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„Ansehen des heutigen Staatsministeriums beschädigt“

Wegen „Amigo-Affäre“: Stadtrat kommt nicht zum Besuch des Kabinetts

Vor dem Besuch des bayerischen Kabinetts in Regensburg sorgt Eberhard Dünninger für einen kleinen Eklat. Wegen der „Amigo-Affäre“ hat der Vorsitzende der ödp-Fraktion im Stadtrat die Einladung des Oberbürgermeisters zum Empfang im Alten Rathaus ausgeschlagen. Gegenüber Staatsminister Ludwig Spaenle könne er keine besondere Hochachtung mehr empfinden, so Dünninger.
Legte sich zuletzt mit dem "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" an, jetzt mit Kultusminister Ludwig Spaenle: Dr. Eberhard Dünninger.

Legte sich zuletzt mit dem “Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD” an, jetzt mit Kultusminister Ludwig Spaenle: Dr. Eberhard Dünninger.

Die Aufregung um die „Amigo-Affäre“ – die Beschäftigung naher Verwandter durch bayerische Landtagsabgeordnete – ist gerade im Abflauen begriffen: Am Wochenende hat Landtagspräsidentin Barbara Stamm die Namen aller Abgeordneten veröffentlicht, die von der Altfallregelung Gebrauch gemacht haben. Einige leisteten Abbitte und haben angekündigt, die Gelder zurückzuzahlen oder zu spenden. Mit CSU-Fraktionschef Georg Schmid wurde ein namhafter Abgeordneter öffentlich geopfert. Zeitgleich hat Ministerpräsident Horst Seehofer angekündigt, ein neues Gesetz zu verabschieden, dass die Beschäftigung von Verwandten durch Landtagsabgeordnete künftig kategorisch untersagen soll. Alles in Butter also? Nicht in Regensburg.

„Erkenne mein einstiges Ministerium nicht wieder.“

Im Vorfeld der Tagung des Bayerischen Kabinetts am morgigen Dienstag hat der Vorsitzende der ödp-Fraktion im Regensburger Stadtrat seine Teilnahme bei der offiziellen Zusammenkunft von Stadtrat und Kabinett im Alten Rathaus abgesagt (sein Brief als PDF). Der Hintergrund: Sowohl Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle wie auch dessen Staatssekretär Bernd Sibler sind – ebenso wie vier weitere aktuelle Kabinetts-Mitglieder – in die „Amigo-Affäre“ verwickelt. Sie haben ihre Ehefrauen als Bürokräfte beschäftigt.
Für ihn hat Eberhard Dünninger keine Hochachtung: Dr. Ludwig Spaenle. Foto: Archiv/ pm

Für ihn hat Eberhard Dünninger keine Hochachtung: Dr. Ludwig Spaenle. Foto: Archiv/ pm

Bei Spaenle geht es um insgesamt 34.000 Euro. Nach Öffentlichwerden der Affäre hat Spaenle den Vertrag mit seiner Ehefrau gekündigt und erklärt, er werde das erhaltene Geld zurückzahlen. Für Eberhard Dünninger, der selbst 20 Jahre – bis 1986 – im bayerischen Kultusministerium tätig war, kommt das allerdings zu spät. Er schreibt: „Ich erkenne mein einstiges Ministerium (…) nicht wieder.“ In den Jahrzehnten seiner Tätigkeit als Staatsbeamter habe er gegenüber dem Bayerischen Landtag als Volksvertretung, gegenüber der Bayerischen Staatsregierung und seinen damaligen Vorgesetzten „besondere Hochachtung erworben“, so Dünninger weiter. „Leider kann ich (…) dies nicht gegenüber dem heutigen Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle tun.“

Absage aus Selbstachtung

Angesichts der „Vorgänge der letzten Amtsperioden des Bayerischen Landtags und der Staatsregierung“ sieht Dünninger das „Ansehen auch des heutigen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus beschädigt“. Seine Selbstachtung gebiete es ihm, „eine gewisse Zurückhaltung zu üben“, sprich: nicht an dem Termin mit den Kabinettsmitgliedern teilzunehmen. Seine bereits verstorbene Frau habe ihn in vielen beruflichen Aufgaben unterstützt, ohne dafür ein Honorar aus öffentlichen Mitteln erhalten zu haben. „Auch für einen Abgeordneten und Staatsminister sollte dieser Grundsatz nach meiner persönlichen Auffassung gelten.“ Besonders verpflichtet sehe er sich zudem „gegenüber den nicht wenigen arbeitslosen Lehrern oder vor dem Abschluss ihrer Ausbildung stehenden Lehrern und Lehrerinnen, für die trotz des Bedarfs an den Schulen, keine Mittel zur Verfügung stehen“.

In Regensburg betroffen: Welnhofer, Wahnschaffe, Mirbeth, Scharfenberg

Seit dem Jahr 2000 ist es Abgeordneten im bayerischen Landtag verboten, Verwandte ersten Grades aus der Mitarbeiter-Pauschale für Abgeordnete zu bezahlen. Für Altverträge gilt aber – laut einer Einigung von CSU, SPD und Grünen – Bestandsschutz. Laut der von Barbara Stamm veröffentlichten Liste (hier als PDF) haben seit dem Jahr 2000 insgesamt 79 Abgeordnete von dieser „Altfallregelung“ Gebrauch gemacht. Aus Regensburg waren dies Maria Scharfenberg (Grüne), der heutige Regensburger Landrat Herbert Mirbeth (CSU), Peter Welnhofer (CSU) und Jochen Wahnschaffe (SPD).
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Kommentare (13)

  • klaus möller

    |

    meinen respekt dem herrn dr.dünninger. sollten sich einige ein beispiel dran nehmen.

  • Jochen Schweizer

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    Herrn Dünninger gilt mein respekt, er handelt richtig! es solltem Ihm weitere Stadträte folgen, die haben aber vermutlich kein Rückgrat!

  • Oje...

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    Auch wenn ich Herrn Dünninger inhaltlich zustimme: “Rückgrat” braucht er dazu bestimmt keines; als ÖDP-Politiker ist er ja nicht in den Amigo-Parteien CSU oder SPD…

  • habemusmamam

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    Mich stört der Begriff Amigo-Affäre, handelt es sich doch um Verwandte, die bedacht wurden, anders als vor 20 Jahren.
    Und meine Achtung vor Herrn Dünninger wird nicht größer, wenn er in den Jahren davor das Ministerium mit hunderten Mitarbeitern so schätzen gelernt hat (als Teil desselben, und sicher hat er seine damalige Position nicht durch Rückgrat erarbeitet) und nun nur wegen eines Politikers das Ansehen des gesamten Ministeriums in Gefahr sieht. Das ist purer Populismus.

  • CSU-Mitglied

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    Respekt Herr Dünninger, ich bin mir fast sicher, dass Ihnen kein CSU-Stadtrat folgen wird! Warum?

  • Jetzt reichts

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    Vermutlich hat er den Termin nur vergessen!

  • Lothgaßler

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    Die Verwandten-Affäre ist Kleinkram gegen das Geflecht aus Beziehungen und Gefälligkeiten, die sich aus den gestaltenden Politik-Positionen ergeben. Hierüber werden deutlich mehr Verwandte gut versorgt.
    An die Mär vom selbstlosen Einsatz der Politiker für die Allgemeinheit glaubt hoffentlich kein Wähler mehr. Bei “Berufspolitikern”, aufgeblähten Parteiapparaten und manifester Politis in einigen Familien darf Eigennutz unterstellt werden.

    Wenn Herr Dr. Dünninger sein Ministerium heute nicht mehr erkennt, dann hat er sich damals dafür nicht interessiert.
    Klare Worte sind dennoch nötig, dafür gebührt ihm Anerkennung.

  • benedikt

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    Frage zu dem älteren Herrn auf dem ersten Bild: Hält er die Zeitschrift verkehrtrum? Der 1.Mai steht doch kopfüber!

  • ExRA

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    Ob man nun dem wackeren Herrn Dünninger für seine Absage Respekt zollen muss oder ein typisch parteipolitisches Geplänkel unterstellt (warum man muss seine Nicht-Teilnahme an einem Empfang derart in die Welt hinausposaunen?), sollte nach meiner Meinung in den Hintergrund treten. Interessanter ist doch die Frage, warum Minister Spaenle das seiner Frau gezahlte “Gehalt” von € 34.000,- nunmehr plötzlich zurückzahlen will? Wenn die für ihren Mann gearbeitet hat, dann hat sie das Geld verdient und aus die Maus! Wenn nicht, nennt sich das schlichtweg Betrug. Und wieso will er zurückzahlen und nicht die “Gehalts-Empfängerin”, seine Frau? Dieses Rückzahlungsangebot ist genau so unsäglich dumm wie die Aussage von Georg Schmid, seine als “Selbständige” für ihn tätige Frau hätte Tag und Nacht für ihn gearbeitet. In diesen Tagen wäre ich gerne wieder in der Staatsanwaltschaft…

  • erik

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    Für mich sieht es so aus, als ob sich diverse Politiker von einem Rücktritt freikaufen.
    Die Politikergeneration “Saugnapf”, sind sie erstmal auf ihrem Posten festgesaugt, bleiben sie auch drauf sitzen, komme was wolle. Der Normalbürger hat solche Möglichkeiten nicht, siehe die fristlosen Kündigungen wegen einem belgtem Brötchen oder einer Pfandflasche.

  • Jochen Schweizer

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    Gratulation Hr. Dünninger zu Ihrer Entscheidung. Dieses Amigo Gebaren der CSU in Bayern muß nicht noch eine Hulding durch Sie erfahren. Ich hätte mir gewünscht mehr Stadträte hätte dieses Rückrad.

  • Eine Medaille für Sitzfleisch » Regensburg Digital

    |

    […] Zuletzt trat Peter Welnhofer in Zusammenhang mit der „Amigo-Affäre“ des Bayerischen Landtags in…. Er war einer derjenigen, die über ihre Abgeordnetenpauschale Verwandte ersten Grades beschäftigten. […]

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drin