Fünf Jahre Energie und Geld verschwendet: Stadt Regensburg gibt Leerstand in Stadtamhof auf
In den Räumen an der Schierstadt 2 sollte ein Begegnungs- und Erinnerungsort entstehen. Das scheiterte vor allem am Widerstand der CSU. Ehemals konkrete Pläne für eine Verlagerung an den Haidplatz hängen nun offenbar auch in der Schwebe.

Jede Menge Verwaltungsarbeit und 125.000 Euro wurden hier verschleudert – der Leerstand an der Schierstadt 2 in Stadtamhof. Foto: as
Seit zwei Wochen ist es offiziell: Die Stadt Regensburg hat die Räume an der Schierstadt 2 in Stadtamhof fünf Jahre lang für die Katz angemietet. „Das Mietverhältnis endet durch eine Mietauflösungsvereinbarung Ende November“, bestätigt eine städtische Sprecherin auf Nachfrage. Zunächst hatte die Mittelbayerische Zeitung darüber berichtet.
Neben einer Fülle an Verwaltungsarbeit wurden dadurch nach Informationen unserer Redaktion rund 125.000 Euro verschwendet. Das Scheitern der ursprünglichen Pläne ist ein weiteres Symptom der dysfunktionalen Koalition im Rathaus, die bis zum Sommer 2024 bestand. Die CSU hatte sich vehement dagegen gewehrt, dass in den 150 Quadratmeter großen Räumen ein Begegnungsort für Erinnerungskultur entsteht, den das Bildungsreferat dort einrichten wollte.
Widerstand der CSU und Verwaltungs-Hickhack
In unmittelbarer Nähe des ehemaligen KZ-Außenlagers Colosseum hätten so Räume für Ausstellungen, Workshops oder Vorträge im Rahmen der Gedenk- und Erinnerungsarbeit sowie der Extremismusprävention geschaffen werden sollen. Ein fertiges Konzept der beim Bildungsreferat angesiedelten Stabsstelle lag bereits vor. Doch mangels Mehrheit innerhalb der Koalition und offenbar auch aufgrund verwaltungsinterner Konflikte wurde daraus nichts.
Für die vom Bildungsreferat angestrebte Nutzung als Begegnungsort hätte es eine Genehmigung des Bauordnungsamtes gebraucht – die kam jedoch nicht. Offiziell werden von der Stadt nun die notwendigen Investitionen in den Raum gestellt, die für die Umnutzung der Räume erforderlich gewesen wären.
Die anschließende Prüfung der Räume als Mittagsbetreuung für Kinder der Gerhardingerschule war ein Scheitern mit Ansage. Böse Zungen behaupten, dass damit die internen Konflikte innerhalb der Koalition übertüncht werden sollten. Experten hatten von Anfang an prophezeit, dass die Regierung der Oberpfalz die Genehmigung allein schon aufgrund der Entfernung zur Schule untersagen würde – und so kam es auch.
Pläne am Haidplatz schienen schon konkret
Nun zieht die Stadt die Reißleine – ab dem 1. Dezember sind die Räume wieder verfügbar. Anfragen dafür hatte es in den letzten Jahren mehrere gegeben.
Was die Erinnerungs- und Begegnungsstätte betrifft, waren zuletzt Räume am Haidplatz im Gespräch, dort, wo bis Anfang 2024 das Messergeschäft Stahlwaren Keil untergebracht war. Die Räume am Thon-Dittmer-Palais gehören der Stadt Regensburg.

Foto: Stein
Noch im März hatte die städtische Pressestelle erklärt, dass eine gewerbliche Nutzung wie in der Vergangenheit „derzeit nicht vorgesehen“ sei. Zu den konkreten Plänen hüllte man sich, wie üblich, in weitgehendes Schweigen. Es würden „unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten“ geprüft. Intern aber schien die Begegnungsstätte dort auf der Zielgeraden zu sein – wenn schon nicht in der Nähe des Colosseum, so zumindest mit direktem Anschluss an VHS und städtische Bibliothek.
Jetzt doch eine gewerbliche Nutzung?
Auf aktuelle Nachfrage bestätigt die Stadt nun zwar, dass das Bildungsreferat „Interesse“ an den Räumlichkeiten angemeldet habe. Dann heißt es aber: „Derzeit werden verschiedene Nutzungsmöglichkeiten für die Räume planerisch geprüft, um anschließend eine Entscheidung treffen zu können.“ Ein Zeithorizont zur Nutzung dieses städtischen Leerstands wird nicht genannt.
Dem Vernehmen nach ist mittlerweile auch wieder eine gewerbliche Nutzung im Gespräch. „Wir könnten uns da gut ein Café vorstellen“, heißt es aus dem Umfeld der CSU. Doch für ein solches Café an einem mit reichlich Gastronomie versorgten Platz gäbe es wohl nicht einmal einen Freisitz – aus Denkmalschutzgründen und weil dort auch der Altstadtbus entlang fährt.
Für regelrechte Verärgerung sorgt die städtische Hängepartie mittlerweile bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Die VVN sitzt mit am städtischen Runden Tisch für Erinnerungskultur. Dort waren entsprechende Begegnungsräume in Stadtamhof bereits für den Spätsommer 2024 zugesagt worden.
Kritik von der VVN
Dass das nun gescheitert ist, bezeichnet VVN-Vorstandssprecher Martin Oswald als „sehr bedauerlich“. „Die Stadtspitze und ihre Ämter stehen sich hier offensichtlich mit unterschiedlichen Interessen selbst im Weg“, so Oswald. „Wenn ein Bildungs-, Gedenk- und Begegnungsort in Räumlichkeiten, die man hierfür seit fünf Jahren letztlich für nichts und wieder nichts angemietet hatte und eine Eröffnung schon mehrfach sehr konkret in Aussicht gestellt wurde, an vorgeblich bauordnungsrechtlichen Gründen scheitert, dann ist das ein fatales Signal.“
Es sei „frustrierend“, dass in Regensburg jeder einzelne Schritt des Erinnerns „zivilgesellschaftlich gegen politische und behördliche Widerstände erkämpft“ worden sei. „Und so wird die Zivilgesellschaft auch weiterhin gefordert sein“, so Oswald.
Bereits seit längerem fordert die VVN ein Dokumentationszentrum, das die NS-Geschichte Regensburgs angemessen aufbereitet. Bislang findet diese Geschichte nicht einmal im Historischen Museum statt. Dort endet die Stadtgeschichte im Wesentlichen im Mittelalter.
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Jakob Friedl
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…zwischenzeitlich war auch keine Zwischennutzung möglich, weil das für die Sitzungsleitung und die Stadtverwaltung außerhalb des Vorstellungsvermögens, des Machbaren, Erlaubten und Möglichen liegt und die Stadträt*innen kein gesteigertes Interesse an einer Debatte haben. “Geschäft der laufenden Verwaltung” – ein offenbar willkürlich anwendbares Instrument auch zur Unterdrückung von Ribisl-Anträgen: Die absolute Mehrheit der Stadträt*innen spielt dabei mit. Hier ein Antrag vom März 2023, in dem ich verschiedene einfach zu realisierende Verfahrensweisen vorgeschlagen habe : https://ribisl.org/leerstand_schierstadt_beleben/