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Immobilienfonds contra Stadtbau

Millionenklage: Schaidinger-Deal im April vor Gericht

Unter seiner Verantwortung wurde 1999 der millionenschwere Stadtbau-Deal durchgezogen: Hans Schaidinger. Foto: Archiv/ as

Unter seiner Verantwortung wurde 1999 der millionenschwere Stadtbau-Deal durchgezogen: Hans Schaidinger. Foto: Archiv/ as

Am 25. April stehen sich ein Berliner Immobilienfonds und die städtische Wohnbaugesellschaft vor Gericht gegenüber. Es geht um einen zweistelligen Millionenbetrag und die Folgen eines fragwürdigen Vertrags aus der Schaidinger-Ära.

24 Millionen Euro – so viel hätte die Stadtbau GmbH dem Immobilienfonds Okeanos freiwillig bezahlt, um vorzeitig aus einem Nießbrauchvertrag für rund 700 Wohnungen aussteigen zu können. Doch den Berlinern ist das zu wenig. Sie haben Klagen eingereicht. Nach monatelangem Schriftverkehr zwischen den Rechtsanwälten stehen sich die städtische Tochter und der Immobilienfonds nun am 25. April vor Gericht gegenüber. Der Ausgang des Verfahrens ist völlig offen.

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700 Wohnungen betroffen

Wie mehrfach berichtet, wurde 1999 auf Betreiben des damaligen Oberbürgermeisters Hans Schaidinger ein Nießbrauchvertrag zwischen der Stadtbau und einer Tochter der Berliner Bankengesellschaft, der heutigen Okeanos, geschlossen. Ein Unternehmen, die S.T.E.R.N. GmbH, sollte im Auftrag des Immobilienfonds rund 700 Stadtbauwohnungen für rund 65 Millionen D-Mark sanieren. Im Gegenzug räumte die Stadtbau dem Fonds für 50 Jahre die Nießbrauchrechte an jenen 700 Wohnungen ein, was kurz gefasst bedeutet, dass die Mieteinnahmen – nach Abzug aller Kosten – bis zum Jahr 2049 auf das Konto der Okeanos gehen sollten.

Die Begründung für diesen, schon damals höchst umstrittenen Deal: Die Stadtbau habe kein Geld und müsse auf dieses „alternative Finanzierungsmodell“ zurückgreifen. Ungeachtet dessen war es am Ende aber doch wieder die Stadtbau, die den zur Sanierung notwendigen Kredit zu den für Kommunalunternehmen günstigen Konditionen aufnahm und dann wiederum per Darlehensvertrag an den Immobilienfonds weiterreichte. Umstritten war seinerzeit auch, ob für die Sanierungen – die im Jahr 2001 abgeschlossen waren – tatsächlich die vereinbarten 65 Millionen D-Mark investiert wurden.

Pauschalvertrag ohne Kosten-Nutzen-Analyse

Wie die Donaupost damals berichtete, kam im Aufsichtsrat der Stadtbau der Verdacht auf, dass die Okeanos über die S.T.E.R.N. GmbH lediglich 50 anstatt der vereinbarten 65 Millionen in die Sanierung investiert hatte. Wie hoch die Summe tatsächlich war, erfuhren die Stadträte nicht: Es habe sich um einen Pauschalvertrag ohne Kosten-Nutzen-Analyse gehandelt, musste der damalige Stadtbau-Geschäftsführer Martin Daut einräumen.

Doch gleichgültig, ob es nun 50 oder 65 Millionen D-Mark waren: Für die Okeanos stand dank des Vertragswerks so oder so eine dicke Rendite ins Haus. Allmonatlich flossen – das geht auch aus dem aktuellen Rechtsstreit hervor – 200.000 Euro auf das Konto der Okeanos. Jährlich 2,4 Millionen Euro, Reingewinn wohlgemerkt, die über 50 Jahre hinweg auf dem Konto des Immobilienfonds eingehen sollten – mindestens eine Vervierfachung der ursprünglichen Investitionssumme also. Schon angesichts dessen darf man wohl feststellen: Der von Schaidinger verantwortete Deal ging zulasten der Stadtbau und damit der Stadt Regensburg.

Schlampige Prüfung durch den Aufsichtsrat

Als frühestmöglicher Zeitpunkt zur vorzeitigen Vertragsauflösung wurde das Jahr 2023 festgelegt. In diesem Fall hätte die Stadtbau dann – auf Basis der damaligen Bedingungen – eine Entschädigungszahlung von über 16 Millionen Euro zu leisten, wie es in den Verträgen heißt, die unserer Redaktion vorliegen. Ein vorzeitiger Ausstieg, wie ihn der aktuelle Stadtbau-Geschäftsführer Becker nun vorgenommen hat, war nicht vorgesehen.

Allerdings hat die Okeanos 2016 die Restschuld aus dem Darlehensvertrag komplett zurückgezahlt. Deshalb stellte sich die Stadtbau nun auf den – und das ist die strittige Angelegenheit vor Gericht – Standpunkt, dass auch der Nießbrauchvertrag hinfällig sei und kündigte.

Der Aufsichtsrat der Stadtbau stimmte diesem Ausstieg im vergangenen Jahr ausdrücklich zu – allein auf Basis mündlicher Berichterstattung und ohne dass den Stadträten irgendwelche Unterlagen vorgelegt wurden, wie uns ein Teilnehmer der fraglichen Sitzung bestätigte. Joachim Wolbergs, damals noch in Amt und Würden, weigerte sich im November, Fragen zu diesem Vorgang zu beantworten.

Gütliche Einigung unwahrscheinlich

Die Okeanos klagt nun auf ein weiteres Fortbestehen des Vertrags oder gegebenenfalls eine höhere Entschädigungszahlung als die bereits freiwillig bezahlten 24 Millionen Euro. Der Termin zum 25. April ist zunächst als Güteverhandlung geplant. Dass aber die zuständige Richterin offenbar nur wenig Hoffnung hat, dass eine gütliche Einigung zu erzielen sein wird, zeigt die Tatsache, dass bereits mehrere Zeugen geladen sind, um bei einem Scheitern des Gütetermins sofort in die Hauptverhandlung einsteigen zu können.

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Kommentare (12)

  • Norbert Steiner

    |

    cash back????

  • Norbert Steiner

    |

    Fast hätte ich es vergessen:
    DER SPIEGEL vom 05.03.2001 ; Banken “Die Angst …….”

  • Nemo

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    Was hat der Schaidinger der Stadt im GANZEN gekostet?
    Wo endet Dummheit und beginnt ???

  • Mr. T

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    Schade, dass nur die Auflösung und nicht das Zustandekommen des Vertrags verhandelt wird. Das stinkt ja dermaßen. Wie hätte die Stadtbau jemals profitieren können? Wenn in Regensburg so ein Wohnungsüberschuss wäre, dass die Wohnungen nicht zu vermieten wären vielleicht …

  • Matthias B.

    |

    Unser “Ehrenbürger”!

  • wurstl

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    Schaidinger war ein Spieler, der immer auf alles oder nichts setzte. Dafür wurde er aber auch bejubelt und gewählt.

  • Angelika Oetken

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    Lesenswerter Artikel @Norbert Steiner.

    Berlin ist groß. Leute, die man abhängig machen und nötigen oder korrumpieren könnte, findet man genug. Aber wo wollte man in Regensburger geeignete Strohmänner und ggf. -frauen akquirieren?

    “Berliner Bankenskandal”: wenn man zeitlich ein wenig zurück tappelt, landet man z. B. hier http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13516396.html

    Kommt einem doch alles irgendwie bekannt vor. Wozu brauchen die eigentlich das ganze Geld?

    VG
    Angelika Oetken

  • ExRA

    |

    Weiß jemand, von welcher Kanzlei die Stadt vertreten wird?

  • Manta

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    Oh man liebe Bürger wann ist mal das Ende im Sicht.
    Hans Schaidinger war 3 mal Oberbürgermeister der Stadt Regensburg,da sieht man wie Dumm die Wähler sind.Und das gleiche mit OB Wolbergs der im Gefängnis war vor kurzem.

    Und dann kommt noch als Bonus noch Cehf der CSU und Landtagsabgeordneter Dr.Franz Rieger und seine toller ehemaliger OB Kanidat Christian Schlegl für die CSU der Stadt Regensburg.
    Machts weiter so liebe Regensburger,ganz Deutschland lacht schon über uns.

  • El

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    Also mit diesem Starfoto – das mit dem Kohle(n)eimer auf dem Kopf – hätte sich Hr. Schaidinger glatt fürs Dschungelcamp bewerben können.

  • hutzelwutzel

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    @wurstl:

    Schaidinger “war” kein Spieler, er wurde zum Spieler gemacht. Dies politisch, oder wenn sie wollen durch diejenigen Leute, denen das Wohl der Menschen egal ist, wenn die nur deren eigenes Wohl sichern können.
    Wie sonst wäre Schaidinger in den Genuß gekommen, OB von Regensburg werden zu können?
    Da hätte man doch lieber gleich Regensburger genommen, nicht jemanden der aus Freilassing über eine ImmoKlitsche in Regensburgs “Mittenschicht” kam.

    Denke mal, da wird in den kommenden Monaten noch viel mehr deutlich werden. Es gibt ja eine Unmenge politischer Interessen aus jeder Richtung, Regensburgs “Boomtown”-Mentalität in geordnete Bahnen zu lenken.

  • Norbert Steiner

    |

    @Hutzelwutzel:
    Mit Ihrer Aussage liegen Sie falsch.
    Schaidinger wollte zunächst in den Bay. Landtag. Die CSU blockierte. Die Aufstellung zum OB Kand. erfolgte, weil in der CSU keiner gegen Christa Meyer verlieren wollte.
    Schaidinger wurde auch nicht (!!) gewählt, sondern Christa Meyer wurde abgewählt. So kam er in das Amt.
    Daran gibt es nichts zu deuteln!

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drin