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Berliner Punkband "Terrorgruppe" in Regensburg

Sodom und Gomorra bleibt aus

Ziemlich genau 18 Jahre ist es her als die Terrorgruppe zuletzt in Regensburg spielte. Damals brachte ihnen der Auftritt in der Alten Mälzerei eine irrwitzige Anzeige eines katholischen Eiferers ein. Am vergangenen Samstag war die Berliner Punkband wieder in der Stadt, in der „Live-Event-Location“ Mischwerk. Anzeigen werden diesmal vermutlich ausbleiben und würden den ohnehin bloß durchwachsenen Abend unnötig aufwerten.

Terrorgruppe im Mischwerk. Foto: om

Terrorgruppe im Mischwerk. Foto: om

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18 Jahre ist es her, da nahm sich Dr. und Diplom-Psychologe Franz Xaver Schmid ein Herz und zeigte die Terrorgruppe nach einem Auftritt in der Alten Mälzerei wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses, Exhibitionismus, Beschimpfung religiöser Gemeinschaften, sexuellen Missbrauchs Minderjähriger, Volksverhetzung und der öffentlichen Werbung für eine unsittliche Sexualpräferenz (Homosexualität) an. Puh.

In der Anzeige heißt es wörtlich (weil es so witzig ist in aller Ausführlichkeit):

„Bei einem ‚Konzert‘ der obengenannten Rockgruppe am 5.11.1998 in der sog. ALTEN MÄLZEREI ist ein männliches Mitglied der Band nackt vor einem z.T. jugendlichem Publikum aufgetreten. Ein Mitglied der Band hat im Verlauf der Veranstaltung ferner zwei männliche Besucher durch Zuruf ins Publikum animiert, auf die Bühne zu treten und sich vor dem Publikum i.S. eines ‚Männerstriptease‘ nackt zu exponieren. Im Zusammenhang mit diesem exhibitionistischem Auftritt kam es dann auf der Bühne coram publico zu homosexuellen Handlungen i. d. F. eines sog. ‚Oralverkehrs‘.

Im Verlauf der Veranstaltung ist ferner von Mitgliedern der oben genannten Rockband der Freistaat Bayern in massiver Weise beschimpft worden (Ausdruck: ‚Verdammtes Bayern!‘), ein Großteil der bayerischen Bevölkerung ist außerdem in volksverhetzender Weise verunglimpft worden (u.a. mit dem Ausdruck: ‚Achtzig Prozent eurer Väter wählen doch tiefschwarz!‘) Außerdem wurden die Angehörigen des katholischen Bekenntnisses in Bayern herabgesetzt, beleidigt und beschimpft ‚Weil ihr alles kleine, bayerische Katholiken seid, werden wir Euch den ganzen Abend mit dem Thema Homosexualität belästigen!‘.

Ich fühle mich als Katholik durch diesen Ausspruch so beleidigt und beschimpft, dass ich sehr wahrscheinlich bei der sich mir nächstbietenden Gelegenheit im Versammlungslokal Unruhe stiften werde und dabei auch Sachbeschädigungen, die evtl. zu meinen Lasten gehen, in Kauf nehme.“ (Alle Fehler und komischen Ausdrücke im Original.)

Ob Dr. Schmid tatsächlich den Versuch unternommen hat die Alte Mälzerei zu zerlegen, ist nicht verbrieft. Sein sittliches Begehren hatte jedenfalls, zumindest in der weltlichen Justiz, keinen Erfolg. Im Folgejahr schrieb er auf seiner als digitales Chaos getarnten Homepage:

„Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat die Ermittlungen gegen die ‚Terrorgruppe‘ eingestellt, da ‚keine hinreichenden Verdachtsmomente‘ gegen sie bestünden. Die ‚Terrorgruppe’ trat inzwischen weiter in Jugendzentren auf und verdarb weiter systematisch dort die Jugend, z.T. mit Unterstützung der betreffenden Stadtkommunen. Ich glaube, es gibt kein Volk der Kulturgeschichte wie das der Deutschen, das sich derart systematisch und wirkungsvoll und in so kurzer Zeit selbst zerstört wie das deutsche in den letzten 85 Jahren, mit jeweils verschiedenen Methoden …”

Kein Sodom und Gomorra

Die systematische und wirkungsvolle sittliche und kulturelle Zerstörung Deutschlands geht seitdem ungehindert weiter. Der Beleg dafür: Die Terrorgruppe durfte erneut in Regensburg spielen. Zu einem neuerlichen Sodom und Gomorra kam es beim diesmaligen Auftritt allerdings nicht. Zwar hatte die Band im Vorfeld angekündigt „wieder ein Regensburger Etablissement in eine homosexuelle Spermahöhle“ zu verwandeln, doch dazu kam es nicht.

Terrorgruppe. Foto: om

Terrorgruppe. Foto: om

Das Mischwerk verwandelte sich im Laufe des Abends eher in eine Art Bierhöhle, indem Dutzende Liter Bier die Tanzfläche vor der Bühne bedeckten. Im Prinzip ist das nicht ungewöhnlich, die Bodenbeschaffenheit im Mischwerk zeigte sich hierfür allerdings als dermaßen ungeeignet, sodass eine einer Eisfläche ähnelnde Rutschpartie entstand. Da konnte man entgegen der Kassierer-Weisheit fast froh sein, dass viel zu früh das Bier alle war. Zumindest vorübergehend. Bei einem Punkkonzert am Samstagabend, zumal bei einem, das weit unter den Möglichkeiten besucht war, ist das eine peinliche Fehlplanung seitens des Mischwerk.

Nostalgie als Kitt des Abends

Denn selbst im Jahr 2016 sollte es möglich sein, einen Laden mit der Terrorgruppe einigermaßen vollzubekommen, auch wenn der Zenith der Band längst überschritten ist. Zwar schaffte sie es mit dem aktuellen Album „Tiergarten” erstmals in die deutschen Albumcharts (Platz 28), sah insgesamt allerdings schon deutlich bessere Tage.

Die Band scheint das selbst zu bemerken und sieht ihre Konzerte eher als Nostalgie-Ort, an dem das Publikum kollektiv seiner Jugendzeit gedenken kann. Als ein Wochenendticket, eine Palette Dosenbier und Rotwein noch günstiger waren als ein Terrorgruppe-Konzert. Damals, Ihr wisst schon!

So ist der Zuschauerraum hauptsächlich mit Personen von Mitte 20 bis Anfang 30 gefüllt. Die Terrorgruppe hat für die heutige alternative und punkaffine Jugend an Relevanz verloren, auch wenn sie sich zur taufrischen Single „Schmetterling” mit Tarek (K.I.Z.) und Monchi (Feine Sahne Fischfilet) zwei aktuell überaus einflussreiche Musiker ins Boot geholt hat.

Der Nostalgie-Charakter des Terrorgruppe-Konzerts zeigt sich nicht zuletzt in der Harmlosigkeit des oben genannten „Tiergarten”, das insgesamt zwar gelungener ist als etwa der Vorgänger „Fundamental” oder das englischsprachige „Rust In Pieces”, aber eben nicht ansatzweise an die diskursive Durchschlagskraft eines „Musik Für Arschlöcher“ und „Melodien Für Milliarden“ oder an die musikalische Größe und Vielfalt eines „Keiner Hilft Euch“ heranreicht.

 Verfall abendländischer Sitten

Es sind freilich die Klassiker, die sich zurecht des meisten Zuspruchs erfreuen. „Opa, halt’s Maul!“, „Keine Airbags für die CSU!“ oder „Mein Skateboard ist wichtiger als Deutschland!“ sind zeitlose Textzeilen, deren politische Botschaft inmitten der fäkalen und pubertär-sexistischen terrorgruppetypischen Blödelei immer noch pointierter zu analysieren vermag als das ganze Tiergarten-Album zusammen. Wenn in „Leider Nur Ein Traum“ aus „Jürgen Möllemann“ „Horst Seehofer“ oder im besagten „Keine Airbags Für Die CSU“ aus „FDP“ „AfD“ wird, dann sitzt das. 

Die Energie ist den schon alternden Berlinern zwar etwas verloren gegangen, darüber können auch die süffisanten und – klar – bühnenerfahrenen Kommentare Archi MC Motherfuckers zur doch recht faden Stimmung im Mischwerk oder das breite Dauergrinsen Johnny Bottrops nicht hinwegtäuschen, aber Franz Xaver Schmid, AfD, CSU und Konsorten würden sicherlich schäumen vor leitkultureller Wut angesichts des immer noch zelebrierten Verfalls der abendländischen Sitten.

Und so wird auch im Mischwerk stellenweise klar, warum sich hier eine der einflussreichsten deutschsprachigen Punkbands befindet, die eine ganze Punkgeneration prägen konnte. Auch wenn diese Zeiten wohlgemerkt vorüber sind.

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Kommentare (2)

  • Die staade Zeit...

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    Dem Franz Xaver Schmid, der AfD (ob es bei der auch helfen wird?), der CSU und den Konsorten sollte doch angesichts ihrer leitkulturellen Wut wegen des zelebrierten Verfalls gerade in diesen unseren anstehenden stillen Tagen mit ein wenig Ablenkung aus einer anderen Trickkiste der abendländischen Kultur etwas geholfen werden:

    “O du fröhliche, o du selige,
    gnadenbringende Weihnachtszeit!
    Welt ging verloren, Christ ist geboren:
    Freue, freue dich, o Christenheit!

    O du fröhliche, o du selige,
    gnadenbringende Weihnachtszeit!
    Christ ist erschienen, uns zu versühnen:
    Freue, freue dich, o Christenheit!

    O du fröhliche, o du selige,
    gnadenbringende Weihnachtszeit!
    Himmlische Heere jauchzen Dir Ehre:
    Freue, freue dich, o Christenheit!”

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  • Extremist

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