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Probleme des Biopics

Nach einer wahren Begebenheit

Inside Wikileaks ist langweilig, irrelevant und uninformativ. Wie so viele Kinofilme, die vom ,echten Leben’ inspiriert sind. Dabei hätte man das Drama um Julian Assange bestimmt retten können. Kulturtheoretische Betrachtungen von Thomas Spitzer
Und dann hat Assange das gemacht... Foto: pm

Und dann hat Assange das gemacht… Foto: pm

Inside Wikileaks ist aus vielen Gründen ein schlechter Film. Zum einen, weil sich das Handwerk eines Hackers schlecht auf die Leinwand übertragen lässt. (Ein paar Zahlencodes hier, ein paar Laptops da.) Zum anderen, weil die Ereignisse so spröde inszeniert sind wie eine öffentlich rechtliche Heimatklamotte. Auch ein gewohnt pausbäckiger Daniel Brühl mit seinem Nagetier-Charme und Benedict „Hallo. Mein Verstand ist messerscharf“ Cumberbatch können da nichts machen.

Es wird nichts erzählt

Vor allem aber wird bei Inside Wikileaks nichts – aber auch gar nichts – erzählt. Der Film wirkt wie die Geschichte eines fünfjährigen Kindes, Schema Und-dann: Und dann hat Julian Assange wikileaks gegründet… Und dann ist die Organisation gefährlich geworden… Und dann wurde er verfolgt… Und dann hat er sich mit seinem Partner zerstritten… Dabei ist eine Handlung mehr als eine Aneinanderreihung von Momenten. Sie hat einen Anfang (Held zieht los), eine Richtung (Held muss Drachen besiegen), einen Höhepunkt (Held besiegt Drache/ Drache besiegt Held), ein Ende (Held heiratet Prinzessin/ Prinzessin steht weinend am Grab) und eine Idee, sagen wir „Mut lohnt sich“ oder „Liebe kennt keine Grenzen“. Inside Wikileaks hingegen fängt irgendwo an (zwei Zeitungen wollen zeitgleich veröffentlichen), macht irgendwo weiter (Julian Assange hält einen Vortrag) und hört irgendwo auf (Julian Assange redet in die Kamera). Ja, manchmal hat man das Gefühl, der Film versuche gar, so wenig wie möglich zu erzählen. Vor allem über Julian Assange, der so blass bleibt wie seine Haare.

Biopics und andere Begebenheiten

Leider bildet Inside Wikileaks keine Ausnahme. In Zeiten, in denen „Ich hab da letztens eine Doku gesehen…“ oder „Wissenschaftler haben herausgefunden…“ oder „Wusstest du…“ (dass ein Pferd mit einem einzigen Biss eine ganze Hornisse töten kann?) zum geflügelten Wortschatz gehören, in Zeiten von Fun-Facts, Gehirnjogging, historischen Romanen, Quizshows, Eckhart von Hirschhausen, Sudokus und sonstigen Knobelspäßen erfahren Biopics und Dramen nach einer ‚wahren Begebenheit’ eine neue Popularität. Allein bei den Oscar-Gewinnern der letzten Jahre wird das deutlich. ,Wertvolle’ Filme scheinen ausschließlich im britischen Königshaus, dem nahen Osten oder dritten Reich zu spielen. Und neben der typischen Hollywood-Unterhaltung mit Sex, Witz und Action einen leicht bekömmlichen Wissenssnack obendrauf zu liefern. Doch leider macht ein Thema allein noch keinen guten Film. Vor allem, wenn die Produktion zu groß ist als, dass der Filmemacher eine radikale Position einnehmen könnte. Bei Die eiserne Lady, dem Film über Margaret Thatcher wurde das sehr deutlich. Auch hier beschränkt man sich darauf, die wichtigste und zugleich umstrittenste Politikerin des zwanzigsten Jahrhunderts lediglich zu zeigen. Aber nichts über sie zu sagen. Stattdessen zuckelt die – eher rostige – Lady als alte, demente Frau durch ihr Haus. Ereignisse, die die Welt veränderten werden zu schemenhaften Erinnerungen, zu Einträgen in einem Poesiealbum, ohne jeden Zusammenhang. Und schon gar nicht kommentiert.

Hitler ganz privat…

Man stelle sich eine Hitler-Biografie vor: Hitler ganz privat, der Mann hinter dem Bärtchen. Man sieht: Hitler beim Spaziergang mit dem Hund. Hitler beim Essen eines Apfels. Hitler, auf einer Parkbank sitzend, zu einem engen Freund sagend: Ach, weißt du. Klar gab es Fehler. Aber ich hatte keine Wahl. Es war eine schwierige Zeit. Auch für mich. Außerdem war ich krank und hatte eine schwere Kindheit… Nicht jedes Biopic ist feige. Ein Positivbeispiel ist La Vie en Rose. Hier sieht man Edith Piaf, die französische Volksheldin, als kaputte Frau. Versoffen, arrogant, hässlich und dumm. Es gibt echte Handlungen mit echten Konsequenzen. Der Film ist eben kein Denkmal. Was am Ende bleibt ist ein bedauernswertes Häuflein Elend, konterkariert von der Schönheit seiner Musik, welche durch den katastrophalen Zustand der Interpretin letztendlich nicht ab-, sondern eher aufgewertet wird. Klar, eine (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch lebende) Staatschefin kann man so nicht zeigen – saufend, brüllend, vögelnd. Aber sollte man es dann nicht besser lassen? Wieso einen Film über Freddy Mercury oder Steve Jobs drehen, wenn es nichts zu erzählen gibt außer: Seht her, das ist eine tolle Person? Das hat doch schon bei diesem ollen, vierstündigen Ghandi-Film genervt. Und der ist fast 25 Jahre alt.

Wie Paranuss und Paralympics

Schlimm auch, wenn dem Zuschauer vorgekaukelt wird, er wäre nach dem Film wirklich schlauer. Argo zum Beispiel mag ein netter, teils spannender, teils ulkiger Film sein. Aber mit dem Nahost-Konflikt hat er so viel zu tun wie eine Paranuss mit den Paralympics. Wäre der Film nicht spannender, wenn er rein fiktiv wäre, ohne das ganze Nahost-Gedöhns, das zwar hervorragend als Aufhänger dient aber leider bisweilen den Spaß mit Plastik-Raumschiffen und aufgeklebten Schnurrbärten verdirbt? Mehr noch: Wäre er nicht ehrlicher, machte man aus verdrehten Fakten gleich Fiktion? Immerhin bietet Argo eine schrullige Geschichte. Genau wie Taking Woodstock oder The King’s Speech. Hier scheinen Thema und Setting, wenn auch präsent (und wichtig für die Vermarktung) zumindest im Film selbst nebensächlich zu sein. Ja, eine Möglichkeit, einen guten Film zu einem bestimmten Thema zu machen ist sicher, sich konsequent auf einen Aspekt zu beschränken.

Wenn die Nazi-Binde zur popkulturellen Referenz ist auch Indiana Jones nicht mehr weit.

Walk The Line beispielsweise ist weniger ein Film über Johnny Cash als vielmehr eine Liebesgeschichte mit Johnny Cash. Über den politischen Cash, den alten Johnny Cash, den Johnny Cash, der den Mittelfinger in die Kameralinse hält oder Depeche Mode covert erfährt man nichts. Der Person Johnny Cash wird der Film vielleicht nicht gerecht. Aber immerhin ist es ein Film – ein richtiger Film. Mit Handlung und so. Eine andere Möglichkeit ist eine betont fiktive Handlung in einem historischen Setting (siehe Inglourious Basterds oder The Artist). Doch spätestens dann bleiben die Fun-Facts auf der Strecke und wir kommen zur großen Krux bei guten Filmen nach einer „wahren Begebenheit“: Entweder sie sind so speziell, dass es sich bei der Geschichte kaum noch um Allgemeinbildung handelt. (Beispiel: Good Night and Good Luck.) Oder so fiktiv, dass man schon nicht mehr von Informationsvermittlung sprechen kann. Wenn die Nazi-Binde zur popkulturellen Referenz wird ist auch Indiana Jones nicht mehr weit. Dann sind die weißen Blutkörperchen kleine Raumschiffe, die durch den Körper fliegen und mit Lasern schießen und der Mond ist eine große Kugel aus Käse.

Kann ein Hollywoodfilm nach einer „wahren Begebenheit“ gelingen?

Bei Kriegsfilmen kommt eine weitere Problematik hinzu: Einerseits müssen sie als Popcorn-Kino taugen, andererseits dürfen sie den Krieg nicht verniedlichen. Eigentlich kann so ein Hollywoodfilm nach einer „wahren Begebenheit“ also gar nicht funktionieren. Von der Wiege bis zur Bare, komplex, authentisch, seicht. Politik, Liebesaffären, kongeniale Partner, Feindschaften, Drogenprobleme, Erfolgsmomente eines Lebens in 90 Minuten. Oder mehr noch: Das Elend einer ganzen Nation, Völkermord, Sklavenarbeit, systematische Vergewaltigung, Massengräber – gepackt auf eine farbige Doppelseite. Erstaunlich, dass es doch hin und wieder gelingt. Bei Der letzte König von Schottland (Thema: Idi Amin). Oder Milk (Thema: Der erste offen homosexuelle Politiker der USA), The Social Nettwork (facebook) und City of God (Gewalt in Brasilien). Gemessen an der Menge von wahren Begebenheiten und Filmen darüber sind das doch eher Ausrutscher nach oben. Nach dem Motto: Viele blinde Hühner finden einmal im Schaltjahr ein Korn.

Wie hätte Inside Wikileaks ein passabler Film werden können?

Wie hätte man aus Inside Wikileaks einen – zumindest passablen – Film machen können? Vielleicht durch Beschränkung auf einen bestimmten Aspekt. Eine einzige Veröffentlichung, ein einziger Tag im Leben des Julian Assange. Oder alles konsequent aus Sicht von dem durch Brühl verkörperten Daniel Domscheit-Berg, wobei zu bezweifeln ist, ob das den Film aufwerten würde. Vielleicht durch radikale Filmmomente. Gerade zum Thema Vergewaltigung. (Man stelle sich den Skandal vor, den ein Film auslöste, der Assange als Vergewaltiger zeigt.) Vielleicht durch neue Einblicke. Zum Beispiel darüber wie wikileaks funktioniert. Oder, indem man die Thematik auf eine rein-fiktive Handlung verlagert, die es beliebig auszuschmücken gälte. Mit Motorradfahrten, Explosionen und Verschwörungen bis in den Vatikan! So aber bleibt der Film langweilig und irrelevant. Wie die meisten wahren Begebenheiten. Der Autor Thomas Spitzer tritt seit 2009 erfolgreich bei Poetry Slams auf. Insgesamt vertrat er die Alte Mälzerei bei 5 großen Turnieren. Im November 2012 erreichte er bei den deutschsprachigen Meisterschaften das Halbfinale. Im April 2013 erschien mit “bunt und kühl” sein erstes Buch beim ConBrio-Verlag Regensburg. Alle Infos: facebook.com/thomasespitzer
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