Vergewaltiger kommt mit Bewährungsstrafe davon
Vom Amtsgericht Regensburg wurde ein heute 34-Jähriger wegen Vergewaltigung zu zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. In der Berufungsverhandlung muss sein Strafverteidiger mit ihm und Verwandten diskutieren, um genügend Geld für eine Entschädigung des Opfers zusammenzubekommen. Das Ziel: eine Bewährungsstrafe.
Der Angeklagte wartet auf den Beginn der Verhandlung. Foto: as
Er war gerade Vater geworden. Doch seine Ehe lief nicht gut. Kurz vor der Geburt der gemeinsamen Tochter im März 2022 war die Frau von Roman R. (Name geändert) aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Die beiden lebten getrennt.
Auf dem Parkplatz des Mietshauses, wo er damals lebte, sprach der heute 34-Jährige eine jüngere Nachbarin, Mitte 20, an und drückte ihr seine Visitenkarte in die Hand. Sie solle sich doch einmal melden. Ein paar Tage später, nach einem erneuten zufälligen Treffen gingen er und die junge Frau gemeinsam spazieren.
Nachbarin wollte nichts von Roman R.
Es kam zum Austausch von Zärtlichkeiten. Doch mehr wollte die Nachbarin dann doch nicht. „Ich glaube, du musst dir jemand anderen suchen“, schrieb sie Roman R. per WhatsApp, als der mehrfach nachfragte, ob sie ihn vergessen habe. Auch die Einladung zu einem Kaffee lehnte sie ab.
Doch Roman R. redete auf sie ein, klopfte an ihre Tür – und schließlich ließ sie ihn in die Wohnung. Nur auf einen Kaffee, nichts anderes, wie sie deutlich zu verstehen gab. In der Wohnung versuchte er dann zunächst, sie zu umarmen. Als sie ihn wegdrückte, drängte er sie auf die Couch, legte sich mit seinem vollen Gewicht auf sie, holte sich mit ihrer Hand, die er festhielt, einen runter und drückte seinen Finger zwischen ihre Beine.
Erstes Verfahren: Keine Entschuldigung, kein Schadenersatz
Vom Amtsgericht Regensburg wurde Roman R. dafür im November 2023 zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Er hatte sowohl eine Entschuldigung als auch eine finanzielle Entschädigung, einen sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich, abgelehnt.
Das Amtsgericht bescheinigte ihm, dass er weder Bedauern noch Selbstreflexion gezeigt habe und dass es wahrscheinlich sei, dass er solche Taten wieder begehen könnte. Sowohl Roman R. als auch die Staatsanwaltschaft legten Berufung gegen das Urteil ein. Er selbst lebt zwischenzeitlich in Italien, wurde aber per EU-Haftbefehl gesucht, festgenommen und ausgeliefert und sitzt seit April in Untersuchungshaft.
Verteidiger muss ums Geld für das Opfer streiten
Diesen Mittwoch wurde vor der 9. Strafkammer des Landgerichts Regensburg regelrecht um ein Geständnis, eine Entschuldigung bei seinem Opfer und einen Täter-Opfer-Ausgleich geschachert. Das Ziel seines Strafverteidigers Michael Haizmann: eine Reduzierung der Strafe auf zwei Jahre, die dann zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.
Nach einem Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen, diskutiert Haizmann mit seinem Mandanten und Verwandten, wie schnell das notwendige Geld für den Täter-Opfer-Ausgleich aufgebracht werden kann. Gelegentlich wird es laut. Immer wieder macht Haizmann klar: Wenn das vereinbarte Geld nicht fließt, sind alle Gespräche hinfällig. Es geht um 5.000 Euro.
Die junge Frau, die von Roman R. vergewaltigt wurde, verfolgt all das teilnahmslos. Entweder sitzend neben ihrer Anwältin Susanne Karl im Gerichtsaal oder während der Verhandlungspausen auf dem Gang wandernd mit ihrer Mutter. Sie befindet sich seit der Tat in Therapie, zog aus ihrer Wohnung aus und verlor ihre Arbeitsstelle.
5.000 Euro als „friedensstiftende Maßnahme“
Schließlich kommt man zu einer Einigung – einem Vergleich zwischen dem Täter und seinem Opfer. Inhalt: Roman R. gesteht seine Tat und entschuldigt sich bei seiner früheren Nachbarin. Er bezahlt ihr 5.000 Euro – die Hälfte davon sofort, den Rest binnen zehn Tagen. Und er übernimmt ihre Anwaltskosten – 1.289,37 Euro, davon 1.000 sofort. Im Gegenzug akzeptiert sein Opfer die Zahlung als „friedensstiftende Maßnahme“. So steht es in dem Vergleich.
Michael Haizmann überreicht Rechtsanwältin Karl zwei Umschläge. Die Banknoten werden auf dem Tisch abgezählt. „Stimmt.“ Dann wird das mit der Entschuldigung „erledigt“. So drückt es Richterin Christina Bierhenke aus.
Geflüsterte Entschuldigung
Der Angeklagte sieht sein Opfer dabei nicht an, flüstert mehr, als dass er spricht. „Es tut mir leid, was passiert ist“, sagt Roman R. Er entschuldige sich auch bei seiner Frau. „Es war wirklich nicht so gemeint und beabsichtigt.“
Dann wird die Sitzung kurz unterbrochen. Dass Roman R. heute auf Bewährung freikommen wird, gilt bereits vor dem Ende der Verhandlung als sicher.
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Mr. B.
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Eine tolle Sache für den Herrn Roman.
Ich glaube es nicht.
Thomas
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Justiz wie auf einem türkischen Basar. Freigekommen für 5000€. Was für eine lächerliche Summe für das Trauma, das die Frau erlitten hat. Aber das passt ja in unsere bunte Welt. Mörder und Vergewaltiger werden laufen gelassen. Aber wehe du zahlt einen Strafzettel oder die GEZ nicht. Dann lochen sie dich ein und werfen den Schlüssel weg.
Manfred van Hove
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Urteile in Strafprozessen sollen auch eine abschreckende Wirkung auf etwaige Nachahmungstäter haben. Diesen Effekt hat dieser Prozess und seine Handhabung sicher nicht. Wie es gehen sollte, zeigt die spanische Justiz
Spartacus
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20 Jahre für sexuelle Missbrauch sollte Mindeststrafe sein, tendenziell eher lebenslänglich. Leider wurden diese Gesetze von schlechten Männern für schlechte Männer geschrieben.
Günther Herzig
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@Thomas
2. Juli 2025 um 12:33 | #
@Manfred van Hove
2. Juli 2025 um 15:03 | #
Es ist schwer hinnehmbar, wenn ahnungslose juristische Laien Urteilsschelte betreiben. Warum genügt es nicht die Geschichte zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Aber in der Zeit des Internets muss wirklich jeder seinen Kommentar öffentlich absondern.
An der Einigung war das „Opfer“ beteiligt und sie war einverstanden. Sie war im Termin anwaltlich vertreten. Ohne ihre Zustimmung hätte es keine Einigung gegeben. Der Verteidiger des Täters, Rechtsanwalt Haizmann ist der meines Erachtens renommierteste Strafverteidiger in Regensburg mit unendlicher Erfahrung. Allein schon die Schilderung des Tatabends mit der “Einladung” den Angeklagten in die Wohnung kommen zu lassen, sagt doch aus, dass die Geschädigte mindestens sehr unvorsichtig war und der Angeklagte daraus Schlüsse gezogen hat, die sich nicht „bestätigten“. Mit der Einigung hat ein Täter-Opfer-Ausgleich stattgefunden, den das Gesetz will, der auch dafür sorgte, dass die gerichtliche Aufarbeitung abgeschlossen werden konnte, ohne dass die Geschädigte sich weiter einer unwürdigen Befragung in dieser und einer Rechtsmittelinstanz aussetzen musste.
An der Einigung war sie beteiligt und sie war einverstanden. Allein schon die Schilderung des Tatabends mit der “Einladung” des Angeklagten in die Wohnung zu kommen, sagt doch aus, dass die Geschädigte mindestens sehr unvorsichtig war. Dass der Täter
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Karl Straube
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Womit ist dem Opfer mehr gedient? Mit 5 T€, die tatsächlich über den Tisch gehen oder mit einer Verurteilung zu 5 Jahren und einem Schmerzensgeldurteil über – geschätzt – 15 T€, die am St.Nimmerleinstag zahlbar sind?
Daniela
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Das Urteil ist eigentlich eine Katastrophe. Die Haft wäre dem ganzen wohl eher gerecht geworden. Den Schadensersatz zusätzlich. Übernahme der Anwaltskosten des Opfers auch vom Täter.
5000 € für ein zerstörtes Leben einer 20 jährigen. Die Tat wird sie ihr ganzes Leben begleiten.
Ich wünsche dem Opfer alles erdenklich Gute für ihre Zukunft.
Daniela
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@ Thomas
2. Juli 2025 um 12:33 | #
Nicht zu vergessen Schwarzfahren! Strafe nicht gezahlt, ab in den Bau.
Bei solchen Vergleichen fehlen mir jegliche Relationen zu anderen Urteilen.
Stunkfrau Maria
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@ Günther Herzig
Und für mich ist es schwer hinnehmbar, wenn Männer hier die Justiz verteidigen, die laut Expertinnenmeinung bei der Gesetzgebung und Aburteilung von solchen Verbrechen schweren Verbesserungsbedarf sehen (vgl. https://www.djb.de/presse/pressemitteilungen/detail/st24-39)
Und am schwersten hinnehmbar ist es, wenn Männer Vergewaltigungsopfer die Schuld geben (hier mit „unvorsichtigen Verhalten“ geschrieben). Hören Sie auf die Folgen der Tat noch mit Schuldumkehr zu verstärken. Dem Opfer zuliebe und allen potenziellen Leser*innen hier auf Regensburg Digital, wovon einigen mit hoher Wahrscheinlichkeit so etwas schon widerfahren ist. Weiteres schreibe ich hierzu nicht mehr. Literaturtipp für Sie: SCUM Manifesto
Steffi
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Der Leistungserschleichungsvergleich hinkt. Kein Richter verurteilt gerne wegen ‘Schwarzfahrens’ zu Haft. bis es soweit ist, muss man so oft erwischt worden sein, dass man in erster Linie wegen Unbelehrbarkeit und Dummheit bestraft wird. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Von dem Geld hat das Opfer doch mehr als davon, dass der Täter noch paar Monate länger in Haft ist – und der Schadensersatz aus Italien evtl nie fließt
Robert Fischer ÖDP
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Gerichtsurteile, die mir gestern und heute aufgefallen sind:
– Ein 84-Jähriger Autofahrer, der offensichtlich nicht mehr fahrtüchtig war und sich an nichts mehr erinnern kann, tötet eine Mutter und ihr Kind: 2 Jahre auf Bewährung (1)
– In Köln missbraucht ein Priester Kinder, die Verteidigung plädiert darauf, dass die Kirche nichts damit zu tun hat, da der Priester “privat” gehandelt hat, deshalb muss die Kirche keinen Schadensersatz leisten. Das Gericht geht bei der Argumentation mit (2)
– Dann das hier.
Kann mir doch keiner erzählen, dass das Urteile sind, die im “Namen des Volkes” ergehen. Ich geh davon aus, dass die Mehrheit der Bevölkerung diese Urteile als zu lasch und lächerlich empfindet.
(1) https://www.n-tv.de/panorama/Rentner-erhaelt-Bewaehrungsstrafe-fuer-toedlichen-Unfall-article25865148.html
(2) https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192277.kirche-priester-missbrauchte-privat.html
Romu
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Ich lebe in einem Idiotenland mit einer Idiotenjustiz. Holt mich hier jemand raus
Karl Straube
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@Daniela 17.27: ist es eigentlich zuviel verlangt, vor der Absonderung der Gemütswallungen das zu lesen, was zu dem Thema schon geschrieben wurde? Bspw.. Herzig, -7.04! Schadensersatz zusätzlich und Übernahme der Anwaltskosten des Opfers? Weder Geldstrafen noch Geldauflagen können aus dem Täter herausgeprügelt werden; in der Haft verdient der Täter icht soviel, dass man ihm auch nur 1 ct. zu Gunsten des Opfers abzweigen könnte. Was also wollen Sie? Ein Urteil, das in Ihr Gerechtigkeitsverständnis passt statt einer Lösung, in der dem Opfer ein paar Brosamen bleiben?
Karl Straube
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@Romu: wählen Sie: Pjöngjang, Ankara, Moskau, Teheran? Mindestaufenthalt: 6 Monate. Sie bekommen die Reise gesponsert und wir haben einen Idioten weniger im Lande.
Karl Straube
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Ach @Fischer , 22.13: wenn der 84jährige 10 Jahre bei Wasser und Brot bekommt und der Sportverein zahlen muss, weil ein Übungsleiter übergriffig wurde: was hat das Volk davon, was das Opfer? Die Leichtfertgkeit, mit der gern nach “im Namen des Volkes” geschrien wird, erschüttert mich. Ich empfehle die Lektüre von Urteilen nach den Rassegesetzen.