Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom letzten Dienstag zieht die Medienöffentlichkeit an wie kaum etwas zuvor aus dem Umfeld der als leicht miefig verschrieenen „Datenschützer, Bürgerrechtler und Internetnutzer”. Die Richter des Ersten Senats im Bundesverfassungsgericht erklärten die Vorratsdatenspeicherung in ihrer bisherigen Ausgestaltung für verfassungswidrig und deshalb das bisherige Umsetzungsrecht für nichtig. Die unverzügliche Löschung der gespeicherten Telekommunikationsverbindungsdaten ist angeordnet.
Hierzulande gilt Vorratsdatenspeicherung als Synonym für die flächendeckende Speicherung von Verhaltensdaten. Kaum ein anderes „Sicherheitsgesetz” war so umkämpft wie umstritten, gänzlich gestoppt wurde es aber nicht. Die EU-Richtlinie, die dem deutschen Gesetzgeber ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vorschreibt, wurde von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht angetastet.
Stoppt die Vorratsdatenspeicherung — das ist jetzt erst recht der Ausspruch für die Bürgerrechtsbewegung, die eine Auseinandersetzung mit pauschalen Ansammlungen privater Daten und den Persönlichkeitsschutz im frühen 21. Jahrhundert gesellschaftstragend gemacht hat.
Das höchste deutsche Gericht hat den vielen engagierten AktivistInnen und Nichtregierungsorganisationen grundsätzlich recht gegeben und ihre Argumentation umfassend bestätigt. Es erkennt im Urteil an, dass die sechs Monate lang gespeicherten Daten die Erstellung „umfangreicher Bewegungsprofile” und „bis in die Intimsphäre hinreichende inhaltliche Rückschlüsse” erlauben und dass es sich somit bei der Speicherung um einen „besonders schweren Eingriff” in die Persönlichkeitsrechte handelt.
Leider führte die Beurteilung der RichterInnen in Karlsruhe nicht zu einem generellen Verbot der Massenprotokollierung, sondern erklärte sie unter hohen Hürden für verfassungsgemäß. Die Einzelheiten ihrer Entscheidung hat der Publizist Heribert Prantl – Altkanzler Schröder bezeichnete ihn einmal als „dritten Senat” des Bundesverfassungsgerichts – in einem Kommentar für die Süddeutsche Zeitung zusammengefasst.
Ein Initiator der Verfassungsbeschwerde ist der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der sich mit Erlass der zusammenhängenden Richtlinie des Europäischen Parlaments im Jahr 2005 formierte. Die engagierten KritikerInnen und deren Unterstützer aus zahlreichen Organisationen begleiteten das nationale Gesetzgebungsverfahren mit einer Briefaktion an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, an der sich über 2000 Menschen beteiligten. Der Parlaments-Entscheidung am 09. November 2007 ging ein bundesweiter Aktionstag voraus, an dem sie in über 40 Städten gegen einen Erlass protestierten. Jetzt stehen die AktivistInnen vor der Herausforderung, die Vorratsdatenspeicherung über sprachliche und kulturelle Barrieren hinweg auf der Europäischen Ebene zu stoppen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt keine Kompetenzfrage an die EU. Es überlässt der BürgerInnenschaft die notwendige Auseinandersetzung mit dem neuen legislativen Gefilde, dafür weicht es sogar von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Ich bin überzeugt, dass die RichterInnen des Ersten Senats gerne anders entschieden hätten.
Beiträge mit Tag ‘Datensammler’
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom letzten Dienstag zieht die Medienöffentlichkeit an wie kaum etwas zuvor aus dem Umfeld der als leicht miefig verschrieenen „Datenschützer, Bürgerrechtler und Internetnutzer”. Die Richter des Ersten Senats im Bundesverfassungsgericht erklärten die Vorratsdatenspeicherung in ihrer bisherigen Ausgestaltung für verfassungswidrig und deshalb das bisherige Umsetzungsrecht für nichtig. Die unverzügliche Löschung der gespeicherten Telekommunikationsverbindungsdaten ist angeordnet.
Hierzulande gilt Vorratsdatenspeicherung als Synonym für die flächendeckende Speicherung von Verhaltensdaten. Kaum ein anderes „Sicherheitsgesetz” war so umkämpft wie umstritten, gänzlich gestoppt wurde es aber nicht. Die EU-Richtlinie, die dem deutschen Gesetzgeber ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vorschreibt, wurde von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht angetastet.
Stoppt die Vorratsdatenspeicherung — das ist jetzt erst recht der Ausspruch für die Bürgerrechtsbewegung, die eine Auseinandersetzung mit pauschalen Ansammlungen privater Daten und den Persönlichkeitsschutz im frühen 21. Jahrhundert gesellschaftstragend gemacht hat.
Das höchste deutsche Gericht hat den vielen engagierten AktivistInnen und Nichtregierungsorganisationen grundsätzlich recht gegeben und ihre Argumentation umfassend bestätigt. Es erkennt im Urteil an, dass die sechs Monate lang gespeicherten Daten die Erstellung „umfangreicher Bewegungsprofile” und „bis in die Intimsphäre hinreichende inhaltliche Rückschlüsse” erlauben und dass es sich somit bei der Speicherung um einen „besonders schweren Eingriff” in die Persönlichkeitsrechte handelt.
Leider führte die Beurteilung der RichterInnen in Karlsruhe nicht zu einem generellen Verbot der Massenprotokollierung, sondern erklärte sie unter hohen Hürden für verfassungsgemäß. Die Einzelheiten ihrer Entscheidung hat der Publizist Heribert Prantl – Altkanzler Schröder bezeichnete ihn einmal als „dritten Senat” des Bundesverfassungsgerichts – in einem Kommentar für die Süddeutsche Zeitung zusammengefasst.
Ein Initiator der Verfassungsbeschwerde ist der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der sich mit Erlass der zusammenhängenden Richtlinie des Europäischen Parlaments im Jahr 2005 formierte. Die engagierten KritikerInnen und deren Unterstützer aus zahlreichen Organisationen begleiteten das nationale Gesetzgebungsverfahren mit einer Briefaktion an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, an der sich über 2000 Menschen beteiligten. Der Parlaments-Entscheidung am 09. November 2007 ging ein bundesweiter Aktionstag voraus, an dem sie in über 40 Städten gegen einen Erlass protestierten. Jetzt stehen die AktivistInnen vor der Herausforderung, die Vorratsdatenspeicherung über sprachliche und kulturelle Barrieren hinweg auf der Europäischen Ebene zu stoppen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt keine Kompetenzfrage an die EU. Es überlässt der BürgerInnenschaft die notwendige Auseinandersetzung mit dem neuen legislativen Gefilde, dafür weicht es sogar von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Ich bin überzeugt, dass die RichterInnen des Ersten Senats gerne anders entschieden hätten.
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