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Tagungszentrum oder Kulturhalle?

Schlachthof-Nutzung: Abnicken erwünscht

Tagungszentrum oder Kunsthalle? Am Mittwoch diskutiert der Stadtrat die Nutzung der Schlachthof-Gebäude. Die Linken kritisieren Demokratie-Defizite beim Oberbürgermeister, die Grünen fordern, die Hallen wieder zurückzukaufen. Hans Schaidinger kann sich dagegen zurücklehnen: Die Beschlussvorlage fürs Tagungszentrum soll nämlich nur „begrüßt und zur Kenntnis genommen“ werden.

Erst hat die Stadt die Schlachthof-Hallen verkauft, jetzt sollen sie zurückgemietet werden. Ein saugutes Geschäft? Foto: Archiv/ Tilmann Riechers

Heiße Diskussionen dürften bei der morgigen  öffentlichen gemeinsamen Sitzung von Stadtplanungs-, Kultur- und Wirtschaftsausschuss (16.30 Uhr, Neues Rathaus) anstehen. Zwei Mal stehen Tagungszentren auf der Tagesordnung: Eines im Kleinformat in den Hallen des Alten Schlachthofs, anschließend wird über den Standort für das „echte“ RKK diskutiert, das entweder auf dem Ernst-Reuter-Platz oder dem Unteren Wöhrd (Altes Eisstadion) entstehen soll. Im Vorfeld der Sitzung haben sich die beiden Stadträte Irmgard Freihoffer und Richard Spieß (Linke) in einem offenen Brief, der von den hiesigen Medien weitgehend ignoriert wurde, bitter über die Informationspolitik des Oberbürgermeisters in Sachen Schlachthof beklagt: „Elementare Regeln demokratischer Prozesse (werden) in Regensburg aufs Gröbste verletzt“, heißt es darin.

Hallen: Erst verkaufen, dann zurückmieten

Wie berichtet, hatte Hans Schaidinger Anfang September – zur großen Überraschung der Stadtratsmehrheit – die Pläne für ein Tagungszentrum im Kleinformat der Presse vorgestellt (zur städtischen Pressemitteilung). Mehrere Monate hatte die Verwaltung dazu im Vorfeld schon mit dem Immobilien Zentrum Regensburg verhandelt, ohne den Stadtrat zu informieren. Und man scheint sich weitgehend handelseinig geworden zu sein: Es gibt bereits erste schöne Grafiken mit Innen- und Außenansichten. 2015 wolle man damit fertig sein, hieß es zuletzt auf einer Pressekonferenz der Immobilien Zentrum AG. Sollte der Stadtrat die Pläne gutheißen, wird also gebaut. Die Halle bleibt im Eigentum des Immobilien Zentrums, von der es die Stadt anschließend mieten wird – die Kosten sollen sich ersten Aussagen Schaidingers zufolge um eine Million Euro jährlich bewegen.

Erste Grafiken des geplanten Tagungszentrums hat das Immobilienzentrum schon fertig. Grafik: IZ

Der Aufsichtsrat der städtischen Tochter Regensburg Tourismus GmbH – von der dieses Zentrum betrieben werden soll – hat zwischenzeitlich schon mal 90.000 Euro für die Ausarbeitung einer Detailstudie abgesegnet. Am Mittwoch darf der Stadtrat zwischendrin nun auch einmal etwas entscheiden: Dieser Sachstand, so die Beschlussvorlage, darf von den Mandatsträgern „begrüßt und zur Kenntnis genommen“ werden.

Kunsthalle: Nie Thema im Stadtrat

Dass drei Kunstvereine – das GRAZ, der Kunst- und Gewerbeverein sowie der Neue Kunstverein – bereits vor einem Jahr mit dem Vorschlag für eine Kunsthalle an den Oberbürgermeister herangetreten waren, hat den Stadtrat ohnehin niemals erreicht. Eine Diskussion darüber scheint wohl unerwünscht. Um diese Diskussion zu unterbinden braucht es allerdings – mangels öffentlichen Aufschreis, geschweige denn Drucks der „Kulturszene“ – auch nicht viel. Und gegebenenfalls wird Schaidinger am Mittwoch schon die richten Worte finden, um das Kunsthallen-Vorhaben zu diskreditieren.

Stadträte mit eingeschränkten Informationsrechten: Richard Spieß und Irmgard Freihoffer. Foto: Archiv

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Spieß und Freihoffer regen sich nun darüber auf, dass die Möglichkeit zur öffentlichen Diskussion von vorne herein unterbunden wurde. Erst nur interne Verhandlungen, dann nur Infos für die Fraktionsvorsitzenden, der Kunsthallen-Vorschlag wurde im Stadtrat ohnehin nie vorgelegt. Der Oberbürgermeister stelle so „den Meinungsbildungsprozess in unserer Stadtgesellschaft auf den Kopf“.

Stadträte sollen „nur noch die Hand heben“

Tatsächlich stellt sich die Frage, weshalb die gewählten Vertreter im Stadtrat stets relativ spät und dann auch noch selektiv informiert werden, um anschließend unter großem Zeitdruck sofort zu entscheiden oder zumindest Weichen zu stellen, die eine Umkehr zumindest schwierig machen. Effizienz oder Durchregieren würde Schaidinger es vielleicht nennen. Für Spieß und Freihoffer ist der Hintergrund allerdings ein anderer: „Es ist natürlich für den Oberbürgermeister eine einfachere Sache, fünf Fraktionsvorsitzende, die in der Regel nur kurze oder gar keine Vorbereitungszeit für die Besprechungen mit ihm haben, von seinen Wünschen zu überzeugen, als den ganzen Stadtrat, der auch noch mit Argumenten aus der Bürgerschaft aufwartet.“ Zuerst würden die Fraktionsvorsitzenden vom Oberbürgermeister überzeugt, der alle Informationen habe, diese würden dann wiederum mit einem Informationsvorsprung ihre Fraktionen überzeugen und anschließend bräuchten deren Mitglieder in den Stadtrats- oder Ausschusssitzungen „in gewohnter Fraktionsdisziplin nur mehr ihre Hand im richtigen Moment zu heben“. Leite Schaidinger die Sitzung – er fragt immer nur nach den Nein-Stimmen – erübrige sich sogar das. Eine öffentliche Diskussion über die Nutzung des Schlachthofs werde so – wie so oft – vermieden, so die beiden Stadträte. Und tatsächlich wäre es interessant zu erfahren, was drei Kunstvereine mit den jährlich veranschlagten Ausgaben von einer Million Euro nicht so alles machen könnten, wenn man sie denn ließe.

Grüne: „Stadt soll Hallen zurückkaufen“

Zumindest bei den Grünen scheint das Vorgehen des Oberbürgermeisters nicht die gewünschte Wirkung erzielt zu haben. Sie haben bereits im Vorfeld der Sitzung den Plänen für ein Tagungszentrum light am Schlachthof widersprochen. Sie wollen die Schlachthofhallen nicht mieten, sondern zurückkaufen, sanieren und dort eine „Internationale Kulturhalle“ einrichten (zur Pressemitteilung).

„Kein Tagungszentrum als Notnagel.“ Jürgen Huber von den Grünen will am Schlachthof eine Internationale Kulturhalle. Foto: Archiv

Anmerken muss man allerdings auch: Abseits der drei Kunstvereine bleibt der Aufschrei über das Vorgehen des Oberbürgermeisters – gelinde gesagt – verhalten. Mehr dazu am Mittwoch um 16.30 Uhr im Neuen Rathaus.
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Kommentare (4)

  • victor lustig

    |

    es macht traurig und zornig zugleich zu beobachten, wie sich regensburg in den schaidinger-jahren verändert hat.

    mit den entscheidungen zu schlachthof wird wieder eine riesenchance vergeben, den kulturellen und bürgerschaftlichen geist in der stadt raum zu geben.

    es ist zum kotzen!

  • grace

    |

    Da werden wir uns halt ganz genau anschauen,
    wer im einzelnen devot das händchen gehoben hat.

    Denen wird dann am nächsten wahltag
    per wahlzettel die quittung dafür überreicht.

  • gondrino

    |

    Leider interessiert das viele Bürger wenig, was hier geschieht. Es werden hier Entscheidungen über das unmittelbare Lebensumfeld der Bürger getroffen und das Interesse daran scheint sehr gering. Eigentlich sehr schade…

  • Gottlieb Jeremias

    |

    “Zeig mir doch, was Schaidinger Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass die Stadtgesellschaft in viele Lager gespalten wurde, die Mieten unbezahlbar wurden, das Gefühl vorherrscht, für Auswärtige und Touristen wird mehr getan, als für die Bewohner, die Häuser immer uniformer wurden, der Umgangston untereinander immer rauher, das Klima kälter usw, usf.”
    In Abwandlung des Zitats aus der Regensburger Papstrede ist zu konstatieren: Regensburg ist seit Schaidinger weniger liebenswert und deutlich weniger lebenswert geworden. Aber gleichermaßen zu tadeln sind die, die ihn gewähren ließen. Opposition findet nicht statt!

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drin