Legte einen umfassenden Zwischenbericht vor, durfte aber nicht interviewt werden: Angelika Glaß-Hofmann. Foto: Archiv/as
Völlig überraschend kündigte das Bistum Regensburg am Dienstag an, für die erlittenen körperlichen Misshandlungen in der Domspatzen-Vorschule Etterzhausen und Pielenhofen Schmerzensgeld zu zahlen. Nach Angaben des Ordinariats seien Schüler von 1953 bis 1992 vor allem vom ehemaligen Direktor Johann Maier regelmäßig so schwer verprügelt worden, dass strafrechtlich gesehen Körperverletzung vorliege. 72 ehemalige Schüler, die sich seit März 2010 mit Berichten an das Ordinariat gewendet hätten, sollen nun ein Schmerzensgeld in der Höhe von 2.500 Euro erhalten. Die in den Regensburger Domspatzen-Einrichtungen körperlich Misshandelten scheinen leer auszugehen. Wie schon im November letzten Jahres vorgelegten Bericht zu sexuellen Missbrauch, schweigt sich das Ordinariat erneut über die vielfach und gleichlautend beklagten Regensburger Vorfälle aus.
Nach der ARD-Doku „Sünden an den Sängerknaben“ hat Filmemacherin Mona Botros eine Einladung der Domspatzen-SMV an das Gymnasium angenommen. Eine Antwort der Schüler steht noch aus. Am Mittwoch wird der Film wiederholt – es wird zusätzliches Videomaterial veröffentlicht.
Bei der Nichtaufklärung des Missbrauchsskandals in Regensburg spielen Politik und Kirche zusammen: die einen durch Leugnen und Vertuschen, die anderen durch Ausblenden.
In einer Ansprache zu seinem Weihejubiläum hat der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer Ende Januar um das Vertrauen von Missbrauchsopfern geworben. Der ehemalige Domspatz Georg Auer reagiert darauf mit einem offenen Brief. In den kommenden Tagen wird sich auch unser Autor Robert Werner ausführlich mit der Ansprache beschäftigten. Hier der Brief von Georg Auer im kompletten Wortlaut.
Er habe „genug von dieser Institution“ und wolle „von diesen Typen“ aus dem Regensburger Ordinariat niemals mehr etwas hören“. Mit diesen unmissverständlichen Worten meldet sich ein weiterer ehemaliger „Domspatz“ zu Wort. Unserer Redaktion schildert er sein Leid als blutig geprügeltes Kind, sein Los als Opfer von sexuellen Übergriffen und seine Enttäuschung nachdem er sich 2010 bei der damaligen „Missbrauchsbeauftragten“ Dr. Birgit Böhm gemeldet hatte. Die Glaubwürdigkeit des Regensburger Bistums in Sachen Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch von Minderjährigen und Schutzbefohlenen scheint indes tiefer nicht mehr sinken zu können. Das es auch anders gehen könnte, zeigt ein Blick nach München und Ettal.
Im Gespräch mit unserer Redaktion wirbt Dr. Marin Linder um Vertrauen bei den Opfern. Zu den Serienbriefen, mit denen Betroffene in der Vergangenheit abgespeist wurden, sagt er: „Das war vor meiner Zeit.“ Er selbst lege größten Wert darauf, alles im persönlichen Gespräch zu klären.
Das Bistum Regensburg hat dem Missbrauchsbeauftragten ein paar Zahlen mitgeteilt. Wirkliche Klarheit bringen auch diese nicht. Empfänger des demütigenden Serienbriefes von Generalvikar Fuchs warten nach wie vor auf eine Entschuldigung.
Große Erwartungen richten sich an den neuen Regensburger Bischof. Das liegt an seiner menschlichen Art, vor allem aber an seinem Vorgänger. Ob Rudolf Voderholzer diese Erwartungen erfüllen kann, hängt davon ab, ob er mit dem „System Müller“ aufräumen kann.