Vorlage im Planungsausschuss offenbart: Für Regensburgs Wohnraumproblem scheint keine Lösung in Sicht
Wie viel die Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum bringt, ist eine Frage, über die sich diskutieren lässt. Auch scheint es Methoden zu geben, sie zu umgehen und dann Rekordmieten für Wohnungen abseits des regulären Marktes aufzurufen. Viel eindrücklicher ist allerdings die Begründung der Satzung. Zusammengefasst: Es ist keine Lösung für mehr bezahlbaren Wohnraum in Sicht – im Gegenteil.

Regensburg verzeichnet immer mehr Zuzuzug und wird für immer mehr Menschen unbezahlbar. Foto: Archiv/Staudinger
Auf die „soziale Kernfrage“ des bezahlbaren Wohnens in Regensburg wird es in den nächsten Jahren, womöglich Jahrzehnten, keine befriedigende Antwort geben. So fasst Stadtrat Thomas Thurow (Brücke) die Vorlage zusammen, die kürzlich im Planungsausschuss diskutiert wurde. Damit steht Thurow im Einklang mit fast allen Fraktionen – und auch mit den zuständigen Vertreterinnen der Stadtverwaltung, wenn auch in anderen Worten.
Anlass ist die Verlängerung der Zweckentfremdungssatzung um ein weiteres Jahr. Sie soll vor allem verhindern, dass reguläre Wohnungen in Ferienwohnungen umgewandelt werden. Seit 2020 gilt diese Satzung – nach langer Debatte im Vorfeld.
Amt für Stadtentwicklung: Wohnraum für zehn Millionen Euro zurückgeführt 
In diesen fünf Jahren wurden nach Angaben des Amts für Stadtentwicklung 51 Ferienwohnungen wieder dem regulären Wohnungsmarkt zugeführt – knapp 2.900 Quadratmeter. „Wäre dieser Wohnraum dem Markt ‚verloren‘ gegangen und als geförderter Wohnraum neu errichtet worden, wären Baukosten von über 10 Millionen Euro entstanden“, heißt es in der Vorlage (hier als PDF).
Nicht zu unterschätzen sei außerdem der „psychologische Effekt“ der Satzung, meint Stadtrat Klaus Rappert (SPD). Auch wenn man ihn nicht beziffern könne, habe die Satzung weitere Umwandlungen von Wohnraum in Ferienwohnungen verhindert.
Demgegenüber stehen Kosten für die Durchsetzung der Zweckentfremdungssatzung. Das Amt für Stadtentwicklung beziffert sie seit 2020 auf 1,2 Millionen Euro. Entsprechend wird diskutiert, ob sich dieses Instrument tatsächlich „rentiert“. Die FDP stimmt als einzige Partei im Stadtrat gegen die Verlängerung.
Wohnungen: Nur München ist teurer als Regensburg
Weitaus beunruhigender als die Rentabilität der Satzung und die Debatte über ihr Für und Wider sind die Daten, mit denen die Stadtverwaltung ihre Berechtigung untermauert.
Abseits der Landeshauptstadt München sind Wohnimmobilien und Grundstücke in Bayern nirgendwo teurer als in Regensburg. Die Vorlage nennt ein aktuelles Kaufpreisniveau von 5.000 Euro pro Quadratmeter für Eigentumswohnungen über alle Baujahre. Die durchschnittliche Nettokaltmiete ohne weitere Aufschläge liegt demnach bei fast zehn Euro.
Den Prognosen des Amts für Stadtentwicklung zufolge ist keine Entspannung in Sicht. Der Bevölkerungszuwachs in Regensburg liegt über dem Bundesdurchschnitt – inklusive Zweitwohnsitzen sind es aktuell 179.000 Einwohnerinnen. Auch in den nächsten Jahren sei ein „erhebliches Wachstum (…) zu erwarten“. Je nach Szenario rechnet die Stadt bis 2040 mit mindestens 190.000, eher 200.000 Regensburgerinnen und Regensburgern.
Geförderter Wohnraum stagniert, die Fördertöpfe sind leer
Für diese Menschen Wohnungen zu schaffen, vor allem bezahlbare, erscheint unter den derzeitigen Vorzeichen kaum machbar. Seit 15 Jahren verharrt die Zahl der geförderten Wohnungen nahezu auf demselben Niveau – 5.400 bis 5.800.
Künftig fallen jährlich im Schnitt 250 Wohnungen aus der Bindung; derzeit lässt sich das nicht ausgleichen. Bereits im Frühjahr dieses Jahres waren die Fördertöpfe der Bayerischen Staatsregierung leer. Bauminister Christian Bernreiter (CSU) verwies die Kommunen im April auf den Doppelhaushalt 2026/27. „Dann wissen wir auch, was vom Bund zur Verfügung steht.“ So lange verzögern sich diverse Bauprojekte in Regensburg, für die seit 2019 eine 40-Prozent-Quote für geförderten Wohnraum gilt.
Über 3.000 Baugenehmigungen derzeit nicht genutzt
Doch auch abseits dessen ist die Wohnbautätigkeit in Regensburg in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Das liegt laut Amt für Stadtentwicklung weniger an der zuletzt eher niedrigen Zahl von Baugenehmigungen – 2024 waren es 851. Hauptgrund scheint zu sein, dass bereits erteilte Genehmigungen vielfach nicht genutzt werden oder der Baubeginn sich verzögert.
Dieser sogenannte „Bauüberhang“ lag Ende des vergangenen Jahres bei etwas mehr als 3.200 Wohnungen, deren Bau zwar genehmigt ist, mit dem aber bislang nicht begonnen wurde. Als Gründe nennt das Amt hohe Baukosten, Fachkräftemangel und eine unsichere Fördersituation.
Lediglich 425 Wohnungen wurden 2024 fertiggestellt – ein Negativrekord. Um den Status quo zu halten und den prognostizierten Bevölkerungszuwachs aufzufangen, bräuchte es nach Erhebungen der Sparkasse jährlich mindestens 600, eher mehr als 1.000 neue Wohnungen.
Zweckentfremdungssatzung contra Schutz des Privateigentums
Eine Lösung liefert die Vorlage für den Planungsausschuss nicht. Das detailliert geschilderte Szenario begründet lediglich, warum es rechtens ist, die Zweckentfremdungssatzung in Regensburg um ein weiteres Jahr zu verlängern. Ohnehin werden solche Satzungen gerne beklagt – mit dem Verweis auf den Schutz des Privateigentums.
Wie zahnlos der Tiger Zweckentfremdungssatzung wirkt – trotz der 51 zurückgeführten Wohnungen und eines möglichen psychologischen Effekts – zeigt ein Blick auf einschlägige Immobilienportale.
Wohnhaus oder Luxus-Boardinghouse?
In bester Altstadtlage wird ab 1. April 2026 bei Immoscout24 eine „luxuriös möblierte 2-Zimmer-Wohnung mit Domblick“ angeboten. Mietbar ab einem Monat – für knapp 35 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Dieses Angebot mit Rekordmiete und abseits des regulären Wohnungsmarkts klingt nach Boardinghouse oder Ferienwohnung. Genehmigt wurde das Projekt im Oktober 2024 allerdings als „Sanierung eines Mehrfamilienwohnhauses“. Nur ein Beispiel von vielen.
Ob hier die Zweckentfremdungssatzung greift oder geschickt umgangen wird, haben wir die Stadt Regensburg gefragt. Über die Antwort werden wir berichten.
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Ulrich Mors
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Die Behandlung des Problems von Bevölkerungswachstum und bezahlbarem Wohnraum in der Stadt Regensburg als rein städtische Frage erscheint verengt und wenig zukunftfähig. Das städtische Areal mit seinen Funktionen, Beziehungen, allgemeingesellschaftlichen Aufgaben, städtischer Anziehungskraft sowie Werbung für Industrie, Gewerbe und Handel ist Zentrum eines sehr nahen Umlandes mit selbständigen Kommunen, die bereits langjährig vom Antrieb des Zentrums profitieren und Gestaltungsmöglichkeiten besitzen, die dem tragenden Kern immer mehr fehlen. Regensburg nähert sich einer Wachtums- und Entwicklungsschwelle, die in allen Grossstädten der Welt organisatorisch wie rechtlich schrittweise vollzogen wurde. Nur in diesem Rahmen erscheinen die immer stärker zutage tretenden Probleme lösbar. Die Bezahlbarkeitsprobleme bei der Sanierung von Altsubstanz erscheinen als allgemein symptomatisch für grundsätzliche Probleme in unserer veränderten Gesellschaft. Sie dürften die Erhaltung der aktuell noch guten Bausubstanz in der Altstadt zukünftig dauerhaft belasten. Für Stadtführung und Parteien im Stadtrat bedeutet alles, dass sie im interesse unserer Stadt zusammenstehen müssen, um das Gewicht zu haben, mit dem allein notwendige Massnahmen eingeleitet werden können.