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„Regensburger Gedenkkultur“

Zeichen der Annäherung?

Ein Anliegen, zwei Veranstaltungen: Das Gedenken an die NS-Opfer bleibt in Regensburg auch in diesem Jahr gespalten. Zum ersten Mal seit 40 Jahren nimmt aber ein Bürgermeister auch beim Gedenkweg am 23. April teil. Das ist wenigstens so etwas wie der Anfang eines gemeinsamen Gedenkens. Es ist nicht das erste Mal, dass Joachim Wolbergs am „Gedenkweg für die Opfer des Faschismus“ teilnimmt. Früher, als er noch Mitglied bei der „Sozialistischen Jugend – Die Falken“ war, die jedes Jahr das Transparent mit den (bekannten) Namen der Toten des KZ-Außenlagers Colosseum tragen, war er auch schon dabei. Doch in seiner Rolle als Bürgermeister geht der SPD-Politiker in diesem Jahr das erste Mal mit. So wie es überhaupt ein Novum in der 40jährigen Geschichte des Gedenkwegs ist, dass ein Mitglied der dreiköpfigen Stadtspitze sich blicken lässt. Ebenso wie es ein Novum war, dass der Oberbürgermeister vergangenen November – zum Holocaust-Gedenktag – vor dem Colosseum in Stadtamhof sprach, auch wenn er es dabei geschafft hat, das KZ-Außenlager nicht zu erwähnen. Zeichen einer Annäherung?

„Kein Konfrontationskurs“

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt – und weil Andrea Greiner-Schmid die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, geht sie am Dienstag auch nicht auf Konfrontationskurs mit den Stadtoberen. Bei ihrer Rede in Stadtamhof erneuert die zweite Vorsitzende der ARGE ehemaliges KZ Flossenbürg ihr Gesprächsangebot an die Stadt. Die Bodenplatte vor dem Colosseum könne aber in ihrer derzeitigen Form „nicht bleiben“, so Greiner-Schmid. Der Text liefere weder eine hilfreiche Information, noch könne er wachrütteln. Bereits vor Monaten hat die ARGE den Bürgermeistern und Stadtratsfraktionen in einem Brief konkrete Vorschläge für ein würdiges Erinnern an die 400 Gefangenen und etwa 70 Toten der KZ-Außenstelle Colosseum unterbreitet und Kooperationsbereitschaft signalisiert. Von der CSU-Fraktion und den Bürgermeistern gab es darauf aber nicht einmal eine Antwort. Aber immerhin: Unter den etwa 120 Menschen, die am Dienstag der Einladung der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN) folgen, ist eben heuer auch ein Bürgermeister. Eigentlich gedenkt die Stadtspitze einen Tag später. Es gibt nämlich zwei neuralgische Daten in der, wenn man sie so nennen will, „Regensburger Gedenkkultur“.

Manche Opfer sind unangenehm

Die Nacht des 23. April 1945 war es, in der die Gefangenen des Colosseum zum Todesmarsch getrieben wurden. Am 24. April 1945 wurden der Domprediger Dr. Johann Meier, der Lagerarbeiter Josef Zirkel und der pensionierte Polizist Michael Lottner von den Nazis hingerichtet, weil sie eine kampflose Übergabe der Stadt an die anrückenden Amerikaner gefordert hatten. Das erste Datum blieb lange vergessen. Vor allem linke Gruppierungen machten es in den 70er Jahren zum Thema. Das andere Datum war Anlass für das „offizielle“ Regensburg, der NS-Opfer zu gedenken, ausgewählter NS-Opfer. Denn dass es mitten in der Stadt einmal ein KZ gegeben hatte, wollte lange keiner wissen und so fanden diese Toten keine Erwähnung. Ebensowenig die verfolgten und ermordeten Zeugen Jehovas oder die Neupfarrplatzgruppe – „Opfergruppen“, die eben nicht so richtig in das Erinnerungsbild des katholisch und konservativ geprägten Regensburg passen wollten. In das beschönigende Bild einer katholischen Kirche als Sperrspitze des Widerstands gegen das NS-Regime, eines Widerstands, der nach offizieller Lesart besser ohne Kommunisten oder Kriegsdienstverweigerer aus den Reihen der Zeugen Jehovas stattgefunden hätte.

„Beide Veranstaltungen gut“

Diese Opfer und Widerständler fanden und finden am 23. April Erwähnung, ebenso auch jene, denen tags darauf offizziell gedacht wird. Doch auch wenn sich das offizielle Gedenken am 24. April in den letzten Jahrzehnten etwas geändert hat: Die Spaltung – zwei Veranstaltungen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen – ist bis heute geblieben. Am 23. April politisch, am 24. April religiös geprägt. Er finde „beide Veranstaltungen gut“, sagt Wolbergs. Deshalb nehme er an beiden teil, auch wenn er nicht jede Rede gut finde. Aber das muss ja auch nicht sein.

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