagegen zu sagen. So muss u. U. die ganze Stadt für den Traum weniger zahlen.

    Fussball ist nicht mehr Fussball. Da werden in der ersten Liga Spieler für Summen hin und her geschoben, für die die Vereine Kredite aufnehmen. Es wird mehr eingekauft, als aufgebaut. Auf so etwas kann ich in Regensburg verzichten.
    Vor allem, wenn die Stadt Kredite bereitstellen muss um Fussballspieler einzukaufen, damit der Klassenerhalt klappt.

    Captain Chaos

  • mkveits

    |

    Zur Orga-Form und der Frage, ob mit diesem “Betrieb” überhaupt ein stets zu beachtender “Öffentlicher Zweck” verfolgt wird, der die “Sache” erst zulässig machte, hat sicher der ehemalige Kämmerer und FDP-Stadtrat das notwendige Hintergrundswissen.

    Dann sitzen ja im Rat der Stadt ein halbes Dutzend Juristen, die für die überschlägigen 100 Millionen Euro (Lebenszyklus 20-30 Jahre – Planung, Errichtung, Unterhalt, Abriss) eine ganz besondere Verantwortung haben.

    Denn: Am Ende haftet immer die Bürgerschaft.

    “Homo ludens” (Gleichnamiges Buch):
    Der Mensch ist ein Spieler. Und am besten spielt es sich mit dem Geld der anderen, wie ein Blick z.B. zur BayernLB deutlich macht.

  • horst meierhofer

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    Ein paar Korrekturen würde ich gerne anbringen:
    Die FDP war nicht “immer gegen ein Stadion”, sondern wir waren immer dagegen, dass die Stadt alles alleine macht, bezahlt und riskiert. Deshalb haben wir in öffentlichen Veransttaltungen mit Hr. Ruscheinsky auch Ideen vorgestellt, wie man das Risiko verteilen könnte:
    indem man ein Fast-Food-Lokal integriert, das das Catering für die “normalen” Fans macht, ansonsten direkt an de5r Autobahn gute Geschäfte machen könnte; deshalb bestünde auch die Chance, dass ein solcher Investor finanziell einen anständigen beitrag leistet. Sicher mehr, als ein Caterer, der nur alle zwei-drei Wochen einmal 2,5 Stunden sein Geschäft macht.
    Direkt an der Autobahn, Nähe Uni, Uniklinikum und auch nicht weit vom Bahnhof entfernt, könnte sich durchaus ein Hotel etablieren, das als Ersatz einer Tribühnenseite dient (niedrigere Stadionbaukosten), das “VIP”-Catering übernimmt und Teile der Logen verpachten kann, z.B. Zimmer, die an 20 von 365 Tagen eben NICHT zur Übernachtung dienen, sondern bei Spielen genutzt werden (das gibt es genauso am Münchner Flughafen: Zimmer als Kongressräume).
    Auch ein Sportartikelgeschaäft, das gleichzeitig den Jahnfanshop beinhaltet, könnte ich mir vorstellen, abenso einen Sportarzt, eine Rehapraxis, o.ä.

    Ob das alles kommt oder nicht, weiß niemand. Aber man muss solche Idee zumindest öfrfentlich anbieten, ansonsten wird sich auch niemand bewerben und damit hätte man auch keine Chance, Kosten zu sparen!

  • Kernel

    |

    Lieber Herr Meierhofer, Fast Foot für die normalen Fans – bitte – ich bin normaler Fan, aber Fast Foot? Nein Danke! So doof sind wir Fans auch nicht. Es muss ja nicht gleich das VIP Catering sein, aber ein bisschen weniger Arroganz wäre nett.
    Ansonsten finde ich Ihre Ideen gar nicht schlecht. Hotel an der Autobahn an der Lage geht immer. Interessant wäre ein Sporthotel mit cleveren Konzepten für Kinder und Jugendliche. Immer nur Bussiness ist langweilig und öde. Geschäfte? Vielleicht SportOutlets – Fanshop, Adidas, Nike und so.
    Da gibt es bestimmt weitere Ideen.

  • Lothgaßler

    |

    @Kernel:
    “Fast Foot”, ein schönes Wortspiel. Passt auch noch zum Fussball, denn die Spieler sollten schon einen Fast-Foot laufen lassen. Ok, beim SSV stolpert man gelegentlich über selbige.

    Horst Meierhofer hat immerhin den Mut zuzugeben, dass ihm ein erkennbar nur für den SSV Jahn gebautes Fußballstadion nicht behagt.

    Das gesamt Geschäftsmodell “Fussballstadion” ist nun auf Gedeih und Verderb mit dem sportlichen Erfolg des SSV Jahn verknüpft (1., 2. oder 3. Liga).
    Vorbei die Zeiten, als die Stadt noch auf einen Gönner, Sponsor oder schlicht Dummen hoffte. Nachdem sich keiner findet, muss nun die Stadt ihre Trägerschaft etwas kaschieren.

    Tolle Geschäftsidee! Auf den Jahn kommt es nun an, nicht auf die Stadt. Der Slogan muss überm Eingang hängen oder aufs Stadion gepinselt werden, auf das es niemand vergesse!

    Ich muss ehrlich zugeben, dass dieses Geschäftsmodell mir rechtlich nicht zulässig erscheint. Seit wann ist es zulässig private Risiken durch den städtischen Haushalt abzusichern? Haftet die Stadt für BMW, fürn Handwerker um die Ecke? Seit wann ist es zulässig keinen kostendeckenden Nutzungsbeitrag zu erheben? Der Bürger im Schwimmbad ist nicht gleichzusetzen mit dem Profi-Fußball.

  • Facharbeiter

    |

    @Lothgaßler

    Der Staat haftet doch auch für Eon und RWE, wenn diese in Südamerika KKW bauen…
    Ich denke schon dass dies rechtens ist.

    Was ist der Unterschied zum Bürger im Schwimmbad? Mal geht er schwimmen, mal schaut er sich ein Fußballspiel an?

    Ich denke, es ist oft der gleiche Bürger…

    Sehe hier keinen Unterschied.

  • Stadtratsragout | Regensburg Digital

    |

    […] ist es amtlich: Das neue Jahn-Stadion, offizieller Name „Arena Regensburg – Regiebetrieb der Stadt Regensburg“, hat eine Betriebssatzung. Die hat der Stadtrat am Donnerstag beschlossen. Verwunderlich war […]

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