Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
Touristische Unterrichtungstafeln

Kein Freibier mehr auf der Autobahn

150.000 Euro für vier Schilder: Sind die braunen Hinweistafeln entlang der Autobahn wirklich so viel teurer geworden? Eine Spurensuche.

Die insgesamt vier Welterbe-Tafeln der Stadt Regensburg an den Autobahnen sollen ein neues Design bekommen. Foto: Aigner

Wäre der Preis für die Mass Bier auf dem Gäubodenfest seit 2001 so gestiegen wie der für die braunen Hinweistafeln an der Autobahn, dann läge er nicht bei 12,20, sondern bei 75 Euro – eine Vervierzehnfachung wäre das. Diesen griffigen (aber nicht ganz richtigen) Vergleich zog Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU) Mitte Februar, um zu verdeutlichen, warum sich die Stadt die beiden braunen Hinweistafeln auf ihren Zoo an der A3 künftig nicht mehr leisten will.

WERBUNG

Deren Erneuerung nach knapp 25 Jahren Standzeit soll nämlich alles in allem, so heißt es, 83.000 Euro kosten. Zu teuer befand der Straubinger Stadtrat einstimmig. Es gehe schließlich, so Pannermayr, nur um zwei Schilder und um „keine Weltraummission“.

Bierpreis stieg seit 2001 nur um das knapp Zweieinhalbfache

In Regensburg ist die Lage dieselbe. Das Bier auf der Dult kostete zuletzt ebenfalls 12,20 und der Preis für die notwendige Erneuerung von zunächst zwei Schildern, die für das Welterbe werben, liegt, wie die Pressestelle auf Nachfrage mitteilt, inklusive „Anfertigung, Fundamentierung und Montage der neuen Tafeln, die Ablöse und Demontage der alten Tafeln sowie die nötige Verkehrssicherung“ nach einer aktuellen Berechnung durch die Autobahn GmbH vom Februar bei 83.400 Euro brutto.

Doch warum ist der Bierpreis auf den hiesigen Volksfesten seit 2001 nur um das knapp Zweieinhalbfache gestiegen und so ein Schild an der Autobahn kostet plötzlich 14 Mal so viel? Stimmt denn dieser Vergleich überhaupt?

Touristische Hinweistafeln wurden früher massiv subventioniert

Nicht so ganz, wenn sich etwas genauer damit beschäftigt. Bleibt man bei Pannermayrs Bild, dann waren diese Tafeln und deren Montage für die Auftraggeber – die Städte Regensburg und Straubing – früher vor allem deshalb viel günstiger, weil der Freistaat Bayern jede Menge Freibier spendiert und das Aufstellen von „touristischen Unterrichtungstafeln“, so die korrekte Bezeichnung, massiv subventioniert hat.

Sprich: Die Städte haben im Grunde nur für die Schilder und vielleicht noch die Gabelständer bezahlt. Das Aufstellen, Fundament, Verkehrssicherung und, und, und übernahm die Autobahnmeisterei – im Auftrag des Freistaats, finanziert aus Bundesmitteln. Das kostete zwar auch Steuergelder, aber es fiel – mangels Diskussion im Stadtrat – nicht so auf.

Schilder selbst kosten nur 10.000 bis 15.000 Euro

Mit diesem großzügigen Sponsoring der braunen Werbetafeln ist es mittlerweile vorbei. Seit 2021 ist die (unter Andreas Scheuer gegründete) Autobahn GmbH des Bundes für Erhalt und Verwaltung der Autobahnen zuständig und damit liegt es auch in ihrer Verantwortung, wofür Bundesmittel ausgegeben werden oder nicht – zum Beispiel nicht für das Sponsoring regionaler Hinweisschilder.

Nun müssen Städte wie Straubing oder Regensburg nicht nur die Tafeln bezahlen – die kosten laut Josef Seebacher von der Autobahn GmbH inklusive Gabelständer, Fundament und Montage zwischen 10.000 und 15.000 Euro. Pauschalpreise gemäß Leistungsverzeichnis, je nach Ergebnis der öffentlichen Ausschreibung. Die Tafel allein dürfte also mit einem allenfalls mittlerem vierstelligen Betrag zu Buche schlagen.

Zu den 10.000 bis 15.000 Euro kommt aber ein Verwaltungskostenzuschlag der Autobahn GmbH von zehn Prozent plus einem Ablösebetrag von 50 Prozent, der die regelmäßige Überprüfung, manuelles Mähen und dergleichen beinhaltet – für einen Zeitraum von 15 Jahren. Das sei die durchschnittliche Lebensdauer solcher Schilder, sagt Seebacher.

Die Hinweistafeln für das Haus der bayerischen Geschichte zahlt der Freistaat. Foto: Aigner

Etwa 5.000 Euro kämen dann noch für die Verkehrssicherung der Baustelle hinzu. Diese wird von einer weiteren Firma übernommen und nach Stunden abgerechnet, inklusive Nachtzuschlag, da solche Arbeiten in der Regel nachts – wenn weniger Verkehr ist – durchgeführt werden. Und schließlich sei da noch das Abreißen der alten Schilder, was laut Seebacher bis zu 10.000 Euro kosten könne.

„Wo sonst erreicht man für dieses Geld 60.000 Leute am Tag mit seiner Werbung?“

Grob überschlagen kommt man so auf vielleicht 35.000 Euro pro Schild, 70.000 für zwei und dann kommt obendrauf noch ein Puffer. Die Ausgabe müsse ja durch einen Stadtratsbeschluss gedeckt sein, sagt Seebacher. „Es kostet aber wahrscheinlich weniger als die genannten 83.000 Euro.“ Und: „Das sind alles ehrliche Preise. Sie basieren auf Ausschreibungen und werden auf den Cent genau abgerechnet.“

Kleinreden will Seebacher den Betrag zwar trotzdem nicht, meint aber doch: „Das sind über die gesamte Standdauer gerechnet vielleicht 180 Euro pro Monat. Wo sonst erreicht man für dieses Geld 60.000 Leute am Tag mit seiner Werbung?“

Denn nichts anderes seien diese „touristischen Unterrichtungstafeln“, Hinweisschilder nämlich, mit denen Städte, Regionen und Tourismusverbände für sich werben würden – auf eigenen Wunsch. „Das sind kommerzielle Schilder. Die gehören auch nicht uns. Wir kümmern uns nur darum. Und unser Angebot ist sicher günstiger, als wenn die Städte selber alle Leistungen ausschreiben würden.“

Autobahn  GmbH diskutiert seit zwei Jahren mit Straubing

Seebacher dementiert auch Aussagen, denen zufolge die Tafeln aufgrund neuer Vorschriften gewechselt werden müssten. Zwar sei es richtig, dass neu aufgestellte Unterrichtungstafeln nicht mehr wie früher zwei auf drei Meter groß sein dürfen, sondern 2,40 auf 3,60 Meter. Doch die Änderung in dem entsprechenden Regelwerk (Richtlinien für touristische Hinweise an Straßen) stamme bereits aus dem Jahr 2008. „Alte Tafeln, die stehen, genießen Bestandsschutz.“

Der Grund dafür, dass man mit Straubing seit zwei Jahren über den Abriss und das Ja oder Nein für neue Schilder diskutiert habe, sei deren schlechter Zustand nach bald 24 Jahren gewesen. „Wir wurde da häufiger angerufen, weil die Tafeln schon recht schlecht aussehen.“ Wenn sich die Stadt nun dafür entscheide, diese nicht zu erneuern, sei das auch in Ordnung. „Wir müssen nur wissen, wie es weitergehen soll.“

Regensburger Schilder sollen neugestaltet werden

Dass Regensburg neue Schilder braucht, liegt übrigens nicht daran, dass die bestehenden zu alt gewesen wären. Wegen der Baumaßnahmen an A3 und A93 wurden zwei Tafeln bereits 2020 und 2021 durch die Autobahn GmbH abmontiert. Damit unterliegen sie nun der neuen Größennorm – was mit ein paar hundert Euro mehr für zusätzliches Alublech zu Buche schlägt.

Gewechselt werden sollen die Schilder insbesondere deshalb, weil das Kulturreferat ohnehin angeregt hat, das Design neu zu gestalten. Auch der zweite Welterbetitel – Donaulimes – solle auf den neuen Tafeln untergebracht werden, so die Auskunft der städtischen Pressestelle. Das Design sei fertig und müsse nur noch von der Autobahn GmbH abgesegnet werden.

Der Stadtrat muss entscheiden

„Bei einer Neugestaltung müssen auch die zwei weiteren noch stehenden Hinweistafeln im Norden und Westen der Stadt entsprechend erneuert werden, da laut Autobahn GmbH keine unterschiedlichen Motive gezeigt werden dürfen und auch diese zwei Tafeln nicht mehr den aktuellen Vorgaben entsprechen würden“, so eine Sprecherin.

Das bedeutet: vier statt zwei Tafeln, also gut 150.000 Euro, über die der Regensburger Stadtrat früher oder später entscheiden muss.

Print Friendly, PDF & Email

SUPPORT

Ist dir unabhängiger Journalismus etwas wert?

Dann unterstütze unsere Arbeit!
Einmalig oder mit einer regelmäßigen Spende!

Per PayPal:
Per Überweisung oder Dauerauftrag:

 

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14 7509 0000 0000 0633 63
BIC: GENODEF1R01

Kommentare (6)

  • tom lehner

    |

    Also mal ganz ehrlich. Der Abba-Insta Markus bekommt ein Mond-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen, weil Bayern mit Laptop und Lederhose den Weltraum und die unendlichen Weiten hinter den Freien Wählen erkunden will. Stimmen kann man immer gebrauchen. Warum denn nicht? Wenn es pressiert suchen wir im Orionnebel nach neuen Wählern.
    So ein Mond-Kontrollzentrum hat auch Vorteile. Wir wissen immer ob er noch da ist. Selbst bei Neumond. Man weiß ja nie was islamistischen Terroristen so alles einfällt. Selbst im Weltraum.

    In Regensburg wird es eine neue Stadtbahn geben. Mit Schiene. Obwohl die Regensburger mit ihren Bahnhöfen und dem Aussenrumm eigentlich gar nicht so glücklich sind. Seisdrumm. Es ist bald Wahl und da braucht man Erfolge.
    Bayern wird rausgeputzt. Die durchgängige Baustelle zwischen Aschaffenburg und Passau reicht schon. Da ist es doch gut zu hören das die Uniklinik pleite ist. Das Verkehrsaufkommen sinkt und die Stadt wird entlastet.
    Das Bayernland ist so wunderbar. Sogar die Walhalla bekommt eine gebläsegekühlte Klimaanlage. Platziert auf den von Borkenkäfern kahlgefressenen, fürstlichen Hängen des Thurn und Taxis Forst . Das Gute: Wer nachhaltige Hilfe braucht muß nicht weit gehen. Die Psychosomatische Klinik in Donaustauf hat eine Laufzeitverlängerung bekommen. Im Gegensatz zu den endgelagerten Wünschen ewig Gestriger, der Freien Wähler und Teilen der CSU und ihren strahlenden Ideen eine sehr sinnvolle Entscheidung.

    Aber gut. Schwaben ist überall und so schaut auch die Schwäbische Hausfrau mit verzweifeltem Blick auf Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden. Der Markus wär nicht der Markus wenn er das nicht wüsste. Sparen gefällt nicht nur der Hausfrau, sondern auch dem bayerischen Landvolk knapp an der absoluten Mehrheit, um das sich der Markus so sorgt. Zumindest offiziell.
    Die Frage, ob der Hinweis auf eine drittklassige Unterkunft für Wasserschildkröten im Raum Straubing rentabel ist oder nicht muss und darf hinterfragt werden. Anbei sei bemerkt das ich den Zoo in SR mag. Meine ehemaligen Patienten fanden ihn auch gut. Das sollte bitte nicht als „Bashing“ verstanden werden. Diese Sau werde ich nicht durchs Dorf treiben. Die Gehege dort sind völlig OK.

    Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber ich habe mich schon sehr oft gefragt wer denn auf die Idee mit diesen Schildern kam. „Metropolregion Nürnberg Paris – Nürnberg – Waidhaus“ ist weder für Waidhaus noch für Paris eine wirklich wichtige und sinnvolle Info. Auch das Design und die Farbe ist sehr ansprechend. Es ähnelt ein wenig den Hinweisschildern für Sondermülldeponien oder den geometrisch ausgeklügelten Hinweistafeln für Militärische Fahrzeuge mit Analphabeten am Steuer. Man mag sie gut finden. Ich mag sie nicht.

    Da wäre noch der Standort. An der A93, gefühlte 50 Kilometer vom Ziel entfernt steht eine Tafel die auf die Befreiungshalle hinweist. Das klingt für mich logisch und nachvollziehbar, zumindest in einem Gebiet das ausser Spargel und den Hundertwasserturm nicht viel vorzuweisen hat.
    Aber ich glaube auch auf den Spargel wird hingewiesen. Vermutlich auch auf den Hopfen und die bayerische Staatsregierung. Isja egal. Mein Lebtag hab ich mich nicht an diesen Schildern orientiert.

    Gerade frage ich mich auch wieso die Schilder „Neu“ sein müssen? Nageln Sie mich jetzt bitte nicht fest, aber diese aus Alublech gefertigten Tafeln werden vermutlich an einer Konstruktion aus verzinktem Rohr angeschraubt sein. Die Information selbst besteht vermutlich aus aufgebrachtem Folienmaterial aus der Massenproduktion. Handgeblasene Exemplare finden sich mittlerweile seltener. In der Regel ist das Material das sich auch zur Wiederverwendung eignet. Der Aufwand für den Ab- und Wiederaufbau ist der Gleiche. Die Golden Gate Bridge wird im Übrigen auch nicht ab- und wieder aufgebaut wenn die Farbe verblasst ist. Nur mal so als Einwurf.

  • Native

    |

    Ja mei, umsonst ist der Tod und der kost as Leben. Alle nehmen es von den Lebendigen, weils von den Toten nix mehr kriegen. Für diesen stolzen Preis gibt es fast schon ein Gemälde des Straßenkünstlers Banksy. Und übrigens Freibier ist jetzt leider auch nicht mehr überall erhältlich.

  • Informant

    |

    @tom lehner
    :-D :-D
    Danke, wunderschöner Kommentar.

  • Rufus

    |

    Soweit ich mich erinnern kann, stammt die Kultur der braunen Hinweisschilder ursprünglich aus Frankreich.
    Die haben damit zuerst begonnen.
    Vielleicht könnte man ja bei denen die neuen Schilder bestellen? Soviele wie dort angebracht sind, können die ja dann nicht kosten.

  • Daniela

    |

    Ich finde und fand diese Teile immer ‘Furchtbar hässlich ‘, allein dieses braun zum Schreien. Abreißen und nicht mehr aufbauen! Spart Zeit und Geld.

    Wer nach Regensburg als Tourist kommt, der hat davor schon einen Reiseführer gelesen. Die gibts in vielen Sprachen, im Internet oft kostenfrei. Und die Bebilderung in Selbigen ist um längen besser.

  • Wuzzi

    |

    Mit diesem süffisanten Artikel hat sich Regensburg-Digital selbst übertroffen.

Kommentare sind deaktiviert

drin