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„Taktlos“

Schuhplatteln im Karavan-Denkmal – welche Grenzen hat ein „Begegnungsort“?

Einen Auftritt anlässlich einer Trachtlerveranstaltung am Neupfarrplatz findet man nicht nur bei der Jüdischen Gemeinde grenzwertig.

Schuhplatteln auf dem Grundriss der 1519 zerstörten jüdischen Synagoge. Screenshot aus einem Video von Samstag, das derzeit kursiert.

„Ich habe nichts gegen Schuhplattler“, sagt Ilse Danziger. Und hier gehe es auch nicht um Antisemitismus, ergänzt die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Regensburg. Aber dass ein solcher Schuhplattler just im Karavan-Denkmal auf dem Neupfarrplatz aufgeführt wurde, das den Grundriss der 1519 zerstörten Synagoge zeigt, das sei wenigstens „taktlos“, sagt Danziger.

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Vergangenen Samstag wurde auf den Plätzen in der Regensburger Altstadt das 140. Jubiläum der bayerischen Trachtenbewegung gefeiert. „Was Niederschwelliges“ habe man anbieten wollen, sagt CSU-Stadtrat und Mitorganisator Erich Tahedl vom Trachtenverein Regensburg Stamm. Trachtler und Musikanten aus Nah und Fern seien nach Regensburg gekommen, über die Plätze gezogen und hätten dort musiziert und getanzt. Eben auch auf dem Neupfarrplatz. Und dort auch auf, besser gesagt in dem 2005 eröffneten Kunstwerk des israelischen Bildhauers Dani Karavan.

„Das als Bühne für Halligalli zu nutzen, ist taktlos.“

Ein Video, das auch innerhalb der Jüdischen Gemeinde kursiert und dort laut Danziger für Empörung gesorgt hatte, zeigt den Auftritt mehrerer Schuhplattler auf und neben den Säulen. Das gehe über eine Begegnungsstätte hinaus, sagt sie. „Das als Bühne für Halligalli zu nutzen, ist taktlos und zeugt von fehlendem Gefühl für diesen Ort.“

Der vor zwei Jahren verstorbene Dani Karavan hatte den Synagogen-Grundriss aus verdichtetem Weißbeton explizit als Begegnungsort konzipiert. „Die Idee ist: Die Skulptur nicht anzuschauen, sondern sie in Besitz zu nehmen, sie zu nutzen, zu berühren, vor allem die Kinder“, so Karavan damals anlässlich der Einweihung.

„Das ist kein Mausoleum, kein Mahnmal und kein Denkmal…“

Darauf, auf den Charakter als Begegnungsort, beruft sich auch Erich Tahedl. „Das ist kein Mausoleum, kein Mahnmal und kein Denkmal, sondern ein Kunstwerk“, sagt er. Und an einem Begegnungsort sei eben auch Tanz als Form der Begegnung erlaubt.

„Wir haben für unsere Veranstaltung an diesem Samstag sehr viel positive Resonanz bekommen“, so Tahedl. Und die Kritik an dem Auftritt am Karavan-Denkmal hält er für überzogen. Die Schuhplattler, die da rauf gestiegen seien, um unter Applaus der Umstehenden ihren Tanz aufzuführen, seien zudem von außerhalb gekommen. „Die wussten wahrscheinlich nicht einmal, was das für ein Kunstwerk ist“, sagt Tahedl.

„Auftritt zeugt von Geschichtsvergessenheit“

Genau darin, in diesem Nicht-Wissen, sieht Dieter Weber, früherer Geschäftsführer des Evangelischen Bildungswerks und Gründer des Fördervereins zum Neubau der Jüdischen Synagoge, das Grundproblem. Es sei schon richtig, dass Dani Karavan sein Kunstwerk als Ort der Begegnung konzipiert habe – „zum Hinsetzen, sich unterhalten, damit Kinder dort spielen“.

Aber alles habe seine Grenzen. Der Grundriss der zerstörten mittelalterlichen Synagoge sei auch ein wesentlicher Ausschnitt jüdischer Verfolgungsgeschichte, sagt Weber. „Wenn das dann als Bühne benutzt wird, um etwas in Richtung Klamauk zu machen, dann wird dieser Teil eliminiert“, so Weber. Das zeuge von „Geschichtsvergessenheit“. Und es habe ihn erschreckt, dass während des Auftritts niemand auf die Idee gekommen sei, einfach mal „Stopp“ zu rufen.

Karavan-Denkmal bietet immer wieder Grund für Diskussion

Das Karavan-Kunstwerk war im Vorfeld seiner Entstehung nicht unumstritten. Erst nachdem aus der Bürgerschaft 200.000 Euro gesammelt worden waren, gab die Stadt schließlich ihr Placet und schmückt sich seitdem gerne mit dem Kunstwerk aus prominenter Hand. In seinen ersten Jahren war es regelrechtes Hassobjekt der damals noch recht aktiven Regensburger Neonaziszene und häufiger Opfer von Hakenkreuz-Schmierereien.

Es dauerte, ehe die Regensburger und Besucherinnen der Stadt es in Besitz nahmen. Anstoß für Debatten bot der Zustand immer wieder – etwa, wenn es vermüllt, verdreckt oder voller Bierflaschen stand. Und Probleme mit der Definition, worum es sich bei der Skulptur nun überhaupt handelt, gab es in der Vergangenheit selbst bei städtischen Fachstellen. Unter dem früheren Kulturreferenten Klemens Unger wurde das Karavan-Kunstwerk phasenweise als Gedenkstätte für Opfer des Nationalsozialismus ausgewiesen.

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Kommentare (40)

  • joey

    |

    Schuhplattler sind so “typisch” für Regensburg wie Klezmer Musik oder irgendwelche jüdische Traditionskleidung. Vielleicht hätte man Grobfolklore aus allen Bereichen zusammenfassen können, dann wäre der Zirkus perfekt.

    “Nichtwissen” kann bei externen Gästen schon sein, der lokale Veranstalter hatte doch sicher eine Art Planung dazu oder? Ich hoffe, daß das Kulturamt eine Beratungsmöglichkeit anbietet, falls wieder ein Zirkus gastiert.

  • Mane

    |

    Bayerische Tradition und bayerisches Brauchtum mit “Klamauk” und “Halligalli” zu bezeichnen finde ich taktlos…

  • KW

    |

    Schuhplatteln ist ein geiler Anachronismus, keine Frage, immer wieder schön anzuschauen.
    Und das Dani Karavan nichts dagegen hatte, dass sich die Menschen auf dem Denkmal bewegen oder hinsetzen, steht ausser Frage.
    Aber dass diese Aktion MINDESTENS taktlos ist, steht ebenso ausser Frage. Und wenn Frau Danziger dies so empfindet, dann hat man diese Taktlosigkeit nicht auch noch zu verteidigen mit so was dumpfen wie >>„Die wussten wahrscheinlich nicht einmal, was das für ein Kunstwerk ist“, sagt Tahedl<<
    Würde Herr Tahedl so was beispielsweise auf einem katholischen Friedhof veranstalten?

  • Karl Straube

    |

    Zuerst möchte ich gestehen, dass mir zum Schuhplatteln jede praktische und theoretische Kenntnis fehlt. Zum Selbstverständnis der Schuhplattler:
    suedtirol.com:
    “Heutzutage platteln auf traditionelle Art und Weise vielerorts Heimat- und Trachtenvereinen und das hauptsächlich zur Pflege des Brauchtums. Dabei wird Ländler-Musik gespielt und im Dreivierteltakt geplattlt, gehüpft, gestampft und gesprungen, während sich die Dirndln um sich selbst drehen und mit den Tänzern Walzer tanzen.”
    Wenn die Aufführung diesem Anspruch (Pflege des Brauchtums) gerecht geworden ist, werden die Aufführenden mit Bestürzung zur Kenntnis genommen haben, dass die Vorstellung als “Halligalli” oder “Klamauk” apostrophiert wird. Ich neige daher der Auffassung von Tahedl zu – und, Frage an die Kritiker: wer war denn nun wirklich dabei und hat die Atmosphäre erlebt? Wie wäre es, wenn eine augenfällige Aufklärung vor Ort – evtl. statt der Lit­faß­säu­le – zu finden wäre, vielleicht auch mit Abbildern der Prager Synagoge, damit der Vision des Künstlers ein reales Bild dem Besucher gespiegelt wird?

  • Dieter

    |

    Taktlose Aktion und Tahedl macht es mit seinem Büffel-Kommentar nicht besser. Das verwundert aber nicht wirklich

  • Karl Straube

    |

    Verehrter Herr KW: am Ort des Karavan-Denkmals ist niemand begraben und wurde niemand begraben! Nicht alles was hinkt ist schon ein Vergleich.

  • Burgweintinger

    |

    KW: Ihr Vergleich hinkt. Die Veranstaltung war doch nicht auf dem jüdischen Friedhof…
    Dagegen Schuplatteln oder auch Hip Hop Aufführungen unmittelbar vorm Haupteingang des Domes sehr wohl, wie auch dieses Jahr wieder beim Bürgerfest…

    Joey:”Schuhplattler sind so typisch…”
    Immerhin gibt es den Regensburger Trachtenverein schon ziemlich lange…
    http://www.regensburg-stamm.de/chronik.html

  • KW

    |

    Herr Straube, es geht nicht darum, ob am Platz der zerstörten Synagoge jemand begraben lag oder liegt (nebenbei, was macht Sie da so sicher?), sondern darum, dass dieser Platz mit einem Mindestmaß an Respekt beachtet werden sollte. Aber sei’s drum, wer’s nicht verstehen will, der versteht’s nicht. Wie in so vielen Diskussionen hier, auch zu anderen Themen.

  • Wollwirker

    |

    Nach der totalen Vermarktung der
    Altstadt, folgt nun der totale Absturz
    hinab in die Niederungen einer Pseudokultur
    (siehe auch Bayer. Mussaeum, Karl Valentin
    hätte seine Freude gehabt……)

  • Mr. T.

    |

    Wir können hier diskutieren, was wir wollen, es ist unerheblich.
    Ob dieses Schuhgeplattl an diesem Ort angebracht ist oder nicht, entscheidet einzig die Jüdische Gemeinde. Wenn das in der Gemeinde als unangemessen betrachtet wird und das nicht unbedingt eine Einzel- oder Minderheitenmeinung ist, ist es eben unangebracht.
    Wer sich der Jüdischen Gemeinde zugehörig fühlt, kann gerne mitdiskutieren.

  • Emil

    |

    “Die Tätigkeit des Vereins gehört zum Zweckbereich „Förderung der Heimatpflege“ und umfasst insbesondere: (…) historische Kunstwerke, handwerkliche und sonstige Denkmäler der
    Heimatgeschichte so wie der Volkskunst zu wahren und zu schützen;” So die Satzung des Vereins vom Herrn Tahedl. „Die wussten wahrscheinlich nicht einmal, was das für ein Kunstwerk ist“, sagt Tahedl.

    Genau an dieser Stelle könnte er mit Bildung in seinem Verein ansetzen, um ein Bewusstsein für die Geschichte jüdischen Lebens in Regensburg zu schaffen. Tut er aber offensichtlich nicht. Da liegt die Vermutung nahe, das jüdisches Leben für ihn und seinesgleichen eben nicht zur “Heimatgeschichte” gehört, denn es wäre ein leichtes gewesen darauf zu verweisen, dass das Karavan-Denkmal eben nicht selbsterklärend und maximal schlecht beschildert ist. Das es eben nicht nur irgendein ein “Kunstwerk” ist, ist Herrn Tahedl offensichtlich klar, da seine obig zittierte Bemerkung ansonsten obsolet wäre.

    Da er aber keine Konsequenzen aus dem (im besten Fall) unwissenden und geschichtsvergessenen Verhalten seinesgleichen zieht, bleibt die Pflege der “Heimat” eine bei der eine Trennlinie zwischen “dem Volk und “den Juden” gezogen wird.

  • Daniela

    |

    @Mr. T.
    23. Mai 2023 um 20:28 | #

    Ich sehe das anders, es geht uns alle an. Es ist ein ‘Denkmal’ und beschreibt den Umriß einer zerstörten Synagoge. Es ist ein Begegnungsort, ein Ort zum Verweilen, vielleicht auch zum Ausruhen oder in sich gehen oder einfach zusammen setzen. Ich habe immer viel Respekt, wenn ich dort bin, es ist etwas Besonderes.
    Und ich bin mir sicher, es ginge ein Aufschrei durch Regensburg, wenn man in einer katholischen Kirche jemand schuhplatteln würde, gar vielleicht im Regensburger Dom.

    Es ist unachtsam und verletzend, die Veranstalter und Schuhplattler sollten sich in Grund und Boden schämen, um so mehr, wenn sie um die Bedeutung des Platzes wussten.

  • Daniela

    |

    Auszug aus Wikipedia:

    ‘Insbesondere infolge des Vierten Laterankonzils war es nach 1215 zunehmend zu Verfolgung und Unterdrückung der Regensburger Juden gekommen. Ihr Wohnrecht wurde auf das von einer Mauer umgebene Gebiet des heutigen Neupfarrplatzes beschränkt. In diesem Judenviertel gab es 40 Wohneinheiten. Als Bekleidung war eine spezielle Judentracht vorgeschrieben. 1233 wurden Kontakte zwischen Christen und Juden sowie Religionsgespräche verboten; in der Karwoche durften sich Juden in der Öffentlichkeit nicht mehr zeigen. Berthold von Regensburg warf den Juden Wucher vor; Zeugnis vom wachsenden Antijudaismus legt auch die „Judensau“ ab, eine mittelalterliche Skulptur am Regensburger Dom.’

    Vielleicht sollte Herr Tahedl öfter einmal lesen, was über bestimmte Plätze in Regensburg, hier der Neupfarrplatz berichtet wird, bevor er bayrische Schuhplattler in ein frühes jüdisches Ghetto zum Tanzen schickt und im Nachgang das Bagatellisieren beginnt.

  • R.G.

    |

    „Wenn das dann als Bühne benutzt wird, um etwas in Richtung Klamauk zu machen, dann wird dieser Teil eliminiert“,

    Wenn etwas aussieht und funktioniert wie ein steinernes Wohnzimmer mit Sofa, braucht man sich nicht zu wundern, wenn es wie ein Wohnzimmer benützt wird, und darin geliebt, gegessen, verdaut, geschuhplattelt und klaumaukt wird.

    Wie ein Denkmal sieht das Ding wirklich nicht aus.

    Form follows function.
    Aber Gedächtnisfunktion folgt nicht jeder sinnleeren Form.

  • Martin Köstlbacher

    |

    Für einen Skandal taugt dieser Vorfall meines Erachtens nicht. Es zeigt aber, wie gut diese Skulptur ist. Auf wie vielen Ebenen sie funktioniert und lebendig ist und unsere Wahrnehmung schärft. Sie ist kein Mahnmal, obwohl es allen Grund dazu gäbe. Sie ist eine Einladung ohne Vorwurf, obwohl sich die Regensburger Stadtgesellschaft mit der Zerstörung der jüdischen Gemeinde eine gewaltige Schuld aufgeladen hat. Freundlicher könnte diese Skulptur nicht sein. Es gibt keine Anweisung, wie die Skulptur zu benutzen ist. Dass aber ein Unbehagen aufkommt (auch bei nicht jüdischen Regensburgern wie mir), wenn die Skulptur als Bühne für was auch immer benutzt wird, und darüber diskutiert wird, was an diesem Ort angemessen ist, zeigt einmal mehr, auf wie vielen Ebenen dieses großartige Werk funktioniert.

  • Nemo Udeis

    |

    Meine Gedanken zu diesem Thema …

    Schuhplattln ist genuin im Alpenraum verortet, in Bayern vor allem in Oberbayern. Da es also für die Oberpfalz untypisch ist, ist durchaus nachvollziehbar, dass eine auswärtige Gruppe vorgeführt hat, wie das geht. Das ist für eine Trachtengruppe aus Oberbayern kein »Halligalli«, das ist Zeigen ihrer Tradition. Wenn ich z.B. im Fernsehen einen Bericht über jüdische Feste wie Pessach o.ä. sehe und darin Menschen gezeigt werden, die miteinander tanzen, habe ich zunächst vielleicht auch den Eindruck, dass das »komisch« ist. Aber auch das ist eine Tradition, die gezeigt wird, und die ich als Christ respektiere und akzeptiere.

    Dass Gruppe, die in Regensburg getanzt hat, nicht weiß, worum es sich beim Karavan-Denkmal handelt, ist aber ebenso nachvollziehbar: Hatten sie einen Stadtführer dabei, der sie darüber aufgeklärt hat? Ist die von der Stadt angebrachte Beschilderung so auffällig, dass man sie sofort erkennt (und liest)? Hat ein Oberbayer, der zu einer Trachtenveranstaltung in das oft mit seiner römischen Vergangenheit beworbene Regensburg kommt, die Verpflichtung, sich grundsätzlich mit dem jüdischen Erbe der Stadt auseinanderzusetzen und zu wissen, dass das Kunstwerk den Grundriss einer Synagoge darstellt?
    Für uns Regensburger sollte das selbstverständlich im Bewusstsein sein, aber einem »unbegleiteten« Tagestouristen verlange ich dieses Wissen nicht ab: Steinerne Brücke, Wurstkuchl, Dackelmuseum, Dom – was darüber diese »Quadratur« hinausgeht ist ja fast schon Luxus.

    Ich habe immer wieder Besuchern unserer Stadt zu ihrem großen Erstaunen erklärt, dass das nicht irgendeine Nachbildung eines römischen Gebäudes ist (Säulenstümpfe innerhalb der ehemaligen Römermauer, ui, das ist sicher antik). Das war immer der erste Tipp und auf den ersten Blick als jüdisches Denk-/Mahnmal erkennbar ist die Anlage nicht. Warum das so ist, ist eine andere Frage, die z.B. die jüdische Gemeinde und andere einmal an die Stadt richten sollten.

    Eine andere Frage sei in diesem Zusammenhang in den Raum gestellt und erlaubt:
    Wenn es so empörend ist, dass auf dem Karavan-Denkmal (unter dem »niemand begraben ist« und das für Fremde nicht immer bewusst den belasteten Ort einer ehemaligen Synagoge anzeigt) von Nicht-Regensburgern ein traditioneller Tanz gezeigt wird, warum darf dann auf einem ehemaligen christlichen Friedhof, wie z.B. im ehemaligen Lazarusfriedhof im Stadtpark oder am Peterskircherl beim Bahnhof, uneingeschränkt Spaß und Spiel (Sommerfeste) und sicher auch so ein Tanz stattfinden oder sich die Drogenspritzen reingezogen werden? Und wenn an den Grabsteinen der Friedhöfe, unter denen immer noch die jeweiligen Verstorbenen ruhen, Hund und (stadtbekannter) Mensch ungeniert ihre Fäkalien absondern, ist das dann ein würdiger Umgang mit der Geschichte des jeweiligen Orts?

    Bei der Betrachtung des Ausgangsthemas sehe ich den Fehler nicht bei der tanzenden Gruppe, die in Regensburg zu Gast war. Ich sehe ein Versäumnis bei unserer Stadt, die den Ort der ehemaligen Synagoge nicht entsprechend zu kennzeichnen weiß. Ob hier evtl. Vorgaben des Künstlers (z.B. Schutzraum um das Kunstwerk für erklärende Tafeln) existieren, müsste zu klären sein.
    Ich sehe genauso ein Versäumnis der Stadt beim Umgang mit den ehemaligen Friedhöfen im Stadtpark und am Bahnhof. Wenn ich den 1996 dokumentierten schon damals desaströsen Zustand am Peterskirchlein mit heute vergleiche, muss ich sagen: die Stadt tritt ihre Toten seit Jahrzehnten mit Füßen. Man schmückt sich vermeintlich geschichtsbewusst mit dem Ruhm dort beerdigter Persönlichkeiten und lässt deren vorhandene Gräber und Grabsteine trotzdem ungeniert verfallen.
    Eine interreligiöse Empörung und eine Recherche zu diesem seit Jahren ignorierten Themenbereich wäre meines Erachtens ebenfalls mehr als angebracht.

  • Alfons Swaczyna

    |

    Als ehem. Verantwortlicher für die Planung und den Bau des Kunstwerkes von Dani Karavan habe ich den weltbekannten Künstler in der Begegnung mit ihm als einen überaus liebenswürdigen, weltoffenen, zugewandten, toleranten, säkular denkenden und versöhnenden Menschen kennengelernt, dessen humanistischen Haltung auch in seinen weltberühmten Kunstwerken wie dem auf dem Neupfarrplatz seinen Niederschlag gefunden hat.
    Dani Karavan wollte nach seinem Verständnis im Stadt- und Geschäftszentrum einen Aufenthaltsort zum Verweilen und Wohlfühlen, einen Ort zum Plaudern, zum Singen, Gedichte vor-tragen oder auch zum Meditieren schaffen. Die Platzfläche über der ehemaligen Synagoge als Stätte des jüdischen Kultus ist für ihn keine Tabuzone, die nicht betreten werden darf. Ganz im Gegenteil. Wie in einem Gotteshaus sind ihm Offenheit, Lebendigkeit, Zusammenkommen im Gespräch ein wichtiges Anliegen. In diesem Sinne will er bewusst sein Kunstwerk nicht als Mahnmal oder Denkmal an eine belastete Vergangenheit verstanden wissen. So bezieht die Skulptur ihre Überzeugungskraft nicht nur aus dem künstlerischen Eindruck, sondern vor allem aus ihrer Botschaft. Mitten in der Stadt ist für jeden sichtbar ein Ort der Begegnung und des Miteinanders entstanden.
    Dani Karavan erklärte seine versöhnende Regensburger Idee seines Kunstwerkes bei der Eröffnungsfeier wie folgt:
    „Die Menschen werden um den Platz herumgehen, darinsitzen, Kinder werden darin spielen. Die Idee ist: die Skulptur nicht anzuschauen, sondern sie in Besitz zu nehmen, sie zu nutzen, zu berühren, vor allem die Kinder. Der Ort kann eine Bühne sein, Menschen können dort auftreten, Gedichte lesen, Musik machen, Theater spielen. Es ist wie ein Kulturzentrum, mitten in der Stadt, als Teil des Alltags, nicht ein Ort, an dem man sich an Hass und Zerstörung erinnern soll.“
    “Das Bodenrelief ist Teil der Stadt. Die Leute werden es annehmen. Außerdem hat das Werk eine Botschaft; eine Botschaft gegen Zerstörung und die sagt: Wenn Du etwas zerstörst, dann bleibt es weiter in Deinem Gedächtnis.” so Dani Karavan in einem weiteren Interview.
    Fazit: Die kritisierte Nutzung des 800.000 Euro teuren Kunstwerkes ist durchaus im Sinne des Künstlers. Die gezeigte Aufgeregtheit ist daher unangemessen, unverständlich und wird nicht dem Anliegen von Dani Karavan gerecht. Sie wirkt provinziell. Der tolerante Protagonist des Kunstwerkes der jüdischen Gemeinde, Hans Rosengold, hätte im Gegensatz dazu am Leben und Treiben am Kunstwerk sicher seine Freude gehabt. Das Kunstwerk von Dani Karavan über einem Ort der Zerstörung ist ein wichtiges Symbol der friedlichen Begegnung, der Kommunikation und des toleranten Miteinander in der Stadt. Dies ist wichtiger denn je. Die Regensburger sollten deshalb, wenn sie das Werk von Dani Karavan in Besitz nehmen, es schätzen und pfleglich mit ihm umgehen.

  • Mr. T.

    |

    Daniela, es geht uns alle an, aber wir haben nicht alle die Deutungshoheit darüber, was im Umgang mit diesem Kunstwerk und Mahnmal angebracht ist und was nicht.

  • Karl Straube

    |

    Danke, Herr Köstlbacher, diese Stimme der Vernunft tut gut:
    Es sind doch gekünstelte und außerdem entweder dumme oder bösartige Vergleiche, wenn gefragt wird, wie es wäre, wenn auf einem Friedhof oder in einem Gotteshaus geschuhplattelt würde: das Karavan-Denkmal ist kein Gotteshaus! Bildungsdefizite bei den Schuhplattlern? Wenn ich – durchaus bildungsnahe – Besucher durch Regensburg führe, so sind diese einer Erläuterung zum Denkmal bedürftig; seine Existenz gehört nicht zum erwartbaren Wissensschatz von Nichtregensburgern. Und wenn KW fragt, woher ich wüsste, dass keine Grabstätte unter dem Denkmal liegt: an der Stelle – an der bis 922 als westliche Stadtmauer dienenden Römermauer und später innerhalb der Mauern nach den beiden Erweiterungen nach Westen -, also innerhalb des ummauerten Bezirks wurde bestimmt kein Friedhof eingerichtet; hingegen sollte sich KW für eine Sperrung des Stadtparks (Schäfflertanz, Weinfest…) stark machen, denn auf dieser Fläche lagen im Laufe der Jahrhunderte mehrere Friedhöfe. Unbehagen mag das Event auslösen und da Unbehagen mit Bewusstseinsbildung zu tun hat, hat das Denkmal dadurch eine seiner Aufgaben erfüllt.

  • Robert

    |

    @ Alfons Swaczyna und andere Umdeuter des Künstlers
    D. Karavan hat keinen beliebigen Touri- oder Gaudiort geschaffen!

    Er hat in Erinnerung an die Zerstörung der Regensburger Synagoge und zum Gedenken der zeitgleich stattfindenden Vertreibung der Juden aus der Stadt von 1519 ein begehbares Bodendenkmal geschaffen, das zum Verweilen und Wohlfühlen einlädt.

    Im Zusammenhang mit der Vertreibung gab es tote Kinder, die erfroren sind!
    Wer den Anlass und den spezifischen historischen Hintergrund des Denkmals ausblendet, der/die wird dem Wunsch und Ansinnen des Künstlers nicht gerecht und könnte auch ein öffentliches Besäufnis darin gut finden.

    Trachtler und Touristen besetzen in R. eh genug an öffentlichen Raum. Ich halte den Auftritt im Denkmal für mehr als unangebracht.

  • Peter Lang

    |

    Das Dani-Karavan-Bodenrelief “Misrach” steht immer im Weg! Den Christkindmarktbeschickern, den Veranstaltern bei Regensburg mobil, den Flaneueren, die geradewegs den Platz passieren wollen, den Caféhäusern, die weniger Freisitzfläche zur Verfügung haben. Und das ist auch gut so! Der Genius loci ist hier nämlich so mit Händen zu greifen. Das ist der Zweck eines Erinnerungsorts. Er bleibt ein “Stein des Antoßes”. Dass Besoffene drüberstolpern, dass Touristen beim Eislutschen den Ort für einen Brunnen halten, aus dem man das Wasser abgelassen hat – so what?! Es ist auch nicht verboten, an dem Ort zu tanzen, wurde hier schon mehrmals getan übrigens! Man sollte sich halt vorher schlau machen, warum man das just hier tun will. Dann könnte man auch zu dem Schluss kommen, es hier NICHT zu tun.

  • Zapfnmandl

    |

    @Robert: meinen Sie nicht, daß Herr Swaczyna als ehemals Verantwortlicher für den Bau des Kunstwerks vieleicht etwas mehr Einblicke in die Gedankenwelt von Dani Karavan hat, mit dem er sicherlich so manches Gespräch geführt haben dürfte?
    Lesen Sie doch einfach noch einmal den Absatz bzgl der Eröffnungsfeier und denken Sie darüber nach. Ist es nicht vielmehr die eigene Bewertung und Interpretation des Kunstwerks, das hier bei manchen dann Empörung auslöst?
    Nebenbei bemerkt: Schuhplatteln ist auch ein Tanz und als solcher durchaus mit der jüdischen Kultur vereinbar: https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdische_Kultur#Tanz

  • xy

    |

    Kommentar gelöscht. Kein Getrolle.

  • Paul

    |

    Servus

    Sehr geehrte Damen und Herren

    Was gibt’s da Diskussion und Aufregung ?

    Dani Karavan erklärte seine versöhnende Regensburger Idee seines Kunstwerkes bei der Eröffnungsfeier wie folgt:

    „Die Menschen werden um den Platz herumgehen, darinsitzen, Kinder werden darin spielen. Die Idee ist: die Skulptur nicht anzuschauen, sondern sie in Besitz zu nehmen, sie zu nutzen, zu berühren, vor allem die Kinder.

    Der Ort kann eine Bühne sein,

    Menschen können dort auftreten, Gedichte lesen, Musik machen, Theater spielen.

    Es ist wie ein Kulturzentrum, mitten in der Stadt, als Teil des Alltags,

    nicht ein Ort, an dem man sich an Hass und Zerstörung erinnern soll.“
    “Das Bodenrelief ist Teil der Stadt. Die Leute werden es annehmen. Außerdem hat das Werk eine Botschaft; eine Botschaft gegen Zerstörung und die sagt:
    Wenn Du etwas zerstörst, dann bleibt es weiter in Deinem Gedächtnis.” so Dani Karavan in einem weiteren Interview.

    Fazit:

    Die kritisierte Nutzung des 800.000 Euro teuren Kunstwerkes ist durchaus im Sinne des Künstlers.

    hoffe das es jetzt verstanden wurde.

  • Gscheidhaferl

    |

    Der ‘Vorfall’ (und auch die Kommentare dazu) veranschulicht doch eigentlich sehr gut, woran es (nicht nur) in Regensburg fehlt: Am Verständnis füreinander und – als eine Folge davon – kein wirkliches Miteinander sondern nur ein beziehungsloses Nebeneinander. Ein wohlwollendes, offenes Aufeinanderzugehen wäre jetzt sicherlich hilfreicher, als ein das wechselseitige Unverständis nur weiter zementierender Zwist. Trachtler und jüdische Gemeinde wissen ganz offenkundig zuwenig voneinader. Und es ist bezeichnend, dass beide Seiten sofort ‘Büchsenspanner’ für ihr jeweiliges Lager gefunden haben, aber keinen Vermittler/Übersetzer. Ich würde beiden Seiten Raten, die ‘Büchsenspanner’ nachhause zu schicken und sich stattdessen selbst um wechselseitiges Verständnis zu bemühen. Sind ja erwachsene Leute. Die sollten das doch hinbekommen. Und wer weiß, vielleicht feiern wir ja dann mal ein bayerisch-jüdisches Fest. Mitten in Regensburg, am Karvan-Kunstwerk. Mit viel Musik, Tanz und Lebensfreude. Frau Danziger, Herr Tahedl, wie wär’s? Ich hoffe, diese Vorstellung ist nicht zu schön, um wahr werden zu können.

  • Anomaler Circus

    |

    Ich hätte dem Trachtendödl ja geraten, auf dem Friedhof Wunseidel zu tanzen, aber die Lederhosen-Pilgerstätte “Heß-Grab” wurde ja aufgelöst, zu viele Parties… hat jetzt noch jemand Zweifel daran, das rechts von der CSU eigentlich gar kein Platz für eine Partei ist? Die AfD trägt nur eine andere Tracht.

  • Gscheidhaferl

    |

    …vielleicht hilfreich: Der Hinweis auf jüdische Trachtler. Ja, die gab es natürlich auch. Bevor die Nationalsozialisten darauf bestanden, diese auszuschließen. Trachtler und Juden sind einander fremd gemacht worden. Sie waren es nicht schon immer. Ein Grund mehr, zu versuchen, die ‘gemachte’ Kluft zu überwinden oder wenigstens zu verringern?

    https://www.wina-magazin.at/wie-das-wirklich-war-mit-dem-dirndl/

  • Adam

    |

    In Deutschland ist fast alles was mit Judentum zu tun hat, immer (verständlicherweise) mit Trauer verbunden. Irgendwie mag ich die Idee, dass ein judischer Ort ausnahmsweise ein Platz für Spass und Gelassenheit da sein kann.

  • Auch a Regensburger

    |

    Herr Swacyna,

    kann nur zu der Planung gratulieren. Unzählige Kinder werden den Altstadtbesuch mit dem Denkmal, rumklettern und einem Eis in Verbindung bringen. Dabei muss auch erklärt werden, warum sowas hier ist. Zweck Vollstens erfüllt.

  • Herold Alexander

    |

    Servus miteinander,
    Als erstes möchte ich sagen, dass ich persönlich es vermieden hätte dort aufzutreten.
    Ich selbst bin Trachtler durch und durch seit Kindestagen. Im Trachtenverein D‘Labertaler Beratzhausen und auch beim Almrausch Stamm Regensburg. Ich möchte daher einige Punkte klarstellen.
    Wer der Veranstaltung beigewohnt hat, wüsste dass der jetzt kritisierte Auftritt weder vom Stamm Regensburg oder Almrausch Stamm oder einem anderen Trachtenverein aus der Region durchgeführt wurde. Wir versuchen durchaus allgemeine Werte zu vermitteln.
    Der Schuhplattler gehört aber sehr wohl zur Oberpfalz! Die ältesten Vereine sind über 100 Jahre alt und wurden teilweise von Personen aus dem Oberland gegründet. Diese haben ihre Tradition und Tänze mitgebracht und dieses Brauchtum leben wir.
    Deshalb vor einer Pauschalisierung bitte gerne genauer informieren, gerne bei uns Trachtenvereinen. Gerne auch am Trachtenfest in Obertraubling 30.6.-2.7.
    Wer wie gesagt anwesend war wüsste dass die hier kritisierte Gruppe aus Oberbayern war wie oben schon vermutet. Und hier ist dann wirklich die Frage wie vor Ort aufgeklärt wird.
    Einfach nur eine Anmerkung, keine Rechtfertigung.

  • Daniela

    |

    Um versöhnlich zu werden, die Diskussion darüber, was sein kann oder was sein darf, darf künftig jeder für sich entscheiden.
    Aber ich gebe zu bedenken: Jeder, der die Geschichte missachtet, wird irgendwann auch missachtet, denn er wird eines Tages auch Geschichte werden/ sein.

    Vielleicht sollte die Geschichte des Neupfarrplatz öffentlich bekannt, an gut erkennbaren Ort, gegeben werden. Denn erst dann kann jeder, der um die Geschichtsträchtigkeit des Neupfarrplatz weiß, entscheiden wie er den Platz nutzen möchte.

  • Charlotte

    |

    Kein Wunder, wenn der öffentliche Raum in Regensburg permanent als Vergnügungspark und Partyfläche vermarktet wird. Und trotzdem: Egal ob man das Denkmal kennt oder nicht, jedem und jeder mit ein bisschen Hirn und Verstand sollte klar sein, dass diese Skulptur alles sein kann, aber keine Bühne für Tanz und Musik!

  • Alfons Swaczyna

    |

    Der Neupfarrplatz ist einschließlich des Kunstwerkes von Dani Karavan öffentlich gewidmet. Dies be-deutet, dass durch die Widmung der Gebrauch des Platzes für jedermann gestattet (Gemeingebrauch) ist. In einer Widmung kann auch geregelt werden, dass Verkehrsflächen nur eingeschränkt benutzt werden können https://www.regensburg.de/stadtrecht/233885/satzung-ueber-die-benutzung-des-bodenreliefs-am-neupfarrplatz-kunstwerk-dani-karavan-vom-1-september-2005.html
    Die spontane kulturelle Nutzung durch die Trachtengruppe ist danach keine zweckfremde Nutzung entsprechend § 2 der Satzung. Darbietungen, die das Betreten des Kunstwerkes notwendig machen und die darauf ausgerichtet sind, den Menschen auf dem Platz zu gefallen und mit ihnen zu kommunizieren (Beifall) entsprechen genau dem Bestimmungszweck im Sinne des Künstlers. Zitat Dani Karavan: „Der Ort kann eine Bühne sein, Menschen können dort auftreten, Gedichte lesen, Musik machen, Theater spielen. Es ist wie ein Kulturzentrum, mitten in der Stadt, als Teil des Alltags“.
    Die Schuhplattler haben diesem Ort, der ausdrücklich kein Mahn- und Denkmal ist, also bestimmungsgemäß genutzt.
    Die jüdische Gemeinde und andere Kritiker können deshalb grundsätzlich keinen Anspruch erheben, dass dies nicht gestattet sei und unterbunden werden muss. Über die Geschichte des Judenviertels und der Synagoge Bescheid wissen zu müssen, ist keine hinreichende Voraussetzung eine künstlerische Nutzung in friedlicher Form und Absicht zu unterlassen. Diese ist weder eine Beleidigung noch eine Kränkung des Vergangenen. Insofern ist eine Entschuldigung nicht angebracht.
    Dani Karavan hat bewusst das Kunstwerk nicht als Heiligtum konzipiert, vor dem jeder vorher seine Schuld bekennen muss. In seiner Form bildet das Bodenrelief die zerstörte Synagoge ab und macht so das damalige Unrecht plastisch zur Erinnerung sichtbar. Ein genialer versöhnender Entwurf ohne die Absicht, beim Betreten erst das Büßergewand anlegen zu müssen

  • Gscheidhaferl

    |

    @Herold Alexander
    Warum denn nicht dort auftreten? Es kommt doch letztlich auf die Haltung an, mit der es geschieht. Und mit welcher Absicht. Niemand wollte dort die Zerstörung der Synagoge feiern oder mit einem ‘Triumphtanz’ das Judentum verhöhnen. Und das Denkmal wurde von Karavan bewusst in den frei zugänglichen öffentlichen Raum gestellt. Es wurde kein Zaun darum gebaut oder eine Hausordnung aufgehängt. Dort soll was passieren dürfen.

    Es wurde dort auch kein Klamauk aufgeführt. Es wurde Brauchtum vorgeführt, das auf die meisten Regensburger wenigstens so fremd und exotisch wirken dürfte, wie eine Klezmer-Band. Ja,derAuftritt erfolgte unbedacht.

    Aber dadurch ist doch jetzt etwas Spannendes passiert, das nteressante Fragen aufwirft: Warum wird bayerischer Volkstanz auf nachempfundenen jüdischen Fundamenten als Irritation empfunden? Wie könnte beides vielleicht auf gute Weise zusammengeführt werden? Kann ein Jude kein ‘echter Bayer’ sein? Gehört Antisemitismus etwa zur Grundausstattung eines’echten Bayern’? Es müsste doch eigentlich darum gehen, Wege fur ein besseres Miteinander zu finden. Was helfen denn all die Sonntagsreden und Streichquartette in Moll bei den diversen Feierstunden? Haben die uns wirklich einander näher gebracht? Das (miteinander und nicht übereinander) Reden soll die Leut zusammenführen. Tanz ist reden mit dem Körper. Warum sollte uns das weiter auseinander bringen? Ausgerechnet an einem Ort, der auf vielfache Weise als Anknüpfungspunkt gedacht ist. Nun ist unerwartet (quasi aus Versehen) ein Faden dort aufgetaucht, mit dem niemand gerechnet hat. Warum ihn nicht aufheben und ihm nachgehen, um zu sehen, ob sich damit am Ende sogar neue Verbindungen schaffen lassen? Und warum hören sich solche Gedanken wahrscheinlich für viele unerträglich naiv an? Es gibt schließlich nichts Gutes, außer man tut es.

  • R.G.

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    Daniela schreibt:
    ” Um versöhnlich zu werden, die Diskussion darüber, was sein kann oder was sein darf, darf künftig jeder für sich entscheiden.
    Aber ich gebe zu bedenken: Jeder, der die Geschichte missachtet, wird irgendwann auch missachtet, denn er wird eines Tages auch Geschichte werden/ sein. ”

    Was bitte ist an solch Schwarzer Drohpädagogik mit Bewertungen wie das Wort Verachtung versöhnlich ?
    Holt scho wieder wen der katholische Deufel ?

    Miguel Herz-Kestranek, selbst Jüdischer Abstammung, reklamierte in einem langen Radiointerview Tracht und Volkstanz auschließlich für Juden ein, als Replik auf das in der Nazizeit geltende Verbot für sogenannte Nichtarier, sich trachtig zu kleiden oder traditionell zu tanzen.
    Jetzt wurde das ganz in seinem Sinne am jüdischen Denkmal gelebt, ein fröhlicher Schuhplattler.
    Wieviele Würste mit Schweinefleischanteil wurden wohl bisher in den Umrissen der ehemaligen Synagoge verspeist ? Und dann regt man sich plötzlich bigott über Hopsen und Rumgeklatsche auf ?
    Is ja nicht zum Aushalten so eine Wichtigmacherei!

  • Luchs

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    Sicherlich leiden weder das Bauwerk noch die mahnende Erinnerung unter dem Schuhgeplattl. Auf mich wirkt es trotzdem irgendwie unpassend. Liegt vielleicht an dem Auftreten vom Tahedl und so Trachtlerbegriffen wie “Stamm” und “Gauverband”. Wenn er unbedingt auf einem 800.000 Euro – Bauwerk tanzen möchte, wird er am östlichen Altstadtrand fündig. Auch ein Ort der Begegnung – sogar mit Spülung!

  • Gscheidhaferl

    |

    @Luchs
    Ja, das stimmt schon. Diese Begriffe sind zum Teil wirklich ziemlich ‘kompromitiert’ worden. Ich würde mir aber wünschen, dass sich davon niemand von konstruktiven Schritten abhalten lässt.

  • Daniela

    |

    @R.G.
    25. Mai 2023 um 02:24 | #

    Verehrter R.G., ich schrieb missachtet, nicht verachtet.

    Auch ist mein Hinweis nicht als Drohung zu verstehen, er dient bestenfalls zur Mahnung.

    Ich hätte genauso schreiben können, achtet die Vergangenheit, als Wegweiser für die Zukunft.

    Egal, wenn man sich der Vergangenheit nicht stellen mag, kann man das auch lassen, nur bringt es einen in der Zukunft weiter?

    Ich mag halt, als Mensch, die Vergangenheit, die Geschichte nicht ausblenden, diese hilft mir Geschehens, zu verwerten und schenkt mir auch Orientierung. Daraus wiederum ergibt sich für mich auch eine Selbstachtung.

    Kann ja gut sein, dass Sie das anders empfinden und wir Welten in dieser Angelegenheit auseinander liegen.

    So, wie Sie es denken und leben ist es auch Ihr Recht und das mag ich Ihnen gerne belassen, es stimmt mich versöhnlich.

    Frohe Pfingsten und eine gute Zeit

  • Karl Straube

    |

    Ich empfehle die Lektüre des Interviews von Herrn Skriebeleit in der heutigen MZ. Und jetzt sollte wirklich alles Vernünftige gesagt sein.

  • Paul

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    Kommentar gelöscht. Es wird langsam redundant. Das Forum wird geschlossen.

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