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18 Millionen Schadenersatz gefordert

Millionen-Klage gegen Ex-Vorstände: Landgericht Regensburg sieht hohes Prozessrisiko für die REWAG

Droht der groß angekündigte Prozess gegen ihre beiden Ex-Vorstände für die REWAG zum Debakel zu werden? Das Gericht lässt durchblicken, dass es viele Forderungen für zu hoch und zweifelhaft hält. Doch vergleichsbereit scheint das städtische Unternehmen nicht zu sein – ein hohes Kostenrisiko.

Weisen sämtliche Forderungen zurück: Bernhard Büllmann (li.) und Torsten Briegel (re.). Foto: as

Beim ersten Termin im Rechtsstreit zwischen der REWAG und ihren früheren Vorständen Torsten Briegel und Bernhard Büllmann gab es am Dienstag noch keine Entscheidung. Nach zweieinhalb Stunden sieht es aber nicht so aus , als ob die REWAG die geforderten 18 Millionen Euro Schadenersatz auch nur ansatzweise erhält.

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REWAG kündigte Prozess per Mitteilung an

Mit großem Theaterdonner hatte die REWAG ihre Klage gegen Briegel und Büllmann öffentlich gemacht. In einer eineinhalb Seiten langen Pressemitteilung listete sie detailliert Verfehlungen auf, die die beiden Ex-Vorstände begangen haben sollen. Von „schwerwiegenden und schuldhaften Pflichtverletzungen“ ist darin die Rede.

Von sieben Schadenskomplexen. Davon, dass die Versicherung der beiden ein viel zu niedriges Vergleichsangebot vorgelegt habe – und dass es keinerlei Bereitschaft zum inhaltlichen Austausch gab. Vor diesem Hintergrund sei der Aufsichtsrat „aktienrechtlich gezwungen“, Klage zu erheben. Xaver Haimerl, Chef des städtischen Beteiligungsmanagements, erscheint vor der Ersten Handelskammer am Landgericht als Vertreter dieses Aufsichtsrats, mithin auch der Stadt Regensburg, der die REWAG zu knapp zwei Drittel gehört. Doch beim Gütetermin stellt sich die Sache längst nicht so eindeutig dar, wie dies im Vorfeld kolportiert wurde.

Vorwürfe: Fehler beim Einkauf, schlechte Verträge, hohe Risiken 

75 Minuten lang legt die Vorsitzende Richterin Adda Trautsch detailliert dar, was die REWAG Briegel und Büllmann vorhält und wie sich die Forderungen aufschlüsseln. Kurz gesagt moniert der Energieversorger Fehler bei der Einkaufspolitik von Gas (7,5 Millionen Euro) und Strom (knapp eine Million Euro), bei der Ausgestaltung von Verträgen mit Großkunden (2,7 Millionen Euro), eine risikoreiche Einkaufspolitik bei Energieträgern für Blockheizkraftwerke (knapp sechs Millionen), ein riskantes Fondsmodell (700.000 Euro) und hohe Nachlässe für einen Großkunden (100.000 Euro).

Die Risikohandbücher der REWAG hätten die beiden Vorstände nicht beachtet, der Aufsichtsrat sei teils übergangen worden. Büllmann und Briegel hätten gegen das Spekulationsverbot verstoßen. Die beiden Ex-Vorstände weisen sämtliche Forderungen zurück. Sie betonen insbesondere, dass die REWAG in ihrer Klage die besondere Situation der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Energiekrise mit keinem Wort berücksichtige. Man müsse die Entscheidungen des Vorstands aus damaliger Sicht beurteilen und nicht in der Nachbetrachtung.

Gericht: REWAG muss Schaden genauer darlegen

Bei ihrem Dringen auf einen Vergleich macht Trautsch deutlich, dass die Kammer das Prozessrisiko nach vorläufiger Einschätzung überwiegend auf Seiten der REWAG sieht. Aller Diplomatie eines Gütermins zum Trotz.Der Schaden von 18 Millionen Euro: zu pauschal, nicht ordentlich berechnet, nicht differenziert begründet. „Die Beweislast, dass ein Schaden entstanden ist, liegt aber bei der Klägerin.“

Die Forderung von 7,5 Millionen für die (noch zu begründende) falsche Einkaufspolitik hält die Kammer generell für zu hoch. Das Nichtbeachten von Risikohandbüchern sei wohl kein Pflichtverstoß. Es stelle sich auch die Frage, ob ein Schaden entstanden sei für den Fall, dass der Aufsichtsrat nicht informiert worden sein sollte. „Vielleicht hätte der ja zugestimmt“, so Trautsch. „Eine schwierige Angelegenheit.“ Ebenso sei fraglich, ob hier ein Spekulationsverbot greife.

Xaverl Haimerl war als Chef des Beteiligungsmanagements der Stadt Regensburg an dem Prozess teil. Foto: as

Die Beweislast dafür, dass sie bei allen Entscheidungen die Sorgfaltspflicht eingehalten haben, liege zwar bei den beiden Vorständen. Das sei deren Prozessrisiko. Aber, so Trautsch, Briegel und Büllmann hätten in dieser Eigenschaft große Freiheiten bei der Gestaltung von Verträgen. Diese Verträge erschienen zum überwiegenden Teil auch nicht ungewöhnlich. Es sei auch die Frage, ob man den beiden jeden Schaden, den die REWAG aufführt, überhaupt zurechnen kann.

Prozess würde Jahre dauern – und kann teuer werden

„Ich halte es für äußerst sinnvoll, wenn beide Seiten noch einmal in sich gehen“, rät die Kammervorsitzende. Trautsch regt an, einen Güterichter einzuschalten, um abseits der Öffentlichkeit noch einmal miteinander zu sprechen, um einen Vergleich zu erzielen. Allein das Verfahren in erster Instanz kann zwischen zwei und fünf Jahren dauern. Dann stünde der Gang vor das Oberlandesgericht Nürnberg an. Jährlich fielen angesichts des Streitwerts Zinsen von einer knappen Million Euro an, was sowohl diesen Streitwert wie auch die Verfahrenskosten weiter nach oben treibt.

Wie beim Termin zur Sprache kommt, hatten die Versicherungen von Briegel und Büllmann einen „Vergleichskorridor“ zwischen 2,5 und drei Millionen Euro angeboten. Ein Betrag, angesichts dessen die REWAG nicht weiter ins Gespräch gehen wollte, wie einer der Rechtsanwälte von Torsten Briegel betont. Der Betrag sei auch nicht in Anerkennung irgendeines Schadens in Aussicht gestellt worden, sondern im Hinblick auf den hohen Aufwand, den ein Prozess mit sich bringt. Zu weiteren Vergleichsgesprächen, auch mit einem Güterichter, sei man aber bereit.

REWAG-Anwalt kaum vergleichsbereit

Alles andere als vergleichsbereit scheint hingegen REWAG-Anwalt Dr. Stefan Hackel zu sein. Auf den Hinweis der Gegenseite, angeforderte E-Mails in einem lesbaren Format vorzulegen, reagiert er trotz Intervention von Richterin Trautsch wenig kompromissbereit. „Das haben wir schon gemacht. Wenn Sie etwas anderes behaupten, bestreiten wir das.“ Einerseits betont Hackel zwar, dass die REWAG „vergleichsbereit“ sei, sagt aber dann: „Wir werden außergerichtlich garantiert kein Angebot vorlegen.“ Als ein Anwalt der Gegenseite begütigend auf ihn einredet, winkt Hackel ab. „Ich bin nicht das erste Mal vor Gericht.“

Dennoch bringt Adda Trautsch es am Ende und nach viel Hin und Her irgendwie hin, dass sich beide Seiten Bedenkzeit bis Ende Februar nehmen – entweder um miteinander Vergleichsgespräche zu führen, einen Güterichter einzuschalten, oder in weiteren Schriftsätzen ihre Anträge zu bekräftigen.

Xaver Haimerl meldet sich während des Prozesses nicht zu Wort. Er sitzt die zweieinhalb Stunden meist mit verschränkten Armen da. „Jetzt wird es kindisch“, murmelt er einmal, als die Gegenseite anführt, dass die REWAG keinerlei Schaden im juristischen Sinne aufgeführt habe.

 


In einer früheren Version dieses Textes haben wir Herrn Haimerl mit einem Satz zitiert, der nicht von ihm, sondern von einer bei ihm stehenden Person gesagt wurde. Wir haben uns verhört und bitten, den Fehler zu entschuldigen.


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