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Kolumne

Perfide CSU, dankbare AfD und Glorias Reichstagsbrand – Rückmeldung nach unerwarteter Pause

Liebe Leserinnen und Leser,

vorneweg möchte ich mich für die ungewohnt lange und unangekündigte Pause entschuldigen. Grund dafür war ein fast vierwöchiger Krankenhausaufenthalt. Leider war während dieser Zeit niemand verfügbar, der unsere Seite verantwortlich weiter führen konnte.

Diese Woche bin ich nun auf einer Podiumsdiskussion bei den Medientagen in München, aber ab kommender Woche geht es – sofern nichts Unvorhergesehenes passiert – mit regensburg-digital wieder wie gewohnt weiter. Ein paar Dinge, die in den letzten Wochen passiert sind, möchte ich aber bereits jetzt in gebotener Kürze kommentieren.

1. Der Ex-OB-Kandidat der AfD

Zieht seine Kandidatur zurück: Manfred Hetznegger. Foto: Archiv

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Nach unserem Bericht über seine Verurteilung wegen des Unterschlagens von Arbeitsentgelt – 258 Fälle, über 600.000 Euro Schaden, ein Jahr und vier Monate zur Bewährung plus Geldstrafe – hat der designierte Oberbürgermeisterkandidat der Regensburger AfD das Handtuch geworfen.

Ob Manfred Hetznegger dies aus freien Stücken getan hat oder auf Druck des Vorstands der extrem rechten Partei bleibt offen. In einer Pressemitteilung des AfD-Vorstands gibt der sich überrascht von Hetzneggers Verfehlung und bedankt sich bei regensburg-digital für die gute Recherche, die Schaden von der AfD abgewandt habe.

Ich betrachte das mal als etwas eigenwillige Form von Humor und sage: gerne wieder. Bin gespannt, wen die AfD nun aus dem Hut zaubert.

Unklar ist, warum die Mittelbayerische Zeitung nicht schon unmittelbar nach der Nominierung Hetzneggers über dessen Vorstrafe berichtet hat. Ein leitender Redakteur und „Chefreporter“ der Lokalzeitung war selbst bei dem Prozess gegen den ehemaligen Taxiunternehmer anwesend und hatte darüber im Oktober einen Bericht verfasst. Weil Hetznegger damals keine herausgehobene Stellung inne hatte, selbstverständlich anonymisiert.

Doch zunächst erschien nach Hetzneggers OB-Kandidatur in der MZ nichts zu seiner Verurteilung, anschließend schrieb man von uns ab („wie bekannt wurde“). Derselbe Redakteur ereiferte sich in einer Kolumne darüber, dass sich „im Internet“ jemand als „Rächer der Enterbten“ aufgespielt und Hetznegger geoutet habe. Dabei frage er sich schon, warum man über Mörder vor Gericht anonymisiert berichten müsse, aber wir, pardon „das Internet“, über Hetznegger mit Namen und Foto berichtet habe.

Was der Unterschied zwischen irgendeinem Angeklagten oder Verurteilten vor Gericht ist und einem OB-Kandidaten, der sich eine deutliche Vorstrafe gefangen hat, erklären wir dem Kolumnisten gerne in einem Grundlagenseminar Journalismus. Oder nein: das soll er selbst herausfinden.

2. Aus der Von-der-Tann-Schule wird die Elly-Maldaque-Schule

Auf Wunsch der Schulfamilie der Von-der-Tann-Schule wird diese künftig den Namen von Elly Maldaque tragen. Abgesehen von CSU und AfD waren sich darin alle Stadträtinnen und Stadträte im Bildungsausschuss einig.

Wir haben mehrfach über das Schicksal der engagierten Pädagogin berichtet, ihrer Entfernung aus dem Schuldienst und ihren Tod 1930, der bereits damals in der Weimarer Republik als Skandal galt. Sie wurde Opfer einer rechtsextremen Kampagne, bei der die damals regierende Bayerische Volkspartei (BVP) willfährig mitspielte. Sie wurde als Kommunistin diffamiert, weil sie sich für deren Ideen interessiert und bei diesen Klavier gespielt hatte.

In ähnlicher Manier wie vor 95 Jahren gerierte sich anlässlich der Schulbenennung die CSU. Deren Chef Michael Lehner hatte das Ansinnen im Vorfeld als „irre“ bezeichnet. In der Ausschusssitzung übernahm es Bernadette Dechant, Elly Maldaque in einen direkten Zusammenhang mit stalinistischem Terror und den Mauertoten der DDR zu stellen. 

Dass sie dabei selektiv und damit verzerrend aus dem Buch zitiert hat, in dem Maldaques Schicksal akribisch aufgearbeitet wurde („Der Fall Maldaque – ein Willkürakt im Obrigkeitsstaat“) macht den Auftritt Dechants so richtig perfide. Dass Joachim Wolbergs Dechants Ausführungen damit kommentierte, dass die CSU-Stadträtin intellektuell wohl nicht in der Lage sei, das Buch richtig zu verstehen, brachte ihm einen Ordnungsruf der Oberbürgermeisterin ein. Doch man ist geneigt, ihm zuzustimmen – wenn man Dechants Erguss im Plenum gutmeinend einordnen möchte.

Das Verhalten der CSU in der Causa Elly Maldaque reiht sich ein in einen Wahlkampf, der bislang fast ausschließlich von Populismus geprägt ist. Beispielhaft erwähnt sei das Video von OB-Kandidatin Astrid Freudenstein vor dem Kaufhof-Gebäude. Dort fabulierte sie davon, dass man das Gebäude abreißen und was richtig Gutes für die Stadt machen solle, wenn es nach ihr ginge.

Dass das Gebäude der Stadt nicht gehört und ein Erwerb derzeit kaum möglich ist, weiß Freudenstein natürlich. Aber „im Internet“ gibt es jede Menge gleichlautende Forderungen und genügend Uninformierte, die auf dieses wohlklingende Gerede hereinfallen. In derselben Liga spielt ein Uralt-Video von Freudenstein zu den Zuständen am Bahnhof, das nun wieder verbreitet wurde. Es spiegelt zwar nicht die aktuelle Situation wider, aber bei irgendwem wird dieses Monate alte Zeug ebenso verfangen wie ihr kaum weniger altes Gespräch mit irgendeinem Nutrition-Influencer zum selben Thema. 

3. Die pöhse Antifa war’s

Nach dem Brand des Jagdschlosses Thiergarten bei Donaustauf wurde das Vereinsheim des Golf- und Landclubs Regensburg mit angeschlossenem Restaurant zu einem geschichtsträchtigen Ort hochstilisiert, für den sich bis dahin eigentlich niemand interessiert hatte.

Nach wie vor ist unklar, was die Brandursache war. Daran ändert auch das Bekennerschreiben eines angeblichen „Kommando Georg Elser“ nichts, das auf der Plattform Indymedia veröffentlicht wurde. Regelmäßig erscheinen dort irgendwelche Bekennerschreiben, häufig Fake. Zuletzt etwa in Zusammenhang mit der Bombendrohung gegen das Oktoberfest, die angeblich von der Antifa gekommen sei. Das war bekanntermaßen falsch. Nicht zum ersten Mal. Jeder darf bei Indymedia irgendwas veröffentlichen.

Erwähnt wurde das in der anfänglichen Berichterstattung über den angeblichen Antifa-Brandanschlag auf das Jagdschloss nicht. Glorias Haus- und Hofmedium Nius verbreitet die Anschlagsgeschichte aber nichtsdestotrotz als Tatsache (ähnlich wie die lokale Compact-Karikatur eines in Regensburg weltbekannten Veranstalters), der ungarische Autokrat Victor Orban springt mittlerweile auf. Viel Ideologie, keinerlei Wissen. 

Gloria von Thurn und Taxis betont zwar gegenüber Nius, dass man noch nichts über die Brandursache wisse, erklärt aber dann doch, dass die Gefahr in Deutschland von links und nicht von rechts ausgehe. Schließlich versteigt sie sich zu der Aussage, dass der frühere Chef des Bundesants für Verfassungsschutz, der Rechtsextremist Hans-Georg Maaßen, gefeuert worden sei, weil er  einen „Reichstagsbrand“ aufgedeckt habe, als er – erwiesenermaßen falsch – behauptet hatte, in Chemnitz habe es 2018 keine Hetzjagden von Rechtsextremisten gegeben. Bei Durchlaucht brennt eben nicht nur das Jagdschloss, sondern der Hut. Wie üblich.

Ebenfalls üblich: ein stadtbekannter Kolumnist fordert in der MZ, dass man sich nach dem Brand des Jagdschlosses von der Gewalt von Links distanzieren müsse, obwohl die Ursache des Feuers unklar ist und er selbst das Bekennerschreiben (nun) für Fake hält. Logik und Tatsachen sind eben manchmal überschätzt.

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Kommentare (5)

  • Hannes Eberhardt (ÖDP)

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    Lieber Stefan,
    vielen Dank für diese aus nachvollziehbaren Gründen ungewohnte aber sehr nützliche Zusammenfassung. Ich wünsche gutes Gelingen, gute Gesundheit zukünftig und weiter so gute und unverzichtbare Infos und Kommentare, die unsere kleine Großstadt einfach immens bereichern und die tägliche Lektüre von RZ und MZ vervollständigen, wenn nicht sogar mindestens genausowichtig sind, um ausgewogen informiert zu sein.
    Danke danke danke
    Alles Gute und bitte nicht nachlassen!

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  • Malte D.

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    Nach dem Artikel erstmal wieder gespendet. Ohne diese Artikel hat man das Gefühl, nur die halbe Wahrheit zu kennen.

    Weiterhin gute Besserung und Danke für’s Dranbleiben!

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  • Der sich den Wolf schreibt

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    Sehr geehrter Herr Aigner, ihre überraschende, unangekündigte Unterbrechung aus gesundheitlichen Gründen, beunruhigte viele Leser, Kommentatoren und Freunde von Regensburg Digital. Erst jetzt wurde einem bewusst, wie sehr die „digitale Stimme Regensburgs“ für das journalistische Gleichgewicht, Sichtweise und Ausgewogenheit in Regensburg, fehlte. Aber die Gesundheit geht vor. Ich hoffe für sie, dass Alles wieder gut wird. Ich wünsche Ihnen beste Genesung und weiterhin Gesundheit und Schaffenskraft, wie zu gewohnter, alter Zeit.

    Wie schön, dass du wieder genesen bist,
    wir hatten dich schon sehr vermisst.

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  • Alter Dampfer

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    Auch von mir Gute Besserung.
    Hoffentlich sind nicht die Flöten schuld. Aber auf die kann man ja auch (leicht) verzichten.

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  • sandahar

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    Super Artikel, bist einfach gut

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