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Transition Town erobert Regensburg

„Die Stadt im Wandel“

By design or by desaster? Wie soll er aussehen, der unvermeidliche gesellschaftliche Wandel, der uns angesichts schwindender Rohstoffe und steigenden Energiebedarfs bevorsteht? Am Donnerstag stellte attac Regensburg das Modell „Transition Town“ im L.E.D.E.R.E.R. e.V. vor.

Transition Town oder: Global denken, lokal handeln. Grafik: attac Regensburg

Birgit Kociper, Physikstudentin und aktives Mitglied im Think Tank 30 des Club of Rome, war ganz begeistert vom Verlauf des Abends, als der L.E.D.E.R.E.R. am Donnerstag fast aus allen Nähten platzte. „Ich hätte nie mit solch einem großen Interesse gerechnet“, sagte Kociper, über beide Ohren strahlend, nach einem Abend, der für Regensburg noch sehr bedeutend werden könnte. Personen jeden Alters, teilweise aus Organisationen, aber auch viele Privatleute waren der Einladung von attac Regensburg gefolgt, um zu erfahren, was sich hinter „Transition Towns“, der „Stadt im Wandel“ verbirgt.

Öl und Rohstoffe gehen aus

Kociper zeigte zunächst in ihrem Einführungsvortrag über die Grenzen unseres heutigen Wachstums: Wir stehen jetzt vor der Entscheidung. Wollen wir den bevorstehenden Wandel selbst verwirklichen oder ihn uns durch Katastrophen aufdrängen lassen – „by design or by desaster“? Klar ist, dass wir unsere Lebensweise in diesem Umfang niemals weiterführen können. Peak-Oil ist überschritten, doch der Bedarf an Energie wird in den nächsten Jahren noch steigen. Andere Rohstoffe, auf die wir im täglichen Leben „angewiesen“ sind, z.B. die Seltenen Erden, sind bereits jetzt Mangelware, wodurch sich schon heute ein Kampf um diese, für das industrielle Wachstum essentiellen Materialien abzeichnet. Hinzu kommt, dass unser Wohlstand auf der nach wie vor existierenden Ausbeutung anderer Länder fußt. Auch wenn manchmal die Physikerin in Birgit Kociper durchblitzt und sie durch nicht immer einfach verständliche Formeln versucht, zu zeigen, wie problematisch unser Umgang mit der Welt ist, hören die Gäste gespannt und interessiert zu. Die Stimmung zum Handeln ist zumindest an diesem Abend bei allen Beteiligten spürbar. Wie kann so ein Wandel aussehen?

Wohlstand nicht an Konsumgütern messen

Transition Town, das ist eine Bewegung, die, ausgehend von Großbritannien, mittlerweile weltweit Anklang findet und von immer mehr Kommunen, wie seit 2009 auch in Deutschland, aufgegriffen wird. Die Bewegung baut auf das Umdenken eines jeden einzelnen. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass sich die Lebensgrundlagen aller Menschen in naher Zukunft maßgeblich verändern werden. Regional statt global lautet daher die Devise. Es soll wieder der Konsum heimischer Produkte gefördert werden. Warum Tomaten aus fernen Ländern essen, wenn sie bei uns im eigenen Garten, oder beim Bauern um die Ecke wachsen und mindestens genau so gut schmecken? Kociper sagt: „Es gibt etliche Stellschrauben auf regionaler Ebene, mit denen man vieles bewirken kann“. Im Fokus steht das gemeinschaftliche Agieren. Wohlstand dürfe sich nicht länger an Konsumgütern messen lassen. „Bei jeder Sache sollte man sich fragen: Brauch ich das wirklich?“

Volles Haus im L.E.D.E.R.E.R. Über 70 Zuhörer waren da.

Es ist hier der starke Gedanke an die Gemeinschaft, der diese Bewegung so lebendig erscheinen lässt. Gruppierungen und Organisationen scheitern mit ihren Vorhaben meist daran, dass sie nicht zusammen arbeiten. Transition Towns wollen durch ein gemeinsames Vorgehen all dieser Gruppen und von Privatpersonen ihrem Vorhaben die nötige Kraft zum Handeln geben. Doch neben viel Theorie waren auch die Zuhörer aufgefordert sich einzubringen. Jeder Anwesende sollte auf kleinen Zetteln seine Ideen und Anregungen schreiben zu: Was kann ich tun, was können wir tun? Was soll mehr und was soll weniger werden? Dabei war vor allem das Wort Gemeinschaft eines, das immer wieder zu lesen war.

Viele Projekte, Vernetzung fehlt

Viele der Ideen, die genannt wurden, existieren bereits in Regensburg, blieben bisher aber eher eine Randerscheinung. So gibt es seit einigen Jahren den Donautaler, ein sogenanntes Regionalgeld, auch der Regensburger Tauschring und das Tauschnetz, bei denen man Dienstleitungen und Waren tauschen kann, existieren schon länger. Die Hoffnung ihrer Betreiber liegt nun darauf, durch die Transition Town in gemeinsamer Arbeit eine breitere Bevölkerung erreichen zu können. Ein erster Anfang soll etwa das Projekt „bio-coop“ sein, eine Lebensmittelkooperative. Eine Gruppe schließt sich zusammen, um von einem Bio-Bauern regelmäßig gemeinsam biologisch angebaute Produkte abzunehmen. Bezahlt werden soll mit dem Donautaler. Zu erwähnen bleibt allerdings auch, dass viele der Ideen, die in der Transition Town Bewegung aufgegriffen werden, schon vor etlichen Jahren entstanden sind, wie einige der Anwesenden leicht skeptisch anmerkten, „Natürlich finde ich es toll, dass die heutige Jugend sich dem Thema Umwelt und Gesellschaft wieder annimmt, aber fraglich ist eben, ob es eine dauerhafte Sache werden kann und nicht, wie bei uns damals, nach ein paar Jahren wieder verebbt“, meint eine Dame. Am Ende des Abends überwiegt aber bei den etwa 70 Anwesenden der Optimismus, Aufbruchstimmung: So stünde einem anderen Regensburg nichts mehr im Wege.

Mehr Infos:

Wer nun Interesse bekommen hat kann sich im Internet unter www.facebook.com/TransitionTownRegensburg umsehen, oder am 28./29. Juli auf dem Höllbachhof zum Transition Town Training kommen. http://www.transitiontowntotnes.org/ http://www.transition-initiativen.de/
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Kommentare (8)

  • Joachim Datko

    |

    attac – Zurück in die Vergangenheit: zu Hunger, Krankheit und Arbeit!

    Zitat: “Eine Gruppe schließt sich zusammen, um von einem Bio-Bauern regelmäßig gemeinsam biologisch angebaute Produkte abzunehmen. Bezahlt werden soll mit dem Donautaler.”

    Das hatten wir in der Vergangenheit, “Bio” und Lokalwährungen.

    Dann kamen die Naturwissenschaftler und die Technik, die Erträge explodierten, der Hunger wurde zurückgedrängt.

    Dann kamen die großen Währungen, die Lokalwährungen wurden durch Weltwährungen ersetzt, jetzt kreisen die Warenströme rund um die Welt, Ware für alle.

  • Harald Klimenta

    |

    hai, joachim,

    als attaci find ich nun komisch, dass rund eine milliarde menschen hungern obwohl wir die hälfte aller nahrungsmittel wegschmeißen, ein drittel der böden ernsthaft zerstört, die meere weitgehend überfischt, das ölfördermaximum erreicht oder überschritten, und rassismus und kriege immer noch nicht besiegt sind. also weiter so wie bisher…

    @all:
    transition-town ist eine initiative unter vielen, die nötig sind, um aus dem gegenwärtigen rein ökonomischen wachstumswahn rauszukommen. ziemlich viele stellschrauben müssen neu justiert werden – die politischen mehrheiten müssen erst noch geschaffen werden. alternative: keine. entweder wir erkämpfen uns eine demokratisch-sozial-nachhaltige zukunft “by design” – oder irgendwelche rechten autokraten werden uns in einer art ökodiktatur vorschreiben, wie wir mit den restökosystemen umzugehen haben – “by desaster”.

  • Dubh

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    Ich finde es ja nun noch eigenartiger, dass Geschichtsbücher im Gegensatz zu Datko behaupten, mit der industriellen Revolution sei erstmal Hunger, Massenverelendung samt Kinderarbeit etc. und in Folge massenhafte Auswanderung über die Menschen gekommen.

    Die Schulpflicht in Preußen wurde ja beispielsweise nicht zuletzt deswegen eingeführt, weil die jungen Männer als Rekruten nicht mehr zu gebrauchen waren, zu kaputt und abgearbeitet………………….

    Aber gut, wir alle hier wissen ja, dass Sparen an sich für Datko ein religiöser Akt ist.

    Offenbar spart er nicht nur jeden Cent sondern auch jegliche Aufnahme von Wissen zu jeglichem Thema. Freilich, es ist nicht auszuschließen, dass selbst der Weg zu einer Bibliothek in irgendeiner Form Kosten verursachen könnte, die auf alle Fälle zu sparen sind.

    Aber gegen Glauben ist kein Kraut gewachsen, und Gläubige reagieren nicht auf rationale Argumente, wie man weiß, und Fakten interessieren sie sowieso nicht.

    @ Datko

    Warenströme kreisen übrigens ja nun schon verdammt lange um die Welt, ganz ohne “große” Währungen – sogar schon ohne “kleine”.

    Für alle?
    Naja seit der Kolonisation jedenfalls hauptsächlich immer nur für die, die sich die jeweils leisten können –
    abgesehen mal von Kartoffeln, die dann wiederum durch die britische Kolonialherrschaft in Irland, wie monokulturellem Anbau zur großen Hungerkatastrophe in Irland führten………………….

    Sollen wie mal sammeln hier, für ein Buch, welches ist ja fast wurscht, und es Ihnen zuschicken?
    Das würde Sie dann nur den Weg zum Briefkasten kosten, ginge das – kostenmäßig?

  • Joachim Datko

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    Natürlich soll jeder Mensch satt werden und ein Anrecht auf eine Grundversorgung haben.

    Zu Harald Klimenta 14.05.12 – 11:26 : “dass rund eine milliarde menschen hungern obwohl wir die hälfte aller nahrungsmittel wegschmeißen, ein drittel der böden ernsthaft zerstört, die meere weitgehend überfischt, das ölfördermaximum erreicht oder überschritten, und rassismus und kriege immer noch nicht besiegt sind. also weiter so wie bisher… ”

    Natürlich soll jeder Mensch satt werden und ein Anrecht auf eine Grundversorgung, z.B. auch medizinischer Art, haben. Ich selbst werfe keine Lebensmittel weg und bedauere es auch, dass Lebensmittel verderben. Ich gehe aber davon aus, dass wir mit Hilfe der Naturwissenschaften und der Technik alle Menschen versorgen könnten.

    Die Böden sollten sich, sofern sie durch den Menschen geschädigt sind, regenerieren dürfen.

    Die Fischbestände sind imstande sich zu erholen. Es werden schon seit längerer Zeit Genbanken der Fauna und Flora angelegt, so dass in Zukunft ausgestorbene Arten wieder zum Leben erweckt werden können.

    Ob das Ölfördermaximum erreicht oder überschritten ist, sei dahingestellt. Es gab schon vor Jahren diese Befürchtung. Wir werden mit neuen Techniken bald in der Lage sein, auf die fossilen Energieträger weitgehend zu verzichten.

  • gondrino

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    Wie viele Menschen habe auch ich das Gefühl, dass es einfach nicht so weiter gehen kann. Wir (Europa und USA) konsumieren die Zukunft unserer Kinder auf Kosten des Großteils der Menschheit. Weite Teile der unterentwickelten Länder verelenden immer mehr, während bei uns der Konsum immer noch zunimmt (Wachstum um jeden Preis). Wie lange das noch gut geht, weiß keiner. Eine einfache Lösung wird es nicht geben. Das Umdenken wird schwierig und nicht ohne Schmerz abgehen. Deshalb finde ich attac gut, weil hier über Alternativen nachgedacht wird.

  • The Rainycastel

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    Bei all der Begeisterung darf man gewisse Dinge nicht übersehen…

    Daher emphielt sich einmal, ganz objektiv die Sache von ALLEN Seiten zu betrachten und bzgl. gewisser “Entwicklungen”, die uns global so anspringen zu scheinen, die in diesem Video gestellte Frage im Kopf zu haben:

    Die Grundidee der Transition-Town ist ja nichts Neues, sondern eher die Wiederbelebung “alter Strukturen” aus der Zeit, als Menschen noch in Gemeinschaften lebten, deren Sinn eben nicht der individuelle Profit war, sondern der Erhalt eben dieser Gemeinschaft.

    Was man vom “Club of Rome” zu halten hat, bleibt jedem selbst überlassen, denn dessen “Hintergründe” sind eben stark verwoben mit der Frage, die im Video offen gestellt wird.

    Klar, es geht um Nutzung des Positiven und Überwindung des Negativen.
    Dazu muss aber auch bedacht werden, dass die derzeitige rechtliche Lage eben so gestaltet ist, dass ein Schutz der Interessen der Industrie/Wirtschaft/Geldsystem ENTGEGEN dem Menschen stattfindet – siehe auch Protestverbote und Polizeieinsätze.
    Denn nur, wenn man erkennt und einbezieht, dass innerhalb des hier für uns relevanten juristischen Umfeldes BRD es AUCH darum gehen muss, dieses “regionale” Umfeld erst einmal wieder auf eine wahre Rechtsbasis zu stellen – denn die ist leider derzeit nicht vorhanden, auch wenn es medial gerne anders dargestellt wird.

    Es bleibt also zu hoffen, dass die Objektivität, mit der hier Gruppen und Menschen eine zukunftsweisende Gemeinschaft erbauen wollen, auch die Objektivität beinhaltet, die sich nicht von politischen Ideologien steuern lässt, sondern sich bzgl. des Rechts an dessen UNPOLITISCHEN Grundsätzen festmacht.

    http://www.scribd.com/doc/12977092/SCHULKLASSE-8D#download

    Denn NUR, wenn das, was wir als Rechtsstaat zu erkennen glauben, dies auch in Wahrheit ist (der EMRGH spricht leider dagegen), können wir davon ausgehen, dass dieses Bemühen der Menschen nicht über kurz oder lang mittels “Direktiven” zerstört wird, da es gewissen “globalen Interessen” widersprechen würde.

    In diesem Sinne hoffe ich also, dass das Erwachen der Menschen sich nicht nur primär darauf beschränkt, industriell erzeugte Lebensmittel nur deshalb gegen biologisch angebute austauschen zu wollen, da dies dem eigenen Körper besser tut, sondern auch beinhaltet, zu wissen, wie allumfassend eine vorsätzliche Täuschung in ALLEN Bereichen stattfindet, UM den derzeitgen Stand der Welt und das globale Schuldgeldsystem erst zu ermöglichen und vor allem aufrecht zu erhalten.

  • Von Global zu Regional. Wie leben wir in der Zukunft? | Regensburg Digital

    |

    […] Von Global zu Regional. Wie leben wir in der Zukunft? TeilenDie Sonne scheint angenehm warm an diesem Frühlingsnachmittag, ideal für ein nettes Gespräch über die ersten Entwicklungen der Transition Town Bewegung in Regensburg. Während ihre beiden Kinder auf dem Spielplatz im Dörnbergpark den Sandkasten umgraben, steht Birgit Kociper Rede und Antwort zu der von ihr ins Leben gerufenen Initiative für eine Transition Town Regensburg. (Regensburg-Digital vom 13.05.2012). […]

  • markus frowein (amaro ameise)

    |

    es ward der letzte fisch gefangen, der letzte fluß vergiftet,
    die letzte biene ausgestorben, der letzte bison abgeschlachtet,
    der letzte baum gerodet, der letzte indianer alkoholsüchtig
    und der mensch merkte immer noch nicht, dass man geld nicht essen kann.
    amaro

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